Transkript
ACC
LAAOS-III-Studie
Vorhofohr-Verschluss reduziert Hirnschlagrate
Foto: ACC
Patienten mit Vorhofflimmern haben aufgrund einer erhöhten Thrombosegefahr ein höheres Risiko für Hirnschlag. Die Thromben entstehen häufig im linken Vorhofohr, was die Vermutung nahelegte, dass ein Verschluss desselben das Hirnschlagrisiko verringern könnte. Die LAAOS-III-Studie, die am Jahreskongress des American College of Cardiology (ACC) präsentiert wurde, untersuchte diese Fragestellung und zeigte für diese Methode eine Risikoreduktion von 33 Prozent. Das könnte sich praxisverändernd auswirken.
Bei Patienten mit Vorhofflimmern hat sich die
Antikoagulation zur Prävention eines ischämi-
schen Hirnschlags etabliert, doch kann eine
schlechte Adhärenz die Wirkung auch schmä-
lern. Gerade bei solchen Patienten könnte der
Verschluss des Vorhofohrs im Rahmen einer
aus anderen Gründen durchgeführten Herz-
operation einen zusätzlichen Nutzen bringen.
In der LAAOS-III-Studie wurde diese Hypo-
Prof. Richard Whitlock
these überprüft. An der multizentrischen Studie nahmen 4770 durchschnittlich 71-jährige
Patienten mit Vorhofflimmern und CHA2DS2-VASc-Score ≥ 2 (im Durchschnitt 4,2) teil, die sich einer Herzoperation
wegen anderer Indikation, meist Klappenersatz oder Bypass,
unterzogen. 2379 von ihnen wurde randomisiert während
der Operation zusätzlich das Vorhofohr verschlossen. Alle
Patienten erhielten nach der Operation während einer mitt-
leren Nachbeobachtungszeit von 3,8 Jahren die Standard-
therapie inklusive Antikoagulanzien. Als primärer Endpunkt
galt das Auftreten eines ischämischen Hirnschlags oder einer
systemischen Embolie. Nach Studienende waren in der Ver-
schlussgruppe bei 114 (4,5%) Patienten ein Hirnschlag oder
eine systemische Embolie aufgetreten, in der Gruppe ohne
Verschluss bei 168 Patienten (7,0%). Der Unterschied war
signifikant (Hazard Ratio: 0,67; 95%-Konfidenzintervall
0,53–0,85; p = 0,001). Nach 3 Jahren nahmen 77 Prozent der
Patienten aus der Verschlussgruppe immer noch ihre Anti-
koagulanzien.
Der Vorteil zeigte sich über alle Subgruppen hinweg gleich-
mässig, unabhängig vom geografischen Standort, Geschlecht,
Alter oder von der gewählten Antikoagulation. Die Inzidenz
von perioperativen Blutungen, Herzinsuffizienz oder Tod
unterschied sich in beiden Gruppen nicht signifikant.
Game-Changer-Potenzial
Dieses Ergebnis bedeutet, dass mit einem Verschluss des linken Vorhofohrs das Risiko für Hirnschlag oder systemische Embolie bei Patienten mit Vorhofflimmern unter Standardtherapie noch zusätzlich gesenkt werden kann. Das Resultat eröffne neue Möglichkeiten für die Hirnschlagprävention über die medikamentöse Therapie hinaus, so der Studien-
leiter Prof. Richard Whitlock, McMaster University, Ontario
(CAN). Die während einer Herzoperation durchgeführte
Prozedur nehme keine 10 Minuten in Anspruch und verhin-
dere von da an viele Hirnschläge. Die Studie wurde mit der
Präsentation am ACC-Kongress zeitgleich im «New England
Journal of Medicine» (NEJM) publiziert (1).
In einem Editorial (2) in der gleichen NEJM-Ausgabe kom-
mentiert Prof. Richard Page, University of Vermont (USA),
dass ein separater perkutaner Eingriff für einen Vorhofohr-
Verschluss aufgrund des potenziellen Komplikationsrisikos
bislang nicht empfohlen worden sei. Die Empfehlungen hät-
ten sich auf die mit den Jahren immer sicherer gewordene
Antikoagulation konzentriert. Mit den LAAOS-III-Resulta-
ten habe sich aber gezeigt, dass das Risiko für einen zusätz-
lich ausgeführten Verschluss während einer ohnehin statt-
findenden Operation praktisch entfalle. Vor diesem Hinter-
grund sei eine zusätzliche Hirnschlagrisikoreduktion um
33 Prozent bei Patienten, die bereits eine Antikoagulation
erhielten, bemerkenswert. Inwiefern der Eingriff auch ohne
Antikoagulanzien zu einer Risikoreduktion führen würde,
könne jedoch nicht beurteilt werden. Dennoch würden diese
Ergebnisse möglicherweise als Klasse-I-Empfehlung zum
routinemässigen Vorhofohr-Verschluss bei Patienten mit
Vorhofflimmern im Rahmen von geplanten Herzoperationen
in die Guidelines einfliessen.
s
Valérie Herzog
Quelle: «Late-break-session I», Jahreskongress des American College of Cardiology, 15. bis 17. Mai 2021, virtuell.
Referenzen: 1. Whitlock RP et al.: Left atrial appendage occlusion during cardiac
surgery to prevent stroke. N Engl J Med. 2021 May 15;10.1056/ NEJMoa2101897. 2. Page LP: The closing argument for surgical left atrial appendage occlusion. N Engl J Med. 2021 May 15;10.1056/NEJMe2106069.
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