Transkript
EDITORIAL
D iese GYNÄKOLOGIE-Ausgabe befasst sich mit den vielfältigen Bereichen des jungen Fachgebietes Kinder- und Jugendgynäkologie:
Was ist beim Mädchen normal? Die pädiatrische Perspektive: Dr. med. Kerstin Ruoss, Zürich, beschreibt die speziellen Techniken zur Untersuchung im Genitalbereich beim kleinen Mädchen, die Kenntnis des Normalen und mögliche Varianten, welche keinen Krankheitswert haben, aber dennoch einer guten Aufklärung und Begleitung bedürfen. Der Untersuchenden sollten Pathologien der Vulva mit Veränderung der Morphologie bekannt
Liebe Leserin, lieber Leser
sein, um eine relevante Pathologie nicht zu verpassen. Pädiaterinnen und Pädiater begleiten häufig die Jugendlichen auch nach der Menarche, sodass sie mit den in der Pubertät einsetzenden hormonellen Störungen und deren Auswirkungen konfrontiert sein können.
Welche hormonellen Besonderheiten im Jugendalter? Die endokrinologische Perspektive: Dr. med. Anja Wüest, Bern, beschreibt neben den Besonderheiten in der Adoleszenz die Bedeutung der sorgfältigen Anamnese und der diagnostischen Untersuchungen. Sie spricht negative psychosoziale Auswirkungen gewisser Hormonstörungen an, welche beim Therapieentscheid zu berücksichtigen sind. Lang anhaltende Zyklusstörungen sollten nicht vorschnell mit einer Pille therapiert, sondern erst sorgfältig differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Bei komplexen Störungen ist interdisziplinär mit der (pädiatrischen) Endokrinologie oder der DSD-Sprechstunde vorzugehen. Im frühen Jugendalter soll aber auf die Pathologisierung von Hormonschwankungen oder eines Ultraschallbildes verzichtet werden und beispielsweise der Terminus «at risk for PCOS» verwendet werden. Bei Adipositas im Jugendalter steht klar die Motivation für eine Lifestyleänderung im Vordergrund – eine der grossen Herausforderungen in der Jugendgynäkologie.
Welche Kontrazeption? Die Perspektive Schwangerschaftsverhütung: Dr. med. Kathrin Erkert, Weinfelden, zeigt feinfühlig heutige Bedürfnisse und den grossen Beratungsbedarf bei Jugendlichen auf. Genaue Kenntnisse der verschiedenen Methoden mit den Vor- und Nachteilen gewährleisten eine zeitgemässe Kontrazeptionsberatung. Sie fasst Erkenntnisse neuer Studien zusammen und informiert über Neuentwicklungen und Alternativen zur hormonellen Kontrazeption, die demnächst auch in der Schweiz eingeführt werden.
Fanconi-Anämie und Jugendgynäkologie Die komplett interdisziplinäre Perspektive: Die hier von der Autorin erläuterte Fanconi-Anämie kann als Paradebeispiel für die Breite der Jugendgynäkologie dienen, da diese genetische Störung sowohl mit anatomischen, endokrinen, onkologischen und reproduktionsmedizinischen Pathologien assoziiert sein kann. Da die Betroffenen heute das 4. Lebensjahrzehnt erreichen können, haben wir die Konsequenzen für die Vorsorge, die Begleitung, die Kontrazeptions- und die Sexualberatung zu kennen und im Sinne der betroffenen Frauen mitzutragen.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre.
Dr. med. Ruth Draths Präsidentin GYNEA
Frauenpraxis Buchenhof 6210 Sursee
GYNÄKOLOGIE 5/2021
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