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NEJM-Studie
Lumbale Spinalstenose: Operation
bringt schnellere Entlastung
Patienten mit lumbaler Spinalstenose verschafft die operative Dekompression offenbar die schnellste Linderung. Der chirurgische Eingriff ist der abwartenden Haltung überlegen. Allerdings führt auch die konservative Therapie oft auf lange Sicht zu einer Erholung. So lautet das Fazit des Spine Patient Outcomes Research Trial (SPORT), der kürzlich im «New England Journal of Medicine» veröffentlicht wurde (NEJM 2008; 358: 794810). Die SPORT-Studie umfasst drei Untersuchungen (http://sport.dartmouth.edu/nsn/), in denen jeweils konservative und operative Behandlungsansätze bei den drei häufigsten Ursachen von Rückenschmerzen verglichen wurden: Bandscheibenvorfall, Spondylolisthesis und eben Spinalstenose. Die Verengung
des Spinalkanals ist in den meisten Fällen genetisch bedingt. Folge ist eine belastungsund haltungsabhängige Claudicatio spinalis. Operativ kann der Spinalkanal durch eine Laminotomie erweitert werden, konservativ werden unter anderem NSAR und Krankengymnastik eingesetzt. SPORT gehört zu den wenigen randomisierten Vergleichsstudien in der Chirurgie, und so klappte denn auch nicht alles wie geplant, am Ende geriet die Randomisierung ein wenig durcheinander. Nach zwei Jahren hatten sich erst zwei Drittel der Patienten im chirurgischen Studienarm operieren lassen, umgekehrt entschied sich bald jeder zweite in der konservativen Behandlungsgruppe, doch einen operativen Eingriff durchführen zu lassen.
Diesen Widrigkeiten zum Trotz erzielte die
Operation schliesslich das bessere Ergebnis,
berichtet die Arbeitsgruppe um James
Weinstein vom Dartmouth Medical Center in
Lebanon im US-Staat New Hampshire. In der
Intention-to-Treat-Analyse wurde die Lebens-
qualität im Short-Form General Health
Survey (SF-36) um 7,8 Punkte verbessert.
Hinsichtlich der körperlichen Behinderung,
gemessen anhand des Oswestry-Disability-
Index, gab es dagegen keine Unterschiede.
Deutlicher trat der Vorteil in der «As-trea-
ted»-Analyse zutage: Die Operation linderte
die Beschwerden schneller, und auch nach
zwei Jahren ging es den Operierten besser.
Wenngleich die Prognose nach Operation
also insgesamt günstiger ausfällt, bleibt das
konservative Vorgehen durchaus eine
Alternative. Die Patienten brauchen aber
etwas mehr Geduld.
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U.B.
JAMA-Studie
Epo erhöht die Krebssterblichkeit
Posse um den Kunstherzerfinder Jarvik:
TV-Spots für Medikamente sorgen für Ärger
Erythopoetine (EPO) erhöhen die Sterblichkeit bei Tumorpatienten,
da sie womöglich das Wachstum von Krebszellen anregen. Diese Befürchtungen sind nicht neu, jetzt wurden sie in einer grossen
Metaanalyse an über 13 000 Krebspatienten bestätigt. Auch erhöht sich das Thrombose- und Embolierisiko um mehr als 50 Prozent.
«Obwohl EPO für Tumorpatienten zugelassen und empfohlen werden, weisen unsere Befunde und die anderer darauf hin, dass sie
das Krebswachstum anregen und Patienten gefährden können», warnt Professor Michael Henke, Sektionsleiter in der Klinik für
Strahlenheilkunde des Universitätsklinikums Freiburg und einer der Autoren. «Es ist beunruhigend, dass sie 15 Jahre angewendet wurden,
bevor wir dies erkennen konnten», erklärt Henke in einer Vorabmeldung der Uni Freiburg. Aktuelle Therapieempfehlungen beur-
teilen EPO als sicher, wenn sie nicht bei zu hohen Bluthämoglobinwerten verabreicht werden. «Unsere Daten belegen das nicht»,
meint Henke. «Allerdings sollten wir die Daten derzeit nicht verallgemeinern, da sie von der Art der Tumorerkrankung abhängen können.»
Die Studie wurde am 27. Februar 2008 im «Journal of the American Medical Association» (JAMA) – nach unserem Redaktionsschluss –
veröffentlicht.
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U.B.
Die Kommission für Energie und Wirtschaft des US-Repräsentan-
tenhauses untersucht derzeit, was es mit der Unterstützung von Me-
dikamenten durch Prominente in Fernsehspots auf sich hat. Promi-
nentes Opfer wurde der Erfinder des Kunstherzens («Jarvik-7»), Dr.
Robert Jarvik, der in TV-Spots den weltweit meistverkauften Lipid-
senker Sortis anpreist. In einer öffentlichen Erklärung geben sich
zwei Parlamentarier der Demokraten besorgt, dass der telegene Dr.
Jarvik durch seine Aussagen zugunsten eines Medikaments Patien-
ten fehlinformieren könnte, zumal er keine Bewilligung zur prakti-
schen Berufsausübung und Ausstellung von Rezepten habe. Offen-
bar hält Dr. Jarvik einen Ingenieurabschluss der New York University
und ein medizinisches Diplom der Universität von Utah, hat aber
weder Assistentenjahre absolviert noch jemals praktiziert. Auftrag-
geber Pfizer hält dem entgegen, dass der Kunstherzerfinder ein an-
erkannter Gesundheitsprofi und Herzexperte sei, der «wohl weiss,
wie wichtig es für Patienten ist, ihr Herz gut in Schuss zu halten». Et-
liche im Publikum fragen sich, was der Wirbel soll, zumal in US-ame-
rikanischen Medikamenten-TV-Spots Ärzte oft von Schauspielern
gemimt werden.
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Quelle: heartwire.org
H.B.
172 ARS MEDICI 5 ■ 2008