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ESC-Kongressnews
ESC
Grippeimpfung direkt nach Herzinfarkt lohnt sich
Gemäss der schwedischen IAMI-Studie (influenza vaccination after myocardial infarction study) kann noch im Spital das Outcome der Patienten signifikant verbessert werden. An der wegen der COVID-19-Pandemie vorzeitig beendeten Studie nahmen statt der 4400 geplanten nur 2571 Herzinfarktpatienten aus 30 skandinavischen, australischen und Spitälern aus Bangladesh teil. Die Studie lief während 4 Grippesaisons. Während einer solchen erhielten Herzinfarktpatienten jeweils innerhalb von 72 Stunden nach der Koronarintervention randomisiert entweder eine Influenzaimpfung oder eine Plazeboinjektion. Als primärer Endpunkt galt die Kombination aus Gesamtmortalität, Myokardinfarkt oder einer Stentthrombose innerhalb von 12 Monaten. Nach Ende der Studienzeit zeigte sich, dass die Patienten mit einer Grippe-
impfung eine signifikante Risikoreduktion für den primären Endpunkt von 28 Prozent aufwiesen (Hazard Ratio: 0,72; 95%-Konfidenzintervall: 0,52–0,99; p = 0,040), vorwiegend aufgrund der reduzierten Gesamt- und kardiovaskulären Mortalität um 41 Prozent. Studienleiter Prof. Ole Fröbert, Universität Örebro (S), empfiehlt daher, die Grippeimpfung in die Behandlung des Herzinfarkts im Spital zu integrieren. Die Studie wurde zeitgleich mit der Präsentation an der ESCHotline-Session im Magazin «Circulation» publiziert (1). vh
Quelle: «Hotline Session», Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 27. bis 30. August 2021, virtuell.
Referenz: 1. Fröbert O et al.: Influenza Vaccination After Myocardial Infarction: A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, Multicenter Trial. Circulation. 2021;144(18):1476-1484. doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.121.057042
Herzstillstand ohne STEMI:
sofortige Koronarangiografie nicht nötig
Weil eine Koronarangiografie auch ein Risiko für Komplika-
tionen birgt, ist eine Patientenselektion nicht unerheblich. In
der TOMAHAWK-Studie wurde untersucht, ob Patienten
mit Herzstillstand ausserhalb des Spitals nach der Wieder-
belebung und ohne ST-Hebung im EKG routinemässig sofort
ins Katheterlabor gebracht werden müssen. An der multi-
zentrischen, randomisierten Studie aus Deutschland nahmen
554 Patienten teil, bei 281 von ihnen wurde eine sofortige
Koronarangiografie durchgeführt, bei 273 erst später oder
selektiv. Als primärer Endpunkt war die 30-Tage-Gesamt-
mortalität definiert. Als sekundäre Endpunkte galten unter
anderem ein Myokardinfarkt innerhalb von 30 Tagen,
schwere neurologische Defizite und die Dauer des Spitalauf-
enthalts. Die Analyse zeigte im primären Endpunkt keinen
signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Im
sekundären Endpunkt traten in der Sofort-Angiogra-
fie-Gruppe mehr Fälle von schweren neurologischen Defizi-
ten und mehr Todesfälle auf. Das bedeute, so Studienleiter
Prof. Steffen Desch, dass Patienten ohne signifikante Koro-
narläsion als Auslöser des Herzstillstands von einer soforti-
gen Koronarangiografie nicht profitierten, es könne ihnen
sogar eher schaden.
Die Studie wurde zeitgleich mit der Präsentation an der ESC-
Hotline-Session im «New England Journal of Medicine» pu-
bliziert (1).
vh
Quelle: «Hotline Session», Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 27. bis 30. August 2021, virtuell.
Referenz: 1. Desch S et al.: Angiography after Out-of-Hospital Cardiac Arrest without ST-Segment Elevation. N Engl J Med. 2021;10.1056/NEJMoa2101909. doi:10.1056/ NEJMoa2101909
sss
Implantierter Loop-Recorder verhindert keinen
Hirnschlag
Bei Patienten mit Risikofaktoren für Hirnschlag ist eine
Rhythmuskontrolle zur Hirnschlagprävention durch einen
Loop-Recorder nicht nötig, wie eine am ESC-Kongress prä-
sentierte Studie zeigte. Patienten mit Vorhofflimmern sind
häufig asymptomatisch und deshalb oft nicht diagnostiziert
und unbehandelt. In der LOOP-Studie wurde nun die Frage-
stellung untersucht, ob bei Risikopatienten eine kontinuierli-
che EKG-Überwachung mit implantiertem Loop-Recorder
und eine Antikoagulation, im Fall einer Entdeckung von Vor-
hofflimmern, das Risiko für Hirnschlag oder systemische ar-
terielle Embolie reduzieren. Als Risikofaktoren galten
Hypertonie, Diabetes, Herzinsuffizienz und vormaliger Hirn-
schlag. An der Studie nahmen 6004 durchschnittlich 74,7-jäh-
rige Patienten teil, davon war knapp die Hälfte weiblich. Den
Teilnehmenden wurde im Verhältnis 1:3 randomisiert ein
Loop-Recorder implantiert, die mediane Überwachung dau-
erte 39,3 Monate, der Follow-up lief median 64,5 Monate.
In der Loop-Recorder-Gruppe waren nach Studienende sig-
nifikant mehr Fälle mit Vorhofflimmern entdeckt worden als
in der Kontrollgruppe (31,8 vs.12,2%), und bei 29,7 Prozent
(vs. 13,1%) wurde in der Folge eine orale Antikoagulation
begonnen. Trotz der unterschiedlichen Massnahmen traten
in beiden Gruppen etwa bei gleich vielen Patienten Hirn-
schläge oder systemische arterielle Embolien auf (4,5 vs.
5,6%), der Unterschied war statistisch nicht signifikant. Stu-
dienleiter Prof. Jesper Hastrup, Copenhagen University Rigs-
hospitalet (DK), sagte dazu, dass vielleicht nicht jedes Vor-
hofflimmern per Screening entdeckt werden müsse und es
auch nicht bei jedem entdeckten Vorhofflimmern eine Anti-
koagulation brauche.
vh
Quelle: «Hotline Session: Implantable Loop Recorder to Detect Atrial Fibrillation and Prevent Stroke (The LOOP Study): A Randomised Controlled Trial. Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 27. bis 30. August 2021, virtuell.
CongressSelection Kardiologie | Diabetologie | Dezember 2021
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