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UEG-Week
Kongressnews
Kolonoskopie senkt Darmkrebsinzidenz nach
10 Jahren
Kolonoskopien zur Darmkrebsprävention werden breit
durchgeführt. Dennoch war bis anhin nicht ganz klar, wie
sich diese Präventionsmassnehme auf das Risiko für kolo-
rektale Tumoren und auf die damit zusammenhängende
Mortalität auswirkt. Um diese Frage zu klären, initiierten
norwegische Forscher eine Studie mit vermutet gesunden
Personen (n = 84 585) zwischen 55 und 64 Jahren aus polni-
schen, norwegischen, schwedischen und niederländischen
Registern. Die Personen erhielten randomisiert in einem
1:2-Verhältnis eine Einladung zu einer einzelnen Kolonosko-
pie zum Darmkrebsscreening versus keine Einladung. Als
primärer Endpunkt wurden das kolorektale Krebsrisiko und
die damit verbundene Mortalität definiert, als sekundärer
Endpunkt galt die Gesamtmortalität. Von 28 220 Eingelade-
nen nahmen 11 843 (42%) das Screening wahr, 56 365 Per-
sonen erhielten keine Einladung. 15 Patienten hatten nach
der Polypenentfernung eine schwere Blutung, zu Perforatio-
nen oder screeningbedingten Todesfällen kam es bei den
Gescreenten nicht.
Nach median 10 Jahren hatten sich in der eingeladenen
Gruppe weniger Kolorektaltumoren entwickelt (259 vs.
622). In der Intent-to-treat-Analyse betrug die Risikoreduk-
tion 18 Prozent (Risk Ratio [RR]: 0,82; 95%-Konfidenzin-
tervall [KI]: 0,70–0,93). Das Risiko, daran zu sterben, war
bei den Eingeladenen um 10 Prozent tiefer (RR: 0,90; KI:
0,64–1,16), und das Risiko, an irgendeiner Ursache zu ster-
ben, war um 1 Prozent tiefer (RR: 0,99; KI: 0,96–1,04).
Daraus ziehen die Autoren den Schluss, dass eine einzelne
Kolonoskopie als Darmkrebsvorsorgeuntersuchung die In-
zidenz von Kolorektaltumoren über einen Zeitraum von
10 Jahren reduziert. Die Studie wurde nach der Präsentation
an der UEG-Week im NEJM publiziert.
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Quelle: Bretthauer M et al.: Effect of colonoscopy screening on risks of colorectal cancer and related death. N Engl J Med. 2022;387(17):1547-1556.
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Viele Pankreastumoren verpasst
Trotz der Bildgebung mit Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) bleiben viele Pankreastumoren vorerst unentdeckt, was das Zeitfenster für eine kurative chirurgische Therapie erheblich verkürzt. Eine britische Studie analysierte CT- und MRT-Scans von Pankreaskrebspatienten, die eine verzögerte Diagnose erhielten, weil der Tumor auf den Scans erst unentdeckt blieb. Dazu wurden Krankengeschichten von 600 Patienten mit einer Pankreaskrebsdiagnose untersucht. Bei 46 (7,7%) Patienten wurde der Pankreastumor im ersten Scan übersehen, die definitive Diagnose erfolgte mit einer Verzögerung von 3 bis 18 Monaten. Die Analyse zeigte, dass 36 Prozent dieser zu spät entdeckten Pankreaskrebsfälle mit einer besseren Detektionsrate potenziell vermeidbar gewesen wären. Zur Ursachenforschung wurden die Scans zusätzlich von unabhängigen Radiologen gesichtet. Dabei stellte sich heraus, dass bei fast der Hälfte der Fälle die Krebszeichen verpasst wurden, wenn Radiolo-
gen mit hepatobiliärer Ausrichtung die Scans angeschaut
hatten. Bei knapp einem Drittel der Scans wurden dilatierte
Gallen- oder Pankreasgänge nicht als mögliche Hinweise er-
kannt und weiter abgeklärt.
Die Autoren hoffen, dass diese Analyse genügend Aufmerk-
samkeit erhält, um durch angepasstes Qualitätsmanagement
die Detektionsrate zu steigern, was dazu beitragen könnte,
die Überlebenschancen der Patienten infolge frühzeitiger
Diagnose zu erhöhen.
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Quelle: Umar N et al.: How often is pancreatic cancer missed on CT or MRI imaging? A novel root cause analysis system to establish the most plausible explanation for post imaging pancreatic cancer. Presented at UEG Week 2022, Vienna.
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H.-pylori-Eradikation reduziert ASS-bedingtes
Magenblutungsrisiko
Bei Patienten, die unter einer Therapie mit Acetylsalicylsäure
(ASS) stehen, sind Prävalenz und Inzidenz von Blutungen des
oberen Gastrointestinaltrakts erhöht, vor allem wenn gleich-
zeitig eine Infektion mit Helicobacter (H.) pylori besteht. Ob
die Eradikation bei ihnen einen Nutzen bringt, untersuchten
Christopher Hawkey, University of Nottingham (UK), und
Kollegen in der britischen Studie HEAT (Helicobacter Eradi-
cation Aspirin Trial).
Dazu wurden 30 166 > 60-jährige Patienten aus über 1200
Hausarztpraxen, die täglich maximal 325 mg ASS einnah-
men, rekrutiert und nach positivem C13-Urea-Atemtest
(n = 5367) in die Studie aufgenommen. Patienten mit gleich-
zeitiger Therapie mit Protonenpumpenhemmern, H2-Blo-
ckern, nicht steroidalen Antiphlogistika oder bekannten All-
ergien gegen Komponenten der Eradikationstherapie wur-
den ausgeschlossen. Die Teilnehmer erhielten entweder eine
aktive Eradikationstherapie während 7 Tagen (n = 2677),
bestehend aus Clarithromycin 500 mg 2-mal/Tag, Metroni-
dazol 400 mg 2-mal/Tag und Lansoprazol 2-mal/Tag, oder
Plazebo. Das ergab 13 405 bzw. 13 262 Personenjahre im
Follow-up von etwa 5 Jahren.
Primärer Endpunkt der HEAT-Studie war eine Spitaleinwei-
sung aufgrund einer Ulkusblutung.
Nach der aktiven Eradikation wiesen 90 Prozent einen nega-
tiven Atemtest auf, in der Plazebogruppe waren es dagegen
nur 24 Prozent. In der aktiven Gruppe kam es aufgrund einer
Ulkusblutung zu 18 Hospitalisierungen, in der Kontroll-
gruppe zu 26 Spitaleinweisungen. Der Schutz der Eradika-
tion trat früh ein, war aber über die Jahre nicht anhaltend.
Denn der Unterschied zwischen den beiden Gruppen war nur
in ersten 2,5 Jahren signifikant unterschiedlich (6 vs. 17 Ho-
spitalisationen). Die Arbeit wurde am Kongress mit dem
«Top Abstract Prize» ausgezeichnet.
vh
Quelle: Hawkey CJ et al.: Helicobacter pylori eradication aspirin trial (HEAT): primary prevention of upper gastrointestinal ulcer bleeding evaluated in a large scale trial in UK primary care. Presented at UEG Week 2022, Vienna.
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20 CongressSelection Gastroenterologie | Januar 2023
Mikrobiom bei Typ-1-Diabetikern verändert
Eine niederländische Studie zeigte, dass sich die Darmmikro-
biota bei Patienten mit Typ-1-Diabetes von jener der Allge-
meinbevölkerung unterscheidet und mit den Erkrankungs-
charakteristika sowie den vaskulären Komplikationen zu-
sammenhängt. Die Resultate weisen darauf hin, dass ein
gestörtes Darmmikrobiom zu Krankheitsprogression beitra-
gen könnte.
Zu dieser Erkenntnis führte eine metagenomische Sequenzie-
rung von Stuhlproben von 239 Patienten mit langjährig be-
stehendem Typ-1-Diabetes und von 2937 alters-, geschlechts-
und Body-Mass-Index-gematchten Personen ohne chroni-
sche Erkrankungen aus der Gesamtbevölkerung. Dabei
zeigte sich zwar kein Unterschied in der Diversität der Flora
zwischen den Teilnehmergruppen, doch wiesen die Diabeti-
ker bei 82 Taxa signifikant veränderte Anteile auf. Davon
waren 37 Stämme mengenmässig übervertreten, inklusive
Bakterien aus den pathogenen Ordnungen Clostridiales und
Oscillobacter. 43 Stämme waren dagegen depletiert, darun-
ter die Kommensalen der Gattung Alistipes, Dorea und Bifi-
dobacterium. Die grössten Unterschiede waren bei Patienten
mit diabetischer Nephropathie zu beobachten, bei der diabe-
tischen Retinopathie sowie anderen mikro- und makrovas-
kulären Komplikationen waren die Unterschiede ebenfalls
vorhanden, aber kleiner.
vh
Quelle: Gacesa R et al.: Long-term type 1 diabetes and its complications are associated to changes in gut microbiota. Presented at UEG Week 2022, Vienna.
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