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STUDIE REFERIERT
Hypercholesterinämie
PCSK9-Hemmer scheinen Glukosestoffwechsel nicht zu beeinträchtigen
PCSK9-Hemmer reduzieren die LDL-Cholesterin-Werte effektiv und stärker als andere lipidsenkende Medikamente. Eine aktuelle Metaanalyse untersuchte, ob und inwieweit eine Behandlung mit den neuen Wirkstoffen darüber hinaus auch einen ungünstigen Einfluss auf den Glukosestoffwechsel oder auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität von Patienten mit und ohne Diabetes ausübt.
Diabetes Obesity Metabolism
Zur Verminderung des Risikos von Diabetespatienten, eine kardiovas kuläre Erkrankung zu erleiden, ist es wichtig, eine bestehende Hyperchol esterinämie medikamentös in den Griff zu bekommen. Hierfür steht seit geraumer Zeit mit den PCSK9(Proproteinkonvertase-Subtilisin/Ke xin-Typ-9-)Inhibitoren(PCSK9-I;Alirocumab [Praluent®], Evolocumab [Re patha®]) eine neue Substanzklasse zur Verfügung, welche gegenüber den zur Cholesterinsenkung in sämtlichen Guidelines nach wie vor empfohlenen Statinen Vorteile bieten könnte. Denn die Statinbehandlung scheint negative Auswirkungen auf den Glukosemeta bolismus zu haben: In klinischen und Beobachtungsstudien wurde ein ver mehrtes Auftreten von Diabetesneu erkrankungen beobachtet, und bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 (DMT2) zeigte sich vor allem unter hohen Statindosen ein geringer, aber signifikanter Anstieg der HbA1c-Werte.
Potente Cholesterinsenker
PCSK9-I führen zudem im Vergleich zu Statinen zu einer deutlicheren Reduk tion des LDL-(low-density lipopro tein-)Cholesterins (LDL-C). Sie sind zur Behandlung bei Patienten zuge lassen, deren Fettstoffwechselstörung unter hoch dosierten Statinen nicht hinreichend kontrolliert ist. Indem PCSK9-I an körpereigene PCSK9 binden, verhindern sie wiederum die Bindung Letzterer an LDL-Rezepto ren (LDLR) auf Leberzellen. Dadurch wird der Abbau von LDLR gehemmt und in der Folge die Konzentration von LDL-C im Serum gesenkt. Gene tische Varianten von PCSK9, welche
mit niedrigeren LDL-C-Konzentra tionen in Zusammenhang stehen, werden allerdings auch mit höheren Nüchternglukosewerten und mit ver mehrtem Aufkommen von DMT2 in Verbindung gebracht. Daher ist es von Interesse zu klären, ob PCSK9-I mög licherweise Einfluss auf den Glukose metabolismus nehmen.
Kein erhöhtes Diabetesrisiko
Zu diesem Zweck sowie zusätzlich zur Prüfung des Effekts von PCSK9-I auf die LDL-C-Werte und die Inzidenz von kardiovaskulären (CV-)Ereignissen wurde nun ein systematischer Review mit Metaanalyse über insgesamt 38 Studien durchgeführt. Primäre End punkte umfassten das Auftreten von Diabetes, Nüchternglukose- und HbA1cWerte sowie die jeweils sowohl bei Dia betespatienten als auch in der Gesamt population erfassten LDL-C-Werte und MACE (major adverse cardiovascular events; nicht tödlicher Myokardinfarkt/ Schlaganfall oder CV-Mortalität). Bei der Auswertung der Studiendaten von insgesamt 46 833 mit PCSK-I sowie 42 770 mit Vergleichspräpara ten behandelten Patienten ergaben sich unter PCSK-I kein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Diabetes sowie im Vergleich mit Plazebo keinerlei signifi kante Unterschiede hinsichtlich Nüch ternglukose- oder HbA1c-Werten.
Kardiovaskulärer Schutz unabhängig von Diabetes
Bei Diabetespatienten betrug die durchschnittliche LDL-C-Senkung unter PCSK9-I gegenüber Plazebo 52,6 mg/dl, in der Gesamtpopulation (Diabetiker und Nichtdiabetiker) lag
sie bei 66,9 mg/dl. Metaregressions
analysen ergaben für Vergleichs
studien mit dem Statin Ezetimib,
nicht jedoch für solche mit Plazebo
eine inverse Korrelation, also einen
gegenläufigen Trend zwischen dem
Anteil an eingeschlossenen Patienten
mit Diabetes und der Wirksamkeits-
differenz zwischen PCSK9-I und dem
jeweiligen Komparator hinsichtlich
der LDL-C-Senkung. Bei Auswertung
der wenigen verfügbaren Studien,
welche MACE und CV-Mortalität
getrennt für Diabetiker und Nicht
diabetiker erfasst haben, ergaben sich
keinerlei Hinweise darauf, dass der
PCSK9-I-Effekt durch die Diabetes
erkrankung beeinflusst wird.
Die Autoren kommen anhand ihrer
Analyse zu dem Schluss, dass PCSK9-I
keinen Einfluss auf den Glukose
metabolismus haben. Die Wirkung
von PCSK9-I auf LDL-C und MACE
scheint daher bei Patienten mit Diabe
tes ähnlich günstig zu sein wie bei sol
chen ohne Zuckerkrankheit.
s
RABE
Interessenlage: Die Autoren der referierten Metaanalyse haben Vortrags- und Beraterhonorare sowie Forschungsgelder von diversen Pharmafirmen erhalten.
Quelle: Monami M et al.: PCSK9 inhibitor therapy: a systematic review and metaanalysis of metabolic and cardiovascular outcomes in patients with diabetes. Diabetes Obes Metab 2019; 21(4): 903–908.
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ARS MEDICI 9 | 2020