Transkript
«Der Trübsal ist im Darm begraben»
EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser
Ich freue mich, Ihnen ein neues Heft der «Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin» vorzustellen. Psychische Erkrankungen und hier insbesondere Depressionen, Angsterkrankungen und Demenzen betreffen einen grossen Teil der Bevölkerung, sodass sowohl ihre ganzheitliche Behandlung als auch die Prävention dieser multifaktoriellen Erkrankungen immer relevanter wird.
Dass Sport, der Kontakt zur Natur, Achtsamkeit, ein bestehender Arbeitsplatz, Freundschaften und die soziale Einbettung für diese Erkrankungen eine hohe Relevanz haben, ist in der Forschung und teil weise bereits in den Leitlinien zur Behandlung die ser Erkrankungen etabliert, anders sieht es bei der Ernährung aus. Hier fehlen nach wie vor evidenz basierte Empfehlungen, obwohl natürlich die Er nährungsberatung eine etablierte Rolle in der mo dernen Behandlung psychischer Erkrankungen spielt.
Retrospektive Studien zeigen, dass die Ernährung einen erheblichen präventiven Effekt auf das Auf treten dieser Krankheitsbilder hat. Herr Liwinski beschreibt in seinem Artikel, welche Rolle hochver arbeitete Lebensmittel für die psychische Gesund heit spielen, woran man diese erkennen kann und wie man diese idealerweise vermeidet.
Die Ernährungstherapie hat nun auch in den Therapieleitlinien Einzug gehalten. Frau Nussbaum zeigt beispielhaft, wie dies bei verschiedenen pyschi schen Erkrankungen praktisch umgesetzt werden kann.
Bereits Hippokrates soll gesagt haben, dass «der Trübsal im Darm begraben» ist, und viele mundart liche Wendungen suggerieren einen starken Einfluss des Darmes auf die Psyche, man hat ein «Gut Fee ling», «Flugzeuge im Bauch», «etwas schlägt einem auf den Magen» oder man hat eine «dicke Haut».
Über diesen Einfluss, den der Darm auf das Gehirn hat, berichtet Frau Schaub in ihrem Artikel. Sie be schreibt die vielen Wege, wie der Darm das Gehirn beeinflussen kann, sei es durch Darmhormone, direkte neuronale Vernetzungen, das Immunsystem oder die Zusammensetzung des Ökosystems, durch die 100 Milliarden Bakterien, die in uns allen leben.
All diese Mechanismen werden derzeit erforscht und werden die Zukunft der Therapien und der Prävention sicher teilweise prägen, sei es durch Vagusnervstimulation, Probiotikatherapien, dietä tische Massnahmen zur Behandlung von Depres sionen oder durch die Substitution bestimmter Nahrungsbestandteile.
Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre!
Undine Lang
Undine Lang Prof. Dr. med. Undine E. Lang Klinikdirektorin der Klinik für Erwachsene und Privatklinik Professorin für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Basel Wilhelm Klein-Strasse 27 4002 Basel
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 1|2024 1