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ACC
Kongressnews
81 oder 325 mg ASS in der Sekundärprävention?
Dass Acetylsalicylsäure (ASS) bei Patienten mit etablierter
atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung (ASCVD)
einen präventiven Nutzen hat, ist hinlänglich bekannt. Doch
mit welcher Dosis der Nutzen am grössten ist, war bislang
nicht klar. Die ADAPTABLE-Studie untersuchte diese Frage
– 81 oder 325 mg? – in einem Open-Label- und pragmati-
schen Design bei 15 076 Patienten während median 27 Mo-
naten. Als primärer Wirksamkeitsendpunkt galt die Kombi-
nation aus Gesamtmortalität, Hospitalisierung infolge Myo-
kardinfarkt oder Hirnschlag. Primärer Sicherheitsendpunkt
war eine Hospitalisierung wegen schwerer Blutung. Dabei
zeigte sich punkto Wirksamkeit entgegen der Erwartung kein
signifikanter Unterschied zwischen den beiden Dosierungen
(7,28 vs. 7,51%; Hazard Ratio: 1,02; 95%-Konfidenzinter-
vall: 0,91–1,14), ebenso wenig bezüglich schwerer Blutungen
(0,63 vs. 0,60%). Ein Therapiebeginn mit ASS sollte daher
mit der tieferen Dosis erfolgen, weil es keine Evidenz dafür
gibt, dass die höhere Dosis besser wirkt. Patienten, die bereits
längere Zeit auf eine höhere Dosis eingestellt seien und diese
gut vertrügen, müssten nicht auf die tiefere Dosis umgestellt
werden, so der Studienleiter Prof. William Jones, Duke Uni-
versity School of Medicine, Durham (USA). Die Studie wurde
zeitgleich mit der Präsentation im «New England Journal of
Medicine» publiziert.
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Quelle: «Late-break-session I», Jahreskongress des American College of Cardiology, 15. bis 17. Mai 2021, virtuell.
Referenz: Jones WS et al.: Comparative effectiveness of aspirin dosing in cardiovascular disease. N Engl J Med 2021 May 15;DOI: 10.1056/NEJMoa2102137.
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Herzmuskelfibrose bei HFpEF reduzieren
Bei der Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion
(HFpEF) trägt die Fibrosierung des Myokards bei vielen zur
Symptomatik bei. Eine kleine Studie (PIROUETTE) unter-
suchte nun, ob Pirfenidon, zurzeit bei Patienten mit idiopa-
thischer Lungenfibrose eingesetzt, auch bei HFpEF-Patienten
von Nutzen sein könnte. Pirfenidon verringert die Fibrosie-
rung und hat auch antiinflammatorische Eigenschaften.
94 HFpEF-Patienten, deren Fibrosierung mit Magnetreso-
nanztomografie bestätigt war, erhielten während eines Jah-
res randomisiert Pirfenidon oder Plazebo. Endpunkt der
Studie war die Veränderung des extrazellulären Volumens
im Herzmuskel, das unter dem Verum klinisch signifikant
sank. Auch die Flüssigkeitsretention, gemessen mit natriure-
tischen Peptiden, verbesserte sich unter Pirfenidon. Die häu-
figsten Nebenwirkungen waren Nausea, Insomnie und Haut-
ausschlag. Die Autoren hoffen nun, dass die beobachtete
antifibrotische Wirkung auf den Herzmuskel auch den Ver-
lauf der Krankheit beeinflussen kann, was sich dann in einer
grösseren Phase-III-Studie zeigen muss.
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Quelle: «Late-break-session IV», Jahreskongress des American College of Cardiology, 15. bis 17. Mai 2021, virtuell.
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Renale Denervation bei resistenter Hypertonie
wirksam
Bei Patienten, deren Hypertonie auch mit einer Dreifach-
kombination von Antihypertonika nicht beizukommen ist,
könnte eine renale Denervation helfen, wie die am ACC-Kon-
gress präsentierte RADIANCE-HTN-TRIO-Studie nahelegt.
Die renale Denervation reduziert die Hyperaktivität des sym-
pathischen Nervensystems in der Niere, die zur Entstehung
der Hypertonie beiträgt.
An der Studie nahmen 989 durchschnittlich 53-jährige Pati-
enten (80% männlich) mit einem mittleren Ausgangsblut-
druck von 163/104 mmHg trotz antihypertensiver Therapie
mit durchschnittlich 4 verschiedenen Präparaten teil. Die
Patienten wiesen einen medianen BMI von 32,7 auf, und
etwa ein Viertel litt zusätzlich an Typ-2-Diabetes. Ab Stu-
dienbeginn wurden alle Patienten auf eine einheitliche Thera-
pie mit einer Dreifachkombination in 1 Pille zur täglichen
Einnahme umgestellt. Nach 4 Wochen wurde bei jenen,
deren Blutdruck noch immer über 135/85 mmHg lag
(n = 136), randomisiert per Ultraschall eine renale Denerva-
tion oder ein Scheineingriff (sham) durchgeführt. Während
des 2-monatigen Follow-ups nahmen alle Patienten weiter-
hin die Dreifach-Kombination ein. Weder die nachkontrol-
lierenden Ärzte noch die Patienten wussten, wer welche Pro-
zedur erhalten hatte. Der primäre Endpunkt war als Verän-
derung des systolischen Blutdrucks während des Tages
definiert. Dieser war 2 Monate nach dem Eingriff in der
Verumgruppe median um 8 mmHg versus 3 mmHg in der
Kontrollgruppe gesunken. Die mediane Differenz zwischen
den Gruppen betrug -4,5 mmHg, der Unterschied war signi-
fikant (95%-Konfidenzintervall: -8,5 bis -0,3; p = 0,022).
Der stärkere antihypertensive Effekt hielt auch nachts
(24-Stunden-Blutdruck-Messung) sowie bei Kontrollen in
der Praxis an. Bezüglich der Sicherheitsendpunkte wie Ge-
samtsterblichkeit, Niereninsuffizienz, Thrombose, Nieren-
gefässkomplikationen oder schwerer Blutdruckanstieg war
nach 30 Tagen kein Unterschied zwischen den Gruppen zu
beobachten.
Das Ergebnis der Studie zeigt einen blutdrucksenkenden Ef-
fekt der renalen Denervation im Gegensatz zur Scheinbe-
handlung. Ob der Effekt anhaltend ist und die Methode auch
auf lange Sicht sicher ist, wird das Langzeit-Follow-up, das
3 Jahre weiterläuft, zeigen. Die Studie erschien zeitgleich mit
ihrer Präsentation im «Lancet».
vh
Quelle: «Late-break-session III», Jahreskongress des American College of Cardiology, 15. bis 17. Mai 2021, virtuell.
Referenz: Azizi M et al.: Ultrasound renal denervation for hypertension resistant to a triple medication pill (RADIANCE-HTN TRIO): a randomised, multicentre, single-blind, sham-controlled trial. Lancet. 2021;S01406736(21)00788-1.
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