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BERICHT
Resultate der VERTIS-CV-Studie mit Ertugliflozin
Kardiovaskuläre Sicherheit und Vorteil bei Herzinsuffizienz
SGLT2-Hemmer sind dafür bekannt, dass sie neben einer Senkung des HbA1c-Werts bei Typ-2-Diabetikern auch einen kardiovaskulären Nutzen bringen. In der mit Spannung erwarteten kardiovaskulären Outcome-Studie VERTIS-CV, die am Jahreskongress der American Diabetes Association (ADA) präsentiert wurde, zeigte Ertugliflozin eine Reduktion der Hospitalisierungsrate infolge Verschlechterung der Herzinsuffizienz und eine gewahrte kardiovaskuläre Sicherheit.
Quelle: «Symposium: Results of the evaluation of Ertugliflozin effIcacy and safety cardiovascular outcomes trial (VERTIS-CV)», Jahreskongress des American Diabetes Association, 12. bis 16. Juni, virtuell
In die internationale, doppelblind randomisierte Phase-IIIStudie wurden seit 2013 8246 über 40-jährige Patienten mit Typ-2-Diabetes aus 35 Ländern eingeschlossen. Die Teilnehmer hatten überdies eine bestätigte koronare, zerebrale oder periphere Atheroklerose. Sie erhielten während 6 Jahren entweder einmal täglich Ertugliflozin 15 mg (n = 2747), Ertugliflozin 5 mg (n = 2752) oder Plazebo. Der primäre Endpunkt war als 3-Punkt-MACE (major adverse cardiovascular events), einer Kombination aus kardiovaskulärem Tod, nicht tödlichem Myokardinfarkt oder nicht tödlichem Hirnschlag, definiert. Bei den metabolischen Parametern zeigte sich bei Studienende folgendes Bild: Der HbA1c-Wert sank im Vergleich zu Plazebo bis Woche 18 unter beiden Ertugliflozindosierungen signifikant um 0,5 Prozent (p < 0,001), im Studienverlauf war die Senkung unter dem Verum weiterhin grösser als unter Plazebo. Das Gewicht sank bis zur 52. Woche um 2,4 kg (5 mg) beziehungsweise um 2,8 kg (15 mg), unter Plazebo verloren die Teilnehmer 0,4 kg. Der systolische Blutdruck war nach einem Jahr um 2,6 mmHg (5 mg) beziehungsweise um 3,2 mmHg (15 mg) gegenüber Plazebo signifikant gesunken (p < 0,001). Bei allen drei metabolischen Parametern sei der senkende Effekt von Ertugliflozin im weiteren Studienverlauf erhalten geblieben, hielt Prof. Sam Dagogo-Jack, University of Tennessee Health Science Center, Memphis (USA), fest. Kein kardiovaskuläres Risiko, positiver Trend bei Herzinsuffizienz Die Resultate der kardiovaskulären Endpunkte wurden nach einer Studienlaufzeit von 6,1 Jahren ermittelt. Die Rate an 3-Punkt-MACE war in den Ertugliflozingruppen gleich (11,9%) wie in der Plazebogruppe (11,9%). Damit bestätigte sich die Nichtunterlegenheit für Ertugliflozin als erstes Studienziel (p < 0,001 für Nichtunterlegenheit). Das Ergebnis blieb auch durch alle Subgruppen hindurch konsistent, wie Prof. Christopher Cannon, Brigham and Women’s Hospital, Boston (USA) am ADA-Kongress berichtete. Der SGLT2Hemmer erweist sich damit in kardiovaskulärer Hinsicht als sicher – eine Eigenschaft, die seit Rosiglitazon jedes neue Antidiabetikum als Zulassungsbedingung beweisen muss. Eine Überlegenheit im sekundären Studienendpunkt, der Kombination aus kardiovaskulärem Tod und herzinsuffizienzbedingter Hospitalisationsrate, konnte jedoch nicht erreicht werden. Es zeigte sich aber, dass die herzinsuffizienzbedingte Hospitalisationsrate bei getrennter Betrachtung in der Ertugliflozingruppe um 30 Prozent signifikant tiefer war (2,5 vs. 3,5%, Hazard Ratio [HR]: 0,70; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 0,54–0,90; p = 0,006). Dieses signifikante Einzelresultat könne aber nicht gewertet werden, weil der vordefinierte kombinierte Endpunkt keine Signifikanz erreicht habe, erläuterte Cannon. Die Progression der Nierenerkrankung, gemessen am Abfall der geschätzten glomerulären Filtrationsrate im Zeitverlauf, war unter Ertugliflozin weniger stark als unter Plazebo; nach 60 Monaten lag der Unterschied bei etwa 3 ml/min/1,73 m2 (p < 0,001) unter beiden Ertugliflozindosierungen. Der als Kombination aus niereninsuffizienzbedingtem Tod, Dialyse/ Transplantation und Verdoppelung des Serumkreatinins definierte sekundäre Endpunkt erreichte dagegen im Vergleich zu Plazebo keine Signifikanz. Die gemeldeten Nebenwirkungen von Ertugliflozin entsprachen dem Sicherheitsprofil der Substanzklasse der SGLT2Hemmer, das Amputationsrisiko lag bei 0,6 (15 mg) beziehungsweise 0,5 (5 mg) pro 100 Patientenjahre. Mit diesen Resultaten könne Ertugliflozin zwar nicht an die kardioprotektiven Vorteile der anderen SGLT2-Hemmer anknüpfen, doch die Senkung der herzinsuffizienzbedingten Hosipalisationsrate scheine ein Klasseneffekt zu sein, der auch für Ertugliflozin gelte, fasste Prof. David Cherney, University of Toronto (CAN), die Resultate zusammen. Wie sind die Resultate zu bewerten? Eine signifikante Reduktion von MACE war bei Empagliflozin und Canagliflozin zu sehen, bei Dapagliflozin und Ertugliflozin nur trendmässig. Das Risiko für kardiovaskulären Tod wurde gar nur durch Empagliflozin signifikant reduziert. Möglicherweise sind Unterschiede in den verschiedenen Studiendesigns, Patientenzusammensetzungen oder Einschlusskriterien dafür verantwortlich. Bei der Rate von herzinsuffizienzbedingten Hospitalisationen böten jedoch alle vier SGLT2-Hemmer einen substanziellen Vorteil, ordnete Prof. David Cherney, University of Toronto (CAN), die Resultate ein. s Valérie Herzog 400 ARS MEDICI 13 | 2020