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EDITORIAL
154 Millionen verhinderte Todesfälle
Das Erweiterte Impfprogramm (EPI) der Weltgesundheitsorganisation konnte 2024 sein 50-jähriges Bestehen feiern, ein Meilenstein in der globalen Gesundheitsfürsorge. Das Programm hat dazu beigetragen, die Kindersterblichkeit drastisch zu reduzieren. Ursprünglich stellte es lebensrettende Impfstoffe gegen Krankheiten wie Diphtherie, Pertussis, Tetanus, Polio, Masern und Tuberkulose bereit, mittlerweile umfasst es auch viele weitere Impfstoffe. Anlässlich des Jubiläums haben Forscher berechnet, dass mit 14 bereits länger verfügbaren Vakzinen in diesen fünf Jahrzehnten geschätzte 154 Millionen Todesfälle verhindert werden konnten, wobei die Masernimpfung allein für 60% dieses Erfolgs verantwortlich ist. Diese Zahlen unterstreichen sehr eindrücklich, was die Impfung als präventives Werkzeug leisten kann, und sollten Motivation sein, die Anstrengungen aufrechtzuerhalten.
Wenn es um das Thema Impfungen geht, spielen Sie gleich mehrfach eine wichtige Rolle: Sie haben in der Praxis die Möglichkeit, den Impfstatus Ihrer Patienten im Auge zu behalten, und können Patienten, die einer Impfung skeptisch gegenüberstehen, bei der Entscheidung Hand bieten. Die Technik der Motivierenden Gesprächsführung, die wir Ihnen in dieser Ausgabe vorstellen, kann dabei helfen, emotionale und kognitive Barrieren abzubauen, und ermöglicht es den Patienten, ihre Bedenken zu artikulieren, um gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Ausser-
dem finden Sie eine Antwort auf die Frage, ob es sich bei der Impfung gegen Frühsommer-Meningoenzephalitis um Luxus oder eine Notwendigkeit handelt. Trotz der Verfügbarkeit von wirksamen Impfstoffen sind nur knapp ein Viertel der Erwachsenen und etwa die Hälfte der Kinder vor dieser durch Zecken übertragenen Krankheit geschützt. Auch gegen das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) stehen in der Schweiz mittlerweile gute präventive Optionen zur Verfügung. Inwieweit die Impfung bei Kindern dazu beitragen kann, Spätfolgen zu vermeiden, war ein Thema an der Tagung der European Respiratory Society.
Ein weiterer Fokus dieser Ausgabe liegt auf dem Thema Ernährungsmedizin – ein ebenfalls wichtiges Werkzeug, wenn es um die Prävention geht. Erfahren Sie zum Beispiel, welche Auswirkungen Süssstoffe auf die Leber haben, welche Rolle eine Reduktion des Körpergewichts, die Ernährung und die körperliche Aktivität bei einer Fettleber spielen können und was bei der Ernährungsberatung für Patienten mit Leberzirrhose alles berücksichtigt werden sollte. Wussten Sie, dass die Zusammensetzung der Proteine ihre metabolische Wirkung modulieren kann? Ausserdem geht es um die (Plastik-)Verpackung von Nahrungsmitteln und darum, wie man deren Belastung durch Chemikalien vermindern kann.
Wir wünschen eine anregende Lektüre. Ihre Christine Mücke
ars medici 3 | 2025 81