Transkript
FORTBILDUNG
Unschöne Narben
Behandlungsmöglichkeiten der Lasermedizin
Narben können nach unterschiedlichen Kriterien eingeordnet werden. So ist aus medizinischer Sicht eine ausgereifte Narbe, sofern keine funktionellen Einschränkungen bestehen, eine unkomplizierte Narbe, während hypertrophe Narben und Keloide eine Therapie erfordern. Die Reparatur von Hautverletzungen ist evolutionär betrachtet für das Überleben essenziell und dementsprechend sehr effizient. Sobald eine Verletzung der Haut die Basalmembran der Epidermis mit einbezieht, entsteht eine Narbe (Cicatrix). Die Narbe entspricht zellbiologisch betrachtet nicht einer Regeneration, sondern einer Reparation mit hochwertigem Ersatzgewebe.
BETTINA RÜMMELEIN UND KATRIN BAUMANN CONZETT
Bettina Rümmelein Katrin Baumann Conzett
Narben unterscheiden sich von unverletzter Haut in verschiedener Hinsicht: L Der Anteil kollagener Fasern ist erhöht, während
elastische Fasern praktisch fehlen. Dadurch ist die Dehnbarkeit von Narbengewebe eingeschränkt und dessen Reissfestigkeit oft erhöht. L Die Dermis frischer Narben ist zellreicher. L Die Hautanhangsgebilde (Haare, Talgdrüsen, Schweissdrüsen) sind in einer oberflächlichen Narbe reduziert und fehlen völlig nach einer tiefen Hautverletzung, welche die Subkutis mit einschliesst. L Die Vaskularität (Gefässdichte) kann anfänglich erhöht sein, bildet sich aber im Verlauf unter das Vorniveau zurück. L Die Melanozyten der Epidermis fehlen anfänglich fast total und besiedeln dann im Laufe der Zeit wieder die Epidermis im Bereich der Narbe.
Aus der Sicht des Patienten
Nicht jede vom Arzt als unproblematisch eingeordnete Narbe wird vom Patienten auch so empfunden. Folgende Aspekte werden vom Patienten oft als unschön wahrgenommen:
L Oberflächentextur: Breite der Narbe und Höhe der Narbe (unter Hautniveau, über Hautniveau)
L Farbe der Narbe: rot (diffus, Teleangiektasien) oder braun (Hyperpigmentierung) oder weiss
L Haarverlust (z.B. bei Narben in Augenbrauen) L Konturverlust (z.B. bei Narben, die das Lippenrot
durchbrechen) L stigmatisierende Lokalisation oder Geschichte,
die die Narbe erzählt (z.B. Tracheostoma, Ritzverletzungen). Auch wenn eine Narbe aus medizinischer Sicht ausgereift und ohne Einschränkungen ist, kann sie dennoch als «unschöne Narbe» wahrgenommen werden und zu einem dringenden Behandlungswunsch führen.
Welche Optionen bietet die Lasermedizin?
Die Behandlung der Oberflächentextur wurde durch die Einführung der fraktionierten Photothermolyse von Dieter Manstein revolutioniert (1). Standen uns früher nur chirurgische Korrekturen, die Dermabrasion oder chemische Peelings, zur Verfügung, bietet der Markt jetzt diverse fraktionierte Systeme an: nicht ablative und ablative Laser sowie Radiofrequenz (Abbildung 1).
Abbildung 1: Übersicht über die fraktionierten Lasertechniken
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Lasertherapie bei Narben
ab Abbildung 2: a) Aknenarben vor und b) zwei Monate nach der zweiten Behandlung mit dem fraktionierten CO2-Laser
ab Abbildung 3: a) Vor und b) am Tag 90 nach drei Behandlungen mit fraktionierter Radiofrequenz
ab Abbildung 4a: Selbstverletzung mit brennender Tamponade Abbildung 4b: Am Tag 90 nach drei Behandlungen mit dem fraktionierten CO2-Laser (Behandlung wird fortgesetzt) (Foto: Unispital Zürich, Dermatologie)
ab Abbildung 5a: Zustand nach Fahrradsturz und Nahtversorgung Abbildung 5b: Am Tag 30 nach einer Behandlung mit dem fraktionierten CO2-Laser
Bei den ablativen Lasern unterscheidet man insbesondere den fraktionierten Er:YAG-Laser und den fraktionierten CO2-Laser. Das Schussprofil ist analog, jedoch ist die Ablation beim Erbium-Laser weniger tief, und es wird weniger Hitze entwickelt. Ähnlich wie beim ablativen Laser-Resurfacing wird die Fibroblastenaktivität gesteigert und die Neokollagenese angeregt. Der Heilungsprozess hingegen verläuft viel schneller als beim ablativen Resurfacing (2). Ablative fraktionierte Laser zeigen eine 26- bis 50-prozentige Verbesserung bei Narbenatrophie, Pigmentation und Textur (Abbildung 2) (3). Als kostengünstigere Methode sei das Microneedling erwähnt, welches allerdings in der Dosierbarkeit und Präzision der Anwendung nicht an die fraktionierten Laser heranreicht. Bei hypotrophen Narben kann ausserdem die Injektion von Füllmaterialien (Hyaluronsäure oder Eigenfett) sinnvoll sein, um das Hautniveau zu heben. Auch nicht ablative Laserverfahren haben ihre Wirksamkeit bei atrophen Narben nachweisen können. Am meisten Verwendung finden Nd:YAG und der 1450-nm-Dioden-Laser. Bei diesen Systemen wird epidermale Kühlung mit tief eindringenden Wellenlängen kombiniert. Das Ziel ist die thermale Verletzung in der Dermis ohne Verletzung der Epidermis. Die besten Ergebnisse sieht man hier 3 bis 6 Monate nach der letzten Behandlung mit einer Verbesserung von 40 bis 45 Prozent (4). Die Ergebnisse sind nur wenig schlechter als bei ablativen Lasern. Auch die fraktionierte Radiofrequenz arbeitet mit der Methode der thermalen Verletzung. Eigene Untersuchungen zeigen besonders gute Ergebnisse für atrophe und dehiszente Narben (Abbildung 3). Anders sieht die Situation bei hypertrophen Narben aus: Während Silikongele, intraläsionale Injektionen mit Kortikosteroiden oder 5-Fluorouracil und Kryotherapie die klassischen Therapien darstellen, lassen sich Rötung und Dicke auch durch gepulste Diodenlaser (PDL) (585-595nm) zu 57 bis 83 Prozent in 1 bis 2 Behandlungen verbessern. In einer Vergleichsstudie mit dem nicht ablativen Fractional Laser (NAFL) schnitt dieser sogar noch besser ab. Zwar sind diese Behandlungen schmerzhafter, dennoch überzeugten die Ergebnisse mehr. Der NAFL gilt heute als sichere und effektive Methode zur Behandlung hypertropher Narben mit minimaler Downtime und niedriger Nebenwirkungsrate (5). Für persistierende Rötungen in Narben ist auch die Anwendung von Intense Pulsed Light (IPL) eine gute Therapieoption. Bei demarkierten Gefässen oder schlechtem Ansprechen ist ein KTP- (532 nm) oder lang gepulster Nd:YAG-Laser (1064 nm) zu empfehlen. Argon- oder Alexandrite-Laser sind weitere Alternativen. Bei nicht geröteten hypertrophen Narben erweisen sich CO2-Fractional Laser als hilfreich. Bereits nach einer Behandlung können sich Niveauunterschiede beeindruckend angleichen (Abbildungen 4 und 5).
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Lasertherapie bei Narben
Hyperpigmentierungen können mit den q-switched Lasern (besonders Nd:YAG und Ruby) behandelt werden, aber auch unter fraktionierten Lasern bessern sich bei hellen Hauttypen überschiessende Pigmentierungen. Erwähnenswert ist, dass insbesondere fraktionierte CO2-Laser ihrerseits Hyperpigmentierungen auslösen können, ab Hauttyp IV auch nicht-ablative (Abbildung 6). Bei bereits hyperpigmentierten Narben und auch bei allen anderen Narben bei Hauttyp IV–VI ist die Behandlung mit ablativen fraktionierten Lasern wegen des hohen Risikos für Hyperpigmentierungen problematisch. Die fraktionierte Radiofrequenz bietet eine Alternative für diese Patientengruppe (Abbildung 7). Ob diese Behandlung gleich gute Ergebnisse erzielt wie die ablativen fraktionierten Laser, bleibt abzuwarten. Hyperpigmentierungen traten im beobachteten Patientengut nicht auf (bisher ca. 1000 behandelte Patienten). Ein interessanter Aspekt bei tief eindringenden fraktionierten CO2-Lasern ist die mögliche Stimulation von Haarwachstum (Bericht einer indischen Arbeitsgruppe im Oktober 2011 am EADV-Kongress). Dies konnte bei zwei Patienten mit Narben im Augenbrauenbereich reproduziert werden. Auch im Bart-
Take home messages
1. Aus Sicht der Patienten ist nicht jede unkomplizierte Narbe auch eine schöne Narbe.
2. Für pathologische Narben stehen uns eine Reihe effizienter Therapieverfahren zur Verfügung.
3. Auch verschiedene Lasertherapien sollten je nach Narbentyp ins Kalkül gezogen werden. Je nach Ausprägung kann ein Kostengutsprachegesuch erwogen werden.
4. «Unschöne» Narben lassen sich auf Wunsch der Patienten immer verbessern. Je nach Typ können 25- bis 85-prozentige Verbesserungen erwartet werden.
bereich bei Männern kann ein Therapieversuch er-
wogen werden (Abbildung 8).
Den Lippenrand durchbrechende Narben sind häu-
fig – selbst wenn sie sehr klein sind – kosmetisch er-
heblich störend. An die Möglichkeit einer Behand-
lung mit Permanent Make-up sollte gedacht werden.
Einige Studios haben sich auf diese sogenannten
«medizinischen» Pigmentierungen spezialisiert. Sie
können auch in der Arztpraxis von entsprechend aus-
gebildetem Fachpersonal durchgeführt werden. Bei
dunklen Hauttypen kommen auch weisse Narben für
diese Methode infrage.
L
Abbildung 6: Hyperpigmentierung nach CO2 Fractional Laser
Korrespondenzadressen: Dr. med. Bettina Rümmelein Dermatologie FMH Fähigkeitsausweis für Laserbehandlungen der Haut Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft für medizinische Laseranwendungen Medical Center See-Spital Grütstrasse 55, 8802 Kilchberg/Zürich Tel. 043 343 93 01, Fax 043 343 03 02 E-Mail: praxis@dr-ruemmelein.ch Internet: www.dr-ruemmelein.ch
Dr. med. Katrin Baumann Conzett Dermatologie FMH und Venerologie FMCH Fähigkeitsausweis für Laserbehandlungen der Haut Hautpraxis Kapellplatz 10, 6004 Luzern Tel. 041 410 20 15 E-Mail: info@hautpraxis-luzern.ch Internet: www.derma-luzern.ch
Interessenkonflikte: keine
ab Abbildung 7: a) Vor und b) am Tag 90 nach drei Behandlungen mit fraktionierter Radiofrequenz bei einer 2-jährigen Narbe nach Mammareduktionsplastik
ab Abbildung 8: a) Vor und b) nach CO2 Fractional Laser
Referenzen:
1. Manstein D et al. Fractional Photothermolysis: A new concept for cutaneous remodeling using microscopic patterns of thermal injury. Laser Surg Med 2004; 34: 426–438.
2. Tierney EP et al. Review of fractional photothermolysis: Treatment indications and efficacy. Dermatol Surg 2009; 35: 1445–1461.
3. Weiss ET et al. Successful treatment of atrophic postoperative and traumatic scarring with carbon dioxide ablative fractional resurfacing: Quantitative volumetric scar improvement. Arch Dermatol. 2010; 146 (2): 133–140.
4. Tanzi EL et al. Laser treatment of scars. Advances in Dermatologic Surgery 2004; 9.
5. Tierney E et al. Treatment of surgical scars with nonablative fractional laser versus pulsed cye laser: A randomized controlled trial. Dermatol Surg 2009; 35: 1172–1180.
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