Transkript
STUDIE REFERIERT
Leichte und mittelschwere Blutungen bei antikoagulierten Patienten mit Vorhofflimmern
Blutungsereignisse ernst nehmen – auch wenn sie nicht gravierend erscheinen
Blutungen sind bei Patienten, die wegen Vorhofflimmerns eine orale Antikoagulation erhalten, keine Seltenheit. Die ARISTOTLE-Studie weist darauf hin, dass auch nicht schwerwiegende Blutungen von Bedeutung sind, da sie mit erhöhter Mortalität und späteren schweren Blutungen einhergehen.
Heart
Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) haben ein erhöhtes Schlaganfallrisiko. Eine Antikoagulation reduziert thromboembolische Ereignisse sehr effektiv, doch sind Blutungskomplikationen in diesem Setting häufig. Obwohl Warfarin das Schlaganfallrisiko bei VHF-Patienten um 64 Prozent reduziert, besteht ein Blutungsrisiko, das teilweise mit dem schmalen therapeutischen Fenster und der schwierigen Dosisanpassung zusammenhängt. Nicht-Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien (NOAK) sind aufgrund ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit in der Reduktion von Schlaganfällen und thromboembolischen Ereignissen sowie aufgrund ihres besseren Sicherheitsprofils eine effektive Alternative zu Warfarin. In der Studie ARISTOTLE (Apixaban for Reduction in Stroke and other Thromboembolic Events in Atrial Fibrillation) senkte Apixaban bei VHF-
MERKSÄTZE
O Apixaban hat in der Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) ein günstigeres Sicherheitsprofil als Warfarin.
O Blutungen sollten bei antikoagulierten VHF-Patienten immer ernst genommen werden.
O Klinisch relevante, nicht schwerwiegende Blutungen waren in der ARISTOTLE-Studie unabhängig mit einem höheren Sterberisiko und der Gefahr späterer schwerer Blutungen assoziiert.
Patienten das Risiko für Schlaganfall, schwerwiegende Blutungen, intrakranielle Blutungen und Tod im Vergleich zu Warfarin signifikant. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass schwerwiegende Blutungen mit einem deutlich erhöhten Risiko für Tod, ischämischen Schlaganfall oder Herzinfarkt assoziiert sind – vor allem, wenn es sich um intrakranielle Blutungen handelte. Jedoch sind die Relevanz und die Bedeutung einer Prävention nicht schwerwiegender Blutungen weniger klar. In einer aktuellen Studie wurden Inzidenz, Lokalisation und Management von nicht schwerwiegenden Blutungen untersucht und die Assoziation zwischen nicht schwerwiegenden Blutungen und dem klinischen Outcome bei Teilnehmern der ARISTOTLE-Studie bewertet, die wegen VHF mit Apixaban oder Warfarin antikoaguliert wurden.
Daten von über 18 000 Patienten
ausgewertet
Berücksichtigt wurden Patienten, die mindestens eine Dosis der Studienmedikation erhielten (n = 18 140). Eine nicht schwerwiegende Blutung war definiert als erstes Blutungsereignis, das als klinisch relevante, nicht schwerwiegende oder leichte Blutung betrachtet wurde und dem kein schweres Blutungsereignis vorausgegangen war.
Höheres Sterberisiko auch bei
nicht schwerwiegenden Blutungen
Nicht schwerwiegende Blutungen traten dreimal häufiger auf als schwere Blutungen (12,1% vs. 3,8%). Schwere Blutungen und nicht schwerwiegende Blutungen wurden unter Apixaban (6,4
pro 100 Patientenjahre) seltener beobachtet als unter Warfarin (9,4 pro 100 Patientenjahre, adjustierte HazardRatio [HR]: 0,69; 95%-Konfidenzinervall [KI]: 0,63–0,75). Am häufigsten fanden sich folgende nicht schwerwiegende Blutungen: O Hämaturie (16,4%) O Epistaxis (14,8%) O gastrointestinale Blutungen (13,3%) O Hämatome (11,5%) O «blaue Flecken»/Ekchymosen
(10,1%). Medikamentöse oder chirurgische Interventionen wurden bei Patienten mit nicht schwerwiegenden Blutungen unter Warfarin beziehungsweise Apixaban ähnlich häufig durchgeführt (24,7% vs. 24,5%). Eine Änderung der antithrombotischen Therapie (58,6% vs. 50,0%) und ein permanentes Absetzen der Studienmedikation (5,1% vs. 3,6%) wurden unter Warfarin häufiger vorgenommen als unter Apixaban. Klinisch relevante nicht schwerwiegende Blutungen waren unabhängig mit einem erhöhten Risiko für Gesamtmortalität (adjustierte HR: 1,70; 95%-KI: 1,32– 2,18) und für später auftretende schwere Blutungen (adjustierte HR: 2,18; 95%KI: 1,56–3,04) assoziiert.
Fazit
In der ARISTOTLE-Studie wurden nicht
schwerwiegende Blutungen relativ häu-
fig beobachtet, unter Apixaban traten
sie jedoch erheblich seltener auf als
unter Warfarin. Klinisch relevante, nicht
schwerwiegende Blutungen waren unab-
hängig mit einem höheren Sterberisiko
und der Gefahr späterer schwerer Blu-
tungen assoziiert.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie
unterstreichen die Bedeutung von Blu-
tungen jeglichen Schweregrades bei
antikoagulierten VHF-Patienten und
weisen darauf hin, dass nicht schwer-
wiegende Blutungen einschliesslich
leichter Blutungen möglicherweise
nicht unbedeutend sind, so die Autoren
zusammenfassend.
O
Andrea Wülker
Quelle: Bahit MC et al.: Non-major bleeding with apixaban versus warfarin in patients with atrial fibrillation. Heart 2016, Oct 24, pii: heartjnl-2016-309901, doi: 10.1136/ heartjnl-2016-309901.
Interessenlage: Ein Teil der Autoren hat Forschungsgelder/Honorare von verschiedenen Institutionen und Unternehmen erhalten.
296
ARS MEDICI 6 I 2017