Transkript
P O L I T- FO RU M
UNDHEIT IN BÄRN
INTERPELLATION
Antibiotika-Resistenzlage, Forschung und Massnahmen
Bea Heim Nationalrätin SP Kanton Solothurn
Interpellation vom 10.12.2009
Über die Interpellation berichtete ARS MECIDI in Ausgabe 4/2010
Die Antwort des Bundesrates vom 24.2.2010
Der Bundesrat teilt die Meinung der Interpellantin, dass Antibiotikaresistenzen die öffentliche Gesundheit gefährden und dass das Problem weiterhin überwacht und erforscht werden muss. Das Monitoring, wie in der Stellungnahme zum Postulat 08.3163 festgehalten, beginnt zu greifen. Die Bestandesaufnahme ist jedoch nur vorläufig und hinsichtlich Tier- und Humanbereich unterschiedlich weit vorgeschritten. Für definitive Antworten ist es noch zu früh, weil die Studien und das Monitoring noch nicht über einen ausreichenden Beobachtungszeitraum verfügen. Zu prüfen bleibt, wie eine allfällig notwendige Koordination zwischen dem Veterinärund dem Humanbereich auf eine ausreichende, gesetzliche Grundlage gestellt werden kann. Fragen 1 bis 7 und 12: SEARCH (Sentinel Surveillance of Antibiotic Resistance in Switzerland) informiert laufend über die Erkenntnisse des Antibiotikaresistenz-Monitorings im Humanbereich (www.search.ifik.unibe. ch). Die Situation bezüglich Antibiotikaresistenz von Bakterien bei Tieren hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich geändert. Im internationalen Vergleich ist die Resistenzlage in der Schweiz relativ günstig. Das Monitoring wird weiter geführt und laufend an neue wissenschaftliche Erkenntnisse angepasst. Die Koordination zwischen Human- und Tierbereich wird organisatorisch durch persönliche Kontakte der Projektleitenden und Verantwortlichen sichergestellt. Bisher gibt es in der Schweiz keine Anzeichen für einen Einfluss des Veteri-
närbereichs auf die Problematik im Humanbereich. Der Forschungsbedarf ist jedoch nach wie vor vorhanden. Im Rahmen der Ressortforschung des Bundesamtes für Veterinärwesen werden verschiedene Forschungsprojekte zum Antibiotikaeinsatz bei Tieren und zur Antibiotikaresistenz gefördert. Die Ressortforschung zum Zusammenhang zwischen Antibiotikaeinsatz und Antibiotikaresistenz bei Tieren wird in einem europäischen Forschungsprogramm (EMIDA ERA-Net) international vernetzt. SEARCH ist in das europäische Programm eingebunden. Das Monitoring des Verbrauchs ist noch im Aufbau. Die vollständige Einbindung der Schweiz hängt vom Abschluss der Verhandlungen über das bilaterale Gesundheitsabkommen ab. Die Schweizer Zahlen zur Antibiotikaresistenz bei Tieren werden im europäischen Zoonosebericht veröffentlicht. Beim Antibiotikaverbrauchsmonitoring bei Tieren ist die Schweiz an der Planung der internationalen Überwachung beteiligt. Frage 8: Der Vernehmlassungsentwurf zur Revision des Epidemiengesetzes enthält in den Artikeln 42 und 43 spezifische Massnahmen zur Bekämpfung und Überwachung therapieassoziierter Infektionen und medikamentenresistenter Krankheitserreger. Momentan wird der Entwurf nach den Erkenntnissen aus der Vernehmlassung überarbeitet. Der Bundesrat wird dem Parlament die Botschaft zum revidierten Epidemiengesetz nach der vorliegenden Planung noch in diesem Jahr vorlegen.
Frage 9: In der Periode 2005 bis 2008 hat der Vertrieb um 6,8 Prozent zugenommen. Ein grösserer Teil dieser Zunahme betrifft ältere Antibiotika, die vermutlich besser und genauer dosiert werden, was zu einer Zunahme des Vertriebs, aber zu einer Reduktion der Resistenzgefahr führt, indem eine genügend grosse Dosis lange genug angewendet wird. Bei den modernen Wirkstoffen ist eine Zunahme zu beobachten, für welche keine gleichwertige fachliche Begründung vorliegt. Frage 10: Zahlen werden erhoben und der Vergleich mit umliegenden Ländern zeigt, dass der Pro-Kopf-Verbrauch von Antibiotika in der Schweiz am niedrigsten ist (siehe Nationalforschungsprogramm 49 «Antibiotikaresistenz», Studie Filippini). Frage 11: «prudent use guidelines» als verbindliche Richtlinien bestehen in der Schweiz weder für den Bereich der Human- noch für die Veterinärmedizin. Weil ein gesetzlicher Koordinationsauftrag fehlt, kann dies keine Bundesstelle übernehmen, sondern bleibt den entsprechenden Berufsverbänden (z.B. der Gesellschaft Schweizerischer Tierärztinnen und Tierärzte) überlassen. Auch der Zusammenhang zwischen der wirkstoffbezogenen Verbrauchsentwicklung und dem Resistenzmonitoring kann nicht vertieft erforscht werden. Im Bereich der Heimtiermedizin kommt hinzu, dass diese veterinärmedizinische Tätigkeit weniger stark reguliert ist als im Bereich der Nutztiermedizin, wodurch die Unsicherheiten verstärkt werden.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
Medizinische Hilfe für Menschen in Not. Weltweit.
Postfach, 8030 Zürich Tel. 01 385 94 44, Fax 01 385 94 45 www.msf.ch, PK 12-100-2
216 ARS MEDICI 6 ■ 2010
INTERPELLATION
Rigide Ernährungsvorschriften zur Erziehung der Bürger?
Sylvia Flückiger-Bäni Nationalrätin SVP Kanton Aargau
Interpellation vom 12.12.2009
Über die Interpellation berichtete ARS MECIDI in Ausgabe 4/2010
Die Antwort des Bundesrates vom 24.2.2010
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat zusammen mit dem Bundesamt für Sport, der Gesundheitsförderung Schweiz, den Kantonen sowie weiteren wichtigen Akteuren der schweizerischen Ernährungs- und Bewegungspolitik das Nationale Programm Ernährung und Bewegung 2008—2012 (NPEB) erarbeitet. Das NPEB 2008— 2012 legt die nationale Strategie für die Förderung einer ausgewogenen Ernährung und einer ausreichenden Bewegung fest. Der Bundesrat hat das Programm am 18. Juni 2008 verabschiedet und das Eidgenössische Departement des Innern mit dessen Umsetzung beauftragt. «Actionsanté» ist eine Initiative des BAG im Rahmen dieses nationalen Programms. Ziel ist es, mögliche Partner und Partnerinnen aus Wirtschaft und Institutionen zusammenzubringen, die auf ihr Umfeld einwirken möchten, um jedem Individuum und der Gemeinschaft dabei zu helfen, sich für einen aktiven Lebensstil und eine gesunde Ernährung zu entscheiden. 1. In Anbetracht der steigenden Gesundheitskosten infolge von nicht übertragbaren ernährungsbedingten Krankheiten in der Schweiz (z.B. verursacht Übergewicht alleine Kosten von 5,7 Mrd. Franken pro Jahr) ist die Struktur des Büros «actionsanté» einfach und schmal aufgebaut und wird mit bestehenden Ressourcen betrieben. Im Jahr 2010 ist für den Betrieb von «actionsanté» ein Budget von 140 000 Franken und 230 Stellenprozenten vorgesehen. 2. Der Bund sorgt gemäss Lebensmittelgesetz dafür, dass die Öffentlichkeit über ernährungswissenschaftliche Erkenntnisse, die der Gesundheitsvorsorge dienen, informiert wird. Diese Information ist eine wichtige Grundlage, damit die Konsumentinnen und Konsumenten im Bereich Ernährung und Gesundheit ihre Selbstverantwortung wahrnehmen können. Zahlreiche Studien zeigen, dass die heutige Nährwertkennzeichnung von der Mehrheit der Konsumieren-
den nicht verstanden wird und sie so ihre Selbstverantwortung bei der bewussten Wahl der Lebensmittel nicht wahrnehmen können. Das zuständige BAG erarbeitet unter Einbezug aller involvierten Parteien, und das sind neben der Lebensmittelindustrie vor allem auch die Konsumentinnen und Konsumenten, mögliche Lösungsansätze für eine einfachere und verständlichere Information. Die Einführung eines einheitlichen und einfach verständlichen freiwilligen Labels ist eine der geprüften Möglichkeiten. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine Koordination der Arbeiten und das Zusammenbringen der verschiedenen Akteure durch das BAG sinnvoll sind. 3. Die Salzstrategie 2008—2012 des BAG hat zum Ziel, die hohe Salzaufnahme der Schweizer Bevölkerung ohne Genussverlust zu senken und somit die Gesundheit zu fördern. Ein hoher Salzkonsum erhöht das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Hirnschlag. Die aktuelle Salzaufnahme liegt mit rund 10 g pro Tag und Person in der Schweiz rund doppelt so hoch wie die WHOEmpfehlung von maximal 5 g. Die Salzstrategie basiert auf freiwilligen Massnahmen und auf einer Zusammenarbeit mit der Lebensmittelindustrie. Die Reaktionen der Lebensmittelbranche auf dieses Vorgehen waren aus allen Bereichen positiv. Da nur Branchenlösungen zum Ziel führen können, sind kleinere Betriebe über ihre jeweiligen Verbände (z.B. via Schweizerischer Bäcker-Konditorenmeister-Verband) mit einbezogen. Da die jeweilige Branche mögliche freiwillige Reduktionsziele selbst definiert, sieht der Bundesrat keine Gefahr, dass ein Zugzwang oder gar wirtschaftliche Engpässe entstehen könnten. Vielmehr bietet diese Zusammenarbeit auch kleineren Betrieben die Möglichkeit, sich ohne Mehrkosten profilieren zu können. 4. Alle Akteure aus Wirtschaft und Institutionen können Partner von «actionsanté» werden und
mit freiwilligen Aktionen einen Beitrag zur Förderung eines gesunden Lebensstils leisten. Dabei geht das BAG einerseits via Verbände, zum Beispiel via Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien (fial), aktiv auf mögliche Partner zu, andererseits ist eine proaktive Kontaktaufnahme von interessierten Firmen mit dem BAG erwünscht. Der Bundesrat ist der Meinung, dass «actionsanté» ein gutes Beispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Bund und Wirtschaft darstellt. Gerade den KMU wird eine einfache Möglichkeit geboten, mit ihren Aktionen Partner des Clubs «actionsanté» zu werden und einen Imagegewinn zu erlangen. Das Büro «actionsanté» ist bereits in Kontakt mit KMU-Vertretern, die interessiert sind, Partner von «actionsanté» zu werden. 5. Die Einführung eines freiwilligen Labels wird gegenwärtig in einer Expertengruppe diskutiert. Dieses Label soll gesunde Alternativen innerhalb definierter Lebensmittelkategorien auszeichnen. Es ersetzt die bereits existierenden Nährwertangaben auf Verpackungen nicht, sondern soll sie ergänzen. Der Bundesrat ist nicht der Meinung, dass bei der möglichen Verwendung eines freiwilligen einheitlichen Labels kleine Unternehmen benachteiligt werden. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Kleine Unternehmen haben kaum die Mittel die notwendigen Grundlagenarbeiten oder die wichtige Promotion und Kommunikation selbst durchzuführen. Sie profitieren also von der Arbeit des Bundes und können auf der offerierten Plattform ihre Aktionen optimal umsetzen und präsentieren. 6. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Interpellantin nicht. Die im Rahmen von «actionsanté» diskutierten Massnahmen und Aktionen beruhen alle auf Freiwilligkeit. «Actionsanté» steht allen Stakeholdern der Lebensmittelwirtschaft offen. Ein Eingriff in den freien Wettbewerb ist für den Bundesrat daher nicht nachvollziehbar.
Stand der Beratung: im Plenum noch nicht behandelt.
ARS MEDICI 6 ■ 2010 217