Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
Zunahme von Kaiserschnittgeburten
Der Bundesrat wird aufgefordert, Ursachen und Wirkungen der hohen Kaiserschnittrate in der Schweiz zu untersuchen sowie Möglichkeiten zu
identifizieren, um den negativen Auswirkungen sowohl für Mutter und Kind als auch für das Gesundheitswesen entgegenzuwirken.
Über das am 18.12.2008 eingereichte Postulat von Liliane Maury Pasquier, Ständerätin SP, GE, berichteten wir in ARS MEDICI 4/09, S. 137)
Antwort des Bundesrats vom 6.3.2009
Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf die Frage Fehr Jacqueline 08.5392 bereits zur Entwicklung der Kaiserschnittraten Stellung genommen. Demnach ist deren Ansteigen ein in allen industrialisierten Ländern zu beobachtendes Phänomen, das gesellschaftliche und juristische Ursachen hat. Möglicherweise spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Die Indikation zum Kaiserschnitt wird im Einzelfall durch den Arzt bzw. die Ärztin gemeinsam mit der Gebärenden gestellt. Dabei findet eine Risikoabwägung statt, die sich nach der möglichen Beeinträchtigung des Kindeswohles und des Wohles der Mutter zu richten hat. Der Qualität der Indikationsstellung kommt deshalb eine entscheidende Bedeutung zu. Angesichts der Auswirkungen sowohl in gesundheitlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht, die mit einer inadäquaten Qualität der Indikationsstellung einhergehen können, wäre eine wissenschaftliche Untersuchung über die Gründe und Auswirkungen der unterschiedlichen Kaiserschnittraten sicherlich sinnvoll. Es ist aber primär die Aufgabe der ärztlichen Fachgesellschaften, Untersuchungen über die Unterschiede in der Indikations-
stellung und deren Gründe und Auswirkungen durchzuführen. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass ärztliche Leitlinien, die auf den Ergebnissen solcher Untersuchungen basieren, eine gängige Möglichkeit darstellen, die Qualität der Indikationsstellung zu verbessern und auf diesem Weg die Angemessenheit der Leistungen im Einzelfall sicherzustellen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat bereits vor zwei Jahren der zuständigen Fachgesellschaft vorgeschlagen, Leitlinien für verschiedene geburtshilfliche Leistungen zu erarbeiten. Es wird diesem Anliegen gegenüber der Fachgesellschaft nochmals Nachdruck verleihen. Das Eidgenössische Departement des Innern bzw. das BAG wird zudem die Frage der Angemessenheit von medizinischen Leistungen im Allgemeinen und von Kaiserschnitten im Besonderen mit den Partnern angehen und gegebenenfalls in der zuständigen Fachkommission aufnehmen. Der Bundesrat sieht keinen weiter gehenden Handlungsbedarf.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung des Postulates.
Richtlinien für Kaiserschnitte
Der Bundesrat wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem schweizerischen Hebammenverband, der Gesellschaft für Gynäkologie, den Kantonen
und den Krankenversicherungen Richtlinien zu erarbeiten, nach denen die medizinische Notwendigkeit eines Kaiserschnitts beurteilt werden kann.
Über die am 19.12.2008 eingereichte Motion von Jacqueline Fehr, Nationalrätin SP, ZH, berichteten wir in ARS MEDICI 4/09, S. 137)
Antwort des Bundesrats vom 6.3.2009
Der Bundesrat hat in seiner Antwort auf die Frage Fehr Jacqueline 08.5392 bereits zur Entwicklung der Kaiserschnittraten Stellung genommen. Deren Anstieg ist ein in allen industrialisierten Ländern zu beobachtendes Phänomen, das gesellschaftliche und juristische Ursachen hat. Möglicherweise spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Die Indikation zum Kaiserschnitt wird im Einzelfall durch den Arzt bzw. die Ärztin gemeinsam mit der Gebärenden gestellt. Dabei findet eine Risikoabwägung statt, die sich nach der möglichen Beeinträchtigung des Kindeswohls und des Wohls der Mutter zu richten hat. Der Bundesrat hat Verständnis für die Besorgnis der Motionärin, dass die Kaiserschnittraten in den letzten Jahren angestiegen sind und dass in der Praxis die Indikation zu einem Kaiserschnitt vermutlich häufiger als medizinisch notwendig gestellt wird. Er ist der Ansicht, dass ärztliche Leitlinien eine gängige Möglichkeit darstellen, die Qualität der Indikationsstellung zu
verbessern und auf diesem Weg die Angemessenheit der Leistungen im Einzelfall sicherzustellen. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat deshalb bereits vor zwei Jahren der zuständigen Fachgesellschaft vorgeschlagen, Leitlinien für verschiedene geburtshilfliche Leistungen zu erarbeiten. Es wird diesem Anliegen gegenüber der Fachgesellschaft nochmals Nachdruck verleihen. Zudem wird das Eidgenössische Departement des Innern bzw. das BAG die Frage der Angemessenheit von medizinischen Leistungen im Allgemeinen und von Kaiserschnitten im Besonderen mit den Partnern angehen und gegebenenfalls in der zuständigen Fachkommission aufnehmen. Dem Anliegen der Motion wird damit hinreichend Rechnung getragen. Der Bundesrat sieht keinen weitergehenden Handlungsbedarf und lehnt die Motion daher ab.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
400 ARS MEDICI 10 ■ 2009
Verbot von Quecksilber in Zahnfüllungen
Josef Zisyadis, Nationalrat Parti Suisse du travail (PdS), VD, reichte am 19.12.2008 folgende Motion ein:
Der Bundesrat wird beauftragt, unverzüglich die Verwendung von Quecksilber für Zahnfüllungen zu verbieten.
Begründung Quecksilber ist zwar in der Umwelt verboten, erstaunlicherweise aber nicht im Mund des Menschen. In Norwegen sind Amalgamfüllungen mit Quecksilber seit dem 1. Januar 2008 verboten. In zahlreichen anderen Ländern steht
ein Verbot unmittelbar bevor. Die Schweiz wäre gut beraten, wenn sie, gestützt auf das Vorsorgeprinzip, eine Risikobeurteilung durchführen und die nötigen gesetzlichen Anpassungen vornehmen würde. Schwangeren Frauen und Frauen mit Kinderwunsch wird schon heute stark von Amalgamfüllungen abgeraten. Die Verantwortung, die das Einsetzen eines als gefährlich eingestuften chemischen Stoffs wenige Zentimeter vom Gehirn weg mit sich bringt, ist nicht zu unterschätzen.
Neue Studien über die Toxizität des Amalgams sprechen von einer hohen Auftretenshäufigkeit neurologischer Störungen wie Alzheimer oder Multiple Sklerose. Diese Entdeckungen sorgen zurzeit für Diskussionsstoff. Geeignete Alternativen stehen in Form von Kunststoff- und Keramikfüllungen zur Verfügung. Daher sind unverzüglich Massnahmen zu ergreifen.
Antwort des Bundesrats vom 6.3.2009
Dentalamalgam ist eine Mischung von Quecksilber und anderen Metallen zur Behandlung von kariesbedingten Zahndefekten. Seit seiner Einführung vor über hundert Jahren werden die gesundheitlichen und umweltrelevanten Aspekte des Quecksilbers in der Wissenschaft und Bevölkerung kontrovers diskutiert. In der Schweiz wurde Dentalamalgam als Füllstoff in Zähnen weitgehend von alternativen Füllmaterialien verdrängt. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) orientiert auf seiner Internetseite über die gesundheitlichen Risiken von Quecksilber. Es hat die Exposition der Bevölkerung durch Quecksilber untersucht und die Resultate im Juni 2007 im Internet veröffentlicht und in einem Factsheet zusammengestellt. Die Belastung durch Quecksilber liegt weit unter den von der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) publizierten Grenzwerten. Nach heutigem Wissensstand können negative Auswirkungen durch Dentalamalgam auf die Gesundheit, insbesondere zentralnervöse Störungen, nicht nachgewiesen werden. Der Bundesrat ist daher der Ansicht, dass sich ein Verbot von Dentalamalgam aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht rechtfertigen lässt.
Die Vereinten Nationen und die EU unternehmen aus Umweltschutzgründen Anstrengungen zur Verringerung der Belastung der Umwelt durch Quecksilber. Verschiedene Zweige der europäischen Industrie sind bestrebt, den Einsatz von Quecksilber schrittweise zu reduzieren. Im Rahmen der Gemeinschaftsstrategie der EU wird gegenwärtig eine Beschränkung oder ein Verbot von Dentalfüllungen mit Amalgam aus Umweltschutzüberlegungen geprüft. Die Schweiz setzt sich in den zuständigen Gremien der Vereinten Nationen aktiv für eine rechtsverbindliche globale Quecksilberregelung ein. Im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt wird zurzeit eine Studie zur Identifikation der wichtigsten verbleibenden Quecksilberquellen durchgeführt. Nach Vorliegen der Studienergebnisse — voraussichtlich Mitte 2010 — wird der Bundesrat eine Anpassung der Empfehlungen zum Einsatz von Dentalamalgam prüfen. Ein Verbot im jetzigen Zeitpunkt wäre verfrüht. Er lehnt die Motion deshalb ab.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
ARS MEDICI 10 ■ 2009 401