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FORTBILDUNG
Osteonekrose des Kieferknochens – Prävention und Therapie
Unter Bisphosphonaten oder Denosumab entwickelt sich in seltenen Fällen eine Kieferosteonekrose. Im Zusammenhang mit oralen chirurgischen Eingriffen ist dieses Risiko besonders hoch. Zur Prävention ist vor allem eine gute Mundhygiene von Nutzen. Das konservative Management umfasst die Beseitigung von Dental- und Parodontalerkrankungen sowie topische oder systemische Antibiotika. Von den chirurgischen Verfahren ist eine Ostektomie des betroffenen Bereichs bis in den gesund erscheinenden Knochen mit den besten Ergebnissen verbunden.
Journal of Bone and Mineral Research
Bei einer Behandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab (Prolia®, Xgeva®) kann es zu einer Kieferosteonekrose (osteonecrosis of the jaw, ONJ) kommen. Entsprechend der American Society for Bone and Mineral Research (ASBMR) handelt es sich dabei um einen freiliegenden Knochenanteil im Maxillofazialbereich, der bei mit Bisphosphonaten behandelten Patienten, die keine Strahlentherapie des Gesichtsschädels erhalten hatten, innerhalb von acht Wochen nicht abheilt. Die Kieferosteonekrose wird in drei Stadien unterteilt: O Bei Patienten im Stadium 1 liegt der Knochen frei, sie sind
jedoch asymptomatisch, und das umgebende Weichteilgewebe ist intakt.
MERKSÄTZE
O Zur Prävention von Kieferosteonekrosen wird vor allem eine gute Mundhygiene empfohlen.
O Vor Beginn mit Bisphosphonaten oder Denosumab sollten orale chirurgische Eingriffe abgeschlossen und die Wunden verheilt sein.
O Bei den meisten Patienten ist eine konservative Behandlung der Kieferosteonekrose ausreichend.
O Bei einer Ostektomie sollten sich die Resektionsränder bis in den gesund erscheinenden Knochen erstrecken.
O Im Stadium 2 kommt es dann zu Schmerzen und einer entzündlichen Schwellung oder einer Sekundärinfektion des angrenzenden Weichgewebes.
O Im Stadium 3 liegt zusätzlich eine pathologische Fraktur, eine Fistel oder eine Osteolyse bis zur Unterkieferbasis vor.
Die Inzidenz der Kieferosteonekrose ist bei onkologischen Patienten, die in kurzen Intervallen hoch dosierte Bisphosphonate oder Denosumab erhalten, mit 1 bis 15 Prozent am höchsten. Bei Osteoporosepatienten, die mit wesentlich geringeren Dosierungen behandelt werden, liegt die Inzidenz laut Schätzungen bei 0,001 bis 0,01 Prozent. Das ONJRisiko dieser Patienten ist somit nur geringfügig höher als das der Allgemeinbevölkerung (< 0,001%). Neben der Behandlung mit Bisphosphonaten oder Denosumab begünstigen auch weitere Faktoren die Entwicklung einer Kieferosteonekrose. Dazu gehören Glukokortikoide, chirurgische Eingriffe am Ober- oder Unterkieferknochen, unzureichende Mundhygiene, chronische Entzündungen, Diabetes mellitus, schlecht sitzender Zahnersatz und andere Medikamente wie antiangiogene Substanzen.
Prävention
Zur Prävention einer Kieferosteonekrose empfehlen Experten vor allem eine Optimierung der Mundhygiene und die Beseitigung von Dental- oder Parodontalerkrankungen vor dem Beginn mit Bisphosphonaten oder Denosumab. Auch orale chirurgische Eingriffe sollten möglichst vor Behandlungsbeginn durchgeführt werden. Während der antiresorptiven Behandlung ist ebenfalls auf eine gute Mundhygiene zu achten. Bei oralen chirurgischen Eingriffen während der Behandlung kann der Kieferosteonekrose mit der Anwendung von Antibiotika vor, während und nach dem Eingriff vorgebeugt werden. Auch antimikrobielle Mundspülungen und ein geeigneter Wundverschluss nach Zahnextraktionen sind von präventivem Nutzen. Seit Einführung der Bisphosphonate im Jahr 2003 sind mehr als 90 Prozent aller Kieferosteonekrosen bei Krebspatienten aufgetreten, die sechs- bis zehnmal höhere Bisphosphonatdosierungen erhielten als Osteoporosepatienten. Da sich orale chirurgische Eingriffe als bedeutende Risikofaktoren für eine ONJ erwiesen haben, empfiehlt die International Task Force on Osteonecrosis of the Jaw für diese Hochrisikopatienten gegebenenfalls eine Unterbrechung der antiresorptiven Behandlung, bis eine Heilung des Weichgewebes eingetreten ist. Hat sich unter hoch dosiertem Bisphosphonat oder Denosumab bereits eine Kieferosteonekrose entwickelt, empfehlen
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die Experten ebenfalls eine Unterbrechung der Behandlung, bis sich das Weichgewebe wieder gut verschlossen hat. Bei Patienten, die niedrig dosierte Bisphosphonate zur Osteoporosebehandlung erhalten, erachtet die American Dental Association eine Unterbrechung der Bisphosphonatbehandlung bei zahnärztlichen Eingriffen aufgrund des geringen ONJ-Risikos für nicht erforderlich. Für eine individuell optimale Vorgehensweise im Hinblick auf die Fortführung oder Unterbrechung der antiresorptiven Behandlung muss das ONJ-Risiko mit dem Frakturrisiko bei Osteoporosepatienten oder mit dem Risiko für skelettbezogene Komplikationen bei Krebspatienten abgewogen werden.
Bei einer pathologischen Fraktur, einer Kieferosteonekrose
bis zur Kieferbasis oder wenn eine Ostektomie bis in den ge-
sunden Knochen nicht möglich ist, sollte eine Gewebetrans-
plantation in Betracht gezogen werden.
Unterstützende Verfahren in Kombination mit dem chirur-
gischen Eingriff wie ein lasergestütztes Débridement, ein
chirurgisches Débridement in Kombination mit dem Blut-
plättchenwachstumsfaktor (platelet-derived growth factor,
PDGF) oder mit hyperbarem Sauerstoff waren in einigen Fäl-
len mit vielversprechenden Ergebnissen verbunden, müssen
jedoch zur Evaluierung ihres Stellenwerts weiter untersucht
werden.
O
Konservatives Management
Das Management der Kieferosteonekrose richtet sich nach dem Stadium und der Grösse der nekrotischen Knochenläsionen sowie nach der Medikation und den Komorbiditäten. Die meisten Patienten erhalten eine konservative Behandlung. Dazu gehören die Beibehaltung einer optimalen Mundhygiene, die Beseitigung von Dental- und Parodontalerkrankungen, topische antibiotische Mundspülungen und – wenn erforderlich – eine systemische Antibiotikabehandlung. Die konservative Behandlung führt nicht immer zur vollständigen Abheilung der Kieferosteonekrose, ist jedoch meist mit einer langfristigen Linderung der Beschwerden verbunden. In neueren Fallstudien wurde mit Teriparatid (Forsteo®) eine Knochenwundheilung in der Mundhöhle erzielt. Diese Substanz könnte daher in der Zukunft eine Option für Osteoporosepatienten ohne Krebserkrankung oder vorherige Knochenbestrahlung darstellen. Für Krebspatienten, bei vorheriger Skelettbestrahlung oder bei aktiven Knochenmetastasen ist Teriparatid dagegen nicht geeignet. In diesen Fällen besteht ein Risiko für die Entwicklung oder die Progression von Knochenmalignitäten. Zu weiteren experimentellen konservativen Behandlungsoptionen gehören topisch appliziertes Ozon, eine Transplantation von Knochenmarkstammzellen an den Läsionsort und Standardantibiotikaregime, die durch Pentoxifyllin (Trental® und Generika) und Tocopherol ergänzt wurden. Auch mit einer «Low Level»-Lasertherapie in Kombination mit konservativem und/oder chirurgischem Débridement wurden bereits günstige Resultate erzielt. Allerdings ist noch eine fundierte Bestätigung dieser Ergebnisse erforderlich. Die konservative Behandlung sollte fortgesetzt werden, solange keine Progression der Kieferosteonekrose feststellbar ist.
Petra Stölting
Khan AA, Morrison A et al.: Diagnosis and management of osteonecrosis of the jaw: a systematic review and international consensus. J Bone Miner Res 2015; 30(1): 3–23.
Interessenkonflikte: 6 der 34 Autoren deklarieren keine Interessenkonflikte. Alle anderen haben Gelder von verschiedenen Pharmaunternehmen erhalten.
Chirurgisches Management
Für ONJ-Läsionen, die auf eine konservative Behandlung nicht ansprechen, stehen chirurgische Verfahren zur Verfügung. Dazu gehört eine Ostektomie des betroffenen Bereichs, die bis in das gesund erscheinende Knochengewebe reicht. Nach der Ostektomie sollten scharfe Knochenkanten geglättet und ein möglichst spannungsfreier Verschluss des Weichgewebes vorgenommen werden. Die Autoren weisen darauf hin, dass dieses Verfahren einer grosszügigen Resektion mit besseren Ergebnissen im Vergleich zu einem begrenzten Débridement und/oder konservativer Behandlung verbunden ist.
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