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STUDIE REFERIERT
Tocilizumab bei rheumatoider Arthritis: mit oder anstatt Methotrexat?
Ergebnisse der SURPRISE-Studie nach einem Jahr
Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die auf Methotrexat allein nicht ausreichend ansprechen, muss eine Therapieanpassung erfolgen. Eine randomisierte Studie hat die Kombination mit dem Interleukin-6-Hemmer Tocilizumab und den Wechsel zu Tocilizumab in Monotherapie miteinander verglichen.
Annals of the Rheumatic Diseases
Während die Mehrheit der Studien Vorteile von Kombinationstherapien von Methotrexat (MTX) mit konventionellen oder biologischen DMARD (disease-modifying antirheumatic drugs) sieht, steht für die Interleukin-(IL-)6Hemmung mit dem humanisierten monoklonalen Antikörper Tocilizumab (Actemra®) auch die Monotherapie im Raum.
Methodik In der Studie SURPRISE (Success of Tocilizumab in RA Patients With Remission Induction and Sustained Efficacy After Discontinuation) wurden die Wirksamkeit und Sicherheit zweier Therapiemöglichkeiten – Hinzufügen von Tocilizumab zu Methotrexat (Addon) oder Wechsel von MTX zu Tocilizumab – miteinander verglichen. Die Studie rekrutierte Patienten mit trotz MTX-Therapie mässiger oder hoher Krankheitsaktivität (gemessen am DAS28
MERKSÄTZE
O Die Ergebnisse der SURPRISE-Studie bei Patienten mit inadäquatem Ansprechen auf Methotrexat deuten darauf hin, dass Tocilizumab als Add-on zu Methotrexat klinisch und radiologisch dem Wechsel von Methotrexat zu Tocilizumab überlegen ist.
O Die Kombination Methotrexat plus Tocilizumab führt zu einer besseren Unterdrückung des Entzündungsgeschehens, zeigt aber mehr Nebenwirkungen.
[disease activity score an 28 Gelenken]). Primärer Endpunkt war die DAS28Remissionsrate in Woche 24. Sekundäre Ziele waren Indizes für die klinische Wirksamkeit, radiologische Verlaufskriterien sowie die Sicherheit.
Ergebnisse
Von 223 randomisierten Patienten vollendeten 83 Prozent 52 Behandlungswochen. Die DAS28-Remissionsraten nach 24 Wochen betrugen mit Add-on 70 Prozent und mit Wechsel zu Tocilizumab 55 Prozent (p = 0,02), wurden aber nach 52 Wochen vergleichbar (72% vs. 70%; p = 0,92). Im Gegensatz dazu waren die Raten von klinisch relevanter radiologischer Progression (CRRP) nach dem Wechsel zur Tocilizumabmonotherapie höher als unter der Kombinationsbehandlung (15% vs. 75%; p = 0,07). Die radiologische Progression war bei den CRRP-Patienten ausgeprägter nach Wechsel zu Tocilizumab allein als unter Add-on (9,0/Jahr vs. 5,0/Jahr; p = 0,04). Die Differenz bei den mittleren Werten für C-reaktives Protein bei den CRRP-Patienten war für die ersten 24 Wochen signifikant (1,56 vs. 0,49; p = 0,001), aber nicht für die folgenden 28 Wochen (0,10 vs. 0,04; p = 0,1). Insgesamt war die Zahl der Patienten mit mindestens einer Nebenwirkung in der Add-on-Gruppe höher als in der Wechselgruppe (60% vs. 45%; p = 0,02), aber der Prozentsatz der Patienten mit mindestens einer schweren Nebenwirkung war vergleichbar (13,9% vs. 8,1%; p = 0,20). Unter der Kombination MTX plus Tocilizumab traten Infektionen, Magen-Darm-Störungen
und Leberdysfunktion häufiger auf als unter Tocilizumab allein.
Diskussion Diese Studie hat zwei Behandlungsstrategien bei rheumatoider Arthritis (RA) mit inadäquatem Ansprechen auf MTX verglichen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Tocilizumab als Add-on zu MTX klinisch und radiologisch dem Wechsel von MTX zu Tocilizumab überlegen ist. Zwar holte die Gruppe mit Therapiewechsel im Verlauf hinsichtlich der klinischen Wirkung zur Gruppe mit Tocilizumab als Add-on auf, aber der strukturelle Gelenkschaden schritt über ein Jahr unter Tocilizumabmonotherapie weiter voran. Als Fazit stellen die Autoren fest, dass bei Patienten mit RA und nicht ausreichendem Ansprechen auf MTX das Hinzufügen von Tocilizumab das Entzündungsgeschehen im Vergleich zum Wechsel von MTX auf Tocilizumab besser unterdrückt. Dies führt zu einer besseren klinischen Wirksamkeit und zur Vorbeugung von Gelenkdestruktionen. Die Kombinationsbehandlung ist somit der Monotherapie vorzuziehen, macht aber Vorsichtsmassnahmen hinsichtlich der Nebenwirkungen notwendig. O
Halid Bas
Quelle: Kaneko Y et al.: Comparison of adding tocilizumab to methotrexate with switching to tocilizumab in patients with rheumatoid arthritis with inadequate response to methotrexate: 52-week results from a prospective, randomised, controlled study (SURPRISE study). Ann Rheum Dis 2016, published online first. Doi:10.1136/ann rheumdis-2015-208426.
Interessenkonflikte: Die Studienautoren Kaneko Y et al. deklarieren mannigfache Beziehungen zu Pharmafirmen mit Interessen auf dem Gebiet der Rheumatologie.
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ARS MEDICI 6 I 2016