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PSORIASIS
Erstes internationales Psoriasissymposium
16. und 17. November 2009 in Hurghada
Unter dem Titel «From Biologicals to Climatherapy» fand am 16. und 17. November 2009 in Hurghada das erste internationale Psoriasissymposium statt.
Die Veranstaltung wurde zum Treffpunkt von Fachärzten und Dermatologen aus Ägypten, der Schweiz und Deutschland, die nicht nur die neuesten Erkenntnisse und Behandlungsmethoden zur Psoriasis vorstellten, sondern auch die Gelegenheit zum regen Erfahrungaustausch nutzten. Die Teilnehmer konnten von einem interessanten kulturellen und kulinarischen Angebot profitieren sowie das Schweizer Psoriasiszentrum «Swiss Derma Center» besuchen. Das Symposium stiess in Ägypten auch auf ein grosses Medieninteresse. In allen wichtigen ägyptischen Tageszeitungen wurde darüber berichtet, und das Fernsehen zeigte Liveübertragungen sowie Interviews mit den Referenten (Abbildung 1).
Prof. Dr. med. Mohsen Soliman, Universität Kairo, stellte die offiziellen Vertreter wie den Gouverneur des Roten Meeres, den Direktor der ägyptischen Tourismusbehörde und den Verteter des Gesundheitsministeriums vor, die ihre Grussworte überbrachten. Der Leiter des Symposiums, Prof. Dr. med. habil. Peter Elsner, Universität Jena, betonte, dass Hurghada ein idealer Ort sei, um das Thema Klimatherapie und in diesem Sinn die Zusammenhänge zwischen Sonne, Meer und Psoriasis zu vertiefen. Hurghada ist ein wichtiger Ort für die Psoriasis nicht nur für Ägypten, sondern auch für Europa. Für europäische Psoriasispatienten bedeutet es eine
Abbildung 1: Erstes Psoriasissymposium in Hurghada
grosse Chance, sich hier unter geeigneten Klimabedingungen behandeln lassen zu können. Der «Vater» der Dermatologie in Ägypten und Präsident der Ägyptischen Dermatologischen Gesellschaft (Egyptian Society of Dermatology and Venereology), Prof. Dr. med. Mohsen Soliman, präsentierte ein Update zur Psoriasis. Er sprach über Prävalenz, Physiologie, Ätiologie und typische beziehungsweise atypische Formen der Psoriasis. Die Bandbreite der Therapien erstreckt sich von traditionellen Therapien, welche die epidermale Proliferation und Entzündung hemmen, bis zum Einsatz von Medikamenten, welche die Wege der entzündungsvermittelnden Botenstoffe gezielt unterbinden. Ausserdem wies der Referent auch auf Studien zu Farb- und Ex-
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Infektionen (Superantigene), T-Zell-Aktivierung
Lipidmetabolismus
saisonale Einflüsse
familiäre Disposition
Pathogenese der Psoriasis
lokalisiertes Trauma (Köbner-Phänomen)
Psyche, Stress
Medikamente (z.B. Betablocker)
Alkoholmissbrauch
Abbildung 2: Die Vermeidung der individuellen Triggerfaktoren ist wesentlicher Bestandteil der Therapie.
cimer-Laser-Behandlungen sowie zur photodynami- riasis einen Paradigmenwechsel als notwendig, in-
schen Therapie hin.
dem die Risikofaktoren und Komorbiditäten ver-
Die Ätiopathogenese der Psoriasis ist sehr komplex, mehrt berücksichtigt werden (Abbildung 3). Der Pa-
wie Prof. Dr. med. Nikhil Yawalkar, Universitätskli- tient als Individuum muss noch mehr ins Zentrum
nik Inselspital Bern, ausführte. Sie reicht von geneti- gerückt und die Psoriasis nicht nur als Hautkrank-
heit, sondern als systemische Erkrankung betrachtet
Die Ätiopathogenese der Psoriasis ist
werden. Daraus ergibt sich eine Verschiebung vom
sehr komplex.
derzeitigen Kurzzeitmanagement in Richtung Lang-
zeitmanagement. Dieses berücksichtigt wichtige
schen und Umweltfaktoren bis hin zu Fehlern in der
epidermalen Funktion und der angeborenen oder
Die Psoriasis muss als systemische Erkran-
erworbenen Immunität (Abbildung 2). Von grosser
kung betrachtet werden.
Bedeutung sind die T-Zellen, die durch Sekretion ei-
nes besonderen Zytokinmusters den Entzündungs- Faktoren wie Ernährung, Übergewicht, Rauchen,
vorgang initiieren, diesen unterhalten und dabei Ke- Alkohol, krankheitsfördende Medikamente, Strepto-
ratinozyten zur überschiessenden Proliferation anre- kokkeninfektionen, Stress, metabolisches Syndrom,
gen. Psoriatische Haut ist stark mit dendritischen Depression und erhöhte Mortalität bei schwerer
Zellen infiltriert. Ebenfalls an der Immunantwort be- Psoriasis.
teiligt sind Makrophagen und die Schlüsselzytokine Im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Dr. phil. nat.
IFN-α, TNF-α, IL-12 und IL-23. Die beiden Interleu- Christian Surber, Universität Basel, standen die phar-
kine steuern die Bildung von Th-1- und Th-17-Zellen, mazeutischen und klinischen Aspekte des Sonnen-
welche für die Entzündungsprozesse in den psoria- lichtschutzes. Insbesondere Psoriasispatienten müs-
tischen Plaques verantwortlich sind. Dank dieser im- sen sich über die Gefahren eines chronischen und
munpathogenetischen Erkenntnisse sind neue The- akuten Lichtschadens der Haut bewusst sein, aus
rapeutika (Biologika) entwickelt worden, die einen welchem sich aktinische Keratosen, spinozelläre Kar-
grossen Aufschwung der Psoriasisforschung ausge- zinome oder gar Melanome entwickeln können. In
löst haben. Diese Biologika wir-
ken entweder auf die T-Lymphozyten oder blockieren den
Abbildung 3: Komorbiditäten bei Psoriasis
Tumor-Nekrose-Faktor alpha. TNF-Antagonisten sind zum Beispiel Etanercept, Adalimu-
80 60
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medicos 1/2010 Anteil der Komorbiditäten [%]
mab und Infliximab. Neuer sind die IL-12/IL-23-Antagonisten
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Ustekinumab und Briakinumab. Die Palette wird sich um weitere Medikamente erwei-
20 11 11 10 6 5 3 2 2 0,3 4
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tern. Prof. Dr. med. habil. Peter Elsner, Universität Jena, erachtet im Therapiemanagement der Pso-
DepressionAdipkoasritdaisovask. Erkr. Diabetes
Zoster UveitiFsibromyalgie M.Crohn anLduepruesImmunerkr.
keine
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sationen sprach Frau Adelheid Witzeling, Präsidentin der Schweizerischen Psoriasis- und Vitiligo-Gesellschaft. Sie erörterte die Funktionsweise von Regionalgruppen und zeigte die positiven Seiten für die Mitglieder, aber auch die Limiten einer solchen Gruppe auf. Ein aktives Mitglied in einer Selbsthilfegruppe kann sicherlich die bessere Akzeptanz seiner Erkrankung erreichen, seine Kenntnisse über die Erkrankung sowie sein Selbstbewusstsein und seine Lebensqualität verbessern. Durch diese Art von Unterstützung laufen die Patienten weniger Gefahr, durch ihre Krankheit in eine Isolation gedrängt zu werden. Natürlich ersetzt eine Selbsthilfegruppe nicht die benötigte medizinische Unterstützung.
Infektionen gelten generell als wesentliche Triggerfaktoren der bei Psoriasis.
Abbildung 4: Thalasso- und Heliotherapie
den letzten Jahren wurden bezüglich Sicherheit von Sonnenschutzprodukten grosse Fortschritte erzielt. Wichtige Sicherheitskriterien beziehen sich auf die dermale sowie okulare Irritation, Fotoirritation, (Foto-)Sensibilisierung, aber auch Fertilität und Toxizität. Entscheidend sind eine gute Schulung und Information des Anwenders insbesondere zur Bedeutung und korrekten Anwendung von Lichtschutzfaktoren (LSF/SPF) sowie die gute Compliance bei der Anwendung eines Sonnenschutzprodukts. Die Klimatherapie am Meer als Kombination von Thalasso- und Heliotherapie hat eine lange Tradition in der Dermatologie (Abbildung 4), bestätigte Frau Dr. med. Marguerite Krasovec Rahmann, Spital Limmattal und Dermapraxis, Schlieren und Hurgharda. Genutzt werden der positive Einfluss der Mineralien des Meeres und einer moderaten Sonneneinwirkung, welche zu einer Modulierung des vegetativen Tonus und zur körperlichen und geistigen Entspannung beitragen. Die Klimatherapie bietet gewissen Patienten eine gute Alternative zu den herkömmlichen Behandlungen, insbesondere in Fällen, in denen eine Behandlung mit Biologika unerwünscht ist oder eine Kontraindikation gegenüber Methotrexat oder Cyclosporin besteht. Im Rahmen einer Rotationstherapie ist sie ebenfalls geeignet und wird von gewissen Krankenkassen teilweise übernommen. Die Patienten schätzen die Kombination von medizinischer Kur und Ferien, da auch Familienmitglieder als Begleitpersonen mitreisen können. Über die Vorteile und Grenzen von Patientenorgani-
Auftakt zum zweiten Symposiumstag bildete der Vortrag von Frau Prof. Dr. med. Nagwa Elwan, Universität Tanta, Ägypten, zum Thema Hepatitis C und G bei Psoriasis vulgaris. In Ägypten haben Psoriatiker mit diesen Virusinfektionen eine hohe Prävalenz von 15 Prozent gegenüber 6 Prozent in anderen Regionen. Infektionen gelten generell als wesentliche Triggerfaktoren bei Psoriasis. Die Referentin präsentierte unter anderem eine Studie zur Rolle der Hepatitisinfektion bei Psoriasis. Das Auftreten von
Psoriasis? Vitiligo?
Die Schweizerische Psoriasis- und Vitiligo-Gesellschaft (SPVG) setzt sich für die Anliegen von Betroffenen ein, welche an Psoriasis (Schuppenflechte) oder Vitiligo (Weissflecken) erkrankt sind. Sie informiert über Fortschritte in der Behandlung, gibt Betroffenen in Regionalgruppen die Möglichkeit, sich auszutauschen, und organisiert Vorträge. Sechsmal pro Jahr erscheint die Mitgliederzeitschrift HAUTSACHE / LA PEAU SURTOUT.
Informationen sind erhältlich unter: www.spvg.ch. Telefonzeiten Sekretariat und Beratung: Mo 14.00 –17.00 Uhr Do 08.30 –11.30 Uhr / 14.00 –17.00 Uhr Sekretariat: Silvia Gabler
Schweizerische Psoriasis- und VitiligoGesellschaft SPVG/SSPV Scheibenstrasse 20, Postfach 1, 3000 Bern 22 Tel. 031-359 90 99, Fax 031-359 90 98 E-Mail: info@spvg.ch
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Anti-TNF +/− Methotrexat
Psoriasis +/− psoriatische Arthritis
Nein Ja
limitierte Erkrankung
ausgedehnte Erkrankung
Lokaltherapie/gezielte Fototherapie
bei Misserfolg
UV-B/PUVA system.Therapie Biologika
Abbildung 5: Restriktive Indikationskriterien für den Einsatz von Biologika
HCV-RNA in der Haut von Psoriasispatienten, die seronegativ bezüglich HCV-Antikörper waren, zeigte, dass das Virusantigen in der Haut früher erscheint als der Antikörper im Serum. Durch eine solche Frühdiagnose der HCV-Infektion wird es möglich, die Behandlung früher anzusetzen und damit wesentlich zur Verhinderung einer Leberzirrhose und eines hepatozellulären Karzinoms beizutragen. Im nachfolgenden Beitrag gab Prof. Dr. med. Peter Elsner eine Übersicht über die Biologika und verglich deren Wirksamkeit und Sicherheit. Biologika stellen eine neue Möglichkeit der systemischen Behandlung der schweren und therapieresistenten Psoriasis dar, sind aber an restriktive Indikationskriterien gebunden (Abbildung 5). Im Einsatz sind die TNF-Antagonisten Etanercept (Enbrel), Adalimu-
mab (Humira) und Infliximab (Remicade). Efalizumab musste zurückgezogen werden. Ein weiterer TNF-Hemmer ist Certolizumab Pegol (Cimzia). Des Weiteren sind neue Biologika entwickelt worden, die IL-12/IL-23 (p40) hemmen (Ustekinumab, STELARA, Briakinumab, ABT-874). Weitere Medikamente, die bald erhältlich sein werden, sind MEDI 545 (anti-IFN-α), Fontolizumab (antiIFN-γ), AIN-457 (anti-IL-17), anti-IL-22 beziehungsweise Bevacizumab (anti-VEGF). Welchen negativen Einfluss Betablocker, Lithium, Antimalariapräparate, nichtsteroidale entzündungshemmende Mittel (NSAR), ACE-Hemmer, Kalziumkanalblocker, Antibiotika, Interferone und orale Kortikosteroide auf die Psoriasis haben, erläuterte Dr. med. Akmal S. Hassan, Kasr El Ain Hospitals der
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Universität Kairo. So induzieren zum Beispiel Antimalarika bei 31 Prozent der Patienten eine Psoriasis und sollten heute nicht mehr gegeben werden.
Bei 50 bis 80 Prozent der Plaques-PsoriasisPatienten ist der Kopf betroffen.
Die Psoriasis des Kopfes war Thema des Vortrags von Dr. med. Marguerite Krasovec Rahmann. Bei 50 bis 80 Prozent der Psoriasispatienten mit Plaques ist der Kopf betroffen. Vor der Behandlung ist eine sorgfältige Diffenzialdiagnose wichtig, da das klinische Bild unter anderem demjenigen einer seborrhoischen Dermatitis, einer allergischen Kontaktdermatitis, einer Tinea capitis, einem Lichen planus oder einer Pityriasis planopilaris gleichen kann. Zur wirksamen Behandlung der Kopfhautpsoriasis steht ein Gel zur Verfügung, welches das Vitamin-D3-Analogon Calcipotriol sowie Betamethason enthält. Wirksam ist auch ein clobetasolhaltiges Shampoo. Prof. Dr. phil. nat. Christian Surber äusserte sich über die pharmazeutischen und klinischen Aspekte der topischen Therapie bei Psoriasis. Die übliche Standardtherapie bei leichter bis mittelschwerer Erkrankung umfasst neben der Keratolyse, Dithranol und topischen Retinoiden die Anwendung von Kortikosteroiden und topischen Vitamin-D3-Analoga wie Calcipotriol, Tacalcitol und Calcitriol. Dr. med. Muhamed A. Aziz, Experte des AIHQ (American Institute of Health Care Quality), stellte zum Thema Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen fest, dass Qualität bei der Patientensicherheit und der Vermeidung von Fehlern beginnt. Das Ziel ist, die Abläufe besser, das heisst effektiver und effizienter abzuwickeln, als dies bis anhin gemacht
wurde. Unter anderem wird dies durch eine verbesserte Kommunikation zwischen den behandelnden Ärzten sowie der Pflege erreicht. Ein wichtiger Aspekt im Spital ist die Reduktion des Infektionsrisikos. Der Gesundheitstourismus in Ägypten ist laut Prof. Mohamed Ahmed Saleh schon sehr alt. Nicht nur besondere Heilkräuter haben Tradition, sondern auch die Klimatherapie, wie sie zum Beispiel in Safaga oder Hurghada angeboten wurde. Berühmt ist unter anderem der Ort Helwanin, in der Nähe von Kairo, für sein trockenes Klima und seine mineralien- und schwefelhaltigen Quellen, die bei Arthritis, Neuritis, Parkinson, chronischem Asthma und Hauterkrankungen genutzt werden. Ebenso werden in diversen Oasen wie beispielsweise in der Bahrya-Oase Rheuma- oder Hautpatienten behandelt.
Ägypten hat seine Stärke im Medizintourismus wiederentdeckt.
Das grosse Medieninteresse an diesem Psoriasis-
symposium zeigt, dass Ägypten seine Stärke im Me-
dizintourismus wiederentdeckt hat und dieses Ge-
biet vermehrt ausbauen will. Der Organisator des
Symposiums, Dr. ing. Fouad Abdel Rahmann kün-
digte in diesem Sinn auch eine Fortsetzung dieses
Anlasses an. Das nächste Psoriasissymposium in
Hurghada wird voraussichtlich in zwei Jahren statt-
finden.
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Gisela Stauber-Reichmuth
Interessenkonflikte: keine
spinas | gemperle
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780 Mal am Telefon Gute Nacht gewünscht. 82 Mal kein Wochenende gehabt.
1 neues Mittel gegen Krebs entdeckt.
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