Transkript
FORTBILDUNG
Neuropathischer Rückenschmerz
Wie bedeutend ist die neuropathische Komponente bei chronischen Kreuzschmerzen?
Gemäss dem Mixed-Pain-Konzept besteht bei chronischen Schmerzen häufig auch eine neuropathische Komponente. Klassische Analgetika, die primär gegen nozizeptive Schmerzen wirken, können neuropathische Schmerzen jedoch kaum lindern. In einer Übersichtsarbeit wird der aktuelle Stand des Wissens zur neuropathischen Komponente bei chronischen Kreuzschmerzen zusammengefasst und die potenzielle Wirksamkeit verschiedener Medikamente diskutiert.
European Journal of Pain
Obgleich das Mixed-Pain-Konzept schon seit mehr als zehn Jahren diskutiert wird, scheint die neuropathische Komponente bei chronischen Kreuzschmerzen noch zu selten erkannt und behandelt zu werden. Der neuropathische Schmerzanteil könnte mit dafür verantwortlich sein, dass die üblichen oralen Analgetika, wie Paracetamol oder NSAR, nur bei knapp der Hälfte der Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen zu einer ausreichenden Schmerzlinderung führen. Diese klassischen Analgetika sind zwar gegen nozizeptive Schmerzen wirksam, aufgrund ihres Wirkungsmechanismus ist es jedoch unwahrscheinlich, dass sie auch neuropathische Schmerzen effizient lindern können.
Wie häufig ist chronischer Kreuzschmerz? Akute Kreuzschmerzen sind sehr häufig. Bei einer Lebenszeitprävalenz von über 70 Prozent und einer Jahresprävalenz
MERKSÄTZE
O Es ist wichtig, zwischen nozizeptiven und neuropathischen Schmerzen zu unterscheiden, da sie unterschiedliche therapeutische Massnahmen erfordern.
O Die neuropathische Komponente bei chronischen Kreuzschmerzen wird noch zu wenig berücksichtigt.
O Bei Patienten, deren chronische Kreuzschmerzen auch eine neuropathische Komponente aufweisen, sind insbesondere Tapentadol sowie Capsaicin- oder Lidocainpflaster therapeutische Optionen.
von 15 bis 45 Prozent dürfte so gut wie jeder irgendwann einmal darunter leiden. Weniger klar ist, wie häufig diese Schmerzen chronifizieren. Bis anhin nahm man an, dass dies nur bei wenigen Patienten der Fall ist. Eine prospektive Studie in Hausarztpraxen legt jedoch nahe, dass bis zu zwei Drittel der Patienten nach einer akuten Kreuzschmerzepisode chronische Schmerzen entwickeln (Schmerzen, die länger als 12 Wochen persistieren).
Nozizeptiver und neuropathischer Schmerz
Die Pathophysiologie des chronischen Kreuzschmerzes ist komplex und heterogen. Sowohl nozizeptive als auch neuropathische Mechanismen sind daran beteiligt. Der nozizeptive Schmerz beruht auf einer Aktivierung von Nozizeptoren in Gelenken, Muskeln, Faszien, Bändern und Sehnen aufgrund von Gewebeschädigung, Entzündung oder biomechanischer Überlastung. Hingegen beruht die neuropathische Komponente des Kreuzschmerzes auf der Schädigung der Spinalnervenwurzeln (mechanisch und/oder inflammatorisch) sowie einer pathologischen Innervation geschädigter Bandscheiben. Wie viele Patienten mit chronischem Kreuzschmerz tatsächlich (auch) unter neuropathischen Schmerzen leiden, ist nicht klar. In den gängigen Guidelines geht man in der Regel davon aus, dass bei etwa 5 Prozent der Patienten mit chronischem Kreuzschmerz auch eine neuropathische Schmerzkomponente vorhanden ist. Es gibt jedoch auch Publikationen, in denen Prävalenzen von 16 bis 55 Prozent genannt werden, in einer Studie aus den USA gar 90 Prozent. Diese breite Streuung ist vermutlich auf methodische Unterschiede in den verschiedenen Studien zurückzuführen, insbesondere bei der Definition neuropathischer Schmerzen sowie beim Einsatz unterschiedlicher diagnostischer Hilfsmittel. Je weiter der Schmerz ausstrahlt, umso wahrscheinlicher ist eine neuropathische Komponente. So ergab eine Studie, in der man den Fragebogen «Douleur Neuropathique en 4 Questions (DN4)» verwendete, dass der neuropathische Anteil chronischer Kreuzschmerzen mit dem Ausmass distal austrahlender Schmerzen korreliert. War der Schmerz auf die Lumbalregion beschränkt, fand sich bei 8 Prozent der Patienten eine neuropathische Komponente. Bei proximal ausstrahlenden Schmerzen waren es bereits 15 Prozent und 39 Prozent bei Patienten mit bis unter das Knie austrahlenden Schmerzen ohne neurologische Symptome. Der Anteil stieg auf 80 Prozent bei den Patienten mit neurologischen Symptomen einer Radikulopathie und mit bis in den Fuss ausstrahlenden Schmerzen in den Dermatomen der lumbalen Spinalnerven.
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Tabelle 1:
Fragebögen zur Diagnose neuropathischer Schmerzen
DN4 ID Pain LANSS NPQ PainDETECT (PD-Q)
StEP
Sensitivität 83% nicht bekannt 85% 66% 85%
92%
Spezifität 90% nicht bekannt 80% 74% 80%
97%
Anmerkungen Enthält Fragen plus physische Tests.
Bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen validiert. Auch in der Hausarztpraxis einsetzbar. Bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen validiert. Enthält Fragen plus physische Tests.
DN4: Douleur Neuropathique en 4 Questions; LANSS: Leeds Assessment of Neuropathic Symptoms and Signs; NPQ: Neuropathic Pain Questionnaire; StEP: Standardized Evaluation of Pain
Nicht mit neuropathischem Schmerz verwechselt werden darf der übertragene Schmerz (referred pain). Hierbei handelt es sich um Schmerzen, die an einer anderen Stelle des Körpers auftreten als am Ort der Schmerzursache. Übertragener Schmerz entsteht durch eine fehlerhafte zentrale Verarbeitung afferenter Nervenreize, die von intakten Nerven stammen. Man geht davon aus, dass bei übertragenem Schmerz neuronale Reize aus unterschiedlichen Regionen gleichzeitig über denselben Spinalnerv ins ZNS laufen und dort der falschen Region zugeordnet werden. Da die Quelle übertragender Schmerzen bei Kreuzschmerzen im somatischen Gewebe der Lendenwirbelregion lokalisiert ist, wird dieser Schmerz auch als somatisch übertragener Schmerz bezeichnet. Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Nozizeptiver und somatisch übertragener Schmerz haben im Gegensatz zum neuropathischen Schmerz nichts mit einer Schädigung von Nerven und/oder Nervenwurzeln zu tun.
Neuropathische Schmerzen diagnostizieren
Es ist wichtig, zwischen nozizeptiven und neuropathischen Schmerzen zu unterscheiden, da ihnen unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen zugrunde liegen, die unterschiedliche therapeutische Massnahmen erfordern. Es gibt allerdings bis heute keinen «Goldstandard» für die Diagnose neuropathischer Schmerzen. Typisch für neuropathische Schmerzen sind schmerzhafte Empfindungen in einer Region mit veränderter Sensorik. Die Symptome variieren von Patient zu Patient sowie beim selben Patienten im Verlauf der Zeit. Charakterisch sind O spontane Schmerzen, die ohne Stimulus auftreten O Allodynie, das heisst Schmerzen bei normalerweise nicht
schmerzhaften Stimuli (leichte Berührung, mittlere Hitze oder Kälte) O Hyperalgesie, das heisst überschiessende Schmerzreaktion auf normalerweise nur leicht schmerzhafte Stimuli. Die spontan auftretenden Schmerzen werden beschrieben als O einschiessend O stechend O wie ein elektrischer Schlag
O prickelnd, wie Nadelstiche, kribbelnd (Dysästhesie: abnorme, unangenehme Empfindungen)
O brennend oder eiskalt. Die Schmerzregion kann sich dabei taub anfühlen. Es gibt eine Reihe von Screeningfragebögen, die die Diagnose der neuropathischen Schmerzkomponente bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen erleichtern (Tabelle 1). Diese Hilfsmittel ersetzen jedoch keinesfalls die sorgfältige klinische Untersuchung des Patienten! Leider wird diese in der Praxis häufig vernachlässigt. So ergab eine Studie, dass 43 Prozent der Patienten mit Kreuzschmerzen überhaupt nicht physisch untersucht wurden. Die klinische Untersuchung eines Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen zielt darauf ab, eine zugrunde liegende somatosensorische Läsion zu finden. Neben der sorgfältigen Prüfung sensorischer und motorischer Symptome gehören dazu auch eine muskuloskeletale Untersuchung und die Palpation der Wirbelsäule. Bildgebende Verfahren können bei der Differenzialdiagnose helfen. Die Befunde sind jedoch bekanntermassen mit Vorsicht zu interpretieren, da viele ältere Personen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule aufweisen, die völlig symptomlos sind. Ein MRI-Befund bedeutet nicht notwendigerweise eine relevante Schädigung.
Neuropathische Komponente
des chronischen Kreuzschmerzes behandeln
Es wird an dieser Stelle nicht auf die generelle Therapie bei chronischen Kreuzschmerzen eingegangen, sondern ausschliesslich auf die therapeutischen Optionen zur Linderung der neuropathischen Komponente dieser Schmerzen. Zwar gibt es Guidelines zur Behandlung der Patienten mit neuropathischen Schmerzen, diese enthalten jedoch entweder gar keine Angaben zu Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen oder sie fokussieren lediglich auf Patienten mit Radikulopathie. Die meisten Studien zur Therapie neuropathischer Schmerzen erfolgten mit Patienten mit postherpetischer oder diabetischer Neuralgie. Inwieweit die Resultate dieser Studien auf Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen extrapoliert werden dürfen, ist unklar.
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Tabelle 2:
Substanzen zur Therapie der neuropathischen Komponente bei chronischen Kreuzschmerzen
Substanz
Wirkmechanismus
Anmerkungen
trikzylische Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Nortriptylin) SNRI (z.B. Duloxetin, Venlafaxin)
Antikonvulsiva (z.B. Pregabalin, Gabapentin)
Opioide (z.B. Morphin, Oxycodon)
Tramadol
Tapentadol
Capsaicinpflaster 8% Lidocainpflaster 5%
präsynaptische Hemmung der Serotonin-/NoradrenalinWiederaufnahme Serotonin-/NoradrenalinWiederaufnahmehemmung
modulieren den Alpha-2-deltaKalziumkanal
µ-Opioidrezeptor-Agonisten
schwacher µ-OpioidrezeptorAgonist und Serotonin-/Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer µ-Opioidrezeptor-Agonist und selektiver NoradrenalinWiederaufnahmehemmer selektiver TRPV1-Kanal-Hemmer
Natriumkanalblocker
Wirken gegen komorbide Depression. Nebenwirkungen: anticholinerg
Wirken gegen neuropathische Schmerzen besser als SSRI; wirken gegen komorbide Depression und Angststörungen. Nebenwirkungen: Übelkeit, Schlafstörungen, sexuelle Dysfunktion
Wirken gegen Schmerzen, Depression, Angst- und Schlafstörungen; nur begrenzte Evidenz zur Wirksamkeit bei chronischen Kreuzschmerzen. Nebenwirkungen: Sedation, Schwindel, periphere Ödeme
Mittlere Evidenz der Wirksamkeit bei chronischen Kreuzschmerzen vorhanden. In der Regel nicht als First-line- und/oder langfristige Therapie empfohlen. Nebenwirkungen: gastrointestinal, Toleranzentwicklung, Substanzmissbrauch
Hat niedrigeres Missbrauchspotenzial als ältere Opioide.
Hat niedrigeres Potenzial für gastrointestinale Nebenwirkungen, Toleranzentwicklung und Substanzmissbrauch als ältere Opioide.
Begrenztes Nebenwirkungs- und Wechselwirkungspotenzial; kann mit oralen Therapien kombiniert werden.
Begrenztes Nebenwirkungs- und Wechselwirkungspotenzial; kann mit oralen Therapien kombiniert werden.
SNRI: Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer; SSRI: selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer; TRPV1: transienter Vanilloid-Rezeptor-Kanal 1
TENS und Steroidinjektionen
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) wird häufig als Zusatztherapie bei chronischen Rückenschmerzen verordnet. Die Studienresultate zur Wirksamkeit der TENS bei chronischen Kreuzschmerzen sind jedoch widersprüchlich. Die epidurale Steroidinjektion wird häufig bei Patienten mit Radikulopathie angewendet. In einer Übersichtsarbeit wurde dieser Intervention jedoch allenfalls eine bescheidene, kurzfristige Wirksamkeit von bis zu drei Monaten bescheinigt.
Wirksamkeit. Möglicherweise ist dies auch darauf zurückzuführen, dass die Patienten für diese Studien nicht sorgfältig genug ausgewählt wurden, das heisst, es wurde möglicherweise zu wenig darauf geachtet, ob tatsächlich eine nennenswerte neuropathische Komponente vorlag. Die Ansprechraten lagen bei 30 bis 50 Prozent bei Patienten mit klassischen neuropathischen Schmerzsyndromen (postherpetische oder diabetische Neuralgie), und sie könnten bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen geringer sein.
Wie wirksam sind die Medikamente?
Wie bereits erwähnt, zielen Paracetamol und NSAR auf die nozizeptive Komponente des Kreuzschmerzes; sie können neuropathische Schmerzen nicht lindern. Die zurzeit verfügbaren Medikamente zur Behandlung neuropathischer Schmerzen (Tabelle 2) hatten in Studien zum chronischen Kreuzschmerz und auch bei anderen neuropathischen Schmerzsyndromen meist eine nur begrenzte
Antidepressiva
Antidepressiva werden bei Patienten mit neuropathischen Schmerzen häufig eingesetzt, insbesondere wenn gleichzeitig eine Depression oder Angststörung vorliegt. Für trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin sowie SNRI (SerotoninNoradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) wie Duloxetin und Venlafaxin ist die Wirksamkeit bei neuropathischen Schmerzen belegt. Studien mit SSRI (selektiven Serotonin-Wiederauf-
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nahmehemmern) wie Fluoxetin, Paroxetin oder Citalopram gegen neuropathische Schmerzen lieferten hingegen inkonsistente Resultate. Gute Daten, die für Antidepressiva zur Therapie der neuropathischen Komponente des chronischen Kreuzschmerzes sprechen würden, fehlen. In einem Cochrane-Review mit Patienten mit unspezifischen Kreuzschmerzen, unter denen sich auch Betroffene mit neuropathischer Schmerzkomponente befunden haben dürften, zeigte sich keine klare Wirksamkeit der Antidepressiva im Vergleich mit Plazebo.
Gabapentin und Pregabalin Auch die Antikonvulsiva Gabapentin und Pregabalin werden häufig bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt. Für neuropathische Schmerzen infolge von Rückenmarksverletzungen wurde deren Wirksamkeit belegt, und zwar nicht nur bei Schmerzen, sondern auch bei Depressionen, Angstzuständen und Schlafstörungen sowie in Bezug auf die Lebensqualität. Für die Anwendung bei Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen fehlen hingegen belastbare Daten. Bei einer Studie mit Patienten mit chronischer lumbosakraler Radikulopathie sprachen zwar die meisten auf Pregabalin an, allerdings gab es keinen Unterschied in der Dauer bis zum Verlust des Ansprechens zwischen Pregabalin und Plazebo. Eine grössere plazebokontrollierte Studie zur Wirksamkeit von Pregabalin bei akuten und chronischen Kreuzschmerzen, die in dem Review als noch laufend erwähnt wird, wurde kürzlich abgeschlossen: Es ergab sich innert acht Wochen keinen Unterschied zugunsten von Pregabalin.
Opioide Opioide werden nicht als First-line-Medikamente bei chronischen Kreuzschmerzen empfohlen. Es gibt Anhaltspunkte für eine mittlere, kurzfristige Wirkung. In den wenigen Studien, in denen Opioide direkt mit NSAR oder Antidepressiva verglichen wurden, zeigte sich jedoch kein Unterschied in der Wirksamkeit.
Tramadol Retardiertes Tramadol kommt für Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen infrage. Die Substanz hat ein geringeres Sedations- und Missbrauchspotenzial als andere Opioide. Es gibt jedoch nur begrenzte Daten zur Wirksamkeit von Tramadol bei chronischen Kreuzschmerzen.
Pflaster
Neben den oralen Medikamenten sind als topische Alternativen ein Capsaicinpflaster (8%) sowie ein Lidocainpflaster (5%) verfügbar, wobei von Swissmedic nur das Capsaicinpflaster zur Anwendung bei peripheren neuropathischen Schmerzen zugelassen ist. Die Pflaster können mit oralen Medikamenten kombiniert werden. Sie werden direkt auf das Hautareal mit den grössten Schmerzen geklebt, entweder direkt auf den Rücken oder auf das betroffene Dermatom in der Peripherie. Während das Capsaicinpflaster unter ärztlicher Aufsicht nur einmal alle drei Monate anzuwenden ist, wird das Lidocainpflaster täglich für bis zu zwölf Stunden getragen. Die gute Verträglichkeit und die Wirksamkeit beider Pflaster sind belegt. In einer Studie mit Patienten, die unter verschiedenen neuropathischen Schmerzsyndromen litten, darunter auch Patienten mit Radikulopathie, berichtete nach nur einer Anwendung des Capsaicinpflasters etwa ein Viertel der Patienten nach drei Monaten einen Rückgang der Schmerzen um 50 Prozent. Am besten war das Ansprechen bei Patienten, die erst seit maximal sechs Monaten unter den Schmerzen gelitten hatten (Schmerzreduktion um die Hälfte bei 39% der Patienten). Nach einer sechswöchigen Anwendungsdauer des Lidocainpflasters waren sowohl die Schmerzen als auch die Beeinträchtigung der Lebensqualität zurückgegangen. Auch in einer retrospektiven Studie mit Patienten mit neuropathischen Schmerzen nach einem Bandscheibenvorfall, die das Lidocainpflaster im Durchschnitt 7,6 Monate angewendet hatten, zeigte sich eine deutliche Linderung der Schmerzen. O
Renate Bonifer
Quelle: Baron R et al.: Neuropathic low back pain in clinical practice. Eur J Pain 2016; 20(6): 861–873.
Interessenlage: Die Autoren der Übersichtsarbeit geben eine Vielzahl von Verbindungen (Honorare, Forschungsmittel etc.) mit der pharmazeutischen Industrie an. Die Übersichtsarbeit im «European Journal of Pain» wurde von Astellas Pharma Europe Ltd. finanziell unterstützt.
Tapentadol
Tapentadol hatte in Studien mit Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen eine mit Oxycodon vergleichbare Wirkung. Die gastrointestinale Verträglichkeit des Tapentadols war jedoch besser, und es zeigte sich eine bessere Therapietreue als mit Oxycodon. Eine weitere Studie mit Patienten mit chronischen Kreuzschmerzen ergab, dass Tapentadol allein genauso wirksam war wie die Kombination von Pregabalin und Tapentadol; unter Tapentadolmonotherapie waren Nebenwirkungen wie Schwindel und Somnolenz seltener.
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