Transkript
BERICHT
Tofacitinib bei rheumatoider Arthritis
Erste Erfahrungen in der rheumatologischen Praxis aus der Schweiz
Mit Tofacitinib (Xeljanz®) steht ein neuer, oraler Wirkstoff zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zur Verfügung. Über das neue Wirkprinzip und seine Anwendung in der Alltagspraxis ausserhalb klinischer Studien sprachen Dr. Sergio Schwartzman, Inflammatory Arthritis Center of Excellence, Hospital for Special Surgery New York, und Prof. Dr. med. Axel Finckh, Service de Rhumatologie, Hôpitaux Universitaires de Genève, am Jahreskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Rheumatologie.
Halid Bas
Das «small molecule» hemme die Januskinase (JAK) und blockiere damit intrazelluläre Signalwege, was zu einer Reduktion proinflammatorischer Zytokine führe, erklärte Sergio Schwartzman (1). Tofacitinib wurde in 5 randomisierten Studien bei Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) und inadäquatem Therpieansprechen auf DMARD (disease-modifying anti-rheumatic drugs) getestet. In den Phase-III-Studien erhielt ein breites Spektrum von Patien-
tentypen mit RA Tofacitinib in einer Dosierung von 5 oder 10 mg täglich p.o. (2). Dies umfasste Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf biologische und nicht biologische DMARD sowie methotrexatnaive Patienten. Die Studien ergaben anhand der gängigen Messskalen (ACR20, HAQ-DI) eine Besserung der Symptome und der körperlichen Funktion sowie eine Verminderung der Krankheitsaktivität (DAS28-4-[ESR]).
MERKSÄTZE
O Zum neuen Januskinasehemmer Tofacitinib liegen ausgedehnte klinische Studien vor, die auf eine klinisch relevante Wirkung bei rheumatoider Arthritis (RA) hindeuten.
O Nach Therapiebeginn sollte der LDL-Cholesterin-Spiegel bestimmt und bei einer Erhöhung mit Statinen behandelt werden.
O Erste Erfahrungen im Swiss-Clinical-Quality-Management-(SCQM-)Register zeigen, dass Rheumatologen den neuen, oralen Wirkstoff vor allem bei RA-Patienten einsetzen, die zuvor auf verschiedene Biologika nicht ausreichend angesprochen haben.
O Eine Minderheit der Patienten erhielt Tofacitinib aber auch direkt nach nicht ausreichendem Ansprechen auf Methotrexat.
O Die meisten auf Tofacitinib gesetzten Patienten scheinen gemäss SCQM-Daten mit dieser Therapie fortzufahren.
Das Sicherheitsprofil von Tofacitinib ist demjenigen anderer immunmodulierender Therapien bei RA ähnlich, zeigt aber auch Eigenheiten. So wurde unter Tofacitinib eine Erhöhung sowohl der LDL- als auch der HDL-CholesterinSpiegel beobachtet (3). Die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse war jedoch derjenigen mit Tumor-Nekrose-FaktorHemmern oder anderen Biologika ähnlich, und die Inzidenzraten blieben auch in den Nachbeobachtungsstudien tief, ohne Zeichen für eine Risikoakkumulation. «4 bis 8 Wochen nach Beginn einer Therapie mit Tofacitinib sollten aber die Lipidwerte kontrolliert werden. Bei erhöhten LDL-CholesterinSpiegeln soll eine Behandlung mit Statinen erfolgen», sagte Schwartzman zu diesem Risikoaspekt.
Erste SCQM-Register-Daten
bestätigen Erfahrungen in
kontrollierten, klinischen Studien
Anhand der Daten aus dem Swiss-Clinical-Quality-Management-(SCQM-) Register konnte Prof. Dr. Axel Finckh, Genf, über erste Erfahrungen mit dem neuen Medikament in der rheumatologischen Praxis in der Schweiz berichten. Im Register fanden sich 57 Patienten, von denen 55 die 10-mg-Dosierung und 2 die 5-mg-Dosierung erhielten. 4 Patienten wechselten von 10 auf 20 mg pro Tag. 77 Prozent waren Frauen, die mittlere Krankheitsdauer betrug 9,2 Jahre, 2 Drittel wiesen einen positiven Rheumafaktor auf. Alle Patienten hatten zuvor biologische DMARD erhalten, rund die Hälfte war zuvor mit mindestens 3 verschiedenen Biologika therapiert worden. 24 von 57 Patienten erhielten Tofacitinib als Monotherapie, 20 von 57 in Kombination mit Prednison in einer medianen Dosierung von 7,5 mg.
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Foto: Halid Bas
BERICHT
erwarten, setzen die Rheumatologen
Tofacitinib vor allem bei Patienten mit
vorherigem Therapieversagen unter ver-
schiedenen Biologika ein, also bei einer be-
sonders schwierigen Patientengruppe»,
sagte Finckh, «dennoch erhielt 1 von
8 bis 9 Patienten direkt Tofacitinib,
nachdem mit Methotrexat ein inadä-
quates Behandlungsansprechen erzielt
worden war. Die meisten auf Tofaciti-
nib gesetzten Patienten scheinen mit
dieser Therapie fortzufahren.»
O
Halid Bas
Bei 10 Patienten wurde die Tofacitinibbehandlung abgebrochen, die Gründe waren für 9 angegeben: 5-mal aus Sicherheitsgründen (Nebenwirkungen
wie Kopfweh, Malaise, allergische Reaktion), 3-mal wegen fehlender Wirkung und einmal aus beiden Gründen. «Wie für eine neue Wirkstoffklasse zu
Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Rheumatologie, 4. und 5. September 2014, Interlaken. «Xeljanz® (tofacitinib citrate) – oral therapy for the treatment of moderate to severe active rheumatoid arthritis – US meets Swiss experience». Satellitensymposium und Presse-Lunch Pfizer.
Referenzen: 1. O’Shea JJ et al.: JAKs and STATs in immunity, immunode-
ficiency, and cancer. N Engl J Med 2013; 368(2): 161–170. 2. van Vollenhoven RF et al.: Tofacitinib or adalimumab ver-
sus placebo in rheumatoid arthritis. N Engl J Med 2012; 367(6): 508–519. 3. www.fda.gov/downloads/AdvisoryCommittees/CommitteesMeetingMaterials/Drugs/Arthritis/UCM304200.pdf.
ECHO
Lesermeinung zu «Rosenbergstrasse 115» in ARS MEDICI 23/2014, Seite 1153
Dass die Angehörigen von This zu seinem Tode einen Hut geschwenkt hätten, kann ich kaum glauben. Seine Wahl der Todesart ist kein Grund, ohne innere Bewegung den Hut zu ziehen. Die Begebenheit ist für mich zu bedeutsam und ernst. This, ein bedeutender und überzeugender Politiker während Jahren, hätte eine immense Chance gehabt, seinen Freunden und Bekannten, die schwere Leiden durchstehen müssen, denen sie nicht entfliehen können, vorbildlich und effizient hilfreich zu zeigen, wie man eine solche Prüfung durchstehen kann. Aus meiner Erfahrung mit 17 000 Patienten während 29 Jahren Hausarzttätigkeit weiss ich um das wohltuende Beispiel in dieser
Hinsicht, von Vorbildern, die das übliche und unüblich Menschliche leben. Dies hätte ich This zugemutet. Die oft einzigartig tiefe Wahrheit, die uns besonders an Leukämie erkrankte Kinder vermitteln und die ihre Eltern trösten kann, lässt uns erahnen, dass Leiden zum Menschsein gehört und uns grundlegend formend reifen kann. Genauso gehören Ehepaare, bei denen ein Teil «austherapiert» ist, hierzu, wenn sie die ihnen noch bleibende Zeit zum gegenseitigen Aufbau nutzen. Oft habe ich erlebt, dass gerade der übrig bleibende Teil eines Paares riesig «zehrt» von den Gesprächen der letzten Tage oder Wochen. Es gibt wohl sehr wenige Menschen, die nie leiden müssen. Allen aber sind
Vorbilder im Leiden hilfreich. Dies
hätte ich gerade This mit seinen her-
vorragenden Qualitäten beispielhaft
gewünscht. Wahrscheinlich zeigte ihm
niemand, wie man eine solche segens-
reiche Möglichkeit konkret verwirk-
licht.
Sein Entscheid fordert von uns Tole-
ranz, sicher aber keinen Jubel oder
Hutschwenken.
O
In der Hoffnung auf Ihre Lernfähigkeit verbleibe ich Ihr Leser
Josef Bättig, Muttenz
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