Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
MOTION vom 16.3.2017
Bagatellen gehören nicht in den Spitalnotfall
Thomas Weibel Nationalrat GLP Kanton Zürich
Der Bundesrat wird eingeladen, seine Kompetenzen im Bereich der Kostenbeteiligung von Artikel 64 KVG derart wahrzunehmen, damit es finanziell weniger interessant ist, Bagatellen in den Notfallstationen der Spitäler behandeln zu lassen.
Begründung Die Schweiz kennt die bewährte Tradition, dass Hausärzte in der Regel die erste Anlaufstelle sind, insbesondere wenn es sich um
weniger gravierende Erkrankungen handelt. In den Jahren 2011 bis 2015 hat die Anzahl Konsultationen in Spitälern nun aber deutlich stärker zugenommen als in der freien Arztpraxis. In sehr vielen Fällen muss von Bagatellen ausgegangen werden. Eine spitalambulante Konsultation kostete 2015 im Durchschnitt 427 Franken und ist somit mehr als doppelt so teuer wie die durchschnittliche Konsultation in der Arztpraxis. Auch ein Besuch in einer Apotheke wäre viel billiger und oft ausreichend. Die Angewohnheit, wegen Bagatellen immer mehr die Notfallabteilungen der Spitäler in Beschlag zu nehmen, hat auch Auswirkungen auf die Kantone: Sie reagieren darauf, indem sie ihre Ambulatorien noch mehr ausbauen, um
lange Wartezeiten zu vermeiden. Dieser Ausbau führt wiederum dazu, dass noch mehr Personen wegen Bagatellen die Spitäler aufsuchen. Bekanntlich sind die ambulanten Spitalabteilungen seit rund 15 Jahren regelmässig die grössten Kostentreiber der obligatorischen Krankenversicherung (Obsan Bericht 53; Kostenmonitoring Santésuisse). Da mit gezielter Information der Öffentlichkeit offenbar wenig ausgerichtet werden kann, sollen die finanziellen Anreize der Versicherten so geändert werden, dass unnötige beziehungsweise unnötig teure Spitalbehandlungen möglichst vermieden werden können. Bei echten Notfällen oder geplanten Wahleingriffen kann von die-
sen Massnahmen abgesehen werden, weitere Ausnahmen sind zu prüfen. Diese Massnahmen bedeuten gleichzeitig eine Förderung der Hausarztmedizin und der Apotheken als wichtigste, primäre Anlaufstellen der Patientinnen und Patienten bei leichteren Beschwerden.
Stand der Beratungen: Im Rat noch nicht behandelt.
MOTION vom 1.3.2017
Zulassung und Regelung der Eizellenspende
Rosmarie Quadranti Nationalrätin BDP Kanton Zürich
Der Bundesrat wird beauftragt, eine Regelung vorzulegen, welche die Eizellenspende ermöglicht und deren Rahmenbedingungen festlegt. Im gleichen Zuge soll der Bundesrat überprüfen, ob in weiteren Regelungsbereichen des Fortpflanzungsmedizingesetzes Änderungen angezeigt sind, und entsprechende Anpassungen vorschlagen.
Begründung Die Spende von Samenzellen ist erlaubt und seit dem Inkrafttreten des ersten Fortpflanzungsmedizingesetzes im Jahre 2001 auch gesetzlich geregelt. Im gleichen Gesetz ist die Eizellenspende jedoch verboten (FMedG Art.4), obschon es keine stichhaltigen Gründe gibt, diese beiden Arten von Keimzellen zu unterscheiden. Da die Eizellenspende jedoch – im Unterschied zur Samenspende – mit einer Hormonbehandlung und einer Eizellentnahme einhergeht, ist bei der Eizellenspende ein höherer Regelungsbedarf gegeben.
Bereits im Jahre 2014 stimmte die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats der parlamentarischen Initiative Neyrinck «Die Eizellenspende zulassen» zu. Trotzdem wurde sie 2016 abgeschrieben, da der Nationalrat nicht gesetzgeberisch tätig sein wollte. Bei dieser Debatte wurde erwähnt, dass dies nicht gleichzusetzen sei mit einem Nein zur Eizellenspende. Das Bedürfnis, die Eizellenspende zuzulassen, ist in der Schweizer Bevölkerung breit abgestützt. So zeigt eine aktuelle repräsentative Umfrage des Instituts GfK, dass 61 Prozent aller Schweizerinnen
und Schweizer die Zulassung der Eizellenspende befürworten und nur 18 Prozent diese ablehnen. Am 13. November 2016 forderte zudem die Jugendsession eine Legalisierung der Eizellenspende. Mit der Einführung der Eizellenspende kann jährlich mehreren Hundert unfruchtbaren Paaren in der Schweiz geholfen werden, welche heute für diese Behandlung ins europäische Ausland reisen müssen. Die Eizellenspende ist in über 20 europäischen Ländern bereits zugelassen.
Stand der Beratungen: Im Rat noch nicht behandelt.
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POLITFORUM
POSTULAT vom 8.3.2017
Globale Pandemien effizienter bekämpfen
Mathias Reynard Nationalrat SP Kanton Wallis
Der Bundesrat wird beauftragt, die Zweckmässigkeit eines Beitritts zu UNITAID zu untersuchen. Dabei soll er insbesondere das Kriterium der Komplementarität mit dem Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria sowie mit UNAIDS und der Organisation Medicine for Malaria Venture berücksichtigen und die aktuelle Unterstützung dieser Parallelorganisationen beibehalten.
Begründung UNITAID wurde 2006 von Brasilien, Chile, Frankreich, Norwegen und dem Vereinigten Königreich gegründet. Sie wird von der WHO in Genf beherbergt und unterstützt weltweit Gesundheitsprogramme in ihrem Kampf gegen HIV, Malaria und Tuberkulose. Die Schweiz ist nicht Mitglied dieser Organisation. Der Schwerpunkt von UNITAID liegt auf den Produktmärkten, in die sie investiert, um den Zugang zu besser geeigneten Heilmitteln zu beschleunigen und zu erweitern. Sie nutzt innovative Methoden, zum Beispiel die Gründung einer Patentgemeinschaft, um ihre Ziele umzusetzen und die Qualität und den Preis der ange-
botenen Produkte zu verbessern. Ihre Investitionen ergänzen jene von Parallelorganisationen, wie vom Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria oder von UNAIDS und der Organisation Medicine for Malaria Venture. UNITAID widmet sich als einzige Organisation den vorgelagerten Tätigkeiten in der Produktionskette, während die anderen genannten Organisationen sich üblicherweise auf die nachgelagerten Tätigkeiten, also hauptsächlich den Vertrieb, konzentrieren. Die von ihr erarbeiteten innovativen Projekte erlauben es, die Kosten zu reduzieren, was allen am Entwicklungsprozess Beteiligten nützt. Diese Komplementarität
ist auch unmittelbar wirksam: Es kommt nicht selten vor, dass die von UNITAID getesteten Projekte, die ihre Wirksamkeit im kleinen Rahmen bewiesen haben, durch den Globalen Fonds auf grösserer Ebene durchgeführt werden. Folglich bieten diese unterschiedlichen Organisationen, insbesondere UNAIDS und der Globale Fonds einerseits sowie UNITAID andererseits, notwendige und einander ergänzende Lösungsansätze für den wirksamen Kampf gegen globale Pandemien. Die Schweiz sollte dazu beitragen, diese Komplementarität zu fördern, um HIV, Malaria und Tuberkulose wirksam zu bekämpfen.
Stellungnahme des Bundesrates vom 10.5.2017:
Die Schweiz beteiligt sich sehr aktiv an der Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose. Sie unterstützt namentlich die wichtigsten multilateralen Akteure: 2016 leistete sie Beiträge in Höhe von 20 Millionen Franken an den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, in Höhe von 10 Millionen Franken an UNAIDS und in Höhe von 1,6 Millionen Franken an die Organisation Medicine for Malaria Venture. Die Unterstützung der Schweiz für den Globalen Fonds hat unter anderem dazu beigetragen, dass 9,2 Millionen Menschen mit antiretroviralen Wirkstoffen therapiert und 15,2 Millionen Tuberkulosekranke behandelt werden konnten. Diese drei Organisationen entwickeln zudem innovative Methoden, um einen besseren Zugang zu hochwertigen Medizinprodukten zu gewährleisten. So richtete beispielsweise der Globale Fonds eine Online-Plattform für die Versorgung mit Arz-
neimitteln und Medizinprodukten ein, die dank umfangreicher Sammeleinkäufe den Regierungen von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen die Möglichkeit bietet, hochwertige Medikamente zum besten Marktpreis zu erwerben (www.wambo. org). Der Bundesrat fördert die Suche nach innovativen Mechanismen für die Finanzierung der Ziele für nachhaltige Entwicklung. Eine wichtige Innovation von UNITAID ist die Einrichtung des Medicines Patent Pool, der Patentgemeinschaften für Medikamente organisiert, die bei der Behandlung von HIV/Aids, Hepatitis und Tuberkulose eingesetzt werden (www.medicinespatentpool.org). Es handelt sich um eine in Genf ansässige Stiftung, die mit Patentinhabern freiwillige Lizenzen für Generikahersteller aushandelt, welche sodann das Recht haben, diese Generika in einem bestimmten Gebiet oder an eine bestimmte Bevölkerungsgruppe
in einem Land mit niedrigem oder mittlerem Einkommen zu verkaufen. Bislang unterzeichnete die Stiftung Verträge mit acht Patentinhabern. Die mit ihr zusammenarbeitenden Generikahersteller vertrieben vier Milliarden preisgünstige Arzneimitteldosen in 125 Ländern, darunter 79 Länder, die bisher nicht vom Wettbewerb der Generika profitierten. Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) des EDA finanziert zurzeit eine Machbarkeitsstudie, die klären soll, ob sich dieser Ansatz auch für andere patentierte Medikamente der WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel eignet, die in manchen Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen noch nicht erhältlich oder unerschwinglich sind. Die Schweiz unterstützt auch andere innovative Initiativen in diesem Bereich, so etwa die Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (Nepad), die eine Vereinheitlichung der Registrie-
rung von Arzneimitteln in Afrika anstrebt. Eine solche Vereinheitlichung wird es möglich machen, in den afrikanischen Ländern wirksame, hochwertige und kostengünstige Medikamente schneller zur Verfügung zu stellen. Wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur Interpellation 14.4144 Reynard ausführte, sieht er einen Beitritt zu UNITAID zurzeit nicht vor. Die Schweiz verfolgt mit Interesse die innovativen Ansätze von UNITAID. Sie leistet bereits erhebliche direkte Unterstützung an die wichtigsten Partner von UNITAID bei der Bekämpfung der Pandemien. Angesichts der Sparbemühungen des Bundes muss die DEZA den für den Gesundheitsbereich aufzuwendenden Betrag kürzen. Infolgedessen ist es nicht angezeigt, einen Beitritt der Schweiz zu UNITAID in Form eines direkten Beitrags an diese Organisation zu erwägen.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
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