Transkript
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Metastasiertes kastrationsresistentes Prostatakarzinom
Therapieentscheidung aufgrund der aktuellen Studienlage
Das therapeutische Armamentarium zur Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms, insbesondere des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC), hat sich in den letzten Jahren bemerkenswert erweitert. Im Rahmen des 30th Anniversary Congress der European Association of Urology (EAU) sprachen auf einem von der Firma Sanofi unterstützten Satellitensymposium Experten von der Heterogenität der Erkrankung und den sich ergebenden Therapieansätzen.
D as kastrationsresistente Prostatakarzinom ist eine klinisch und pathologisch heterogene Erkrankung. So können AR-positive und AR-negative Tumorzellen in demselben Patienten anzutreffen sein, erklärte Cora Sternberg, Rom. Verschiedene Treibergene sind bekannt und durch Genomanalysen nachweisbar.
Interpretation der klinischen Studien im postchemotherapeutischen Setting Stéphane Oudard, Paris, fasste den derzeitigen Erkenntnisstand zusammen. In der Behandlung von mCRPC stehen Docetaxel, Cabazitaxel, Radium 223, Abirateron, Enzalutamid und Sipuleucel-T zur Verfügung, und weitere Substanzen seien in der Entwicklung. Da keine Head-to-head-Studien vorliegen, gelte es, die bestehenden Studien zu interpretieren. Bei Patienten, die bereits gut auf Docetaxel angesprochen hatten (PSA-Abfall ≥ 50% oder PFS 6 Monate), kann Docetaxel erneut zum Einsatz kommen, so eine retrospektive Auswertung kleinerer Studien (1). Ein weiterer Anhaltspunkt für einen erneuten Einsatz sei die primäre Resistenz gegenüber den ARgerichteten Therapien. Mögliche Ursachen könnten eine Kombination von AR- und CYP17-Expression oder die Anwesenheit der Splice-Variante AR-V7 sein, wie in Phase-IIStudien gezeigt wurde (2, 3). Da offensichtlich Kreuzresistenzen vorliegen (4), könne die primäre Resistenz nicht durch Kombination oder Sequenz der AR-gerichteten Therapien überwunden werden.
Einsatzmöglichkeiten der Chemotherapie in der Erstlinienbehandlung
Eine retrospektive Analyse von 153 mCRPCPatienten wies darauf hin, dass ein schneller Tumorprogress (< 12 Monate) nach erster Androgendeprivationstherapie (ADT) mit einer schlechten Prognose und einem geringen Ansprechen auf eine nachfolgende ADT einhergeht, während das Ansprechen auf eine Taxan-haltige Therapie, bei insgesamt schlechterer Prognose, nicht beeinflusst wird (5). Eine höhere Anzahl an Metastasenlokalitäten und eine hohe Neutrophilen-Lymphozyten-Ratio (NLR) können ebenfalls Marker eines schlechten Ansprechens auf eine Therapie mit AR-gerichteter Therapie sein. Eine Untersuchung des Princess Margaret Cancer Centre, Toronto, zeigte, dass Patienten mit ausgeweiteten Metastasenorten und einer NLR > 5 weniger häufig auf Abirateronacetat ansprachen als Patienten mit alleinigen Knochen- oder Lymphknotenmetastasen und einem NLR ≤ 5. Dies übertrug sich auf das Gesamtüberleben (OS) (6). In einer anderen Arbeit wurde bei 1224 Patienten der VENICE-Studie und 1006 Patienten der TAX327-Studie der Einfluss einer hohen NLR auf eine Docetaxel-Therapie untersucht; es zeigte sich, dass Docetaxel eine aktive Therapie blieb (7). Zudem waren in einer Phase-II-Studie AR-V7positive Tumoren mit 0 Prozent PSA-Ansprechen auf Abirateronacetat und Enzalutamid assoziiert, AR-V7-negative Tumoren dagegen mit 68,0 beziehungsweise 52,6 Prozent. Bei den Taxanen betrug das PSA-Ansprechen 41 Prozent und 65 Prozent (8).
Docetaxel plus ADT bei mPC-Patienten mit hoher Tumorlast
Christopher Sweeney, Boston, erklärte die Ergebnisse der CHAARTED-Studie (9), die einen signifikanten Überlebensgewinn zeigen konnte, wenn zusätzlich zu einer ADT Docetaxel gegeben wurde: Das OS betrug 44,0 vs. 57,6 Monate (n = 790; HR = 0,61; p = 0,0003). Für Patienten mit hoher Tumorlast betrug der mediane Überlebensgewinn sogar 17 Monate (32,2 vs. 49,2 Monate; HR = 0,60;p = 0,0006). Die mediane Zeit bis zum klinischen Progress wurde von 19,8 auf 32,7 Monate verlängert (HR = 0,49; p < 0,0001). Nicht hämatologische Toxizitäten Grad 3/4 traten selten auf, an hämatologischen Toxizitäten Grad 3/4 wurden bei 12 von 397 Patienten eine Neutropenie, bei 6 Patienten eine febrile Neutropenie und bei 2 Patienten eine Infektion mit Neutropenie beobachtet.
Fazit
Sternberg fasste zusammen, dass es notwendig sei, eine bessere Klassifikation zu finden, um die Therapie zu individualisieren. Sie erwarte eine häufigere Nutzung der Chemo-ADT. Oudard ergänzte, das OS sei assoziiert mit der Anzahl an lebensverlängernden Therapien, daher solle das Fenster einer möglichen Chemotherapieapplikation nicht verpasst werden.
Ine Schmale
Referenzen: 1. Oudart S et al. Docetaxel rechallenge after an initial good response in patients with metastatic castration-resistant prostate cancer. BJU Int. 2015;115 (5): 744-752. 2. Efstathiou E et al. Effects of abiraterone acetate on androgen signaling in castrate-resistant prostate cancer in bone. J Clin Oncol 2012; 30 (6): 637–643. 3. Efstathiou E et al. Molecular characterization of enzalutamide-treated bone metastatic castration-resistant prostate cancer. Eur Urol 2015; 67 (1): 53–60. 4. Efstathiou E et al. Enzalutamide (ENZA) in combination with abiraterone acetate (AA) in bone metastatic castration resistant prostate cancer (mCRPC). J Clin Oncol 2014; 32: 5s (suppl; abstr 5000). 5. Angelergues A et al. Duration of response to androgen-deprivation therapy (ADT) and efficacy of secondary hormone therapy, docetaxel (D), and cabazitaxel (C) in metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC). J Clin Oncol 2014;32: (suppl 4; abstr 282) 6. Leibowitz-Amit R et al. Clinical variables associated with PSA response to abiraterone acetate in patients with metastatic castration-resistant prostate cancer. Ann Oncol 2014; 25 (3): 657–662. 7. Van Soest RJ et al. The impact of the derived neutrophil to lymphocyte ratio and duration of initial androgen deprivation therapy (adt) on survival of men with metastatic castration-resistant prostate cancer (mcrpc) receiving first-line chemotherapy: data from two randomized phase iii trials. Ann Oncol 2014; 25 (suppl 4): iv271-iv272. 8. Antonarakis ES et al. AR splice variant 7 (AR-V7) and response to taxanes in men with metastatic castration-resistant prostate cancer (mCRPC). J Clin Oncol 2015; 33 (suppl 7; abstr 138) 9. Sweeney C et al. Impact on overall survival (OS) with chemohormonal therapy versus hormonal therapy for hormone-sensitive newly metastatic prostate cancer (mPrCa): An ECOG-led phase III randomized trial. J Clin Oncol 2014; 32: 5s (suppl; abstr LBA2).
Quelle: Satellitensymposium der Firma Sanofi «Optimizing Survival in Advanced Prostate Cancer» im Rahmen des EAU am 20. März 2015 in Madrid.
18 Urologie • Juni 2015