Transkript
ästhetische d e r mato lo g i e
Hautalterung und Smart Aging
Die Haut spiegelt unser biologisches Alter wider.
Sowohl intrinsisches als auch extrinsisches Altern
sind komplexe Prozesse, die zum bekannten Bild der
Altershaut führen. Sie lassen sich durch geeignete
Präventionmassnahmen verlangsamen. Da der
Jung- und Gesunderhaltung in unserer Gesellschaft
viel Wert beigemessen wird, sind Anti-Aging- oder
vielleicht besser Smart-Aging-Massnahmen sehr
gefragt.
Aufgrund der steigenden Lebenserwartung und der zugleich wachsenden Ansprüche bezüglich gesundem Altern und gar jugendlichem Aussehen unserer Gesellschaft ist es nicht erstaunlich, dass sich viele Disziplinen der Jung- und Gesunderhaltung der Haut verschrieben haben. Eine zentrale Rolle spielen Präventionsmassnahmen, die Hautprobleme und, noch viel wichtiger, altersbedingte Hauterkrankungen verhindern helfen. An der Haut als grösstem Organ des menschlichen Körpers sind Alterungsprozesse sehr gut sichtbar. Klinisch manifestiert sich Altershaut durch Atrophie, Xerose, aktinische Elastosen, Faltenbildung, Pigmentunregelmässigkeiten, Elastizitätverlust und Verletzlichkeit sowie durch Bildung meist benigner Neoplasien wie sebborhoische Keratosen. Diese Merkmale sind die Folge von funktionellen und
strukturellen Veränderungen der Haut, bedingt durch Funktionseinbussen und Verminderung der Syntheseleistung. Mit zunehmendem Alter verringert sich die Kollagensynthese, die Wundheilung ist verzögert. Aufgrund der reduzierten Schutzmechanismen der Haut werden diese Prozesse an sonnenexponierten Stellen durch UV-Strahlung und andere Umwelteinflüsse verstärkt. Es kommt dort zu einer noch stärkeren Degeneration der elastischen und kollagenen Fasern. Das Resultat für sonnengegerbte Haut oder für die Haut eines starken Rauchers ist eine starke Faltenbildung. Oxidativer Stress spielt dabei eine wichtige Rolle. Die Hautalterung ist ein sehr komplexer biologischer Prozess, der noch nicht vollständig verstanden ist. Im Labor lässt sie sich durch Ein- und Ausschalten diverser Gene beeinflussen. Zusätzlich tragen aber auch Umwelteinflüsse ganz entscheidend zur Alterung bei. Deshalb unterscheidet man das natürliche, genetisch gesteuerte intrinsische und das extrinsische Altern. Letzteres lässt sich hauptsächlich auf die UV-Strahlen-Exposition zurückführen. Lichtschäden werden über Jahre akkumuliert und sind wesentlicher Faktor der Karzinogenese. Das natürliche Altern wird vom umweltbedingten überlagert, sodass sich der Alterungsprozess beschleunigt.
Oxidativer Stress lässt Haut altern
Radikale sind meist reaktive Sauerstoffspezies, welche ein oder mehrere ungepaarte Elektronen aufweisen und deshalb äusserst reaktiv sind. Sie entstehen bei fast allen biosynthetischen und regulativen Prozessen in der Hautzelle und werden normalerweise durch zelleigene (endogene) antioxidative
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Schutzsyteme abgefangen. Dazu gehören zum Bei- Alternde Zellen haben die Tendenz, vermehrt freie
spiel interzelluläres Glutathion, Vitamine E und C Radikale im Zellstoffwechsel freizusetzen, die diverse
oder antioxidativ wirksame Enzyme wie die Katalase Zellstrukturen wie die DNA schädigen können. Sie
oder Superoxiddismutase. Diese Antioxidanzien wir- neigen dazu, sich gegenüber apoptotischen Signalen
ken als Radikalfänger und tragen somit dazu bei, äusserst resistent zu zeigen. Statt in den program-
das Störungspotenzial zu verringern und die zellu- mierten Zelltod zu gehen, aktivieren sie Prozesse,
läre Homöostase aufrechtzuerhalten. Reichen die die zu malignen Entartungen führen können.
Schutzmechanismen der Haut nicht aus, sodass ver- Intrinsisch gealterte Haut zeigt eine Abflachung der
stärkt reaktive Radikale auftreten, spricht man von dermoepidermalen Junktionszone, eine Verdün-
oxidativem Stress. In einer Kettenreaktion oxidieren nung der Dermis und des subkutanen Fettgewebes
Radikale Zellstrukturen mit ungesättigten Verbin- sowie eine verminderte Anzahl von Keratinozyten,
dungen wie die Hautlipide, die erzeugten Peroxidra- Langerhans-Zellen, Melanozyten und Mastzellen
dikale sind ihrerseits in der Lage, weitere Radikale (Tabelle).
zu bilden und benachbarte Moleküle zu zerstören.
So werden nicht nur zelluläre Bestandteile wie
Lipide und Proteine geschädigt, sondern auch Be standteile des Bindegewebes, insbesondere die elas-
Tabelle:
Altersbedingte Veränderungen der Haut-
tischen und kollagenen Fasern. Auch UV-Strahlung
architektur
erzeugt reaktive Sauerstoffspezies, die zu Schäden an mitochondrialer und zellulärer DNA führen.
Veränderung der Epidermis Variierende Zellzahl in allen Schichten
Biologische Hautalterung
● unterschiedliche Keratinozytentypen ● Zellwachstum in der Basalzone ↓
Jede eukaryontische Zelle hat eine begrenzte Lebensdauer, welche durch die Länge sogenannter Telomere bestimmt wird. Diese sind wie eine Schutz-
● Melanozytenzahl ↓ ● Langerhans-Zellen ↓ ● Abflachung der dermatoepidermalen Zone
kappe terminal am DNA-Strang platziert und verkürzen sich mit jeder Zellteilung. Wird eine kritische Länge des Telomers unterschritten, teilt sich die Zelle nicht mehr, und sie kann in die Apoptose gehen. Durch das Enzym Telomerase können die Telomere repariert und verlängert werden. Der Lebenswandel eines Menschen scheint eine Auswirkung auf die durchschnittliche Telomerasekonzen tration zu haben. Durch mehr körperliche Bewegung und gesunde Ernährung lässt sich diese erhöhen. Neben dieser individuellen biologischen Uhr hängt
Veränderungen in der Dermis ● Fibroblastenzahl ↓ ● Kollagensynthese ↓ (ca. -30% in den ersten ● Jahren der Menopause, später 2,1%/Jahr) ● Kollagenfasern ↓, Horizontalisierung ● elastische Fasern ↓, falsche Vernetzung ● Hyaluronsäuresynthese ↓ ● → verminderte Wasserbindung ● reduzierte Zahl von Mastzellen ↓ ● Reduktion der Gefässe ↓
die intrinsische Hautalterung von der genetischen Prädisposition und dem Hormonstatus des Menschen ab. Hormone sind wesentlich am Prozess der Hautalterung beteiligt. Die Haut ist ein aktives peripheres endokrines Organ, das wirksame Hormone im Kreislauf freisetzen kann. Frauen verbringen durchschnittlich ein Drittel ihres Lebens unter Östro-
Veränderung der Anhangsgebilde ● Haarfollikeldichte ↓ ● Haardepigmentierung ● Schweissdrüsendichte ↓ ● Talgsynthese ↓ ● Talgdrüsenvolumen ↑
gen- und Männer etwa 20 Jahre unter Androgenman-
gel. Nicht nur die Sekretion von Sexualhormonen
wird mit fortschreitendem Alter reduziert, sondern auch die Produktion der Hormone wie Melatonin,
Exogene Hautalterung
Wachstumshormone (GH, Insulin-like Growth Fac- Von den extrinsischen Faktoren trägt die Exposition
tor 1), Insulin, Kortisol und Thyroxin sinkt. Gleichzei- gegenüber der UV-Strahlung mit einem Anteil von
tig sinken die Spiegel gewisser Signalmoleküle wie 80 Prozent wie schon erwähnt am meisten zur vor-
Zytokine, Chemokine und deren Rezeptoren, wäh- zeitigen Alterung bei. Zusätzliche Faktoren sind
rend Spiegel anderer Moleküle wie das Zytokin Umweltbelastungen durch Noxen wie Feinstaub,
Transforming Growth Factor, welches die Fibroblas- Ozon, aber auch Tabakrauch sowie starker physischer
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und psychischer Stress, Alkohol, Mangel- oder Über-
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ernährung. An der Pathogenese der Lichtalterung Der bestuntersuchte Wirkstoff gegen Falten ist die
sind sowohl die UV-B- (290–315 nm) als auch die Vitamin-A-Säure (Tretinoin). Sie stimuliert die Kol-
UV-A-Strahlung (315–400 nm) beteiligt. Dabei korre- lagensynthese und hemmt auch die UV-induzierte
liert die Eindringtiefe der UV-Strahlung mit der Wel- Synthese kollagenabbauender Enzyme. Der weniger
lenlänge. Während die kurzwellige UV-B-Strahlung irritierende Wirkstoff Retinaldehyd, der für Kosme-
vornehmlich in der Epidermis absorbiert wird, dort tika zugelassen ist und sich in der Haut zu Tretinoin
mit Keratinozyten interagiert und bis zur papillären umwandelt, bewirkt ebenso eine Stimulation der
Dermis eindringt, schädigt die längerwellige UV-A- Kollagensynthese.
Strahlung sowohl die epidermalen Keratinozyten als Aufgrund seiner universellen Redoxeigenschaften
auch die dermalen Fibroblasten. UV-B- sowie UV-A- wirkt Vitamin C zum einen durch Quenching freier
Strahlung tragen zum typischen Bild lichtgealterter Radikale als Antioxidans, zum anderen fungiert es
Haut bei: starke Faltenbildung, Hauttrockenheit, als prooxidierendes Agens gegenüber Vitamin E,
ungleichmässige Pigmentierung, aktinische Kera- indem es die durch oxidativen Stress entstandenen
tose, Elastose und Hyperplasie der Talgdrüsen. Licht- lipidlöslichen Vitamin-E-Radikale an der Zellmem
gealterte Haut unterscheidet sich von natürlich geal- branoberfläche in die aktive Form zurückführt und
terter Haut in der dramatischen Abnahme der somit den Radikalfänger wieder regeneriert. Studien
Kollagensynthese. Neben der Verminderung von zeigen einen präventiven Einfluss von Vitamin C
Kollagenfasern und dem Untergang elastischer gegenüber UV-Immunosuppression und DNA-
Fasern sind auch Ablagerungen fragmentierter elas- Mutation in Cremezubereitungen.
tischer Fasern zu finden. Zudem werden mehr In Pflanzen weitverbreitete Radikalfänger sind phe-
Enzyme freigesetzt, welche die Matrixproteine ab‑ nolische und polyphenolische Verbindungen wie
bauen. Die verminderte Synthese von Hyaluronsäure die Phenolcarbonsäuren, Tannine und Flavonoide
führt zur trockenen Haut. Die Anwesenheit von ent- (roter Wein, Grüntee oder Ginkgo) oder Ubiqui-
zündlichen Zellen wie Mastzellen deutet darauf hin, none (z.B. Coenzym Q10). Das wirksamste, in Grün-
dass lichtgealterte Haut chronisch entzündet ist.
tee enthaltene Polyphenol ist das Epigallocatechin-
Eine nicht zu unterschätzende weitere Ursache für gallat, welches die freien Radikale, UV-induzierte
frühzeitige Altershaut ist der Tabakrauch. Reaktive Erytheme und DNA-Schäden reduziert.
Sauerstoffspezies generieren in den Lungenepithel- Die Xerosis cutis der alternden Haut kann sich zu
zellen mitochondriale DNA-Mutationen. Im Binde- einer ekzematösen Erkrankung entwickeln und
gewebe reduzieren sie die Kollagenbiosynthese und bedarf bei der Hautreinigung und -pflege der beson-
vermindern die Expression der Matrixmetallopro deren Beachtung. Zu häufiger Wasserkontakt, zu
teinase, was zum typischen «smoker face» führt.
heisse Wassertemperatur beim Baden oder Duschen
Ozon, das eines der Hauptbestandteile von Smog ist, sowie die übermässige Anwendung von Seifen und
wie es in stark verkehrsbelasteten Regionen wäh- Detergenzien sollten vermieden werden. Hilfreich
rend der sonnenreichen Jahreszeit auftritt, ist ein sind rückfettende Badezusätze und adäquate Körper
potentes Oxidans.
pflegeprodukte, die Feuchthaltefaktoren enthalten.
Beliebte Anti-Aging-Massnahmen sind interventio
Präventions- und Smart-Aging-Massnahmen
nelle, dermatologisch-ästhetische Verfahren wie chemisches Peeling, die Faltenauffüllung, beispielsweise mit Hyaluronsäure, oder die Korrektur von Gesichts-
Zur Gesunderhaltung der Haut und Prävention falten mit Botulinumtoxininjektion. Gute Resultate
spielen in der dermatologischen Praxis Lichtschutz- können mittels Lifting erreicht werden. Bei den
mittel, dermokosmetische beziehungsweise Anti- Lasermethoden besteht aufgrund der Nebenwir-
Aging-Wirkstoffe sowie Nahrungsmittelergänzungs kungen ein Trend weg von den ablativen Techniken
stoffe eine wichtige Rolle. Die Prävention der (CO2-, Erbiumlaser) hin zu den nicht invasiven.
Hautlichtalterung und deren Folgeerkrankungen Neben Laser- und Blitzlampengeräten werden auch
muss schon in frühester Kindheit erfolgen, da Hochfrequenzgeräte (Thermage) oder Fraxellaser
80 Prozent der Lichtschäden bereits im Kindes- und angewandt. Diese Methoden werden in der nächs-
Jugendalter erworben werden. Nur durch konse- ten [medicos]-Ausgabe genauer behandelt.
l
quentes Einhalten der Sonnenschutzmassnahmen
können kumulative Schäden der Haut verhindert Gisela Stauber-Reichmuth
werden. Des Weiteren sollte auf das Rauchen ver-
zichtet werden. Dermokosmetika, die Antioxidan Interessenkonflikte: keine
zien, aber auch zum Schutz vor trockener Altershaut
14 Feuchthaltemittel enthalten, sind hilfreich.
Literatur beim Verlag
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