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RHEUMATOLOGIE
Therapie der Psoriasisarthritis
Minimale Krankheitsaktivität bereits früh anstreben
Die Therapie der entzündlichen Psoriasisarthritis (PsA) macht Fortschritte. Nicht nur die Entzündungen in den Gelenken können bei immer mehr Betroffenen deutlich zurückgedrängt werden, auch die Hautmanifestationen zeigen durch IL-17- oder IL-23-Hemmung hervorragende Clearance-Raten. Allerdings existieren für die erste Biologikatherapie hohe Abbruchraten, und die langfristige Persistenz ist relativ gering, wie am EULAR-Kongress in Kopenhagen deutlich wurde.
Wie wichtig ist bei PsA das möglichst rasche Erreichen einer niedrigen Krankheitsaktivität für die langfristige Lebensqualität? Dieser Frage wollten niederländische Forschende in einer Kohortenstudie nachgehen (1). Dazu wurden neu diagnostizierte, bislang unbehandelte PsA-Patienten in 3 Gruppen eingeteilt und über mindestens 3 Jahre regelmässig untersucht. Tatsächlich zeigten Patienten, die bereits früh (d. h. nach 8 bis 12 Monaten) und dauerhaft eine minimale Krankheitsaktivität (minimal disease activity, MDA) aufwiesen, ähnliche Zufriedenheitswerte (SF-36) wie die gesunde Durchschnittsbevölkerung. Patienten, die immer wieder, aber nicht konstant eine MDA erreicht hatten, wiesen schlechtere SF-36-Werte auf, und Betroffene, deren Krankheitsaktivität weder früh noch dauerhaft unter Kontrolle gebracht werden konnte, zeigten eine signifikant schlechtere Lebensqualität. Auch Patienten, die später (z. B. nach 3 Jahren) durch eine intensivierte Therapie doch noch eine MDA erlangten, erreichten nicht mehr das Lebensqualitätslevel der früh Kontrollierten. Das Fazit der Studienautoren: Bei PsA-Patienten sollte versucht werden, durch eine adäquate Behandlung bereits innerhalb des ersten Jahres eine MDA zu erreichen. Denn gelinge das nicht, seien die Lebensqualitätseinschränkungen später nicht mehr aufzuholen.
Guselkumab langfristig sicher
Die Wirksamkeit und die Sicherheit des IL-23p-19-Inhibitors Guselkumab zur Behandlung von PsA wurden bereits in verschiedenen randomisierten Studien bestätigt. Wie steht es jedoch mit dessen Verträglichkeit im Langzeiteinsatz? Für eine am EULAR-Kongress vorgestellte Arbeit wurden 4 randomisierte Studien mit insgesamt 1508 mit Guselkumab behandelten PsA-Patienten gepoolt, um die Sicherheit der Substanz über einen 2-Jahres-Zeitraum zu untersuchen (2). Die Daten zeigten, dass das Sicherheitsprofil sowohl für biologikanaive Teilnehmer als auch für solche, die mit einem TNF-Hemmer (TNFi) vorbehandelt waren, demjenigen der mit Plazebo Behandelten ähnlich war. Bei den TNFi-erfahrenen, mit Plazebo behandelten Patienten zeigten sich sogar deutlich mehr ernsthafte unerwünschte Nebenwirkungen und Infektionen als bei den mit Guselkumab Behandelten.
Günstiger Einfluss von Risankizumab auf Enthesitis
Auch für einen weiteren IL-23-Inhibitor, nämlich Risankizumab, wurde eine gepoolte Studie vorgelegt (3). Allerdings stand in dieser Untersuchung die Enthesitis im Vordergrund. Teilnehmende waren rund 1400 PsA-Patienten, von denen zu Beginn der Studie über 60 Prozent an Entzündungen am Übergang von Sehnen auf den Knochen litten. Vor allem 2 Fragen interessierten die Wissenschaftler: Treten während der Studie unter den Patienten ohne Enthesitis neue Enthesitisfälle auf, und ist bei Patienten mit bestehender Enthesitis durch die Therapie mit Risankizumab eine Reduktion der Entzündung zu beobachten? Nach 24 Wochen waren 93 Prozent der Patienten, die zu Beginn keine Enthesitis aufwiesen, unter dem Verum immer noch ohne Enthesitis (Plazebo: 84,7%). Als Patienten aus dem Plazeboarm nach 24 Wochen ebenfalls mit dem Verum behandelt wurden, litten nach 52 Wochen jeweils 93 Prozent nicht an dieser Entzündung. Bei den schon zu Beginn an Enthesitis Erkrankten waren nach 24 Wochen 52,1 Prozent ohne Enthesitis, unter Plazebo waren es nur 41,8 Prozent (p < 0,01).
ACR50-Ansprechen bei fast der Hälfte
Neben Ixekizumab (IL-17A) und Secukinumab (IL-17A) steht ein neuer IL-17-Hemmer zur Behandlung von PsAPatienten bereit. Ausserdem zeigt der Antikörper Bimekizumab, ein dualer IL-17A- und IL-17F-Hemmer, bemerkenswerte Ergebnisse (4). In eine aktuelle Phase-III-Studie wurden biologikanaive Patienten mit aktiver PsA und mindestens 3 geschwollenen Gelenken eingeschlossen. Während Bimekizumab gegenüber dem TNFi Adalimumab ein vergleichbar gutes ACR50-Ansprechen (Gelenkschmerz, Gelenkschwellung oder Funktionsbeeinträchtigung) von rund 45 Prozent zeigte (Plazebo: 10%), war der IL-17F/A-Hemmer bei den Hautmanifestationen mit einem PASI90 (d. h. nahezu symptomfrei) von 61,3 Prozent gegenüber Adalimumab (41,2%) hochsignifikant im Vorteil. Eine vollkommen erscheinungsfreie Haut (PASI100) wiesen dabei sogar 56 Prozent der mit Bimekizumab Behandelten auf, ein Ergebnis, das vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen
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RHEUMATOLOGIE
wäre. Allerdings können unter Bimekizumab dosisabhängig vermehrt Candidainfektionen auftreten.
Langfristige Persistenz relativ niedrig
Wie hoch ist die langfristige Persistenz von PsA- und
Psoriasis-(PsO-)Patienten, wenn sie erstmals mit Biologika
behandelt wurden? Tatsächlich existieren nur wenige Unter-
suchungen darüber, wie lang die Betroffenen ihre Biologika
von Beginn bis zum Abbruch beibehalten (= Persistenz). Für
ihre Studie werteten die französischen Autoren eine Daten-
bank französischer Krankenversicherungen und Spitäler aus
(5). Eingeschlossen wurden die Daten von 6531 PsA- und
16 892 PsO-Patienten. Die Teilnehmer hatten ihre erste Be-
handlung mit Biologika entweder mit TNFi, IL-12/23-Inhibi-
toren oder IL-17-Inhibitoren gestartet. Die Gesamtpersistenz
über 3 Jahre betrug bei PsA-Patienten 36 Prozent und bei
PsO-Patienten 41 Prozent. Dabei zeigten sich IL-17-Inhibito-
ren den TNFi bei PsA leicht und bei PsO etwas stärker über-
legen. Insgesamt jedoch, so die Autoren, seien über 3 Jahre
die Persistenzraten aller Biologika niedrig.
s
Quelle: Hybride Jahrestagung der European Alliance of Associations for Rheuma-
tology (EULAR), 1. bis 4. Juni 2022 in Kopenhagen.
Referenzen: 1. Henkemans SS et al: Early achievement of minimal disease acti-
vity in psoriatic arthritis is associated with long-term improvements in quality of life. Ann Rheum Dis. 2022;81(Suppl 1):21; OP0028. 2. Rahman P et al: Safety of guselkumab in patients with active psoriatic arthritis who are bio-naïve or TNFi-experienced: pooled results from 4 randomized clinical trials through 2 years. Ann Rheum Dis. 2022;81(Suppl 1):816; POS1015. 3. Magrey M et al: Impact of risankizumab on enthesitis and associated pain: pooled results from the phase 3, randomized, doubleblind KEEPsAKE 1 and 2 trials. Ann Rheum Dis. 2022;81(Suppl 1): 849; POS1057. 4. McInnes I et al: Bimekizumab in bDMARD-naive patients with psoriatic arthritis: 24-week efficacy & safety from BE OPTIMAL, a phase 3, multicentre, randomised, placebo-controlled, active reference study. Ann Rheum Dis. 2022;81(Suppl 1):206, LB0001. 5. Pina Vegas L et al: Long-term persistence of first-line biologics for psoriatic arthritis and psoriasis: a cohort study of 23 423 patients from the French health insurance database (SNDS). Ann Rheum Dis. 2022;81(Suppl 1):255; POS0075.
Klaus Duffner
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