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ABSTRACT
Johanniskraut und autonomes Nervensystem bei Frauen mit chronischem Reizdarmsyndrom
Ausgangslage
Patienten mit einem chronischen Reizdarmsyndrom (IBS: Irritable Bowel Syndrome) leiden häufig an einer Dysfunktion des autonomen Nervensystems und gleichzeitig an psychischen Problemen. Ein Forscherteam einer Klinik in Shanghai hat den Zusammenhang zwischen einer antidepressiven Behandlung mit Johanniskraut und dem Verhalten des autonomen Nervensystems bei Frauen mit IBS untersucht (1).
Methode
Dazu wurden bei 30 Frauen mit einem chronischen Reizdarmsyndrom und bei 30 gesunden Frauen serielle Funktionstests des autonomen Nervensystems durchgeführt. Bei Stress und in Erholungsphasen wurde mit Spektralanalyse die 5-MinutenHerzfrequenz-Variabilität (HRV) gemessen. Mit der Hamilton Depression Scale (HAMD) und der Hamilton Anxiety Scale (HAMA) wurden der Zustand der depressiven Verstimmung und der Ängstlichkeit ermittelt. In der IBS-Gruppe wurden nach einer achtwöchigen antidepressiven Behandlung mit Johanniskraut die beschriebenen Tests wiederholt. Die Probandinnen führten während der zwei Wochen vor der Behandlung und während der letzten zwei Behandlungswochen auch täglich ein Tagebuch über die gastrointestinalen Symptome.
Resultate
Die Probandinnen der IBS-Gruppe wiesen höhere HAMA- und HAMD-Werte auf als die Probandinnen der Vergleichsgruppe (p < 0,01). Ebenso zeigte sich bei ihnen während einer Phase mit verschiedenen Stimuli eine signifikante Erhöhung des Verhältnisses des Niederfrequenz- und des Hochfrequenzbandes (L/H) im Vergleich zur Kontrollgruppe. Nach der achtwöchigen Behandlung mit Johanniskraut zeigte das L/H-Verhältnis unter dem Einfluss verschiedener Stressfaktoren eine gegenüber dem vor der Behandlung ermittelten Wert eine signifikante Abnahme (p < 0,05). Auch die gastrointestinalen Symptome verminderten sich signifikant.
Schlussfolgerung
Bei Patienten mit chronischem Reizdarm-
syndrom kann eine Behandlung mit Johan-
niskraut die psychische Situation sowie die
Antwort des autonomen Nervensystems
auf Stress verbessern.
◆
1. Wan H., Chen Y: Effects of antidepressive treatment of Saint John’s wort extract related to autonomic nervous function in women with irritable bowel syndrome, Int J Psychiatry Med. 2010; 40(1): 45–56.
Redaktioneller Kommentar
Die Schulmedizin wendet bei einer grossen Anzahl von körperlichen Symptomen synthetische Antidepressiva an, weil bestehende dieser somatischen Beschwerden die psychische Situation der betroffenen Patienten verschlechtern. Weiter greift die Schulmedizin in solchen Fällen oft zu Antidepressiva, weil sie auch heute noch unfähig ist, die somatischen Beschwerden an sich zu behandeln. Die erfolgreiche Anwendung von Johanniskraut bei Patientinnen mit den in der Studie beschriebenen Beschwerden ist also, auf der Ebene der Komplementärmedizin, nichts anderes als eine konsequente Anwendung der antidepressiven Strategie der Schulmedizin. Und es ist zu erwarten, dass mit dieser Johanniskrautbehandlung noch viele weitere somatische Beschwerden verbessert werden können, für die es bis heute kaum eine erfolgreiche Behandlung der Symptome an sich gibt.
thema412
PHYTOTHERAPIE
2/2012