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Titel
Therapie der atopischen Dermatitis
Untertitel
Von Hautpflege bis Immunsuppression
Lead
Die Therapie der atopischen Dermatitis stellt aufgrund der multifaktoriellen Pathomechanismen eine Herausforderung dar. In der Basistherapie spielen rückfettende Externa die Hauptrolle. Die antientzündliche Therapie wird vor allem mit topischen Steroiden als Intervalltherapie durchgeführt. Für schwere Fälle kommt eine systemische Therapie infrage, die jedoch ein regelmässiges Monitoring erfordert.
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-
Rubrik
MEDIZIN — Fortbildung
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13619
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FORTBILDUNG
Therapie der atopischen Dermatitis
Von Hautpflege bis Immunsuppression

Die Therapie der atopischen Dermatitis stellt
aufgrund der multifaktoriellen Pathomechanismen
eine Herausforderung dar. In der Basistherapie
spielen rückfettende Externa die Hauptrolle.
Die antientzündliche Therapie wird vor allem mit
topischen Steroiden als Intervalltherapie durch-
geführt. Für schwere Fälle kommt eine systemische
Therapie infrage, die jedoch ein regelmässiges
Monitoring erfordert.
SABINE DÖLLE UND MARGITTA WORM
Die atopische Dermatitis (AD) ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität einhergeht. Die Prävalenz beträgt bei Erwachsenen etwa 2 bis 3 Prozent. Bei etwa 85 Prozent der Patienten beginnt die AD vor dem fünften Lebensjahr und verschwindet mit zunehmendem Alter. Bei einem Drittel der Betroffenen persistiert sie jedoch ein Leben lang. Einige Patienten entwickeln die AD erst im Erwachsenenalter, dann bleibt sie meist bestehen (1).
Erscheinungsbild Die ekzematösen Hautveränderungen bei Patienten mit AD treten an typischen Lokalisationen auf. Während sich im Säuglingsalter die AD oft in der Kopf- und Gesichtsregion manifestiert, sind Prädilektionsstellen bei Erwachsenen die Ellen- und Kniebeugen sowie die Hand- und Fussgelenke. Das akute Ekzem wird durch Erythem mit Ödem und Krustenbildung geprägt (Abbildung 1a), hingegen charakterisieren Schuppung und Lichenifizierung das chronische Ekzem (Abbildung 1b). Der Juckreiz ist das Leitsymptom und für die Betroffenen oft sehr quälend.

Diagnostik Die Diagnose der AD wird mittels anamnestischer und klinischer Parameter gestellt (Grafik). Die diagnostischen Hauptkriterien sind eine positive Familienanamnese, ein chronisch rezidivierender Verlauf, das Auftreten von Hautveränderungen in typischer Lokalisation und Juckreiz. Diagnostische Nebenkriterien sind in Tabelle 1 aufgeführt (4). Die Krankheitsaktivität sollte mittels validierter Hautscores bestimmt werden. Zur Beurteilung des Schweregrads und der Ausdehnung einer AD wird der SCORAD (Severity SCORing of Atopic Dermatitis) eingesetzt (7). Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird der Anteil der betroffenen Hautfläche in Prozent und die Summe aus sechs typischen morphologischen Veränderungen anhand einer Intensitätsskala erhoben. Daneben werden auch die subjektiven Symptome Juckreiz und Schlafverlust mittels visueller Analogskala erfasst. Hingegen bewertet der EASI (Eczema Area Severity Index) allein die objektiven Symptome (Ausbreitung und Intensität) und stellt ebenso einen zuverlässigen Hautscore dar (5). Die regelmässige Erhebung der Krankheitsaktivität ist bei systemischer Therapie und in klinischen Studien sinnvoll. Das Erkennen und die konsequente Meidung von Triggerfaktoren gehören zum Krankheitsmanagement der AD. Daher ist die diagnostische Aufarbeitung von Triggerfaktoren (Nahrungsmittel, Inhalationsallergene etc.) mittels Anamnese, Haut-Prick- und Blutuntersuchungen sowie Provokationstestungen in der Diagnostik ein wesentliches Element (1). Hierbei sollte eine Überweisung zu einem Dermatologen und/oder Allergologen erfolgen.
Merksätze
■ Regelmässige Hautpflege ist eine wichtige Basistherapie der AD.
■ Eine antientzündliche Intervalltherapie mit Steroiden ist Therapie der ersten Wahl.
■ Allergene (Inhalations-, Nahrungsmittel- und Kontaktallergene) sollten bei schweren Verlaufsformen ausgeschlossen werden.
■ Bei schweren Formen sind systemische Therapien notwendig, die ein regelmässiges Therapiemonitoring erfordern.

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FORTBILDUNG

Tabelle 1: Diagnostische Nebenkriterien nach Hanifin und Rajika (4)

Xerosis (Hauttrockenheit)
Ichthyosis vulgaris/verstärkte Handlinienzeichnung
Soforttypreaktionen im Haut-Prick-Test
erhöhtes Serum-IgE
zeitiger Krankheitsausbruch
verstärkte Tendenz zu Hautinfektionen
verstärkte Tendenz zu unspezifischem Hand- und Fussekzem

Brustwarzenekzem, Cheilitis rezidivierende Konjunktivitis
Dennie-Morgan-Zeichen (doppelte Unterlidfalte) Keratokonus anteriore subkapsuläre Katarakte dunkle periorbitale Verfärbung (Verschattung) Blässe/Erythmen des Gesichts

Pityriasis alba Juckreiz beim Schwitzen
Unverträglichkeit von Wolle
follikuläre Keratosen Nahrungsmittelallergien Beeinflussung des atopischen Ekzems durch Umwelteinflüsse und Stress weisser Dermografismus

Therapie Aufgrund der komplexen Pathomechanismen sollte ein modernes Therapiekonzept wichtige individuelle Einflussfaktoren der AD berücksichtigen (Tabelle 2) und die medikamentöse Therapie durch eine Patientenschulung begleitet werden (15). Leichte Formen der AD mit Beteiligung der grossen Beugen können im Allgemeinen durch eine topische antientzündliche Intervalltherapie (z.B. Steroide 2–3 Tage pro Woche) ausreichend therapeutisch kontrolliert werden. Schwere Formen der AD mit Ausbreitung ekzematöser Läsionen über den gesamten Körper sollten immer einer individuellen Diagnostik (bezüglich Typ-l- und Typ-IV-Allergien) unterzogen werden.

Diagnostische Kriterien nach Hanifin und Rajika (Tabelle 1)

Symptome und Zeichen ■ Differenzialdiagnosen ■ Begleiterkrankungen

Hautscore (SCORAD, EASI)

Hautscore (SCORAD, EASI)

■ Schwankungen ■ Exazerbationsfaktoren

■ Nahrungsmittelallergene ■ Inhalationsallergene ■ Infektionen ■ Umwelt ■ Sonstiges

Triggerfaktoren

Diagnose

Grafik: Diagnostik der AD (modifiziert nach [1])

■ Relevanz bezüglich Ekzem ■ Diagnostische Aufarbei■ tung

Basistherapie Die Basisbehandlung mit rückfettenden Externa ist der wichtigste Grundbaustein der AD-Therapie. Auch in klinischer Remission ist die Haut betroffener Patienten pathophysiologisch verändert und bedarf einer kontinuierlichen Pfege. Hierbei sind duft- und konservierungsstofffreie Präparate zu bevorzugen, da es durch den langfristigen Einsatz auf entzündlich veränderter Haut zum Auftreten kontaktallergischer Reaktionen kommen kann (6). Zusätze zu Lokaltherapeutika wie Polidocanol oder Harnstoff können zur Verminderung des Juckreizes beziehungsweise Erhöhung der Hautfeuchtigkeit beitragen. Bei bakterieller Besiedlung der Haut ist der topische Einsatz antiseptischer Substanzen wie Triclosan und Chlorhexidin sinnvoll.

Antientzündliche Lokaltherapie Topische Steroide stehen heute noch an erster Stelle der antientzündlichen Lokaltherapie der AD. Moderne Steroide, die ein vermindertes atrophogenes Potenzial besitzen, sollten bevorzugt eingesetzt werden (20). Verschiedene Applikationsschemata haben sich bewährt, wobei sich die Intervalltherapie etabliert hat, um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten. Die Wahl der optimalen Grundlage ist auch bei der topischen Applikation antientzündlicher Substanzen von grosser Bedeutung und sollte individuell je nach Hauttyp, Jahreszeit, Lokalisation und Akuität des Ekzems abgestimmt werden. Für akut nässende Ekzeme eignen sich eher Lokaltherapeutika, die

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Worm

Abbildung 1: Charakteristische Hautläsionen der atopischen Dermatitis a) akut ekzematöse Hautläsion in der Ellenbeuge

b) chronisch lichenifizierte Hautveränderung am Fuss

einen höheren Wasseranteil haben (Cremes), während chronisch lichenifizierte, schuppende Ekzeme eher mit Salben (höherer Fettanteil) behandelt werden sollten. Insbesondere für Hautpartien, auf denen leicht Steroidatrophie auftreten kann (Gesicht), sind die seit 2002 in Deutschland zugelassenen topischen Calcineurininhibitoren (TCI) Pimecrolimus und Tacrolimus eine sehr gute Ergänzung. Übermässige UV-Exposition sollte während der Behandlung mit TCI vermieden werden, obgleich bis heute keine kausale Verbindung zwischen der Anwendung von TCI und dem Auftreten von Hauttumoren und Lymphomen beschrieben wurde. Aufgrund fehlender Langzeitdaten ist der Einsatz der TCI derzeit als Zweitbehandlung in den Leitlinien empfohlen worden und sollte nicht bei Kindern unter zwei Jahren angewendet werden (13).

methyltransferase bestimmt werden, um einen Enzymmangel auszuschliessen, der mit einer erhöhten Leber- und Knochenmarktoxizität der Substanz einhergeht. Eine systemische Antibiotikatherapie ist bei Zeichen einer generalisierten Superinfektion zu erwägen (1). Eine Langzeitantibiotikatherapie sollte aufgrund des Risikos von Resistenzentwicklungen vermieden werden. Da Juckreiz eines der Leitsymptome der AD ist, können orale Antihistaminika aufgrund ihrer sedierenden Wirkung unterstützend in der Therapie der AD eingesetzt werden (9). Die Verordnung sedierender Antihistaminika erfordert eine entsprechende Aufklärung über die Handhabung. Sie sollten bevorzugt zur Nacht eingesetzt werden.

Systemische Therapie Eine systemische Therapie kann bei schweren Formen der AD, die nicht ausreichend auf eine Lokaltherapie ansprechen, erforderlich werden und sollte immer in Zusammenarbeit mit einem Dermatologen eingeleitet werden. Während systemische Steroide aufgrund des Nebenwirkungsprofils nicht zur Langzeittherapie der AD empfohlen werden, stellen immunsuppressive Substanzen wie Cyclosporin (2, 10) oder Azathioprin («off-label use») (3, 8) therapeutische Optionen dar (22). Cyclosporin ist zur Therapie der AD zugelassen, zur Durchführung der Behandlung sei auf die entsprechende Leitlinie verwiesen (14). Systemische Therapien erfordern ein regelmässiges Therapiemonitoring (z.B. Blutbild, Leber-, Nierenwerte). Mögliche Kontraindikationen sollten vorher ausgeschlossen werden (1). Vor Einleitung einer systemischen Therapie mit Azathioprin sollte auch die Thiopurin-

Tabelle 2: Therapie der atopischen Dermatitis (nach [1])

Atopische Dermatitis
Reduktion/Vermeidung individueller Triggerfaktoren

■ wirkstofffreie Pflege ■ harnstoffhaltige Pflege

I. Basistherapie
■ spezifische Wirkstoffe: ■ Polidocanol, Antiseptika

■ topische Steroide ■ Intervalltherapie

II. antientzündliche Lokaltherapie
■ topische Immunmodulatoren ■ Tacrolimus, Pimecrolimus

■ systemische Steroide ■ Cyclosporin, Azathioprin

III. systemische Therapie
■ Antihistaminika (Wirksamkeit individuell) ■ systemische Antibiotika

andere/begleitende weitere Therapieoptionen

■ Fototherapie ■ SIT bei koexistenter Rhinitis/Asthma

■ Patientenschulung ■ psychosoziale/psychosomatische ■ Betreuung

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THERAPIE DER ATOPISCHEN DERMATITIS
Weitere Therapien Die Fototherapie ist eine bewährte Option und als Zweitbehandlung der AD bei erwachsenen Patienten etabliert. Verschiedene Verfahren wie UV-A-1, Schmalspektrum-UV-B oder (Balneo-)PUVA stehen zur Verfügung (1). Das Langzeitrisiko für das potenzielle Auftreten von Hautkrebs ist bei wiederholtem Einsatz zu berücksichtigen, da bis heute keine Langzeitstudien vorliegen. Eine mögliche kausale Behandlungsform der AD stellt die spezifische Immuntherapie (SIT) dar. Die Bedeutung der SIT in der Therapie der AD wird derzeit in klinischen Studien weiter untersucht. In einer kontrollierten Studie mit einer einjährigen SIT bei AD-Patienten mit Hausstaubmilbenallergie wurde eine Verbesserung des Hautzustands erzielt (11).
Literatur unter www.allgemeinarzt-online.de
Korrespondenzadresse: Prof. Dr. med. Margitta Worm Allergie-Centrum Charité (ACC) Klinik für Dermatologie, Venerologie
und Allergologie Charité-Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1 D-10117 Berlin
Interessenkonflikte: keine
Dieser Beitrag erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 5/2008. Die Übernahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorinnen.
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