Transkript
FORTBILDUNG
Typ-2-Diabetes
Neue Empfehlungen zur Diabetestherapie
In den letzten Jahren hat sich die Behandlung des Typ-2-Diabetes revolutioniert. Für die SGLT2-Hemmer zeigte sich in den Studien ein zusätzlicher Nutzen hinsichtlich herzinsuffizienzbedingter Hospitalisationen und bei den GLP-1-RA fand sich eine Reduktion von Hirnschlägen. Beide Klassen haben zusätzlich renoprotektive Eigenschaften. Aufgrund dieser Entdeckungen hat die Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED) ihre Empfehlungen aktualisiert. Sie richten sich primär an Hausärzte.
SGED/SSED
Gemäss der European Society of Cardiology (ESC) weisen alle Patienten mit Typ-2-Diabetes ein hohes oder sehr hohes kardiovaskuläres Risiko auf. Das bedeutet, dass die Empfehlungen hinsichtlich des kardiorenalen Schutzes und der Prävention oder Therapie einer Herzinsuffizienz auch für alle Patienten mit Typ-2-Diabetes gelten. Aus diesem Grund vereinfacht die SGED ihre Therapieempfehlungen weiter. Diese beinhalten 3 Schritte: s Schritt 1: Veränderung der Lebensgewohnheiten und mul-
tifaktorielle Therapie. s Schritt 2: medikamentöse Therapie mit initialer Zweifach-
kombination Metformin + SGLT2-Hemmer oder GLP1-RA. s Schritt 3: Wenn die Zweifachkombination zur Senkung des HbA1c-Werts nicht ausreicht, kommt die Dreifachkombination Metformin + SGLT2-Hemmer + GLP-1-RA zum Einsatz. Reicht das nicht aus, ist eine Insulinbehandlung erforderlich. Falls zu Beginn bereits ein Insulinmangel besteht, ist die Reihenfolge umgekehrt: zuerst Insulin, dann Metformin, SGLT2-Hemmer und GLP-1-RA.
Steckbrief
Wer hat die Guidelines erstellt? Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED)
Wann wurden sie erstellt? 2023
Für welche Patienten? Patienten mit Typ-2-Diabetes
Was ist neu? ▲ alle Typ-2-Diabetiker gelten als kardiorenale Risikopatienten ▲ initiale Zweifachkombination von Metformin mit SGLT2-Hemmer
oder GLP-1-RA; Dreifachkombination, falls nicht ausreichend.
Lebensstilmodifikation und multifaktorielle Behandlung
Zur Prävention oder Therapie von Diabetes gilt es, in einem ersten Schritt den Lebensstil anzupassen. Dazu zählen Gewichtskontrolle, gesunde Ernährung und ausreichende körperliche Aktivität. Ziele dabei sind die Verbesserung des Blutzuckerspiegels, des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels sowie eine Verzögerung oder Prävention von diabetesbedingten makro- und mikrovaskulären Komplikationen und nicht zuletzt ein Rauchstopp. Mit einem Gewichtsverslust von > 15 Prozent kann beispielsweise eine Diabetesremissionsrate von 86 Prozent erreicht werden. Das Wichtigste dabei ist die Adhärenz zu einer Diät. Bei der multifaktoriellen Behandlung (Hyperglykämiemanagement, Blutdruckkontrolle, Reduktion des LDLCholesterins, Rauchstopp) kann die Reihenfolge vom Hausarzt festgelegt werden. Die gewählte Strategie sollte auch die Präferenzen des Patienten berücksichtigen, aber dennoch Blutzuckerkontrolle, Körpergewicht und kardiorenale Prävention im Fokus haben. Sind die Lipidwerte erhöht, ist der Einsatz eines stark wirksamen Statins (Rosuvastatin, Atorvastatin) empfohlen. Bei ungenügender Reduktion der Werte können Ezetimib und, falls nicht ausreichend, ein PCSK9-Hemmer hinzugegeben werden. Der Blutdruck sollte auf einen Zielwert von 130/70–79 mmHg eingestellt werden, bei Jüngeren jedoch nicht < 120 mmHg, bei > 65-Jährigen zwischen 130 und 139 mmHg. Zur Blutdrucksenkung eignen sich die frühzeitige Kombination ACE-Hemmer (oder Sartan)/Kalziumantagonist. Eine kardiovaskulär primärpräventive Plättchenhemmung (z. B. mit Acetylsalicylsäure) ist nicht empfohlen.
Regelmässige Kontrollen
Um Hospitalisierungen möglichst vorzubeugen, ist die Einhaltung regelmässiger Massnahmen empfohlen: Dazu gehören die mindestens 2-mal jährliche Kontrolle des HbA1c, die
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Tabelle 1:
SGED-Score: vorgeschlagenes Ziel: ≥ 70/100 Punkte
Kriterien
Intervention
Konsultationen
Generelle Diabeteskontrolle
Lebensstilmassnahmen a. BMI > 25, körperliche Aktivität
und Ernährungsberatung
b. Nikotinabusus: Rauchstoppberatung
Blutzuckerkontrolle HbA1c-Messung (DCCT-Standards)
Blutdruck
Blutdruckmessung
LDL-C, falls < 75 Jahre alt LDL-Cholesterin-Messung Nephropathiescreening Messung Serumkreatinin und Mikroalbuminurie Retinopathiescreening Ophtalmologische Konsultation Fussuntersuchung Puls (Arteria dorsalis, Arteria tibialis posterior), Monofilament und Vibrationssinn Quelle: mod. nach SGED-Empfehlungen 2023 Ziel (jährliche Grundlage) > 80% der Patienten > 3 Kontrollen > 80% Patienten BMI ≤ 25 oder, falls BMI > 25, Beratung ≥ 1/Jahr > 80% Patienten Nichtraucher oder, falls Raucher, Beratung ≥ 1/Jahr Jährlich mind. 2 Messungen ≥ 85% der Patienten < 9,0% ≥ 60% der Patienten < 8,0% ≥ 40% der Patienten < 7,0% Jährlich mind. 2 Messungen, ≥ 65% der Patienten < 140/90 mmHg Jährlicher Durchschnitt ≥ 63% der Patienten < 2,6 mmol/l ≥ 80% der Patienten getestet Punkte 10 5 5 12 +8 +5 15 10 10 ≥ 80% der Patienten untersucht, mind. jedes 2. Jahr ≥ 80% der Patienten getestet 10 10 Tabelle 2: Wann müssen antidiabetische Medikamente gestoppt werden? Medikament Situationen, in denen Medikamente vorübergehend gestoppt werden Metformin Dehydrierung akute Niereninsuffizienz Hypoxie SGLT2-Hemmer Dehydrierung langes Fasten perioperativ (2 Tage vorher) vor Endoskopie (2 Tage vorher) Sulfonylharnstoffe Stopp bei Fasten (Gliclazid) akute Niereninsuffizienz Insulin Dosisreduktion bei Fasten Quelle: mod. nach SGED-Empfehlungen 2023 Einhaltung des Zielbereichs im Lipidprofil, ein jährlicher Nephropathiestatus und die jährliche ophtalmologische Kontrolle. Der SGED-Score (Tabelle 1) empfiehlt einen Zielwert von 70 von 100 Punkten. Bei Komorbiditäten Bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung ist wegen kardiorenal günstiger Effekte – auch auf die Mortalität – ein SGLT2-Hemmer empfohlen. Bei sehr tiefer glomerulärer Filtrationsrate (GFR) ist der blutzuckersenkende Effekt dieser Substanzklasse reduziert, die nephroprotektive Wirkung bleibt jedoch intakt. Das bedeutet, dass die Gabe von SGLT2-Hemmern auch bei einer GFR < 30 ml/min/1,73 m2 fortgesetzt werden kann; die Erfahrungen dazu sind jedoch begrenzt. Bei einer GFR < 30 muss Metformin wegen des Risikos für Laktazidose abgesetzt werden, bei GFR 30–45 beträgt die Metformindosis 2-mal 500 mg oder 1000 mg retardiert. GLP-1-RA mit ebenfalls nephroprotektiven Effekten bedürfen keiner Dosisanpassung. Werden DPP-4-Hemmer verwendet, muss die Dosis an die Nierenfunktion angepasst werden (ausser Linagliptin). Bei Patienten unter Insulin sollen bei sinkender GFR Präparate mit möglichst geringem Hypoglykämierisiko verwendet werden. Auf Sulfonylharnstoffe ist bei GFR < 30 zu verzichten. Finerenon, ein nicht steroidaler Mineralokortikoidrezeptorantagonist, vermindert bei Typ-2-Diabetes und CKD den Nierenfunktionsabbau um 22 Prozent. Herzinsuffizienz Etwa 30 Prozent der Patienten mit Typ-2-Diabetes entwickeln eine Herzinsuffizienz als direkte Komplikation des Diabetes. Bei klinischem Verdacht auf eine Herzinsuffizienz empfiehlt sich eine mindestens jährliche Kontrolle der BNP- oder NT-proBNP-Werte. Bei Werten > 35pg/ml beziehungsweise > 125 pg/ml ist eine Echokardiografie zur Sicherung der Diagnose angezeigt. Zur Prävention und Therapie aller Formen der Herzinsuffizienz eignen sich SGLT2-Hemmer. Braucht es zur weiteren Blutzuckereinstellung zusätzliche Mittel, sind GLP-1-RA zusammen mit Metformin empfohlen. Insulin kann wegen der Nebenwirkungen Flüssigkeitsretention und Gewichtszunahme die Herzinsuffizienz verschlechtern.
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Tabelle 3:
Antidiabetika (für rot markierte Medikamente existieren kardiovaskuläre Endpunktstudien)
Wirksubstanzen oral
Präparatname
Kombination
Biguanide
Metformin
Glucophage® oder Generika
SGLT2-Hemmer
Canagliflozin
Invokana® Vokanamet®
Dapagliflozin
Forxiga®
Xigduo® XR, Qtern® (+ Saxagliptin)
Empagliflozin
Jardiance®
Jardiance Met®, Glyxambi® (+ Linagliptin)
Ertugliflozin
Steglatro®
Segluromet®, Steglujan (+ Sitagliptin)
GLP-1-Rezeptoragonisten
Semaglutid
Rybelsus®
DPP-4-Hemmer
Alogliptin
Vipidia® (Herzversagen möglich)
Vipdomet®
Linagliptin
Trajenta®
Jentadueto®
Saxagliptin
Onglyza® (nicht bei Herzinsuffizienz) Kombiglyze XR®
Sitagliptin
Januvia®, Xelevia®
Janumet®, Janumet XR®, Velmetia®
Vildagliptin Galvus® Galvumet®
Sulfonylharnstoffe
Gliclazid
Diamicron® oder Generika
Glibenclamid
Daonil®/Semi-Daonil®
Glucovance®/-mite®
Glimepirid
Amaryl® oder Generika
Wirksubstanzen s.c.
Präparatname
Kombination
GLP-1-RA & GLP/GIP-RA
Exenatid long-acting
Bydureon® Pen (1-mal wöchentlich)
Liraglutid (1,8/3,0 mg)
Victoza® (1-mal täglich), Saxenda®
Xultophy® (mit Insulin degludec)
(1-mal täglich)
Lixisenatid
Lyxumia® Suliqua® 100/50; 100/33 (mit Insulin glargin)
Semaglutid (1,0/2,4 mg)
Ozempic®, Wegovy® (1-mal wöchentlich)
Dulaglutid (1,5; 3,0; 4,5 mg)
Trulicity® (1-mal wöchentlich)
Tirzepatid (GLP-1/GIP-RA 5; 10; 15 mg) Mounjaro® (1-mal wöchentlich)
Insulinanaloga, lang wirksam
Insulin degludec
Tresiba® (ultra lang)
Insulin detemir
Levemir®
Insulin glargin 100
Lantus®
Suliqua® 100/50 (mit Lixisenatid)
Insulin glargin 300
Toujeo® (ultra lang)
Insulin glargin 100 Biosimilar
Abasaglar®
Humaninsulin, intermediäre Wirkdauer
NPH
Huminsulin®, Insulatard®
Insulinanaloga, schnell wirksam
Lispro
Humalog®, Lyumjev® (ultra schnell)
Aspart
NovoRapid®, Fiasp® (ultra schnell)
Glulisin Apidra®
Misch- oder koformulierte Insuline
Insulin lispro/NPH
Humalog Mix® 25/75, 50/50
Insulin aspart
NovoMix® (in CH nicht mehr erhältlich)
Insulin degludec/aspart
Ryzodeg® 30/70
Quelle: SGED-Empfehlungen 2023, swissmedicinfo.ch
Gewichtsmanagement
Patienten mit Typ-2-Diabetes sind sehr häufig adipös. Um weiteren Komplikationen vorzubeugen, ist eine Gewichtsabnahme sehr wichtig. Dazu eignen sich GLP-1-RA, die in ihrer Potenz zur Gewichtsreduktion unterschiedlich sind. Eine hohe Potenz haben Semaglutid, Liraglutid und Dulaglutid. Verglichen mit den SGLT2-Hemmern, reduzieren GLP1-RA das Gewicht stärker und sollten daher bei adipösen Patienten bevorzugt werden.
Ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 28 kg/m2 wird die Therapie mit GLP-1-RA zusammen mit Metformin oder als Monotherapie bei Metforminunverträglichkeit bei Typ-2Diabetes-Patienten von den Krankenkassen übernommen. Tirzepatid, ein dualer GLP-1-/GIP-RA, ist hinsichtlich der Blutzucker- und der Gewichtssenkung ebenfalls hoch potent. Häufigste Nebenwirkungen von GLP-1-RA sind Übelkeit und Erbrechen, jedoch sind sie transienter Natur.
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Bariatrische Eingriffe sind bei schwer kontrollierbarem Typ-2-Diabetes mit HbA1c-Werten > 8 Prozent und BMI > 30 kg/m2 ebenfalls eine Option. Allerdings ist der Unterschied in der Gewichtsreduktion, verglichen mit hoch dosiertem Semaglutid oder Tirzepatid, nicht mehr gross.
Insulinmangel
Bei schwerer Hyperglykämie (HbA1c > 10%) ist zur Senkung des Blutzuckers Insulin angezeigt, vor allem bei normal- oder untergewichtigen Personen oder bei Verdacht auf Typ-1-Diabetes. Etwa ein Viertel der Typ-2-Diabetiker leidet tatsächlich an Typ-1-Diabetes. Nach Wiederherstellung der Euglykämie kann bei Typ-2-Diabetikern die Insulintherapie wieder gestoppt werden.
Blutzuckerziel
In der Diabeteskontrolle sollte ein HbA1c-Zielwert von 7,0 Prozent angestrebt werden. Bei jüngeren Personen mit kurzer Erkrankungsdauer oder bei Vorliegen von mikrovaskulären Komplikationen liegt der Zielwert bei 6,5 Prozent. Bei älteren Patienten mit schweren Hypoglykämien, Komorbiditäten oder eingeschränkter Lebenserwartung sollte der HbA1c-Zielwert bei 7 bis maximal 8 Prozent liegen. Für das Erreichen eines HbA1c-Werts von 7 Prozent ist in der Regel ein Blutzuckerwert von < 7 mmol/l präprandial und von < 10 mmol/l postprandial notwendig. 70 Prozent der Stunden sollten im Zielbereich zwischen 3,9 und 10 mmol/l liegen, um den geforderten HbA1c-Zielwert zu erreichen. Sollte das Blutzuckerziel mit GLP-1-RA und SGLT2-Hemmern oder Metformin nicht zu erreichen sein, ist der Zusatz eines Basalinsulins einem Sulfonylharnstoff vorzuziehen. Wegen des höheren Hypoglykämierisikos sollte dem Patienten ein Glukagonnasenspray (Baqsimi®) verordnet werden.
Ausführliche SDEG-Empfehlungen 2023 für die Behandlung von Typ-2-Diabetes
https://www.rosenfluh.ch/qr/sged-guidelines-2023
Ältere Menschen
Bei Typ-2-Diabetikern ab einem Alter von 65 Jahren sollte vorzugsweise ein SGLT2-Hemmer zum kardiorenalen Schutz eingesetzt werden. Bei älteren Menschen mit wenig Appetit oder bei Unterernährung sollten GLP-1-RA vermieden werden, weil diese einen Appetitverlust als Nebenwirkung induzieren. Bei diesen Patienten können als Alternative DPP4-Hemmer eingesetzt werden; Metformin ist bei einer GFR > 30 ml/min/1,73 m2 ebenfalls eine Option. Substanzen mit erhöhtem Hypoglykämierisiko wie die Insulinsekretagoga sollten mit Vorsicht eingesetzt werden. Vorzuziehen sind dabei kurz wirksame Sulfonylharnstoffe wie Gliclazid oder das Glinid Repaglinid.
Was muss beachtet werden?
Um Therapiekomplikationen vorzubeugen, sollten folgende
Punkte beachtet werden:
s Kombinationen derselben Substanzklassen vermeiden.
s Kombinationen von GLP-1-RA und DPP-4-Hemmer sind
pharmakologisch ohne Nutzen.
s Sulfonylharnstoffe nicht mit Insulin kombinieren (Hypo-
glykämiegefahr).
s Bei Dehydrierung (Diarrhö, Fieber, Erbrechen) muss Met-
formin (Laktazidoserisiko) vorübergehend gestoppt wer-
den (Tabelle 2).
s Bei fraglicher Nahrungs- beziehungsweise Kohlenhydrat-
aufnahme (Übelkeit, Erbrechen, perioperativ) müssen
SGLT2-Hemmer (Ketoazidoserisiko) vorübergehend ge-
stoppt werden, ebenso Medikationen mit Hypoglykä-
mierisiko. Bei Letzteren kann auch eine Dosisanpassung
erfolgen (Tabelle 2).
s
Valérie Herzog
Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Endokrinologie und Diabetologie (SGED/ SSED): Empfehlungen der SGED/SSED für die Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2 (2023). https://www.sgedssed.ch/fileadmin/user_upload/6_Diabetologie/61_Empfehlungen_Facharzt/SGED-SSED_long_Recommendations_2023_de.pdf
Adipositasforschung – Auszeichnung geht nach Bern
Der Marie-Heim-Vögtlin-Preis, eine Auszeichnung des Schweizerischen Nationalfonds für hervorragende Nachwuchsforscherinnen, wird in diesem Jahr an Dr. Maria Luisa Balmer, Inselspital Bern, vergeben. Damit wird ihre Forschung über Darmbakterien und deren Rolle bei der Entstehung von Diabetes und krankhaftem Übergewicht gewürdigt. Sie untersuchte, wie Darmbakterien, deren Stoffwechselprodukte und das Immunsystem zusammenspielen (1). Bei krankhaft übergewichtigen Menschen wachsen bestimmte Bakterien sehr stark und verdrängen andere. Balmer interessierte, ob die veränderte Darmflora Ursache oder Folge des Übergewichts ist. Ihr Team konnte unter anderem an keimfreien Mäusen 5 Bakterienarten identifizieren, die die Mäuse anfälliger für Übergewicht machten. Nun soll analysiert werden, wie dieser Einfluss zustande kommt. In einer weiteren Studie untersuchte die Forschungsgruppe, ob ein mit Nahrungsfasern angereicherter Kaugummi Kindern beim Abnehmen helfen kann (2). Der «FibreGum» schmeckt nach Minze wie ein normaler Kaugummi; er soll den Darmstoffwechsel der Kinder unbemerkt fördern und ihnen zudem helfen, das Naschen anderer Süssigkeiten zu reduzieren. Mü
Literatur: 1. Lötscher J, Balmer ML: Sensing between reactions – how the metabolic microenvironment shapes immunity. Clin Exp Immunol. 2019;197:161-169. 2. Lötscher J, Balmer ML: Memory CD8+ T Cells Balance Pro- and Anti-inflammatory Activity by Reprogramming Cellular Acetate Handling at Sites
of Infection. Cell Metab. 2020;32:457-467.
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