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Titel
Hausarztmedizin – Das Impfen ist eine wichtige Aufgabe in der ärztlichen Grundversorgung
Untertitel
Dr. med. Isabelle Fuss, Hausarztpraxis MZ Brugg
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Rubrik
Rückblick 2021/Ausblick 2022
Artikel-ID
58873
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RÜCKBLICK 2021/AUSBLICK 2022

Hausarztmedizin
Dr. med. Isabelle Fuss
Hausarztpraxis MZ Brugg

Die internen Weiterbildungen mit unserer Partnerpraxis haben sich online sehr bewährt, und wir werden dies langfristig so weiterführen.

Das Impfen ist eine wichtige Aufgabe in der ärztlichen Grundversorgung
Im Lauf der Coronapandemie haben sich viele Dinge verändert. Wie sieht die neue Normalität für Sie persönlich aus?
Zum neuen Alltag in der Hausarztpraxis gehören das Masketragen, das Lüften und das Desinfizieren, während das Händeschütteln nicht mehr dazugehört. Während der Umgang mit infektiösen Erkrankungen zuvor nur wenig Raum einnahm, ist dies nun Routine. Welcher Patient/welche Patientin darf ins Wartezimmer, wer soll im Gang warten, und wer muss durch den separaten Eingang direkt ins Isozimmer? Das gehört mittlerweile zum Grundwissen aller medizinischen Fachpersonen und geht sogar über dieses hinaus. Zu Beginn der Pandemie gab es auch viele Telefonkonsultationen (jedoch kaum Videokonsultationen), was wieder deutlich abgenommen hat. Die Onlinemeetings und Fortbildungen erschienen uns anfangs fremd, und es gab einige technische Stolpersteine. Inzwischen ist das ganz normal. Wir freuen uns über die Zeitersparnis, da der Weg entfällt, und ärgern uns gleichzeitig über die fehlenden informellen Austauschmöglichkeiten.
In welchen Bereichen ist alles bereits wieder so wie früher oder wird es in absehbarer Zukunft wieder sein? Welche Veränderungen werden vermutlich langfristig bestehen bleiben?
Zu Beginn der Pandemie hatten viele Patienten und Patientinnen Angst, sich in der Praxis oder im Spital anzustecken. Wir sahen einige Blutzucker- und Blutdruckentgleisungen. Inzwischen sind die Konsultationsgründe und geplanten Kontrollen vergleichbar mit der Zeit vor der Pandemie, abgesehen von grippalen Infekten. Diese werden viel häufiger ohne Arztkonsultation auskuriert, und man wünscht nur einen COVID-19PCR- oder -Antigentest. Unter den Mitarbeitenden fehlten die gemeinsamen Anlässe wie Praxisausflüge und Workshops. Das Weihnachtsessen mit vorgängigem Workshop Mitte November war die erste Veranstaltung seit Längerem. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, wurden alle Mitarbeitenden vorgängig getestet (trotz Impfung).

Hat die Pandemie aus Ihrer Sicht auch etwas Positives bewirkt?
Wir Menschen sind meist keine grossen Fans von Veränderungen und setzen diese nur um, wenn genügend Druck vorhanden ist. Die Pandemie hat uns gezwungen, die vorhandenen Onlinetools zu verwenden. Zu unserem Erstaunen haben wir realisiert, dass es ja gar keine Hexerei ist und sogar einige Vorteile bringt. Gesundheitspolitisch wurde die grosse Bedeutung von Pflegefachkräften deutlich und dass Applaus nicht reicht. Das Volk hat 2014 ein klares Zeichen für die ärztliche Grundversorgung gesetzt und 2021 nun auch ein klares Zeichen für die Pflege.
Hat sich die Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte im Gesundheitswesen während der Pandemie verändert?
Die Anforderungen an die Gesundheitsversorgung haben sich schlagartig verändert. Patienten und Patientinnen kamen nicht mehr in die Praxis, wollten dafür aber COVID-19-Tests, Bestätigungen und telefonische Beratungen. Die Umstellung fiel uns schwer, da die örtlichen beziehungsweise die baulichen Bedingungen häufig nicht ideal waren und Schutzmaterial fehlte. Die Besprechung der Patientenverfügung ist immer wichtig, bekam aber vor allem zu Beginn der Pandemie einen noch höheren Stellenwert. Das Impfen ist eine wichtige Aufgabe in der ärztlichen Grundversorgung. Aufgrund der komplizierten Logistik mit Kühlanforderungen und mehreren Dosen in einem Vial mussten neben den Impfungen in der Praxis andere Lösungen gefunden werden. Es war wichtig, den Impfwilligen und den noch Unentschlossenen möglichst viele Impfoptionen zu bieten. Viele Patienten und Patientinnen fühlen sich in der Hausarztpraxis aufgehoben und können sich die Impfung in einem Impf- oder Einkaufszentrum nicht vorstellen. Im Kanton Aargau wurden wir Hausärztinnen und Hausärzte dank der hervorragenden Zusammenarbeit des Aargauischen Ärzteverbands mit dem Departement für Gesundheit und Soziales adäquat für die COVID-19-Impftätigkeit vergütet. Unser Gesundheitsdepartement hat die Wichtigkeit der ärztlichen Grundversorgung erkannt und entsprechend darauf reagiert. Neben der Durchführung der COVID-19-Impfungen ist natürlich auch die kontinuierliche Aufklärung durch uns wichtig.
Abgesehen von COVID-19: Welche neuen Erkenntnisse fanden Sie im vergangenen Jahr interessant?
Dieses Jahr habe ich den MAS (Master of Advanced Studies) in Managed Health Care bei der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) gestartet und bin aktuell mit dem CAS (Certificate of Advanced Studies) Gesund-

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RÜCKBLICK 2021/AUSBLICK 2022

heitsökonomie beschäftigt. Es ist bereichernd, über den Tellerrand zu schauen und ganz andere Meinungen zu hören. Für die Abschlussarbeit hat sich meine Prüfungsgruppe intensiv mit den Tarifverhandlungen befasst. Pauschalen und Einzelleistungstarif haben ihre Berechtigung, müssen aber sorgfältig erstellt und eingesetzt werden. Im schlimmsten Fall drohen höhere Kosten, kombiniert mit einer schlechteren Gesundheitsversorgung. Ich hoffe, dass ich auch künftig nicht entscheiden muss, wer von meinen Patientinnen und Patienten die notwendigen Leistungen erhält und wer nicht. Während wir Richtung Globalbudget steuern, möchten die Deutschen

die Budgetierung der Hausarzthonorare wieder aufheben (https://www.docinside.ch/ein-globalbudget-fuehrt-zurrationierung-medizinischer-leistungen).

Welche Entwicklungen erhoffen Sie sich für das

Jahr 2022 in Ihrem Fachgebiet?
Ich erhoffe mir die richtigen politischen Weichenstellungen

für eine starke Hausarztmedizin, Motivation bei den Jungen

für den Hausarztberuf sowie die Entwicklung eines 24-Stun-

den-Blutdruckgeräts, welches einfach zu handhaben und an-

genehm zu tragen ist.

s

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