Transkript
STUDIE REFERIERT
Verbesserung der glykämischen Kontrolle
Blutzuckermonitoring auch unter GLP-1-Rezeptor-Agonisten sinnvoll
Eine retrospektive Untersuchung an knapp 1500 Patienten mit einem Typ-2-Diabetes unter Therapie mit GLP-1-Rezeptor-Agonisten, aber ungenügender glykämischer Kontrolle, untersuchte den Nutzen einer kontinuierlichen Blutzuckerkontrolle. Eingeschlossen waren Patienten mit unterschiedlichen zusätzlichen Diabetesmedikationen und einem HbA1c ≥ 8 Prozent.
Diabetes Therapy
Sowohl GLP-1-Rezeptor-Agonisten (glucagon-like peptide 1 receptor agonists, GLP-1-RA) als auch die kontinuierliche Blutzuckermessung (continuous glucose monitoring, CGM) verbessern die glykämische Kontrolle bei Patienten mit einem Typ-2-Diabetes (T2D). Bisher war noch unklar, ob eine CGM auch bei Therapie mit GLP-1-RA eingesetzt werden soll. In der Studie wurden 1500 Patienten mit einem Diabetes mellitus eingeschlossen, die mit einem HbA1c ≥ 8 Prozent eine ungenügende Blutzuckerkontrolle aufwiesen. Bei allen Patienten war bereits eine GLP-1-RA-Therapie etabliert. Ansonsten unterschieden sich die medikamentösen Therapien; einige der Patienten hatten eine intensive Insulintherapie, eine nicht intensive Insulintherapie oder orale Antidiabetika erhalten. Für die CGM wurde das FSL(FreeStyle Libre)-System verwendet, das mittels eines Sensors den Blutzucker regelmässig misst und die Resultate an das Smartphone überträgt. 6 Monate nach Einführung der CGM wurden die HbA1c-Werte gemessen. Die Studienteilnehmer waren im Durchschnitt 55 Jahre alt, viele wiesen zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren auf, wie beispielsweise eine Hypertonie (79%) oder eine Adipositas (57%). 6 Monate nach Start der CGM mittels des FSL-Systems sanken die HbA1cWerte um durchschnittlich 1,5 Prozent, von einem durchschnittlichen Ausgangswert von 9,8 auf 8,3 Prozent. Fast die Hälfte der Kohorte erreichte einen HbA1c-Wert unter 8 Prozent, und 18 Prozent der Probanden erreichten einen Wert unter 7 Prozent.
Eine signifikante Senkung des HbA1cWertes wurde in allen Untergruppen beobachtet, unabhängig davon, ob und wie ergänzend Insulin eingesetzt wurde, und unabhängig vom Ausgangswert des HbA1c, der GLP-1-RA-Formulierung (Dulaglutid, Liraglutid, Semaglutid) oder der Dauer der GLP-1-RA-Therapie. Allerdings war das Ausmass der Senkung nicht in allen Untergruppen gleich. Die grösste HbA1c-Senkung (um 2,7%) konnte bei Patienten erreicht werden, die vorher besonders schlecht eingestellt waren und einen HbA1c-Wert von > 10 Prozent aufwiesen; diese Beobachtung wurde schon früher in anderen Studien mit dem FSL-System gemacht. Ein Teil der Verbesserung des HbA1c könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass die GLP-1-RA-Therapie erst kürzlich gestartet wurde und jetzt ihre Wirkung entfaltet. So wies die Gruppe mit einer GLP-1-RA-Therapie von 3 bis 12 Monaten Dauer eine höhere Senkung auf (2,3%) als die Gruppe mit 12 bis 24 Monaten Dauer (1,2–1,3%), was jedoch auch signifikant war.
Diskussion
Die HbA1c-Reduktion war grösser bei Patienten, die ihre Insulindosis beibehielten oder senkten. Das lässt vermuten, dass die Verbesserung nicht primär mit der Medikation korreliert, sondern eher mit der Verbesserung des Diabetesselbstmanagements. Die CGM liefert den Patienten detaillierte Informationen in Echtzeit, wie sich Mahlzeiten, körperliche Aktivität und Medikation auf den Blutzucker auswirken. Schon in früheren Beobachtungsstudien bestätigten Patienten, dass das FSL-System das Verständnis
für die Ursachen der Glukoseschwankungen verbessert. GLP-1-RA induzieren eine Senkung des Körpergewichts. Gewicht und Gewichtsverlauf wurden in dieser Studie nicht erfasst. Auch weitere Faktoren, die ebenfalls einen Unterschied bei den HbA1c-Werten erklären könnten, wie beispielsweise sozioökonomische Faktoren und Komorbiditäten, wurden nicht berücksichtigt. Eine Stärke dieser Studie war, dass sämtliche Blutzuckerveränderungen der Kohorte mithilfe einer verknüpften Datenbank mit elektronischen Gesundheitsakten analysiert werden konnten. Damit konnte man HbA1c-Werte standardisiert vergleichen und war nicht auf Patientenaufzeichnungen angewiesen.
Zusammenfassung
Die Studie unterstützt den Einsatz von
FSL in Kombination mit einer GLP-1-
RA-Therapie zur besseren Blutzucker-
einstellung bei Erwachsenen mit T2D.
Die Studie legt nahe, dass die Vorteile
von FSL nicht aus der Änderung der
Medikation, sondern aus Verhaltens-
änderungen resultieren, die durch eine
CGM erreicht werden. Weitere For-
schung sollte die Resultate bestätigen
und die Assoziation zwischen CGM
und besserem Outcome unter GLP-1-
RA-Therapie erklären.
BE s
Quelle: Miller Eet al.: Association of Changes in A1C Following Continuous Glucose Monitoring Acquisition in People with Sub-Optimally Treated Type 2 Diabetes Taking GLP-1 RA Therapy. Diabetes Ther. Published online July 15, 2024. doi:10.1007/s13300-024-01619-1
Interessenkonflikt: Die Studie wurde von Abbott finanziert.
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ARS MEDICI 18 | 2024