Transkript
Antikoagulation bei Vorhofflimmern
Therapie mit DOAK ist nützlich
KARDIOLOGIE
Direkte orale Antikoagulanzien (DOAK) sind gemäss den Guidelines der European Society of Cardiology (ESC) für die Hirnschlagprävention bei Vorhofflimmern den Vitamin-K-Antagonisten vorzuziehen, ausser bei Patienten mit mechanischer Herzklappe oder mittelschwerer bis schwerer Mitralstenose (1). Wie sich der Nutzen beim Einsatz von DOAK zur Hirnschlagprävention gestaltet und welche Dosierung für welche Altersgruppe besser ist, zeigten 2 Studien mit Rivaroxaban, die am virtuellen Jahreskongress der ESC vorgestellt wurden.
In einer Beobachtungsstudie wurden Daten aus dem prospektiven, internationalen, multizentrischen RIVER-Register von Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern analysiert, die zur Prävention eines thromboembolischen Hirnschlags während 2 Jahren Rivaroxaban erhalten hatten. Dabei interessierten die Raten von Gesamtmortalität, Hirnschlag/systemischer Thromboembolie und schweren Blutungen. Die Patienten hatten mindestens 1 Risikofaktor für Hirnschlag. Gesamthaft wurden Daten von 5043 Patienten eingeschlossen. Die Teilnehmer waren durchschnittlich 69-jährig, zu 56 Prozent männlich und überwiegend Kaukasier (80%). Praktisch alle Patienten (98,5%) nahmen 1-mal täglich Rivaroxaban ein (77,3% 20 mg; 20,4% 15 mg; 2,3% 10 mg). Während der Studienlaufzeit stoppten 710 Patienten (14,1%) die Rivaroxabantherapie. Nach Ablauf der 2 Jahre betrugen die Raten 2,75/100 Patientenjahre für Gesamtmortalität, 0,89/100 Patientenjahre für Hirnschlag/systemische Thromboembolie und 1,26/100 Patientenjahre für schwere Blutungen. Die häufigsten Todesursachen waren herzinsuffizienz- (30,4%) und myokardinfarktbedingt (11,4%), häufigste nicht kardiovaskuläre Todesursachen waren Malignitäten (27,4%), Atemversagen (18,9%) und Infektionen respektive Sepsis (13,2%). Die Ergebnisse geben laut den Studienautoren einen Hinweis darauf, dass eine Behandlung mit Rivaroxaban bei Vorhofflimmern mit einer tiefen Hirnschlagrate und einer tiefen Blutungsrate verbunden ist (2).
Tiefe Dosierung für Hochbetagte besser
Dass für ältere Patienten (> 85 Jahre) mit Vorhofflimmern eine tiefere Dosierung von Vorteil ist, zeigte eine weitere Untersuchung. In der J-ROCKET-AF-Studie wurden bei 2386 durchschnittlich 76-jährigen Patienten, davon die Hälfte männlich, Wirkung, Sicherheit und Nutzen einer Rivaroxabantherapie in der Dosierung von 10 mg versus 20 mg untersucht. Die Studienendpunkte waren als Gesamt-
mortalität nach 1 Jahr und Blutungskomplikationen defi-
niert. Der CHA2DS2VASc-Score lag bei 4,4, der HASBLED bei 1,6.
Die Auswertung zeigte, dass in der Gruppe der > 85-Jährigen
(n = 593) die Inzidenz der Gesamtmortalität unter der redu-
zierten Dosis signifikant tiefer war als mit der Standarddosie-
rung (5,3 vs. 10,6%; p = 0,021). Bei den < 85-Jährigen war es dagegen umgekehrt: Bei ihnen war die Inzidenz der Ge- samtmortalität unter der reduzierten Dosis signifikant höher (3,7% vs. 1,8%; p = 0,012). Hinsichtlich der Blutungskom- plikationen war zwischen der tiefen und der Standarddosie- rung kein Unterschied feststellbar, weder bei den Teilneh- mern > 85 Jahre noch bei den Teilnehmern < 85 Jahre. Die Ergebnisse zeigen, dass für > 85-jährige Patienten mit
Vorhofflimmern mit einer tief dosierten Rivaroxabanther-
apie (10 mg) das Risiko für Gesamtsterblichkeit signifikant
gesenkt werden kann (3).
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Valérie Herzog
Quelle: Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC), 27. bis 30. August 2021, virtuell.
Referenzen: 1. Hindricks G et al.: 2020 ESC Guidelines for the diagnosis and
management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS): The Task Force for the diagnosis and management of atrial fibrillation of the European Society of Cardiology (ESC) developed with the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA) of the ESC. Eur Heart J. 2020;42(5):373-498. 2. Beyer-Westendorf J et al.: Two-year outcomes of patients with atrial fibrillation treated with rivaroxaban: results from RIVER registry. E-poster presented at ESC Congress 2021, virtual. 3. Chiou WR et al.: Low-dose rivaroxaban associated with lower incidence of all-cause mortality and bleeding complications in older patients with non-valvular atrial fibrillation. E-poster presented at ESC Congress 2021, virtual.
ARS MEDICI DOSSIER III | 2022
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