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BERICHT
Typ-2-Diabetes-Therapie bei gestörter Nierenfunktion
«Schützen Sie die Endorgane»
Patienten mit Typ-2-Diabetes sterben meist aufgrund kardiovaskulärer Ursachen. Sie leiden aber auch sehr häufig an einer chronischen Nierenerkrankung, die wiederum die kardiovaskuläre Mortalität erhöht. Deshalb sollte jeder Patient mit Typ-2-Diabetes auch eine renoprotektive Behandlung erhalten. Womit, das erklärte Prof. Ofri Mosenzon, Hebrew University of Jerusalem (IL), am Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Hamburg.
«Typ-2-Diabetes ist zusammen mit Hypertonie für 60 Prozent der Fälle von terminalem Nierenversagen verantwortlich», eröffnete Mosenzon ihre Ausführungen. Eine Registerstudie mit Krankenkassendaten von 1,4 Millionen Personen aus Israel zeigte ausserdem zu einem bestimmten Zeitpunkt, dass 12,3 Prozent dieser Personen an Typ-2-Diabetes, Herzinsuffizienz oder chronischer Nierenerkrankung (CKD) mit einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) < 60 ml/min/1,73 m2 litten. Bei 2 Prozent von ihnen lagen 2 der 3 Erkrankungen gleichzeitig und bei 0,23 Prozent alle 3 vor, dies mit steigendem Anteil bei fortschreitendem Alter (1). «Eine reduzierte eGFR und eine erhöhte Albuminurie sind für Patienten mit Typ-2-Diabetes unabhängige Risikofaktoren für tödliche kardiovaskuläre und renale Ereignisse (2)», so Mosenzon weiter. Das bedeute, dass die als makro- und mikrovaskuläre Komplikationen geltenden Erkrankungen nicht unbedingt nur Folgen von Diabetes seien, sondern auch parallel auftreten könnten, wie zum Beispiel die kardiovaskulären Erkrankungen, erklärte Mosenzon. Dabei sei es nicht erstaunlich, dass Medikamente, die vor kardiovaskulären Erkrankungen schützten, auch vor CKD bewahren würden. Das bedeute, dass man heutzutage in der Lage sei, die Patienten mit Typ-2-Diabetes oder metabolischem Syndrom vor makrovaskulären wie auch mikrovaskulären Erkrankungen schützen zu können. KURZ & BÜNDIG � Chronische Nierenerkrankung ist häufig bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und umgekehrt. � Alle kardiorenal-metabolischen Patienten sollten in einer holistischen, evidenzbasierten und guidelinekonformen Weise behandelt werden. � Ein kardiales beziehungsweise renales Risiko existiert auch bei UACR-Werten < 30 mg/dl. � Low-Risk-Patienten sollten trotzdem behandelt werden, um ihr Risiko zu modifizieren. Nierenwerte wie die eGFR und die Albuminurie sind gute Parameter für das Risiko einer Nierenfunktionsverschlechterung wie auch für die kardiovaskuläre Mortalität. Dieses Risiko steigt auch bei noch «normalen Albuminuriewerten» von < 10 mg/g an (3), was eine renoprotektive Therapie bereits auf dieser Stufe notwendig macht. Was soll behandelt werden? Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und kardiorenalen Risikofaktoren geht es gemäss den EASD-Guidelines in erster Linie nicht nur darum, den Blutzucker zu senken, sondern das Risiko für Endorganschäden zu reduzieren (4). Bei Patienten mit einer eGFR < 60 ml/min/1,73 m2 oder einer Albuminurie ≥ 30mg/g soll ein SGLT2-Hemmer oder bei Unverträglichkeit ein GLP-1-RA mit belegtem kardiovaskulären Nutzen eingesetzt werden. Bleibt der Blutzucker damit noch zu hoch, ist die Kombination der beiden empfohlen. SGLT2-Hemmer haben gemäss Mosenzon in verschiedenen Studien wie beispielsweise in CREDENCE mit Canagliflozin (5), in DAPA-CKD mit Dapagliflozin (6) und in EMPAKIDNEY mit Empagliflozin (7) gezeigt, dass sie auch bei einer tiefen eGFR (eGFR ≥ 30–90, ≥ 25–75 bzw. ≥ 20–75) einen deutlichen Nutzen bringen. Aber auch bei leichter Nierenfunktionsstörung bringen SGLT2-Hemmer im Vergleich zu DPP-4-Hemmern einen Vorteil hinsichtlich der Rate von Hospitalisierungen aus etwelchen Gründen, wie die Referentin in einer neuen Untersuchung mit Real-World-Daten zeigen konnte (8). Mittlerweile sind über 90 000 Patienten in 13 Studien mit SGLT2-Hemmern mit hohem kardiovaskulären Risiko, Herzinsuffizienz oder CKD behandelt worden, knapp 16 000 davon ohne Typ-2-Diabetes. Diesen Daten zufolge schützen SGLT2-Hemmer bei CKD-Patienten mit und ohne Diabetes vor einer CKD-Progression (9). Finerenon als Zusatz Bei Patienten mit diabetischer Nierenerkrankung (DKD) erreichte Finerenon, ein nicht steroidaler Mineralokortikoidantagonist, bei eGFR-Werten ≥ 25 ml/min/1,73 m2 in der FIDELITY-Studie mit den gepoolten Daten aus FIDELIO-DKD und FIGARO-DKD jeweils signifikante Risikoreduktionen für kardiovaskuläre sowie renale Ereignisse (–14% bzw. 82 ARS MEDICI 4 | 2024 BERICHT 23%) (10). Dies selbst bei Patienten, die als Basistherapie einen SGLT2-Hemmer erhielten (11). Bei einer Finerenontherapie muss ein eventueller Kaliumanstieg im Auge behalten werden. Dies könnte mit der Kombination mit SGLT2Hemmern jedoch entschärft werden, da diese den Kaliumspiegel eher senken würden, bilanzierte Mosenzon. GLP-1-RA Von inkretinbasierten Therapien ist bekannt, dass sie kardioprotektiv sind. Doch haben sie auch direkten Einfluss auf die CKD-Progression. Das zeigte sich beispielsweise in der AWARD-7-Studie mit Dulaglutid (12). Dabei erhielten 577 Typ-2-Diabetes-Patienten mit einer eGFR zwischen 15 und 60 ml/min/1,73 m2 während 52 Wochen entweder Dulaglutid 0,75 oder 1,5 mg/Woche oder Insulin glargin. Beide Dulaglutiddosen konnten die CKD-Progression aufhalten, während sie sich unter Insulin glargin verschlechterte. Die Unterschiede waren signifikant (12). Zudem zeichnete sich in kardiovaskulären Outcomestudien mit GLP-1-RA (z. B. Liraglutid, Semaglutid, Dulaglutid) bei den Patientengruppen mit eGFR < 60 Ähnliches ab: Die renalen Endpunkte seien jeweils erreicht worden, dies hauptsächlich durch die Reduktion der Makroalbuminurie (13, 14, 15), so Mosenzon. Dass sich auch die eGFR unter GLP-1-RA verbessern könnte, vor allem bei Werten zwischen 30 und 60 ml/min/1,73 m2, zeigte eine Post-hoc-Analyse der SUSTAIN-6- und der PIONEER6-Studiendaten unter Semaglutid (16). Eine entsprechende Studie, an der die Referentin selbst beteiligt ist, ist zur Bestätigung dieses Hinweises im Gang. Tirzepatid Der duale GIP-/GLP1-RA Tirzepatid zeigte in den SURPASS- Studien 1 bis 5 bei Patienten mit Typ-2-Diabetes eine Über- legenheit gegenüber diversen Antidiabetika hinsichtlich der Blutzuckersenkung. In einer am EASD-Kongress präsentier- ten Post-hoc-Analyse war auch die Albuminurie zu Studien- ende schwächer als unter den jeweiligen Vergleichssubstan- zen (17). Auch das sei laut Mosenzon ein Hinweis auf eine mögliche renoprotektive Eigenschaft von Tirzepatid. Eine dafür explizit ausgelegte Studie werde dies jedoch noch be- stätigen müssen. s Referenzen: 1. Schechter M et al.: Epidemiology of the diabetes-cardio-renal spectrum: a cross-sectional report of 1.4 million adults. Cardiovasc Diabetol. 2022;21(1):104. 2. Ninomiya T et al.: Albuminuria and kidney function independently predict cardiovascular and renal outcomes in diabetes. J Am Soc Nephrol. 2009;20(8):1813-1821. 3. 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Schechter M et al.: Risk of hospitalization with sodium-glucose cotransporter-2 inhibitors versus dipeptidyl peptidase-4 inhibitors in patients with type 2 diabetes lacking evidence of chronic kidney disease: Realworld data. Diabetes Obes Metab. 2023;25(10):3054-3058. 9. Nuffield Department of Population Health Renal Studies Group; SGLT2 inhibitor Meta-Analysis Cardio-Renal Trialists̕ Consortium. Impact of diabetes on the effects of sodium glucose co-transporter-2 inhibitors on kidney outcomes: collaborative meta-analysis of large placebo-controlled trials. Lancet. 2022;400(10365):1788-1801. 10. Agarwal R et al.: Cardiovascular and kidney outcomes with finerenone in patients with type 2 diabetes and chronic kidney disease: the FIDELITY pooled analysis. Eur Heart J. 2022;43(6):474-484. 11. Rossing P et al.: Finerenone in patients with chronic kidney disease and type 2 diabetes by sodium-glucose cotransporter 2 inhibitor treatment: the FIDELITY analysis. 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Heerspink HL et al.: Tirzepatide reduces albuminuria in patients with type 2 diabetes: post-hoc pooled analysis of SURPASS 1-5. Presented at EASD 2023, October 3th, Hamburg. Valérie Herzog Quelle: «Non-insulin therapies in patients with T2D an renal impairment in 2023». Jahreskongress der European Association for the Study of Diabetes (EASD), 2. bis 6. Oktober in Hamburg ARS MEDICI 4 | 2024 83