Transkript
POLITFORUM
Xundheit in Bärn
MOTION vom 15.12.2017
Transparenz bezüglich Ursachen von Gewaltverbrechen und Unfallverursachung sowie Drogenkonsum herstellen
Andrea Martina Geissbühler
Nationalrat CVP Kanton Bern
Der Bundesrat wird beauftragt zu veranlassen, dass: 1. die Gerichte rechtskräftig verurteilte Gewalt-
verbrecher und selbst- oder fremdverschuldete Unfallverursacher (Verkehrs-, Arbeits- oder andere Unfällen) mit schweren oder tödlichen Personenschäden den Rechtsmedizinischen Instituten melden; 2. die RMI ihre im Vorfeld der Verurteilung ermittelten Bluttests betreffend den Konsum von illegalen Drogen, Alkohol und Psychopharmaka mit den begangenen Gewaltverbrechen oder Unfällen mit schweren oder tödlichen Personenschäden vergleichen; 3. die so entstandene Datenbank zu statistischen Zwecken verfügbar gemacht und die Daten jährlich veröffentlicht werden.
Begründung
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass zwischen Gewalttaten oder Unfällen und den Auswirkungen von Substanzen wie illegale Drogen, Psychopharmaka und Alkohol ein Zusammenhang besteht. So weist zum Beispiel Dr. M.Killias darauf hin, dass es eine starke Korrelation zwischen Gewalt und Kiffen gibt, die sogar stärker sei als jene zwischen Gewalt und exzessivem Trinken. Auch Lebensberichte von ehemals Drogenabhängigen und deren Angehörigen erzählen von verstärkter Aggressivität aufgrund des Cannabis-, Alkohol- oder Kokainkonsums. Ein Bericht der WHO von 2009 listet eine Reihe von Statistiken über den Zusammenhang von Drogen und Gewalt auf. Zwar werden bei Gewaltverbrechern und selbstoder fremdverschuldeten Unfallverursachern mit schwerem oder tödlichem Personenschaden von den Rechtsmedizinischen Instituten Blutanalysen gemacht, diese werden aber nach dem Gerichtsentscheid nicht mit den Verurteilten verglichen. Dies führt dazu, dass es die erhobenen Daten nicht erlauben, daraus fundierten Erkenntnisse zu
gewinnen. Solche wären aber wichtig, um eine zielgerichtete Gewalt- und Unfallprävention zu fördern. Zudem hat die Bevölkerung ein Recht auf transparente Informationen: Trägt das Betäubungsmittelgesetz zur Sicherheit der Bevölkerung bei? Es ist anzunehmen, dass das Interesse an Dissertationen zu einer solchen forensischen Forschungsarbeit sowohl bei Gerichten wie bei Rechtsmedizinischen Instituten vorhanden sein wird. Damit könnte sich der finanzielle Mehraufwand in Grenzen halten. Der Nutzen, der aus diesen Daten hinsichtlich Ursachenforschung und -bekämpfung sowie für eine wirkungsvolle Prävention gezogen werden könnte, wäre hingegen beträchtlich. Damit könnte auch die Sicherheit der Bevölkerung verbessert werden.
STELLUNGNAHME DES BUNDESRATES VOM 14.2.2018
Der Bundesrat hat sich bereits in seiner Stellungnahme vom 29. Mai 2013 zur Motion Freysinger «Statistik über Gewalt und Drogen» zu einem wesentlichen Teil der hier aufgeworfenen Fragen geäussert und dabei auf die hinreichend bestehenden Erhebungen hingewiesen. Er ist nach wie vor der Meinung, dass die bestehenden Statistiken und die bestehende Forschung im Bereich des Alkohol- und Drogenkonsums und dessen Auswirkungen auf Gewaltverbrechen und Unfälle grundsätzlich ausreichen, um gerade auch die Wirkungen des Betäubungsmittelgesetzes zu evaluieren. Weiter hat der Bundesrat in seinem ausführlichen Bericht vom 28. Januar 2015 zur Motion Allemann «Gewaltvorfälle in der Schweiz» eine Aufstellung zu den in der Schweiz erfassten Daten publiziert, namentlich auch, was die Spitäler bzw. deren Unfallaufnahmen
betrifft. Der Bundesrat hat dort auf verschiedene Gesetzgebungsprojekte zur Prävention hingewiesen und seiner Meinung Ausdruck verliehen,wonach die Gesellschaft akzeptieren muss, dass trotz aller bestehenden Massnahmen Gewalt nie ganz verhindert werden kann. Dasselbe gilt auch für die Prävention von Unfällen, ob mit oder ohne Alkohol- oder Drogenkonsum. Handlungsbedarf anerkennt der Bundesrat hingegen bei den von verschiedenen Städten geplanten Studien zur Erforschung des Cannabiskonsums zu rekreativen Zwecken. Das Bundesamt für Gesundheit musste eine Bewilligung für eine wissenschaftliche Studie der Universität Bern zum Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken ablehnen, weil die gesetzlichen Grundlagen dafür nicht gegeben sind. Eine Studie zur Erforschung der Folgen eines kontrollierten Zugangs
zu Cannabis auf die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten und auf die Drogenszene wäre aus Sicht des Bundesrates sinnvoll. Diesbezüglich anerkennt der Bundesrat ein Bedürfnis nach wissenschaftlich abgestützten Entscheidgrundlagen zur Weiterentwicklung der Cannabisregulierung. Aus diesem Grund ist der Bundesrat bereit, Arbeiten für einen «Experimentierartikel» im Betäubungsmittelgesetz einzuleiten. In diesen Bestimmungen sollen die Bedingungen für die wissenschaftliche Forschung und für die allfällige Weitergabe von Daten im Rahmen von befristeten wissenschaftlichen Studien in Bezug auf verschiedene Formen des Zugangs zu Cannabis geregelt werden. Ziel ist, alternative Regulierungsansätze zu prüfen, ohne dass damit ein Vorentscheid für eine bestimmte Richtung gefällt wird.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.
ARS MEDICI 12 | 2018
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