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POLITFORUM
POSTULAT vom 5.3.2015
Medikamentenpreise senken
Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Der Bundesrat wird beauftragt, der neuen Währungssituation angemessene, kostensenkende Massnahmen bei den Medikamentenpreisen zu prüfen und aufzuzeigen, wie und auf welchen möglichst frühen Zeitpunkt er entsprechende Massnahmen im Interesse der Prämienzahlenden treffen wird.
Begründung Rund 4 bis 5 Prämienprozent, respektive 986 Millionen Franken zu viel würden die Versicherten für Medikamente bezahlen, schreibt der Gesundheitsexperte Urs P. Gasche. Dabei sind die Medikamente im stationären Spitalbereich nicht eingerechnet. Von 800 Millionen Franken spricht der Preisüberwacher Meierhans. Die geltende Vereinbarung zur Preisfestsetzung bescherte der Branche seit 2012 erhebliche Wechselkursgewinne. Sie tut das auch weiterhin auf Kosten der Versicherten. Bei der heutigen Preisfestsetzung werden jährlich ein Drittel der Medikamente überprüft. Dabei spielen der Länderkorbvergleich, die Tole-
ranzmarge von früher 5 Prozent, heute 3 Prozent, sowie der Wechselkurs eine Rolle. Nun hat sich mit dem SNB-Beschluss eine entscheidende Veränderung ergeben mit starken Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft, auch auf die Löhne. Deshalb ist es kaum verständlich, dass sich die Medikamentenpreise nicht wie die Produkte anderer Exportbranchen auf die Verteuerung des Frankens oder zumindest auf einen Wechselkurs von 1.10 Franken statt auf 1.25 Franken auszurichten haben. Dies ist umso störender, als zwei Drittel der kassenpflichtigen Medikamente aus dem Ausland importiert werden. Das heisst, von den erhöhten Preisen profitieren hauptsächlich Hersteller im Ausland, die in die Schweiz liefern. Auch die inländische Pharmaindustrie hat einen Vorteil. Auch für sie führt ein erhöhter Wechsel-
kurs zu besseren Preisen. Eine Anpassung aller Medikamentenpreise an die stark veränderte Wechselkurssituation gefährdet also kaum Arbeitsplätze, auch deshalb nicht, weil mittlerweile viele Wirkstoffe in Schwellenländern, gebrauchsfertige Arzneimittel in Billigländern produziert und auch klinische Prüfungen zum Teil dort durchgeführt werden. Unter all diesen Aspekten rechtfertigt sich ein künstlich erhöhter Wechselkurs gepaart mit einer Toleranzmarge kaum. Umso mehr als die Bevölkerung diese Form von Wirtschaftsunterstützung mit ihren Krankenkassenprämien zu berappen hat. Das aber ist nicht der Sinn der sozialen Krankenversicherung. Darum verlangen Preisüberwacher, Konsumentenschutz wie auch dieses Postulat die Weitergabe der Währungsgewinne.
Dies die Stellungnahme des Bundesrates vom 5.6.2015
Die Preise der Arzneimittel der Spezialitätenliste (SL) werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) festgelegt und periodisch überprüft. Für die Preisfestsetzung von Arzneimitteln der SL werden der Auslandpreisvergleich (APV) mit den Referenzländern Dänemark, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, den Niederlanden und Österreich und der therapeutische Quervergleich (TQV) mit Arzneimitteln gleicher Indikation oder ähnlicher Wirkungsweise berücksichtigt. Das BAG legt für den APV bei Neuaufnahmen in die SL oder bei einfachen Überprüfungen zweimal jährlich per 1. Februar und per 1. August die Wechselkurse für Euro, britisches Pfund und dänische Krone anhand der Monatsdurchschnittskurse der Schweizerischen Nationalbank der letzten 12 Monate fest. Diese Kurse gelten jeweils für ein halbes Jahr. Der per 1. Februar festgelegte Eurokurs beträgt bis zum 31. Juli 2015 1.20 Franken pro Euro. Der Wechselkurs für die Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre wird jedes Jahr neu per 1. Februar festgelegt, ebenfalls anhand der Monatsdurchschnittskurse der SNB der letzten 12 Monate. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 galten inkl. Toleranzmarge von 5 Prozent Wechselkurse von 1.29, 1.27 respektive 1.29 Franken pro Euro.
Am 1. August 2015 wird wiederum der Wechselkurs für Neuaufnahmegesuche und einfache Überprüfungen neu bestimmt. Sollte die Aufwertung des Frankens so lange andauern, werden dann erste Auswirkungen zu spüren sein. Dasselbe gilt für den 1. Februar 2016. Wechselkursschwankungen haben entsprechend erst verzögert einen Einfluss auf die Festlegung und Überprüfung der Arzneimittelpreise – allerdings bei Schwankungen in beide Richtungen. Die Situation erheblicher Wechselkursschwankungen ist nicht neu. Im Jahr 2011 fiel der Eurokurs von über 1.50 auf knapp über 1.20 Franken. Bundesrat und Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) haben reagiert und im Jahr 2012 mit der Festlegung der Wechselkurse über die letzten 12 Monate für die Preisfestsetzung und der vorübergehenden Anhebung der Toleranzmarge von 3 auf 5 Prozent Massnahmen beschlossen, um die Auswirkungen der Wechselkursschwankungen auf die Arzneimittelpreise abzufedern. Das BAG hat unter diesen Rahmenbedingungen im Rahmen der Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre seit dem Jahre 2012 die Preise von rund 2400 Arzneimitteln überprüft und rund 1500 Preissenkungen verfügt. Das hat zu Einsparungen von insgesamt mindes-
tens 600 Millionen Franken geführt. Das zeigt auf, dass am bestehenden System der Wechselkursfestlegung und Überprüfung festgehalten werden kann, da die geforderten Einsparungen trotzdem erzielt werden können. Die Prämienzahlenden profitieren somit zwar erst später von Währungsvorteilen. Sollten die Wechselkurse wieder höher ausfallen, profitieren die Prämienzahlenden jedoch auch länger von einem tieferen Wechselkurs. Behördlich festgelegte Preise und der freie Markt für andere Güter sind zudem nicht vergleichbar. Bei der Preisfestsetzung und der Überprüfung von Arzneimitteln gilt der Auslandpreisvergleich grundsätzlich als Obergrenze für die festgelegten oder überprüften Preise für die Schweiz. Für importierte Arzneimittel können somit in der Schweiz nicht höhere Preise generiert werden, als das in den Referenzländern der Fall ist. Nachdem die Arzneimittelpreise in den Jahren 2012 bis 2014 auf das Niveau der Referenzländer gesenkt wurde, sind sie inzwischen aufgrund der erneuten Wechselkursschwankungen wieder höher. Davon sind jedoch alle Güter in der Schweiz betroffen. Auch wenn ein Teil der Wirtschaft den Wechselkursschwankungen direkter ausgesetzt ist, erfolgten auch in diesen Bereichen in der Regel keine unmittelbaren Preisanpassungen auf breiter Front. Sollten die aktuell niedrigen Wechsel-
kurse über längere Zeit anhalten, wird es auch im Arzneimittelbereich zu nachhaltigen Einsparungen kommen. Zudem steigen die Medikamentenpreise bei allfällig schwächer werdendem Franken nicht wieder an. Ergibt die Überprüfung nämlich, dass der Preis eines Arzneimittels in der Schweiz unter den Preisen im Ausland liegt, führt das nicht zu Preiserhöhungen. Schliesslich sind kurzfristig variierende Arzneimittelpreise und der damit verbundene administrative Aufwand weder im Interesse der Leistungserbringer, der Versicherten und Versicherer, noch der Pharmaindustrie. Das vom Bundesrat und EDI festgelegte Verfahren zur Festlegung der Wechselkurse für die Preisfestsetzung und die Überprüfung der Arzneimittel, Massnahmen zu Abfederung von Wechselkursvolatilitäten und der dreijährliche Rhythmus für die Überprüfung sind deshalb grundsätzlich beizubehalten, und ausserordentliche Massnahmen sind nicht angezeigt. Entsprechend hat der Bundesrat am 29. April 2015 die per 1. Juni 2015 in Kraft tretenden Verordnungen zur Anpassung der Preisfestsetzung für Arzneimittel verabschiedet.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
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ARS MEDICI 14/15 I 2015