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STUDIE REFERIERT
Vorhofflimmern: Wie sieht die Therapie in der Praxis aus?
Vergleich von dualer und Tripel-Antikoagulationstherapie nach PCI
Nach perkutaner Koronarintervention hat sich die Tripel-Antikoagulationstherapie mit Warfarin und zwei weiteren Thrombozytenaggregationshemmern bei Patienten mit Vorhofflimmern als Standardtherapie etabliert. Diese Behandlung ist jedoch mit einem hohen Risiko für Blutungen assoziiert. Eine neue Studie, die im August 2017 publiziert wurde, vergleicht nun die TripelAntikoagulationstherapie bezüglich des Blutungsrisikos und der Wirkung mit der Dualtherapie, die Dabigatran mit einem P2Y12-Inhibitor kombiniert.
New England Journal of Medicine
An der multizentrischen, randomisierten Studie, die von Christopher Cannon vom Baim Institute for Clinical Research in Boston geleitet wurde, haben insgesamt 2725 Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) teilgenommen. Nach einer perkutanen Koronarintervention (PCI) wurden sie in drei Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe unterzog sich einer klassischen Tripel-Antikoagulationstherapie und wurde mit Warfarin, einem P2Y12-Inhibitor (Clopidogrel oder Ticagrelor) und Acetylsalicylsäure (ASS; für 1 oder 3 Monate) behandelt.
MERKSÄTZE
O Die Dualtherapie mit Dabigatran (110 mg oder 150 mg) in Kombination mit einem P2Y12-Inhibitor (Clopidogrel oder Ticagrelor) birgt ein signifikant niedrigeres Risiko für Blutungen als eine Tripeltherapie mit Warfarin, einem P2Y12Inhibitor (Clopidogrel oder Ticagrelor) und Acetylsalicylsäure.
O Die Dualtherapie war der Tripeltherapie bezüglich des Schutzes vor thromboembolischen Ereignissen nicht unterlegen.
O Die Dualtherapien mit den zwei Dosierungen 110 mg und 150 mg haben sich als gute Option zur Tripeltherapie erwiesen.
O Gravierende Nebenwirkungen traten in allen drei Gruppen ähnlich häufig auf.
Die zweite und dritte Gruppe wurden dual therapiert und erhielten den Thrombininhibitor Dabigatran entweder in einer Dosierung von 110 mg (2. Gruppe) oder 150 mg (3. Gruppe) zweimal täglich sowie einen P2Y12-Inhibitor (Clopidogrel oder Ticagrelor). In der ersten Gruppe wurde die Gabe von ASS je nach verwendetem Stent beschränkt. Während Patienten mit einem Metallstent einen Monat lang mit ASS behandelt wurden, erhielten Patienten mit einem medikamentenbeschichteten Stent dieses Arzneimittel für drei Monate.
Weder mehr Thrombembolien noch
mehr Nebenwirkungen unter dualer
im Vergleich mit Tripeltherapie
Nach einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von 14 Monaten zeigte sich, dass die Patienten, die dual mit Dabigatran behandelt wurden, ebenso gut vor thromboembolischen Ereignissen geschützt waren wie die Patienten, die eine Tripeltherapie erhielten. Die Dualtherapie-Gruppe verzeichnete jedoch signifikant niedrigere Blutungsraten. Von den Patienten, die dual mit 110 mg Dabigatran behandelt wurden, erlitten 15,4 Prozent eine schwere oder klinisch relevante Blutung, während es in der Tripeltherapie-Gruppe 26,9 Prozent waren. In der Gruppe, die dual mit 150 mg Dabigatran therapiert wurde, traten diese Ereignisse bei 20,2 Prozent der Patienten auf, in der TripeltherapieGruppe waren es 25,7 Prozent. In der
Gruppe mit der niedrigeren Dabiga-
trandosierung war das absolute Risiko
also um 11,5 Prozentpunkte tiefer. In
der Gruppe mit der höheren Dabiga-
trandosierung betrug der Unterschied
5,5 Prozentpunkte. Intrakranielle Blu-
tungen traten bei 0,3 Prozent (2-mal
110 mg), 0,1 Prozent (2-mal 150 mg)
und 1 Prozent (Tripeltherapie) auf.
In der Dualtherapie-Gruppe mit 110 mg
Dabigatran kam es bei 42,7 Prozent der
Patienten zu gravierenden Nebenwir-
kungen, in der Dualtherapie-Gruppe
mit 150 mg Dabigatran waren 39,6 Pro-
zent und in der Tripeltherapie-Gruppe
41,8 Prozent davon betroffen. Die nied-
riger dosierte Dualtherapie-Gruppe
verzeichnete 38 Todesfälle (3,9%), die
höher dosierte Dualtherapie-Gruppe
24 (3,2%) und die Tripeltherapie-
Gruppe 41 (4,3%).
In allen Gruppen kam es bei etwa
13,5 Prozent der Patienten zu thromb-
embolischen Komplikationen. Die Wirk-
samkeit der Dabigratrantherapie war
der Tripeltherapie nicht unterlegen. Die
beiden Dosierungen des Thrombininhi-
bitors, die denjenigen in der Schlag-
anfallprophylaxe bei VHF entsprechen,
bieten somit zwei weitere gute Optio-
nen für die antithrombotische Nach-
behandlung von Patienten mit korona-
rer Herzkrankheit und VHF, die sich
einer Koronarintervention mit Stent-
einlage unterziehen müssen.
O
Susanna Steimer Miller
Quelle: Cannon CP et al.: Dual antithrombotic therapy with dabigatran after PCI in atrial fibrillation. N Engl J Med 2017, Aug 27; DOI: 10.1056/NEJMoa1708454. (Original) PMID: 28844193.
Interessenlage: Die referierte Originalstudie wurde von Boehringer Ingelheim unterstützt.
ARS MEDICI 24 I 2017
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