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2024 ASCO
2024 American Society of Clinical Oncology Annual Meeting, 31. Mai – 4. Juni 2024, Chicago & online
Malignes Melanom
Immunonkologische oder zielgerichtete Therapie bei selektierten Patienten
Die immunonkologische und die zielgerichtete Therapie können bei Patienten mit einem Melanom mit BRAF-Mutation im neoadjuvanten, im adjuvanten und im Erstliniensetting eingesetzt werden. Viele Fragen für die Patientenselektion sind weiterhin offen, einige konnten beim ASCO-Kongress 2024 beantwortet werden.
Patienten profitieren von neoadjuvanter doppelter Checkpoint-Blockade
Trotz adjuvanter Therapie ist die Prognose von Patienten mit malignem Melanom im makroskopischen Stadium III schlecht; 5 Jahre nach der Resektion ist etwa ein Drittel der Betroffenen rezidivfrei und etwa die Hälfte ist noch am Leben. Mit der adjuvanten Immuntherapie konnte die Wahrscheinlichkeit für ein Rezidiv bereits reduziert werden, in der Phase-III-Studie NADINA wurde nun die neoadjuvante Gabe von Nivolumab (Opdivo®) plus Ipilimumab (Yervoy®) gegen die adjuvante Therapie mit Nivolumab geprüft (1). 212 Patienten erhielten in Arm A 2 Zyklen Ipilimumab (80 mg, q3w) plus Nivolumab (240 mg, q3w) gefolgt von der Tumorresektion und einer adjuvanten Nivolumab-Therapie, falls keine gute pathologische Remission erreicht wurde. Bei Erreichen der guten pathologischen Remission wurde keine zusätzliche adjuvante Therapie gegeben. In Arm B erhielten 211 Patienten nach Tumorresektion 12 Zyklen Nivolumab (480 mg, q4w). Primärer Studienendpunkt war das ereignisfreie Überleben (EFS). Die Studie erreichte ihren primären Endpunkt. Nach 12 Monaten waren 83,7% der Patienten im neoadjuvanten Behandlungsarm versus 57,2% im adjuvanten Behandlungsarm ohne Ereignis. Das Risiko für ein Ereignis wurde um 68% reduziert (Hazard Ratio [HR]: 0,32; 99,9%-Konfidenzintervall [KI]: 0,15–0,66; p < 0,0001). 59% der Patienten benötigten nur eine 6 Wochen andauernde neoadjuvante Therapie.
Langfristiger Effekt der zielgerichteten adjuvanten Therapie
Neben der Inhibierung mit PD-1-gerichteten Checkpointinhibitoren ist die adjuvante Therapie auch mit einer BRAF/ MEK-gerichteten Kombination möglich. Beim ASCO-Kongress wurden nun die finalen Ergebnisse der COMBI-AD-Studie für Dabrafenib (Tafinlar®) plus Trametinib (Mekinist®) mit einer Nachbeobachtungszeit von median 100 Monaten (bis zu 125 Monate) präsentiert (2). Nach 8 Jahren lebten im Verum-Arm noch 50% der Patienten versus 35% im Plazebo-Arm rezidivfrei (RFS). Das RFSRisiko wurde um 48% reduziert (HR: 0,52; 95%-KI: 0,43–0,63). 64 versus 53% der Patienten lebten mindestens 8 Jahre ohne Metastasen (HR: 0,56; 95%-KI: 0,44–0,71) und die OS-Rate wurde mit 71 versus 65% durch die zielgerichtete Therapie klinisch relevant erhöht (HR: 0,80; 95%-KI: 0,62–1,01). In Subgruppenanalysen zeigte sich ein signifikanter OS-Vorteil durch die Kombinationstherapie für Patienten mit BRAF V600E-Mutationen (HR: 0,75; 95%-KI: 0,58–0,96). Für die sehr kleine Subgruppe mit BRAF V600K-Mutationen gab es keine Hinweise für einen OS-Vorteil (HR: 1,95; 95%-KI: 0,84–4,50). Die Rate für das melanomspezifische Überleben betrug nach 3 Jahren 87 versus 81%, nach 5 Jahren 81 versus 75% und nach 8 Jahren 76 versus 70% (HR: 0,78; 95%-KI: 0,59–1,02).
Selektierte Patienten zeigen Vorteil durch zielgerichtete Induktion
Bei der Erstlinientherapie des metastasierten Melanoms wurde beobachtet, dass Patienten mit BRAF-mutierten Tumoren in den ersten drei Therapiemona-
ten von einer zielgerichteten Therapie
mehr profitieren als von der Immunthera-
pie. Danach kreuzen die Kaplan-Meier-
Kurven und insgesamt zeigt sich ein sig-
nifikanter Vorteil für die Immuntherapie.
Ob die Gabe einer zielgerichteten Induk-
tionstherapie gefolgt von einer Immun-
therapie – ohne den Progress abzuwar-
ten – den Therapieerfolg verbessern
kann, war bislang unklar und wurde in
der EORTC-Studie EBIN thematisiert (3).
271 Patienten mit nicht resektablem oder
metastasiertem Melanom und BRAF
V600E/K-Mutation erhielten über die
Dauer von 2 Jahren randomisiert 4 Do-
sen Ipilimumab (1 mg/kg, q3w) plus Ni-
volumab (3 mg/kg, q3w) gefolgt von Ni-
volumab mono (480 mg, q4w) oder
Encorafenib (Braftovi®; 450 mg) plus Bini-
metinib (Mektovi®; 45 mg) für die Dauer
von 12 Wochen gefolgt von Ipilimumab
plus Nivolumab und Nivolumab allein.
Beim ASCO-Kongress 2024 wurden die
ersten Ergebnisse nach einer medianen
Nachbeobachtungszeit von 21 Monaten
vorgestellt.
Nach 3 Monaten lebten 99% der Patien-
ten unter zielgerichteter Therapie und
73% unter Immuntherapie ohne Pro-
gress, nach 6 Monaten näherten sich die
Kaplan-Meier-Kurven für das PFS an (62
vs. 56%), kreuzten sich nach 9 Monaten
und zeigten danach einen ähnlichen
Verlauf mit 29 versus 35% progressions-
frei lebender Patienten nach 24 Mona-
ten. Der Median betrug in beiden Stu-
dienarmen 9,0 Monate, die Hazard Ratio
lag bei 0,87 (p = 0,360). Hinweis auf ei-
nen verbesserten Therapieerfolg mit
der Induktionstherapie gab es für Pati-
enten mit einem LDH > 2 ULN (HR: 0,46;
95%-KI: 0,21–1,03) sowie Patienten mit
Lebermetastasen (HR: 0,49; 95%-KI:
0,29–0,84).
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10 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 3/2024
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2024 American Society of Clinical Oncology Annual Meeting, 31. Mai – 4. Juni 2024, Chicago & online
Referenzen: 1. Blank CU et al.: Neoadjuvant nivolumab plus ipilimumab versus adjuvant nivolumab in macroscopic, resectable stage III melanoma: The phase 3 NADINA trial. ASCO 2024, Abstr. #LBA2. 2. Long GV et al.: Long-term follow up for adjuvant dabrafenib plus trametinib in stage III BRAF-mutated melanoma: Final results of the COMBI-AD study. ASCO 2024, Abstr. #9500. 3. Robert C et al.: Combination of encorafenib and binimetinib followed by ipilimumab and nivolumab versus ipilimumab and nivolumab in patients with advanced BRAF-V600E/K-mutated melanoma: The primary analysis of an EORTC randomized phase II study (EBIN). ASCO 2024, Abstr. #LBA9503.
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