Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
Aus- und Weiterbildung von nicht ärztlichem medizinischem
Fachpersonal und von Assistenzärzten
Ruth Humbel Näf, Nationalrätin CVP, AG, reichte am 19.12.2008 eine Motion ein.
Der Bundesrat wird beauftragt, sicherzustellen, dass mit der Einführung von leistungsbezogenen Fallpreispauschalen (DRG) die Aus- und Weiterbildung des nicht ärztlichen medizinischen Fachpersonals sowie die Weiterbildung der Assistenzärzte bis zum Facharzttitel gewährleistet ist. Nötigenfalls ist eine entsprechende gesetzliche Grundlage vorzulegen.
Begründung Mit der KVG-Revision im Bereich der Spitalfinanzierung werden Kostenanteile für gemeinwirtschaftliche Leistungen, insbesondere die Aufrechterhaltung von Spitalkapazitäten aus regionalpolitischen
Gründen, die Forschung und universitäre Lehre nicht in die Vergütung der Leistungen einfliessen. In der VKL hat der Bundesrat die Kosten für die universitäre Lehre und Forschung definiert. Die Ausund Weiterbildung des medizinischen Fachpersonals im nicht universitären Bereich sowie die Weiterbildung der Assistenzärzte ist Sache der Spitäler. Mit der Einführung von leistungsbezogenen Fallpauschalen stellt sich daher das Problem, wie die Ausbildungskosten in den Pauschalen berücksichtigt werden. Es gibt Spitäler und Kliniken, welche einen Ausbildungsauftrag haben und solche, welche sich in diesem Bereich kaum engagieren. Diejenigen Spitäler, welche Personal ausbilden, haben höhere Kosten und diejenigen, welche kaum Ausbildungsplätze anbieten, profitieren davon. Ein leistungsbezogenes Finanzierungssystem darf nicht dazu führen, dass die Spitäler aus finanziellen Gründen bei der Aus- und Weiterbildung abbauen.
Es geht insbesondere um ■ die Finanzierung der nicht universitären Ausbil-
dung des medizinischen Fachpersonals sowie ■ die Weiterbildung der Assistenzärzte bis zum
Facharzttitel.
Denkbar sind verschiedene Möglichkeiten, wie zum Beispiel eine Berücksichtigung der Ausbildungskosten beim Spitalbenchmark, datenbasierte, normative Zu- beziehungsweise Abschläge für intensive beziehungsweise fehlende Ausbildung, Ausbildungsaufträge durch die Kantone gemäss Spitallisten oder allenfalls eine Poollösung. Die Frage der Finanzierung der Aus- und Weiterbildung muss auf jeden Fall mit der Einführung von DRG geklärt sein.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
Ritalin. Negative Folgen der Verabreichung an Kinder
Seit rund zehn Jahren beobachten wir eine alarmierende Zunahme des Konsums von «Metylphenidat» (Ritalin®, Concerta®), einer Substanz vom Amphetamin-Typ, die in der Schweiz als Betäubungsmittel klassifiziert ist. Die Vereinten Nationen haben diese Substanz gemäss der Konvention über die psychotropen Substanzen von 1971 der Kategorie II zugeteilt, zu der auch Kokain und Morphinderivate gehören. Es steht somit sowohl für die Schweiz als auch für die Vereinten Nationen fest, dass beim Konsum von Metylphenidat eine Gewöhnungsgefahr und ein Suchtrisiko bestehen. Aus diesem Grund bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen zur Verabreichung von «Metylphenidat» an Kinder und Jugendliche: ■ Gibt es verbindliche Zahlen, wie sich die Zu-
nahme der Abgabe von Ritalin, Concerta und ähnlichen Psychopharmaka an Kinder und Jugendliche in den letzten 10 Jahren entwickelt hat?
■ Was waren die Gründe für diese Entwicklung? ■ Wie viele Kinder und Jugendliche erhalten Rita-
lin, Concerta und ähnliche Psychopharmaka und aus welchen Gründen? ■ Jedes Medikament hat bekannterweise auch Nebenwirkungen. Gibt es Untersuchungen über die Nebenwirkungen von Ritalin, Concerta und ähnlichen Psychopharmaka? ■ In der Ritalin-Packungsbeilage sind unter anderem folgende Nebenwirkungen beschrieben: Nervosität und Schlaflosigkeit, Abnahme des Appetites, Hautausschlag, Juckreiz, Fieber, Schwindel, Kopfschmerzen, Herzklopfen unregelmässiger Herzschlag. Was wird unternommen, um die Konsumenten (oder im Fall von Kindern die Eltern) auf diese Nebenwirkungen aufmerksam zu machen? ■ Existieren auch Studien über die erreichten Resultate der Verabreichung von Ritalin, Concerta
Erich von Siebenthal, Nationalrat SVP, BE, reichte am 18.12.2008 eine Interpellation ein.
und so weiter an Kinder? Was sind die konkreten Vorteile? Wo sind die Nachteile? ■ Gibt es Bestrebungen, Warnungen direkt auf der Verpackung anzubringen, so wie dies bei Zigarettenpäckchen bereits angewandt wird (wie z.B. «Rauchen schadet ihrer Gesundheit»)? ■ Wäre es nicht zweckmässiger, alternative nichtmedikamentöse Behandlungsmethoden seitens der Behörden bekannter zu machen, um die Gesundheit der Kinder nicht zu gefährden?
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
96 ARS MEDICI 3 ■ 2009
Jacqueline Fehr, Nationalrätin SP, ZH, hatte am 2.10.2008 eine Motion eingereicht (Begründung siehe ARS MEDICI 21/2008)
Strategie gegen Ärztemangel und zur Förderung der Hausarztmedizin
Der Bundesrat wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und den zuständigen Fachorganisationen eine Strategie mit einem Masterplan (inkl. allfälligen Gesetzesänderungen) auszuarbeiten und dem Parlament vorzulegen, mit der ein Ärztemangel in der Schweiz verhindert und die Hausarztmedizin gefördert werden können. Dabei sollen insbesondere die Abschaffung des Numerus Clausus, die Neugestaltung der ärztlichen Aus- und Weiterbildung, die Tarifgestaltung, die Förderung von Gemeinschaftspraxen und neuen Arbeitsmodellen, die Regelung der Notfalldienste sowie die Möglichkeiten von E-Health thematisiert werden.
Hausärzte und Hausärztinnen sind die Basis aller medizinischer Versorgung — und bleiben es!
Antwort des Bundesrats vom 12.12.2008
Der Bundesrat befürwortet das Anliegen der Motion. Es ist aufgrund von Studien des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums (Obsan) nachvollziehbar, dass es bis im Jahr 2030 zu einer erheblichen Lücke in der medizinischen Versorgung kommen könnte. Dabei zeichnet sich nicht nur eine allfällige Unterversorgung in einzelnen Bereichen ab, auch die Überversorgung in anderen Bereichen erscheint möglich. Die Vorstellungen des Bundesrates werden gegenwärtig in der politischen Diskussion in zwei Stossrichtungen weiterverfolgt: Die KVG-Revision im Bereich von Managed Care bietet die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen für eine bessere Vernetzung der als Grundversorger zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung tätigen Ärztinnen und Ärzte zu schaffen und damit die Attraktivität der Tätigkeit als Hausarzt bzw. Hausärztin zu steigern. Der Überversorgung in anderen Bereichen kann mit der Umsetzung des bundesrätlichen Vorschlags zur Einführung der Vertragsfreiheit entgegengehalten werden mit dem Ziel, den Zustrom von Leistungserbringern in diese Bereiche einzudämmen. Die parlamentarische Beratung dieser beiden Vorlagen ist im Gange. Es obliegt den eidgenössischen Räten, den durch das KVG gesetzten Rahmen zu gestalten und die Anreize für eine zukunftsgerichtete Politik zu setzen.
In der Umsetzung der Motion sieht der Bundesrat jedoch einen Vorschlag, der die Chance bietet, bisher fragmentierte Arbeiten zu Einzelthemen in einen Gesamtzusammenhang zu stellen. Anhand dieser Arbeiten will der Bundesrat eine Strategie entwickeln, die in einem Masterplan so konkretisiert wird, dass sie als ein Steuerungselement für die Gesundheitspolitik der Schweiz dem Parlament vorgelegt werden kann und gleichzeitig der Weiterentwicklung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung im Bereich von Managed Care und jenem der Vertragsfreiheit Rechnung trägt. Die Ausarbeitung der Strategie erfolgt im Rahmen der in Budget und Finanzplan eingestellten Mittel. Gemäss den Verantwortlichkeiten im Gesundheitswesen der Schweiz versteht es sich von selbst, dass ein entsprechendes Vorhaben nur durch die Zusammenarbeit verschiedener Bundesstellen und durch den Einbezug der Kantone gelingen kann. Wichtig wird sein, die betroffenen Leistungserbringer in die Arbeiten zu integrieren. Ob sich bereits aus der Strategie und dem Masterplan auch allfällig notwendige Gesetzesvorschläge formulieren lassen, ist im Moment nicht abzusehen.
Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.
ARS MEDICI 3 ■ 2009 97