Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
MOTION vom 27.2.2017
Vorwärts mit der Umsetzung der Nationalen Strategie Palliative Care
Barbara SchmidFederer Nationalrätin CVP Kanton Zürich
Bereits 2010 formuliert der Bund in der Nationalen Strategie Palliative Care Handlungsbedarf für einen schweizweiten Zugang zu Palliative Care unabhängig von Alter, Region, sozioökonomischem Status oder Krankheitsbild. Dieses Ziel ist trotz umfangreicher Anstrengungen nach über 7 Jahren Nationaler Strategie noch immer nicht erfüllt. Das BAG schätzt, dass aktuell nur jeder zweite Patient Zugang zu Palliative Care erhält, der diese benötigte. Die Zahl der Betroffenen wird in
den nächsten Jahren jedoch stark ansteigen.
Ich ersuche den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten: 1. Schweizweit bestehen starke
Unterschiede in der Versorgungssituation. Die Kantone selbst beurteilten diese in grossen Teilen als ungenügend. Wie können Bund und Kantone weiter zusammenarbeiten, um ein schweizweit flächendeckendes Angebot für Palliative Care zu schaffen? 2. Bei der letzten Befragung der Kantone 2013 hatten 6 Kantone noch immer keine gesetzliche Grundlage für Palliative Care und nur 12 ein Palliative-CareKonzept. Haben die Kantone die erforderlichen Massnahmen inzwischen ergriffen und wo
besteht weiterhin Handlungsbedarf? 3. Trotz Änderung der KLV bleiben Versorgungslücken in der Pflegefinanzierung im Bereich Palliative Care, namentlich in der ambulanten spezialisierten Palliative-Care-Versorgung, sowie in der spezialisierten und allgemeinen Palliative-Care-Versorgung in der Langzeitpflege. Welche weiteren Massnahmen plant der Bund, um diese zu schliessen? 4. Ein beträchtlicher Teil der Palliative Care wird durch Angehörige und Freiwillige geleistet. Welche Massnahmen plant der Bund, um diese zu unterstützen und zu entlasten sowie den Bedürfnissen der Angehörigen im Prozess der Palliative Care angemessen Rechnung zu tragen?
5. Palliative Care ist interdisziplinär und interprofessionell. Welche Reformen im Ausbildungsbereich konnten bisher umgesetzt werden, um eine qualitativ hochwertige Palliative Care in allen betroffenen Berufsfeldern zu gewährleisten? Welche weiteren Reformen sind noch geplant?
6. In der allgemeinen Palliative Care (Grundversorgung) besteht im Bereich spezialisierter mobiler Palliative-Care-Dienste, welche die grundversorgenden Spitex-Dienste unterstützen, weiterhin grosser Mangel. Ebenso im Angebot und der Finanzierung der spezialisierten Palliative Care. Welche Massnahmen plant der Bund, Kantone und Gemeinden in diesem Bereich zu unterstützen?
INTERPELLATION vom 15.3.2017
Den Jodgehalt im einheimischen Käse erhöhen
Valérie Piller Carrard Nationalrätin SP Kanton Freiburg
Jüngste Studien haben ergeben, dass ein Teil unserer Bevölkerung zu wenig Jod im Blut hat – eine problematische Situation, da dieses Spurenelement eine entscheidende Rolle für die Hormonproduktion in der Schilddrüse spielt und so den Stoffwechsel in unseren Organen steuert. Der Jodmangel, der heute 14 Prozent der weiblichen Bevölkerung betrifft, hat
negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Mögliche Folgen sind Kropfbildungen, Wachstumsverzögerungen und eine Einschränkung der geistigen Fähigkeiten bei Kindern. Jod, das sich in Algen, Fischen und Weichtieren anhäuft, kommt in der Schweiz nur selten vor, weshalb unser Land vor etwa hundert Jahren beschlossen hatte, das Tafelsalz mit Jod anzureichern. Leider enthalten importierte Lebensmittel – meist aus Ländern mit Zugang zum Meer – selten jodiertes Salz. Ausserdem nimmt im Allgemeinen der Salzgehalt in Lebensmitteln (und somit auch der Jodgehalt) deutlich
ab, da die negativen Auswirkungen einer zu salzhaltigen Ernährung vermehrt mit Kampagnen angeprangert werden. Der in der Schweiz viel verzehrte Käse spielt bei der Jodaufnahme eine entscheidende Rolle. 1994 verwendeten 90 Prozent der Käsereien jodiertes Salz. Die Angst, dass der Käse in den Nachbarländern nicht so gut ankommen würde, führte dazu, dass seit 2008 vollständig darauf verzichtet wird. Seither ist der Jodmangel bei den besonders empfindlichen Bevölkerungsgruppen wieder weiter verbreitet: Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter. Eine Prä-
ventivmassnahme wäre, jodiertes Salz wieder im Produktionsprozess von Käse zu verwenden, der für den Konsum in der Schweiz bestimmt ist. Diese Situation veranlasst mich, die Interpellation mit den folgenden zwei Fragen einzureichen: 1. Sind sich die Gesundheitsbe-
hörden und die politischen Behörden des Risikos eines dauerhaften Jodmangels bei gewissen Bevölkerungsgruppen bewusst? 2. Sind unsere Gesundheitsbehörden und politischen Behörden bereit, einen Schritt zurück zu machen und die Käsereien dazu aufzufordern, bei der Herstellung von für die Schweiz bestimmtem Hartkäse jodiertes Salz zu verwenden?
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ARS MEDICI 11 I 2017
POLITFORUM
INTERPELLATION vom 15.3.2017
Cyber-Sicherheit im Gesundheitswesen
Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Die Vernetzung und der IoT-Trend bringen für die Gesundheitsversorgung und Patienten Fortschritte, bergen aber auch Risiken. Die «Nationale Cyber-RisikoStrategie NCS» bezeichnet das Gesundheitswesen als kritische Infrastruktur. Die Verwundbarkeits- und Risikoanalyse sowie Melani zeigen die Risiken durch Cyber-Angriffe und die «Verletzlichkeit» von Spitälern, medizinischen Geräten, Diagnose- und Analysegeräten oder Implantaten durch Ransomware und Internet-
Angriffe. Der jüngste Melani-Halbjahresbericht titelt «Es geht um Leben und Tod». Er zeigt den Handlungsbedarf betreffend der Cyber-Sicherheit in Spitälern, bei IT-gesteuerten Medizinprodukten und Implantaten … Er betont, das IT-Sicherheitsbewusstsein sei sehr unterschiedlich bei Spitälern, Labors, Arztpraxen und risikobehafteten Medizinprodukten. Projekte der Auslagerung der spitalinternen IT an externe Provider erhöhten die Verwundbarkeit zusätzlich. Der Bundesrat wird ersucht, folgende Fragen zu beantworten: 1. Welche Vorkehrungen sind von
Bund und Kantonen zu treffen, um die Cyber- und Hackersicherheit in der Gesundheitsversorgung zu stärken und die Risiken für die technische Infra-
struktur, Datenverarbeitung und die Medizintechnologie/Medizinprodukte zu minimieren? 2. Was kann in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, insbesondere mit der Medizinalbranche, getan werden, um die Cyber- und Hackersicherheit zu stärken? 3. Sind die existierenden Regelungen, Mechanismen und Anreizsysteme ausreichend, um Risiken zu minimieren und die Sicherheit zu gewährleisten? Oder muss zum Beispiel im Bereich der Haftung und des Sicherheitsnachweises nachjustiert werden? 4. Wie beurteilen Fachleute die EU-Richtlinie, gültig für die Zulassung von Medizinprodukten in der Schweiz, sowie deren Software-Norm von 2006 ange-
sichts der technologischen Entwicklung und der Risiken? 5. Laut Melani können IT-gesteuerte Diagnose- und Analysegeräte zum Teil nur unter Verlust der Zertifizierung geschützt werden – wer haftet in solchen Fällen für die Risiken? 6. Deutschland hat ein IT-Sicherheitsgesetz, die EU die NISRichtlinie für Cyber-Sicherheit. Welche Leitlinien für die ITSicherheit in der Gesundheitsversorgung, bei Risiko behafteten Medizinprodukten und Implantaten gelten bei uns? Braucht auch die Schweiz Richtlinien/Massnahmen für ein Bund, Kantone, Leistungserbringer und Wirtschaft einbeziehendes Cyber-Sicherheitskonzept im Gesundheitswesen?
Stellungnahme des Bundesrates vom 10.5.2017:
1. Ein wichtiger Grundsatz der Nationalen Cyber-Strategie NCS ist die Eigenverantwortung der Unternehmen. Jedes Unternehmen ist für den sicheren Betrieb seiner IT-Infrastruktur selber verantwortlich. Neben allgemeinen Richtlinien gibt der Bund bezogen auf die aktuelle Bedrohungslage Empfehlungen ab, welche in die Risikobeurteilung von kritischen Informationsinfrastrukturen, darunter auch Firmen im Gesundheitssektor, einfliessen. Auch haben das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung im Rahmen der Umsetzung der NCS Risiko- und Verwundbarkeitsanalysen im Gesundheitssektor durchgeführt. Daraus resultieren ebenfalls Empfehlungen. Ob und in welcher Form die Unternehmen diese Empfehlungen umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Dieser Grundsatz macht Sinn,
weil weder Bund noch Kantone die IT-Infrastrukturen von Spitälern, Arztpraxen usw. im Detail kennen können. 2. Bereits heute besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen MELANI und der Medizintechnik. Seit Anfang 2016 konnte diese Zusammenarbeit stark intensiviert und ausgebaut werden. 3. Die Verantwortung und damit auch die Haftung für die Sicherheit eines Medizinproduktes liegen beim Hersteller. Die Sicherheit der IT-Infrastruktur in einem Spital liegt in der Verantwortung der Spitalleitung. Der Bundesrat hat im Rahmen der Verabschiedung der Strategie «Digitale Schweiz» das EDI (Bundesamt für Gesundheit) beauftragt, gemeinsam mit den Kantonen die Strategie eHealth Schweiz aus dem Jahre 2007 zu aktualisieren. In diesem Rahmen wird auch geklärt werden, ob zur Förderung der Datensicherheit im Gesund-
heitswesen zusätzliche Massnahmen nötig sind. Die Strategie soll im Laufe des Jahres 2018 verabschiedet werden. 4. Die für die Markteinführung von Medizinprodukten in der EU (und im Rahmen des Abkommens über die technischen Handelshemmnisse zwischen der Schweiz und der EU auch für die Schweiz) zu beachtenden europäischen Medizinprodukte-Richtlinien stellen grundlegende Anforderungen an die Sicherheit der Produkte auf, die von den Herstellern zu beachten sind. Medizinprodukte dürfen erst in Verkehr gebracht werden, wenn das jeweilige Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich abgeschlossen ist. Die zu beachtenden Normen bilden den aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik ab. Es liegt immer in der Verantwortung des Herstellers, diese zu beachten und die für seine Produkte angemessenen Massnahmen umzusetzen.
5. Diese Aussage trifft nur bedingt zu. Medizinprodukte dürfen wie erwähnt nur in Verkehr gebracht werden, wenn diese konform sind. Dies beinhaltet u.a. auch entsprechende Verifikationsund Validierungstests. Werden technische Anpassungen an konformen Medizinprodukten vorgenommen, müssen diese Anpassungen neu beurteilt werden. Die Haftung für den Einsatz eines nicht konformen Produktes liegt bei der Anwenderin oder dem Anwender resp. im Spitalbereich beim Spital. 6. Nach Auffassung des Bundesrates ist ein solches Cybersicherheitskonzept nicht notwendig (vgl. Antwort auf Frage 1). Ob einzelne zusätzliche Massnahmen notwendig sind, wird im Rahmen der Aktualisierung der Strategie eHealth Schweiz (vgl. Antwort auf Frage 3) geklärt werden.
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