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MEDIEN, MODEN, MEDIZIN
Gynäkologie
5 Massnahmen, die man unterlassen sollte
Die Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) hat kürzlich ihre Top-5-Liste der überflüssigen Massnahmen in der Gynäkologie publiziert:
1. Keine routinemässige Antibiotikagabe bei unkomplizierter Blasenentzündung und asymptomatischer Bakteriurie. Nur 1 bis 3 Prozent der unbehandelten Patientinnen mit einer unkomplizierten
Harnwegsinfektion (HWI) entwickelten eine Pyelonephritis, heisst es in der Empfehlung der SGGG. Zudem sei die Spontanheilungsrate mit 50 bis 70 Prozent hoch. Für Patientinnen, die erstmals oder maximal 2-mal pro Jahr an einer unkomplizierten HWI mit Dysurie, Pollakisurie und suprasymphären Schmerzen erkranken, werden deshalb weder eine bakterielle Diagnostik noch Antibiotika empfohlen. Sie sollen lediglich viel trinken und gegebenenfalls NSAR einnehmen.
Nach einer asymptomatischen Bakteriurie soll nur vor urogynäkologischen Eingriffen gesucht werden, um gegebenenfalls eine entsprechende Antibiotikabehandlung durchzuführen. Bei allen anderen Frauen ohne Symptome soll weder nach einer Bakteriurie gesucht werden noch bedarf sie einer Behandlung. Das gilt auch für Schwangere.
2. Kein jährlicher zytologischer Abstrich im Rahmen der regelmässigen gynäkologischen Kontrollen. Früher wurde ein jährlicher Abstrich empfohlen. Mittlerweile ist bekannt, dass ein Intervall von 3 Jahren für Frauen im Alter von 21 bis 70 Jahren ausreicht. Gleichzeitig vermeidet man damit eine mögliche Übertherapie, die mit psychischem Stress, vaginaler Blutung, Infektion und ungünstigem Schwangerschaftsverlauf einhergehen kann.
3. Keine routinemässigen Hormonabklärungen bei menopausalen Beschwerden. Bei klinisch eindeutigen Menopausesymptomen ist die Messung von Hormonspiegeln überflüssig. Sie ist allenfalls sinnvoll, wenn Zweifel an der Diagnose bestehen oder eine Hormonersatztherapie keine Wirkung erzielt, um zu überprüfen, ob die supplementierten Hormone vom Organismus aufgenommen werden.
4. Keine unbegründete Behandlung von Myomen oder Gebärmutterentfernung wegen Myomen. Im Alter von 50 Jahren haben bis zu 70 Prozent der Frauen uterine Myome, aber nur 20 bis 50 Prozent davon sind symptomatisch. Frauen mit asymptomatischen Myomen bedürfen keiner Therapie. Bei Frauen mit symptomatischen Myomen muss die Behandlung individuell erfolgen, wobei verschiedene Aspekte in Betracht gezogen werden müssen, wie die Schwere der Symptome, die Lebensphase und ein allfälliger Kinderwunsch.
5. Keine operative Entfernung harm-
loser Ovarialzysten ohne akute Be-
schwerden.
Wenn bei einer Ultraschalluntersu-
chung harmlose Ovarialzysten entdeckt
werden, besteht kein Grund, diese ope-
rativ zu entfernen. Die Einteilung von
Ovarialzysten in benigne/harmlos, sus-
pekt und maligne sollte nach den Krite-
rien der International Ovarian Tumor
Analysis (IOTA) erfolgen.
RBO s
Medienmitteilung der SGAIM und Online-Publikation von «Smarter Medicine – Choosing Wisely Switzerland» in der Schweizerischen Ärztezeitung am 23. August 2022.
Die ausführliche Version der Top-5-Liste ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.rosenfluh.ch/qr/top5_gyn
Foto: fizkes, istockphoto
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ARS MEDICI 18 | 2022