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EDITORIAL
Gesund älter werden: auch dank richtiger Ernährung
Liebe Leserinnen und Leser
Sich mutig mit dem eigenen Alterungsprozess auseinanderzusetzen ist wohl der erste entscheidende Schritt, um glücklich und im Einklang mit sich selbst und der Umwelt älter zu werden. Die wissenschaftliche Erkenntnis, dass nur rund 20–30% des Alterungsprozesses genetisch bestimmt sind und der Verlauf des Älterwerdens massgeblich vom selbstbestimmbaren Lebensstil abhängt, eröffnet durchaus neue Chancen! Wie man hier z. B. hinsichtlich Ernährung das Heft selber in die Hand nehmen kann, wird in dieser Ausgabe der SEZ sehr konkret abgehandelt. Nur schon die erst seit wenigen Jahren bestehenden nationalen und internationalen Ernährungsrichtlinien für ältere Menschen im Alltag umzusetzen, kann für den Erhalt von Muskel-, Herz- und Hirngesundheit einen wesentlichen Unterschied machen. Wichtig ist aber auch, dass Essen Teil von Lebensqualität, Lebensfreude und «Lifestyle» bleibt und nicht zur medizinischen Massnahme «verkommt». Es ist deshalb nicht unrelevant, dass die genannten Empfehlungen zu «weniger Kalorien und mehr Proteinen» für Seniorinnen und Senioren (neben der schon länger bekannten notwendigen Vitaminsubstitution) mit konkreten, einfach umsetzbaren und geschmackvollen Menüvorschlägen im Alltag Eingang finden. Insbesondere, dass Proteine für farbenreiche und appetitliche Gerichte nicht nur von Fleisch und Fisch, sondern auch von Eiern, Milchprodukten sowie zahlreichen pflanzlichen Quellen stammen können, sind wichtige Botschaften. Die Felix Platter Stiftung hat diesbezüglich zusammen mit Betty Bossi ein spezielles Heft «gesund & stark» kreiert, das diesen Grundsatz konkret umsetzt (siehe Hinweis Seite 9). Nicht nur für Vegetarier kann der Beitrag zu sekundären Pflanzenstoffen, die den Alterungsprozess positiv beeinflussen, lesenswert sein. Im Verständnis der wissenschaftlich bewiesenen positiven alterungsverlangsamenden Wirkungen lassen sich Erd-
beeren, Zitrusfrüchte und selbst Grünkohl oder Knoblauch unter einem ganz neuen Licht «geniessen»! Aber auch Getränke sind hier durchaus zielführend. Dabei muss es auch nicht nur Grüntee sein; Dank der hohen Resveratrol-Konzentration in Trauben ist auch Rotwein (in Moderation) eine durchaus valable Alternative. Doch Hand aufs Herz: Im Sinne von «marginal gains» ist die richtige Ernährung für ein gutes A ltern erst die halbe Miete. Regelmässige körperliche und geistige Aktivität, gute soziale und sichere ökonomische Verhältnisse wie auch das Interesse an Neuem sind zusätzliche Attribute, die auf ein Alter in Zufriedenheit, Unabhängigkeit und hoher Lebensqualität hoffen lassen. So werden die meisten nicht nur betagter, sondern altern auch immer mehr bei guter Gesundheit. Der chronologische Alterungsprozess wird sich damit nicht aufhalten lassen. Leben heisst altern. Nicht altern zu wollen wäre lebensfeindlich. Und: Bekanntlich ist das Älterwerden die einzige Möglichkeit, länger zu leben!
Reto W. Kressig
Prof. Dr. med. Reto W. Kressig Chief Medical Officer Klinische Professur für Geriatrie Universität Basel Universitäre Altersmedizin Felix Platter Burgfelderstrasse 101 4055 Basel
Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin 4|2023 1