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Botox reduziert Inkontinenzepisoden
Eine neurogene Detrusorhyperaktivität ist eine chronische Störung, die durch eine inadäquate zentralnervöse Kontrolle bedingt ist, beispielsweise bei Patienten mit Multipler Sklerose und nach Rückenmarkverletzung. Oral kann diese Art Inkontinenz schlecht therapiert werden. Zwei Phase-IIIStudien mit Botox zeigten ansprechende Ergebnisse. Sie wurden am Jahreskongress der European Association of Urology (EAU) präsentiert. Die beiden randomisiert kontrollierten Studien (CONTENT-1 und CONTENT-2) wurden mit Patienten mit Multiple Sklerose (MS) und mit Rückenmarksverletzung durchgeführt und die Ergebnisse gepoolt. Die Patienten sprachen auf die orale Therapie schlecht an und führten immer wieder den sauberen intermittierenden Katheterismus (clean intermittent cathetherisation, CIC) an. Den 485 Teilnehmern, durchschnittlich 44-jährig, wurde zystoskopisch 600 IE Botulinumtoxin A (aboBoNT-A) (n = 162) oder 800 IE (n = 161) oder Plazebo (n = 162) in den Detrusormuskel injiziert (30 Injektionen à 0,5 ml). Als Studienendpunkte waren wöchentliche Urininkontinenzperioden, urodynamische Parameter und die Lebensqualität definiert. Vor Beginn der Studien war die Anzahl der Inkontinenzperioden in allen Gruppen etwa gleich hoch. Nach 6 Wochen sank diese Zahl in beiden Botox-Gruppen gegenüber Plazebo signifikant. Zwischen 28 und 36 Prozent der Patienten unter Botox hatten gar keine Episoden mehr, in der Plazebogruppe war das bei 3 Prozent der Fall. Unter Botox vergrösserte sich überdies die Urinmenge pro Entleerung signifikant. Ebenfalls signifikante Verbesserungen zeigten sich bei der Blasenkapazität, dem gesunkenen maximalen Detrusordruck während der Speicherphase und dem Anteil an Patienten ohne unwillkürlichen Harnabgang. Die Lebensqualität stieg im Vergleich zu den Patienten aus der Plazebogruppe ebenfalls signifikant an. Die Botoxtherapie wurde gut vertragen, Infekte der unteren Harnwege tra-
ten in allen 3 Gruppen während der Beobachtungsphase von
12 Wochen ähnlich häufig auf (600 IU: 17,4%, 800 IU:
16,3%; Plazebo: 15,4%).
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Quelle: Jahreskongress der European Association of Urology (EAU), 8. bis 12. Juli, virtuell.
Referenzen: Denys P et al.: Significant reduction of urinary incontinence episodes in patients with neurogenic detrusor overactivity treated with abobotulinumtoxinA (aboBoNT-A): Pooled results of the phase III CONTENT program. P0024, presented at 36th Annual EAU Congress, 2021.
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Was Priapismus begünstigt
Medikamente können eine direkte Ursache für ein ischämi-
sches Priapismus-Ereignis sein. Dafür kommen viele infrage.
Welche am meisten in diesem Zusammenhang involviert sind
und welche davon tatsächlich ein Potenzial dafür haben, un-
tersuchten Forscher aus Italien. Dazu durchforsteten sie die
Nebenwirkungsmeldungs-Datenbank der amerikanischen
Food and Drug Administration (FDA) nach Priapismus-Mel-
dungen der letzten 5 Jahre. Nur Medikamente, die zusammen
mit > 30 Priapismus-Ereignissen erwähnt wurden, wurden in
die Auswertung aufgenommen. Das war bei 11 Medikamen-
ten der Fall. Von diesen war Trazodon für die meisten Mel-
dungen verantwortlich, aber auch Olanzapin und Tadalafil
scheinen ein Priapismus-Ereignis zu begünstigen.
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Quelle: Jahreskongress der European Association of Urology (EAU), 8. bis 12. Juli, virtuell.
Referenzen: Schifano N et al.: Medications mostly associated with priapism events: Assessment of the 2015–2020 Food and Drug Administration (FDA) pharmacovigilance database entries. P0477, presented at 36th Annual EAU Congress, 2021.
4 CongressSelection Urologie | November 2021
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«Prävention» mit Immuntherapie bei Nierenkrebs vielversprechend
Nach der chirurgischen Tumorentfernung bei Patienten mit Nierenkrebs ist das Risiko für Rezidive hoch. Ob eine Immuntherapie mit Pembrolizumab nach der Operation «präventiv» mehr bringt statt erst im Spätstadium, wenn der Krebs bereits andere Organe befallen hat, war Fragestellung der KEYNOTE-Studie. Um das zu klären, erhielten 1000 Nierenkrebspatienten nach Operationen randomisiert entweder Pembrolizumab oder Plazebo. Nach 2 Jahren zeigte sich, dass bei den Patienten unter Pembrolizumab weniger Rezidive auftraten als unter Plazebo. Die Nebenwirkungen waren in ähnlichem Rahmen wie bei der regulären Krebstherapie. Die Patienten werden während 5 Jahren weiter beobachtet, dann kann beurteilt werden, ob sich die Vorverlegung der Therapie auch auf die Überlebensrate auswirkt.
Quelle: Pembrolizumab (pembro) vs. placebo as post nephrectomy adjuvant therapy for patients (pts) with renal cell carcinoma (RCC): randomized, double-blind, phase 3 KEYNOTE-564 study. Jahreskongress der European Association of Urology (EAU), 8. bis 12. Juli, virtuell.
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Cotinintest bei Blasenkrebs?
Cotinin, ein Metabolit von Nikotin, der im Urin normalerweise zur Überführung von Rauchern gemessen wird, kann vielleicht einer zusätzlichen Bestimmung zugeführt werden. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass hohe Cotinin-Spiegel bei Patienten mit einem Low-risk-Blasenkrebs ein Rezidiv ankündigen. Das zeigte sich bei 135 Low-risk-Blasenkrebs-Patienten, die ihre periodischen Kontrollzystoskopien im Spital absolvierten. Bei 80 von ihnen lag der Cotinin-
Spiegel bei > 550 ng/ml, was Werten von starken Rauchern entspricht. Drei Viertel von jenen mit den hohen CotininWerten entwickelten ein Rezidiv, im Gegensatz zu jenen mit tieferen Werten. Ob Cotinin als günstiger und leicht messbarer Biomarker verwendet kann, wird nun in grösseren Studien überprüft.
Quelle: Abdessater M et al.: Role of urinary cotinine level in the recurrence of nonmuscle invasive bladder cancer. P0726, presented at 36th Annual EAU Congress, 2021.
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Manchmal gereicht Adipositas zum Vorteil
Obschon Adipositas in der Regel mit einer höheren Mortalität
bei vielen Krebsarten verbunden ist, scheint das nicht für alle
zuzutreffen. Das «Adipositas-Paradox» genannte Phänomen
scheint auch für Patienten mit metastasiertem kastrationsresis-
tenten Prostatakarzinom zu gelten, wie italienische Forscher
herausfanden. Dazu überprüften sie Daten aus 3 verschiede-
nen Studien mit 1577 im Durchschnitt 69-jährigen Patienten
mit einem Body-Mass-Index (BMI) von durchschnittlich 28.
Für das gesamt- und das tumorspezifische Überleben erwies
sich der höhere BMI als protektiver Faktor mit einer 4 bezie-
hungsweise 29 Prozent höheren Überlebenswahrscheinlich-
keit. Der protektive Faktor blieb auch nach Bereinigung für
höhere Chemotherapiedosen erhalten. Im Zeitverlauf von
36 Monaten überlebten rund 30 Prozent der adipösen Patien-
ten verglichen mit 20 Prozent bei über- oder normalgewichti-
gen Patienten. Den Resultaten zufolge leben adipöse Patienten
mit Metastasen länger, so das Fazit der Autoren.
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Quelle: Cirulli GO et al.: The obesity paradox in metastatic castration resistant prostate cancer. P0855, presented at 36th Annual EAU Congress, 2021.
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