Transkript
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Mehr Energie – mehr Leistung
Kreatin – warum, wann und für wen ?
THEO WALLIMANN*
Kreatin, eine natürliche Körpersubstanz, ist schon seit mehr als 170 Jahren bekannt. Dennoch wurde die Substanz lange als physiologisch wenig interessant und «trivial» angesehen und folglich ignoriert. Dank intensiver Grundlagenforschung über seine Wirkungen und die physiologischen Funktionen der Kreatin-Kinase wurde die Bedeutung dieser Substanz mit ihren vielseitigen Wirkungen auf den zellulären Energiemetabolismus erst offensichtlich [165, 168, 175]. Mit der Verfügbarkeit von synthetisch hergestelltem Kreatin, das anlässlich der Olympiade in Barcelona mit grossem Erfolg von Sportlern ausprobiert wurde, erlebte die Substanz einen wahren Boom. Nachdem das Dopingstigma überwunden wurde und Gerüchte über angebliche Nebenwirkungen erfolgreich widerlegt werden konnten, hat Kreatin heute weltweit den Status eines behördlich anerkannten, offiziell zugelassenen Nahrungsergänzungsmittels. Kreatin besitzt ein überzeugendes, wissenschaftlich breit dokumentiertes Wirkungsspektrum [6, 19, 176, 178]. Es fördert nicht nur die Muskelbildung und steigert die Muskelkraft, sondern erhöht gleichzeitig die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit (Kognition, Lernen, Gedächtnis und Stresstoleranz) und verbessert die Erholungszeiten nach sportlichen Aktivitäten. Obwohl Kreatin nicht als Heilmittel gilt, belegen zahlreiche Studien, dass es für die Gesundheit von Gehirn, Nerven- und Sinneszellen, Muskeln, Knochen und Haut unerlässlich ist und bei verschiedenen Erkrankungen dieser Organe helfen kann [75]. Der nachfolgende Beitrag zu Kreatin fasst die vorhandenen Daten über Wirkungen und Anwendungsbereiche zusammen.
Kreatin ist eine natürliche Körpersubstanz, die nicht gleichzusetzen ist mit Kreatinin (Creatinine, Crn), Keratin, Carnitin oder Carotin. Kreatin ist in zahlreiche wichtige physiologische Abläufe involviert (168, 176, 178) und daher für die Funktionsfähigkeit des menschlichen Organismus, insbesondere des Gehirns, unabdingbar (130, 144). Der Körper eines 75 kg schweren Erwachsenen enthält etwa 120 bis 150 g Kreatin, das sich vorwiegend in den Skelettmuskeln, im Herzmuskel und im Gehirn befindet. In den schnellen, weissen und vorwiegend glykolytisch arbeitenden Muskelfasern fin-
*Prof. emeritus, ETH, Zürich
det man eine totale Kreatin-Konzentration (Kreatin plus Phospho-Kreatin) von bis zu 50 mmol/l (165, 176).
Das Kreatin-Kinase-/PhosphoKreatin-System garantiert die zelluläre Energieversorgung
Um die vielfältige Wirkung von Kreatin verstehen zu können, sollte man einiges über die physiologische Funktion der Kreatin-Kinase (CK), also des Enzyms, das Kreatin in der Zelle umsetzt, verstehen. Einerseits regeneriert die Kreatin-Kinase mithilfe des energiereichen PhosphoKreatins das ATP (Adenosin-Tri-Phosphat), das als universelle Energiewährung in allen Zellen verwendet wird. Anderer-
seits lädt die Kreatin-Kinase via ATP das Kreatin (Cr) wieder zum energiereichen Phospho-Kreatin (PCr) auf. Diese reversible enzymatische Reaktion, PCr + MgADP +H+ ← CK → Cr + MgATP, spielt eine entscheidende Rolle im Energiemetabolismus nicht nur in den Skelettmuskeln und
Abkürzungen:
Adenosin-Tri-Phosphat (ATP), Adenosin-Di-Phosphat (ATP), Advanced Glycation of Proteins (AGE), amyotrophe Lateral-Sklerose (ALS), freie Sauerstoff-Radikale (ROS), International Society for Sports Nutrition (ISSN), Körpergewicht (KG), Kreatin (Cr), Kreatinin (Crn), Kreatin-Kinase (CK), mitochondriale CK (mt-CK), Morbus Huntington (MH), multiple Sklerose (MS), Phospho-Kreatin (PCr)
29 5/08
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
im Herzen (125–127), sondern auch im Gehirn, in Nerven und in Sinneszellen, wie zum Beispiel in der Netzhaut und im Innenohr sowie in Spermien und anderen Zellen (132, 137, 165, 166, 168, 175). Die lebenswichtige physiologische Bedeutung dieses Systems lässt sich aus folgenden experimentellen Befunden ableiten: 1. Lokalisationsstudien der Kreatin-Kinase zeigen, dass die verschiedenen Isoformen des Enzyms in den Zellen ganz spezifisch dort lokalisiert sind, wo zelluläre Energie in Form von ATP entweder hergestellt oder verbraucht wird. An den jeweiligen Orten führt die Kreatin-Kinase dann ganz spezielle Funktionen aus (127, 165, 168, 175) (Abbildung 1). Das Kreatin-Kinase/Phospho-Kreatin-(CK-PCr-)System wirkt dual: einerseits als sofort verfügbarer Energiespeicher (wichtig für die Schnellkraft), anderseits als Energietransportsystem oder Shuttle zwischen den Mitochondrien, den Energiekraftwerken in der Zelle, und den Orten, wo Energie verbraucht wird (wichtig für die Ausdauer und Erholung) (2, 19, 125–127, 132, 168) (Abbildung 1 und 2). 2. Versuchstiere, bei denen durch Füttern des Kreatin-Analogons Guanidino-Propionsäure (GPA) die Konzentration des körpereigenen Kreatins in den Skelettmuskeln, im Herz und Gehirn erniedrigt wurde, zeigen funktionelle Defizite und anatomisch-histologische Veränderungen in den Zellen, die denjenigen von Patienten mit sogenannten mitochondrialen Myopathien ähnlich sind (103, 104). Mäuse, denen die Kreatin-Kinase in den Muskeln und/oder im Gehirn fehlt (transgene Knock-out-Mäuse), zeigen deutlich verminderte Muskelkraft (171) und Probleme mit der Muskelrelaxation (142). Letztere sind auf eine gestörte Kalzium-Homöostase in den Muskeln zurückzuführen. Es ist bekannt, dass die Kreatin-Kinase essenziell für die Energieversorgung von Ionenpumpen, insbesondere der Kalziumpumpe, ist (168). Zudem präsentieren diese transgenen Mäuse signifikante neurologisch bedingte Verhaltensstörungen sowie Abnormalitäten in den Muskeln und im Gehirn (146). 3. Bei Patienten, die aufgrund von genetischen Erkrankungen im Kreatin-Stoff-
wechsel kein Kreatin im
Gehirn aufweisen, lassen
sich ebenfalls gravierende
neurologische Symptome
beobachten. Insbesondere
zeigen bereits Kleinkinder
signifikante Entwicklungs-
störungen, Unfähigkeit zu
sprechen, Autismus und
Epilepsien, die je nach ge-
netischer Ursache durch
eine simple Kreatin-Supplementation rückgängig gemacht werden können (131, 144). 4. Kreatin-Supplementation bewirkt eine signifikante zellschützende Wirkung, das heisst, Kreatin kann Muskel-, Herz-, Nerven- und Hautzellen vor verschiedenen negativen Stressoren schützen (17, 85, 108, 118). Die Substanz zeigt nicht nur bei gesunden Menschen positive Wirkungen (z.B. im Sport und im Alltag), sondern auch bei diversen muskulären, neuromuskulären und neuro-
Abbildung 1: Das Kreatin-Kinase-/Phospho-Kreatin-System: Energiepuffer und Energie-Shuttle Symbolisch ist eine Muskel- oder Nervenzelle dargestellt (schwarze Umrandung entspricht der Zellmembran) mit einem Mitochondrium, der zellulären Energiefabrik (links) und dem Zytosol (Zellplasma). Der Zellkern fehlt in dieser Illustration. Die verschiedenen Isoformen der Kreatin-Kinase (CK) sind in der Zelle dort lokalisiert, wo Energie in Form von Adenosin-Tri-Phosphat (ATP) produziert wird, das heisst in den Mitochondrien (A), wo durch Fettverbrennung ATP hergestellt wird, oder im Zytoplasma wo via Glykolyse (G) ebenfalls ATP produziert wird. Dort sind die mitochondriale CK (1-CK) und ein Teil der zytosolischen CK (2-CK) spezifisch lokalisiert. Diese CK übernehmen das neu hergestellte ATP und übertragen dessen Energie auf das Kreatin (Cr), wodurch das noch energiereichere Phospho-Kreatin (PCr) gebildet wird. Dadurch wird der zelluläre Energiepuffer in der Form von PCr aufgefüllt. CK ist aber auch überall dort lokalisiert, wo Energie in der Form von ATP verbraucht wird (4-CK). Dort wird dieses ATP via PCr mittels dieser CK direkt an Ort und Stelle regeneriert. Schliesslich sorgt eine lösliche CK (3-CK) im Zytosol für das entsprechende PCr/Cr- und ATP/ADP-Gleichgewicht. Wie aus dem Schema ersichtlich ist, wird also nicht das ATP von den Orten seiner Herstellung in den Mitochondrien (A) oder der Glykolyse (G) zu den Orten des ATP-Verbrauchs (ATPase, rechts in der Figur) transportiert, sondern es ist das kleinere und weniger geladene PCr, welches als Energietransportmolekül verwendet wird und mit Kreatin als PCr/Cr-Shuttle funktioniert (für Details siehe [6, 132, 168]).
degenerativen Erkrankungen (2, 6, 19, 75, Kreatin (PCr) und Kreatin (Cr) als Energie-
151, 167, 168, 178).
träger kompensiert. Nicht das in den Mito-
Die Energiepuffer- und Energietransport- chondrien (A) oder durch Glykolyse (G)
funktion des CK-PCr-Systems (132) ist in hergestellte ATP diffundiert also an die Or-
Abbildung 1 schematisch dargestellt und te des Energieverbrauchs, sondern das
in der dazugehörigen Legende ausführ- PCr. Analog ist es nicht das ADP, das von
lich beschrieben. Zusammenfassend ge- dort zu (G) oder (A) zurückkehrt, sondern
sagt, ermöglicht das CK-PCr-System, dass das leicht diffundierende Kreatin (Cr). So-
das zelluläre ATP/ADP-Verhältnis (das für mit wird der intrazelluläre Energietrans-
die thermodynamisch effektive Funktion port mit einem PCr/Cr-Shuttle bewerk-
der ATP-spaltenden Enzyme sehr wichtig stelligt.
ist) lokal in der Nachbarschaft dieser Die Energietransportfunktion der Krea-
ATPasen aufrechterhalten und somit ge- tin-Kinase kann am Beispiel der mito-
puffert wird (98, 165). Falls eine Zelle in chondrialen Kreatin-Kinase (mt-CK) illus-
kurzer Zeit viel Energie verbraucht, wird triert werden (Abbildung 2). Die mt-CK ist
also ATP auf Kosten des grösseren Phos- ein grosses oktameres Enzym, dessen
pho-Kreatin-Pools konstant gehalten und atomare Struktur aufgeklärt worden ist
so die ATP-Konzentration gepuffert. (132). Die molekulare Funktionsweise der
Gleichzeitig wird damit die limitierte Dif- mt-CK in Zusammenarbeit mit der mito-
fundierbarkeit von ATP – von den Orten chondrialen Atmungskette, der ATP-Her-
seiner Synthese, also den Mitochondrien stellung, dem ATP-Transport durch die in-
(A) und der Glykolyse (G), zu den Orten sei- nere Mitochondrienmembran, sowie der
nes Verbrauchs (ATPase) – durch einen Export von PCr aus dem Mitochondrium
Energietransport-Shuttle aus Phospho- wird in Abbildung 2 beschrieben.
5/08
30
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das molekulare und räumliche Zusammenspiel der einzelnen Komponenten eine funktionelle Koppelung der Energieproduktion in den Mitochondrien sowie des Energietransports aus den Mitochondrien ergibt, die das System thermodynamisch effizient macht. Die physiologische Konsequenz des beschriebenen Mechanismus hat zur Folge, dass Kreatin die mitochondriale Atmung und somit die Herstellung von ATP in den Mitochondrien stimulieren kann (72, 140), was für die Ausdauerleistung und Erholung im Sportbereich wichtig ist. Durch die optimale Koppelung der mitochondrialen Atmungskette mit der ATPHerstellung und dem Energieexport aus den Mitochondrien in Form von PhosphoKreatin (PCr) via mt-CK und Kreatin (Cr) wird zudem die interne Produktion schädigender Sauerstoffradikale in der mitochondrialen Matrix (Abbildung 2, ROS) deutlich reduziert (95). Die verschiedentlich festgestellte Wirkung von Kreatin als zellschützendes Antioxidans (13, 85, 133) kann mindestens teilweise dadurch erklärt werden. Schliesslich wird das Mitochondrium durch die molekulare Eigenschaft des symmetrischen mt-CKMoleküls, das die äussere und innere Mitochondrienmembran zusammenhält, stabilisiert (86). Eine beginnende Apoptose, die mit einer Schwellung, Porenöffnung und schliesslich einem Platzen der Mitochondrien einhergeht, wird durch mt-CK im Zusammenspiel mit Kreatin verzögert oder sogar verhindert (42, 105, 132). Dieser antiapoptotische Effekt ist Teil des zellschützenden Effekts von Kreatin. Eine Hemmung von mt-CK mit RNA-Interferenz wirkt sich denn auch dementsprechend negativ auf die Überlebensfähigkeit von so behandelten Zellen aus und verursacht ein deutliches Schwellen der Mitochondrien (86).
Endogene Synthese, alimentäre Versorgung und Kreatin-Defizienz
Endogene Synthese Kreatin wird zu einem gewissen Prozentsatz (ca. 1–2 g/Tag, was weniger als 50% des täglichen Bedarfs entspricht) vom Organismus selbst hergestellt. Obwohl die
Substanz enzymatisch aus
den drei Aminosäuren
Arginin, Glycin und akti-
viertem Methionin, syn-
thetisiert wird (Abbildung
3) (20, 21), ist sie selbst kei-
ne Aminosäure, sondern
eine Guanidino-Verbin-
dung (Methyl-Guanidino-
Essigsäure, siehe Abbil-
dung 3, Kasten, oben links).
Der erste Schritt der Krea-
tin-Synthese via AGAT findet vorwiegend in der Niere und teilweise in der Speicheldrüse statt, von wo der Kreatin-Vorläufer Guanidino-Azetat via Blut zur Leber transportiert und dort durch GAMT zu Kreatin methyliert wird (176) (Abbildung 3). Von dort wird Kreatin wieder über das Blut zu den Zielorganen transportiert (20) und gelangt mithilfe eines spezifischen Kreatin-Transpor-
Abbildung 2: Energie-Shuttle via mitochondriale Kreatin-Kinase und Phospho-Kreatin Diese Abbildung zeigt einen stark vergrösserten Ausschnitt von Abbildung 1 links auf der mitochondrialen Seite. Hier ist die mitochondriale Kreatin-Kinase (mt-CK) zwischen der inneren und äusseren mitochondrialen Membran lokalisiert, wo mt-CK das durch die F1-ATPase hergestellte (1.) und durch den Adenosin-Nukleotid-Transporter (ANT) durch die Innenmembran geschleuste ATP in Empfang nimmt (2.). Die im ATP enthaltene Energie wird via mt-CK auf das vom Zytosol durch den VDACTransporter in den Zwischenraum transportierte Kreatin (Cr) übertragen (3.), wodurch Phospho-Kreatin (PCr) entsteht, das dann via VDAC aus dem Mitochondrium ins Zytosol geschleust wird. Es ist also nicht das ATP, welches das Mitochondrium verlässt, sondern PCr, das gleichzeitig als Energietransportmolekül fungiert. Die Adenosin-Nukleotide ATP und ADP werden innerhalb des Mitochondriums rezyklisiert, und die funktionelle Koppelung der mitochondrialen Atmung mit der ATP-Herstellung und dem Export von PCr via mt-CK und Kreatin führt dazu, dass innerhalb des Mitochondrions die Entstehung von zellschädigenden Sauerstoffradikalen (ROS) minimiert wird. (für Details siehe 132, 168, 175).
ters (Abbildung 1, CRT) (57)
in die Zellen, wo es via Kreatin-Kinase mit- Vegetarier oder Veganer ein Kreatin-Defi-
tels ATP zu Phospho-Kreatin (PCr) energe- zit aufweisen, was durch Kreatin-Messun-
tisch aufgeladen wird. In energetisch auf- gen im Serum und in Muskelbiopsien
geladenen Zellen beträgt das Verhältnis auch bestätigt worden ist (24, 172). Krea-
von Phospho-Kreatin zu Kreatin rund 2/3 tin ist ausserdem ein natürlicher Bestand-
zu 1/3. Durch eine nichtenzymatische, rein teil der Muttermilch und der Milch von
chemische Gleichgewichtsreaktion wird Säugetieren. Trinkt ein 4 kg schwerer
aus Kreatin (Cr) das zyklisierte Kreatinin Säugling beispielsweise täglich rund 1 Li-
(Crn) gebildet, das die Zelle verlassen ter Muttermilch, die etwa 0,1 g Kreatin
kann und aus dem Blut über die Nieren pro Liter enthält (64), nimmt er 0,0250
entsorgt wird (für Details siehe Legende g/kg KG Kreatin zu sich, was einer tägli-
zu Abbildung 3 und 20, 21, 176).
chen Kreatin-Dosis von rund 2 g für einen
Erwachsenen gleichzusetzen wäre. (für
Alimentäre Quellen
Details siehe 176).
Rund 50 Prozent des täglichen Kreatin-
Bedarfs von etwa 3 bis 4 g müssen extern Kreatin-Defizienz beim Menschen
über alimentäre Quellen aufgenommen Erst in jüngerer Zeit sind die sogenannten
werden. Da Kreatin vor allem in frischem zerebralen Kreatin-Defizienz-Syndrome
Fisch und frischem Fleisch vorkommt, so- entdeckt worden (130, 144). Ihre Ursache
wie in geringerem Masse auch in der sind autosomale, rezessive Gendefekte,
Milch, sind dies die besten natürlichen entweder in einem der beiden Enzyme
Kreatin-Quellen (176) (Abbildung 4). Um AGAT und GAMT, die in der Kreatin-Syn-
die tägliche alimentäre Dosis von 2 bis 3 g these involviert sind (Abbildung 3), oder
Kreatin zu erhalten, müsste man also täg- im Kreatin-Transporter (X-chromosomal)
lich rund 250 bis 300 g Fisch oder Fleisch (130) (Abbildung 1, CRT), einem Mem-
verzehren (23). Es ist offensichtlich, dass branprotein, das die Substanz in Muskel-
31 5/08
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
und neuronale Zellen hineintransportiert (57). Bei Kreatin-Defizienz-Patienten fehlt das zerebrale Kreatin fast vollständig. Diese Patienten weisen entsprechend schwere neurologische Symptome, Entwicklungsstörungen im Kindesalter, Unfähigkeit zu sprechen, Autismus, Epilepsie und geistige Behinderung auf (130, 144). Kindern mit einem Defekt in AGAT kann durch einfache Kreatin-Supplementation geholfen werden, vor allem wenn die Behandlung im frühen Kindesalter einsetzt (131). Personen mit einem Defekt in GAMT muss infolge der Akkumulation des neurotoxischen Guanidino-Azetats zusätzlich zu Kreatin eine Arginin-arme und mit Ornithin angereicherte Diät verabreicht werden, damit die GuanidinoAzetat-Konzentration möglichst tief gehalten werden kann (130) (Abbildung 3). Im Gegensatz dazu scheinen Patienten mit einem Defekt im Kreatin-Transporter nicht von einer Kreatin-Gabe zu profitieren, weil die Substanz nicht in die Zellen gelangen kann (130). Gemäss neueren Untersuchungen wird davon ausgegangen, dass ein relativ grosser Prozentsatz von Personen mit unbekannter Ätiologie, die in Heimen für geistig Behinderte leben, in der Tat an einem unerkannten Kreatin-Defizienz-Syndrom leiden (144). Durch einfache Screeningtests lassen sich Veränderungen der Konzentrationen von Kreatin und seiner Metaboliten in Serum und Urin diagnostizieren.
Kreatin im Sport: Muskelaufbau, Schnellkraft, Ausdauer und Regeneration
Kreatin – offiziell zugelassenes, wirksames Nahrungsergänzungsmittel Im Gegensatz zu anderen intensiv ausgelobten Nahrungsergänzungsmitteln, wie etwa dem im Sportbereich umstrittenen und teureren L-Carnitin (143), kommt oral eingenommenes Kreatin tatsächlich in den Muskeln an. Die Substanz wird nämlich über einen spezifischen KreatinTransporter durch die Muskelzellmembran geschleust und entfaltet dort wissenschaftlich dokumentierte Wirkungen (23, 39, 62, 71, 83, 155, 160, 163, 164). Das Schweizerische Bundesamt für Gesundheitswesen (BAG) hat Kreatin als
Nahrungsergänzungsmittel geprüft und im August 1995 offiziell zugelassen. In einem Kommuniqué vom 14.12.1998 hat das Internationale Olympische Komitee (IOK) in Lausanne offiziell bestätigt, dass es keine objektiven Gründe gibt, Kreatin auf die Dopingliste zu nehmen, und dass Kreatin von Sportlern und Athleten zur natürlichen Leistungssteigerung verwendet werden darf. Inzwischen wird die Substanz weltweit von Millionen von Spitzen- und Freizeitathleten eingenommen. Basierend auf den Resultaten von rund 350 Publikationen, die zur KreatinSupplementation im Sport erschienen sind, qualifiziert sich Kreatin als leistungssteigerndes (ergogenes), natürliches und nebenwirkungsfreies Nahrungsergänzungsmittel. In einem Positionspapier der International Society of Sports Nutrition wurde Kreatin als das wirksamste ergogene «nutritional supplement» bezeichnet, das eine wissenschaftlich erwiesene Zunahme der Muskelmasse (Lean Body Mass) mit deutlicher Steigerung der maximalen Muskelkraft und -leistung sowie der «high-intensity training capacity» bewirkt (23). In derselben Stellungnahme wird sowohl die Kurz- als auch die Langzeiteinnahme von Kreatin (sofern es chemisch rein ist und die Dosierungsvorschriften eingehalten werden) nicht nur als sicher, sondern auch als vorteilhaft im Sinne einer Prävention von Sportverletzungen taxiert (23) (www. jissn.com/content/4/1/6).
Kreatin fördert die Muskelbildung und erhöht die Muskelmasse Muskelfasern werden während der normalen Muskeldifferenzierung oder bei Regeneration nach Muskelverletzungen aus sich rasch teilenden Muskelvorläuferzellen, den sogenannten Myoblasten (28) respektive Satellitenzellen (106, 162), gebildet. Durch Fusion der individuellen Vorläuferzellen entstehen vielkernige Synzytien (sog. Myotuben), in denen sich der kontraktile Apparat der Muskelfasern ausbildet. Für alle diese Prozesse, also die Proliferation und Fusion der Vorläuferzellen und deren Differenzierung zu Muskelfasern sowie für die Synthese der Muskelproteine, wird viel Energie benötigt.
Dabei spielen Kreatin-Kinase und Kreatin eine wichtige Rolle (165, 168). Extern zugeführtes Kreatin unterstützt den Umbau des Zytoskeletts, der für die Fusion der Myoblasten zu Myotuben und deren Differenzierung zu Muskelfasern notwendig ist (28, 101). Zudem wird durch Kreatin die Fusionsrate der Myoblasten erhöht und der Durchmesser der Myotuben vergrössert (28) sowie die Synthese von Muskelproteinen stimuliert (28, 62, 65). Kreatin erhöht die Expression muskelspezifischer Transkriptionsfaktoren, deren Funktion für den Aufbau der Muskelmasse nötig ist (62), und unterdrückt gleichzeitig die Expression von Myostatin, einem Negativregulator für die Muskelmasse (38). Bei Athleten erhöht Kreatin die Expression Insulin-ähnlicher Wachstumsfaktoren wie IGF-I (> 30%) und IGF-II (> 40%) (36, 129), aktiviert die für den Muskelaufbau essenziellen Stammzellen (32, 162) und beschleunigt die Muskeldifferenzierung über die Aktivierung der Akt/PKB-Signalkaskade (37). Diese Stimulation des Muskelwachstums und damit der fettfreien Magermasse (Lean Body Mass) ist gleichzeitig mit einer Zunahme der Muskelkraft verbunden (62). Die hier unter dem Aspekt Sport beschriebenen Resultate gelten selbstverständlich ebenso für die Rehabilitation von Patienten mit einer Muskelatrophie infolge Immobilisation (61) sowie für Patienten mit Muskelerkrankungen, die mit Muskelschwund (150) einhergehen (siehe unten).
Kreatin erhöht die Schnellkraft und fördert Ausdauer und Regeneration Kreatin-Supplementation führt zu einem Anstieg der intramuskulären KreatinKonzentration und einem verbesserten Energiestatus durch Erhöhung des Phospho-Kreatin/ATP-Verhältnisses (PCr/ATP) (160). Dadurch können die Muskelzellen länger auf energetisch effizienterem Niveau arbeiten. Zusammen mit dem Befund, dass Kreatin den Muskelfaserquerschnitt aller Muskelfasertypen, einschliesslich der oxidativen Typ-I-Ausdauerfasern, vergrössert (148, 163), verhilft die bessere Aufladung der «Muskelbatterien» nicht nur zu einer Steigerung der
5/08
32
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Muskelschnellkraft (54, 71, 83) und einer kürzeren Relaxationszeit (161), sondern auch zu einer besseren repetitiven Maximalkraftleistung (163). Zusätzlich erhöht Kreatin die Ausdauerleistung (70, 97), verzögert die Ermüdungsschwelle (141, 145) und verbessert die Erholung nach intensiver Belastung (62, 140). Die Tatsache, dass Kreatin, falls zusammen mit Kohlehydraten nach intensivem Training eingenommen (26, 73), nicht nur zu einer Erhöhung des Phospho-Kreatin-Spiegels (53), sondern auch zu einer signifikanten Akkumulation von Glykogen in den Muskeln führt (121, 134), ist für die Ausdauerleistung ebenfalls relevant. Mit dieser Strategie wird der optimale Effekt von Kreatin erreicht (23, 26, 73). Zudem werden durch die Kreatin-Zufuhr die Blutparameter für Muskelentzündung und Muskelkater nach Ausdauerleistungen signifikant erniedrigt (10, 128). Schliesslich steigt durch Interferenz von Kreatin mit dem zentralen Serotonin- und Dopamin-System die Wahrnehmungsgrenze des Athleten für Erschöpfungszustände (58, 141). Neulich wurde gezeigt, dass Kreatin die Konzentration von Karnosin in den Muskeln erhöht, was die Resistenz gegen Muskelermüdung verstärkt (40). Diese neuen zusätzlichen, teilweise indirekten Effekte von Kreatin dürften für Ausdauersportler von Interesse sein, ebenso wie die Tatsache, dass Kreatin die Rekrutierung und Differenzierung von Muskelsatellitenzellen aktiviert (106, 162). Diese Zellen sind nämlich für die Reparatur von Muskelschäden, wie sie bei intensivem Sport häufig auftreten, verantwortlich. Diese Kreatin-bedingten Faktoren, zusammen mit der durch Kreatin verbesserten Erholung nach erschöpfender Leistung (140), wirken insgesamt ebenfalls leistungssteigernd im Ausdauerbereich und ermöglichen den Athleten unter anderem eine signifikante Erhöhung der Trainingskadenz (24). Bei einem kleinen Prozentsatz von Athleten, den Non-Respondern, scheint Kreatin nur wenig zu wirken (148). Ob das auf eine gleichzeitige Einnahme von Kreatin mit Koffein zurückzuführen ist (159), ist eher fraglich (41).
Kreatin für das Herz
Es gibt bis anhin nur wenige neuere Humanstudien über kardiologische Wirkungen von Kreatin, obwohl die wissenschaftliche Bedeutung des Kreatin-Kinase-Systems inzwischen auch für die Funktion des Herzmuskels belegt ist (30, 81, 125, 126, 177). Es ist bekannt, dass der menschliche Herzmuskel mit zunehmendem Alter deutlich weniger PhosphoKreatin und auch weniger ATP enthält (82) und sowohl der Energiestatus wie auch der Energiefluss durch das KreatinKinase-System im kranken menschlichen Herzen signifikant verringert beziehungsweise gestört ist (154). In vitro führt eine Verringerung der Kreatin-Konzentration in Herzzellen zu strukturellen Veränderungen in den Mitochondrien (43), während in vivo eine Abnahme von Kreatin im Herzmuskel des Menschen eine signifikante Beeinträchtigung der Herzfunktion bewirkt (66). Eine relativ kurzzeitige Supplementation herzkranker Patienten mit 5 bis 20 g Kreatin pro Tag während fünf bis zehn Tagen brachte dennoch für die Patienten keine nennenswert verbesserte Herzleistung, dagegen eine deutlich messbare Steigerung der Muskelkraft, die sich positiv auf die Lebensqualität auswirkte (7, 33, 49). Durch direkte Infusion von PhosphoKreatin als Zusatz zu den kardioplegischen Infusionslösungen konnte jedoch bei verschiedenen Herzkrankheiten ein deutlicher Schutzeffekt erreicht werden (156). Diese Applikation zeigte auch bei chronischer Herzinsuffizienz (52) und Herzrhythmusstörungen nach Infarkt (122) eine positive Wirkung.
Kreatin für die Knochen
Kreatin-Kinase spielt nicht nur eine grosse Rolle für die zelluläre Energetik der Knochenbildung, das heisst für die Deposition von Knochenmineralien und die Synthese von Knochenmatrix durch die Osteoblasten (8, 46, 47), sondern auch für die Knochenresorption durch Osteoklasten (27). Das Enzym wird ausserdem für die Knorpelbildung benötigt (46, 47). Im Einklang mit diesen Befunden stimuliert Kreatin die Proliferation, Differenzierung und Mineralisierung von Osteoblasten in
Zellkulturen (47, 48), was als wichtige Voraussetzung für die Knochenbildung angesehen werden kann. Kreatin scheint sich ebenfalls positiv auf explantierte Zellen von osteoporotischen Knochen auszuwirken (48). In der Tat konnte sowohl tierexperimentell als auch am Menschen gezeigt werden, dass die Kreatin-Supplementierung (am besten in Kombination mit Training) nicht nur die Muskelparameter günstig beeinflusst, sondern gleichzeitig auch die Knochendichte (8) der Probanden deutlicher zugenommen hat als in der Plazebogruppe (29). Dasselbe wurde im Rahmen klinischer Pilotstudien mit muskelkranken Patienten festgestellt, die häufig auch unter Verlust von Knochenmasse leiden (150). Aufgrund der jetzigen Datenlage kann Kreatin als natürliche und nebenwirkungsfreie Körpersubstanz zur möglichen Osteoporoseprävention durchaus empfohlen werden (47), obwohl kontrollierte klinische Studien mit Osteoporosepatienten derzeit noch fehlen. Diese sichere und billige präventive Intervention könnte von signifikanter sozioökonomischer Bedeutung für die Volksgesundheit sein, besonders im Hinblick darauf, dass die Anzahl älterer Menschen weltweit signifikant ansteigt.
Kreatin für Gehirn und Nerven
Obwohl das Gehirn nur rund 2 Prozent unseres Körpergewichts ausmacht, kann es bis zu 20 Prozent des gesamten Körperenergieumsatzes beanspruchen (138). Das energetische Gleichgewicht der einzelnen Hirnzellen und deren Energieversorgung sind für die optimale Funktionsfähigkeit des ZNS von entscheidender Bedeutung. Hier spielen das Kreatin-Kinase-System und Kreatin selbst eine wichtige Rolle (2, 6, 168, 178), ebenso für die Funktion der mit dem Gehirn verbundenen Sinneszellen, wie beispielsweise die Fotorezeptoren der Netzhaut (166) oder die Haarzellen des Innenohrs (137). Die Kreatin-Zufuhr (5 g/Tag) unterstützt die Gedächtnis- und Intelligenzleistung (117), verzögert die geistige Ermüdung (170), verbessert die kognitiven Hirnfunktionen unter Stress und erhöht die Stresstoleranz (92, 93), was bei normalen nicht
33 5/08
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
gestressten Personen mit lediglich 2 g Kreatin pro Tag nicht der Fall zu sein scheint (119). Wie bereits erwähnt, zeigen Patienten mit Kreatin-Defizienz-Syndrom schwere neurologische Störungen (130, 144). Wie neuere Untersuchungen belegen, hat Kreatin offenbar auch eine markante neuroprotektive Wirkung und ist so in der Lage, Neuronen vor diversen Stressoren zu schützen (2, 6, 17, 168) (siehe unten).
Kreatin für Vegetarier
Der prähistorische Mensch war eindeutig ein Fleischesser (18, 120). Der moderne Mensch hingegen konsumiert deutlich weniger Fleisch, die Hauptquelle von alimentärem Kreatin. Infolge ihres speziellen Speiseplans nehmen Vegetarier eindeutig zu wenig oder gar kein alimentäres Kreatin ein; höchstens kleinere Mengen via Frischmilch, die den Laktovegetariern zusätzlich fehlen. Dementsprechend sind die Kreatin-Konzentrationen in Blut und Muskeln dieser Personen deutlich niedriger als bei Allesessern (24, 172). Interessanterweise profitieren Vegetarier – aber auch andere Personen mit tiefem Kreatin-Gehalt – besonders von einer Kreatin-Supplementation, da ihre Kreatin-Maximalwerte dadurch stark ansteigen (24, 172). Vegetariern sollte insbesonders während Schwangerschaft und Stillzeit unbedingt eine Kreatin-Supplementation empfohlen werden, da die Substanz für die gesunde Entwicklung des Babys, vor allem des kindlichen Gehirns (130, 144), essenziell ist. Kreatin geht von der werdenden Mutter via Plazenta auf den Fötus über und kann so sein Gehirn vor Folgeschäden eines möglichen Sauerstoffmangels (Hypoxia), beispielsweise während einer schwierigen Geburt, schützen, wie kürzlich im Tierversuch gezeigt werden konnte (1, 67).
Kreatin im Alltag bei hohen Leistungsanforderungen
Damit ein Erwachsener seinen täglichen Kreatin-Bedarf von insgesamt etwa 3 bis 4 g decken kann, muss er pro Tag etwa 300 g Fisch oder Fleisch (Abbildung 4) zu sich nehmen, denn die Eigensynthese des Organismus (in Niere und Leber) beträgt nur 1 bis 1,5 g pro Tag. Diese tägliche Ver-
zehrsmenge ist jedoch recht hoch und wird normalerweise kaum konsumiert, insbesondere nicht von älteren Personen (109, 110, 152) und Vegetariern (24, 152, 172, 178). Dazu kommt, dass heutige Ernährungsrichtlinien beim Fleischverzehr eher für Zurückhaltung plädieren. Von Kreatin-Supplementen könnten also auch gesunde Personen profitieren, um beispielsweise den hohen Anforderungen und dem Stress in Alltag und Beruf gerecht zu werden. Von den vielen Supplementen, die heute unter der Bezeichnung «functional food» vermarktet werden, können die wenigsten einen wissenschaftlich dokumentierten Leistungsausweis erbringen wie Kreatin, das nachweislich die physische und psychische Leistungsfähigkeit verbessert (39).
Kreatin für mentale Leistungsfähigkeit und psychisches Wohlbefinden Die Zufuhr von Kreatin erhöht nicht nur den Kreatin-Pool in den Muskeln (160); die Substanz gelangt auch ins Gehirn (34), allerdings dauert dort die Sättigung der Kreatin-Speicher länger als im Muskelgewebe. Die sechswöchige Einnahme einer Kreatin-Dosis von 5 g/Tag, führte in einer plazebokontrollierten Doppelblindstudie mit gesunden Erwachsenen zu einer deutlichen Verbesserung des Kurzzeitgedächtnisses und der Intelligenztests (117). In einer anderen Arbeit wurde über eine verbesserte zerebrale Durchblutung, eine Steigerung der Konzentrationsfähigkeit sowie eine Verzögerung der geistigen Ermüdung berichtet (170). Kreatin ist also nicht nur für die Funktionsfähigkeit des ZNS unabdingbar, sondern es kann auch die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Menschen deutlich erhöhen. Erste wissenschaftliche Arbeiten aus dem Gebiet der Neuropsychologie zeigen, dass Kreatin zudem einen positiven Einfluss auf die psychische Leistungsfähigkeit und das emotionelle Befinden unter Stress haben kann. Probanden, die vor dem Experiment sieben Tage Kreatin eingenommen haben, fühlten sich nach einem 24-stündigen Schlafentzug (Stressfaktor) mental sowie stimmungsund leistungsmässig signifikant besser als die Plazebogruppe (91–93). Diese
durch Kreatin erzielte gesteigerte Stresstoleranz liess sich auch in einem Stressmodell mit Versuchstieren nachweisen, wo nach Kreatin-Gabe eine deutlich verringerte Stressantwort messbar war (80). Diese wissenschaftlichen Daten, aber auch zahlreiche Berichte von Personen, die regelmässig Kreatin zuführen, sprechen dafür, Menschen, die körperlich und geistig stark beansprucht sind und unter täglichem Leistungsdruck stehen, eine Supplementation von 3 bis 4 g Kreatin pro Tag zu empfehlen.
Kreatin für gesundes Altern
Der Alterungsprozess ist mit einer Zunahme des Köperfetts, einer Abnahme der Muskelmasse (Sarkopenie) und einer geringeren Kreatin-Konzentration in den Skelettmuskeln (109, 110, 139), im Herzmuskel (82) sowie im Gehirn (74) verbunden, was zur Verminderung der Muskelkraft, der Koordination und der generellen Leistungsfähigkeit führt. Diese Faktoren schränken die Mobilität älterer Menschen ein und erhöhen die Sturzgefahr. Zugleich klagen Senioren oft über allgemeine Müdigkeit und reduzierte geistige Leistungsfähigkeit. Häufig geht der Alterungsprozess zudem mit neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Demenz einher (2). Aus diesen Gründen scheint eine Kreatin-Supplementation bei älteren Menschen indiziert zu sein, zumal gerade Senioren oft wenig Fleisch und damit auch wenig Kreatin konsumieren, was die beschriebenen Probleme zusätzlich verstärken kann, da Kreatin essenziell ist für die normale Funktion von Muskeln und Gehirn. Tatsächlich zeigen ältere Menschen – ähnlich wie Vegetarier – generell einen Trend zu geringeren Kreatin-Konzentration (74, 82, 139). Deshalb scheint es durchaus angesagt, die Wirkungen von Kreatin auf ältere Menschen im Detail zu untersuchen (153).
Zellschutz und Anti-Aging Die mit zunehmendem Alter schlechter werdende Energieversorgung der Körperzellen sowie Zellschädigungen durch Sauerstoffradikale (ROS) zählen mit zu den Gründen für die Entstehung vieler altersbedingter neuromuskulärer und neu-
5/08
34
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Abbildung 3: Kreatin-Metabolismus Endogene, köpereigene Synthese von Kreatin Kreatin wird in zwei aufeinanderfolgenden enzymatischen Schritten zum grössten Teil in den Nieren und in der Leber synthetisiert. In den Nieren wird in einem ersten Schritt aus den beiden Aminosäuren Arginin und Glycin mithilfe der Arginin-Glycin-Amidino-Transferase (AGAT) zuerst das Guanidino-Azetat synthetisiert. Guanidino-Azetat ist ein Kreatin-Vorläufer, der dann ins Blut abgegeben und von der Leber absorbiert wird. Dort wird GAA in einem zweiten Schritt via die dritte Aminosäure, die an der Kreatin-Synthese beteiligt ist, nämlich ein modifiziertes, energetisch aufgeladenes Methionin (S-Adenosyl-Methionin, ein Methylgruppen-Donor, auch SAM genannt), durch die Guanidino-Azetat-Methyl-Transferase (GAMT) zu Kreatin methyliert. Von der Leber wird Kreatin dann ins Blut abgegeben und gelangt von dort via einen spezifischen Kreatin-Transporter (siehe CRT in Abbildung 1) durch die Zellmembran der Zielzellen und wird dort durch Kreatin-Kinase (CK) zum hochenergetischen Phospho-Kreatin (PCr) aufgeladen. In energetisch gut versorgten Zellen liegt total Kreatin zu 2/3 als Phospho-Kreatin und zu 1/3 als Kreatin vor. Turn-over von Kreatin und Ausscheidung von Kreatinin Durch eine nicht enzymatische, rein chemische Gleichgewichtsreaktion entsteht aus dem linearen KreatinMolekül (Cr) die zyklische Ringverbindung Kreatinin (Crn) das aus den Zellen heraus ins Blut diffundiert und über die Nieren via Urin ausgeschieden wird. Pro Tag werden rund 1,5–2% des totalen Kreatins im Körper (120–150 g/Erwachsener), also rund 1,5 bis 3 Gramm Kreatin, über die Nieren ausgeschieden (für Details siehe 176).
rodegenerativer Erkrankungen. Es konnte gezeigt werden, dass Kreatin in isolierten Mitochondrien über die Wirkung der mitochondrialen Kreatin-Kinase (Abbildung 2) die Entstehung aggressiver Sauerstoffradikale deutlich zu verringern vermag (95). Dieser «antioxidative» zellschützende Effekt liess sich unter diversen experimentellen Bedingungen in vitro und in vivo bestätigen (13, 85, 118, 133). Neu wurde gezeigt, dass Kreatin die Konzentration von Carnosin und auch von Anserin im Muskel erhöht (40). Letzterem Dipeptid werden wichtige AntiAging-Eigenschaften zugeschrieben, wie das Abfangen von ROS und das Vermindern von Advanced Protein Glycation (AGE), den nicht enzymatischen Reaktionsprodukten zwischen Zucker und Eiweissen, die bei Diabetes eine wichtige
Rolle spielen (40). Die Tatsache, dass Kreatin das Energiegleichgewicht in Zellen und Mitochondrien aufrechterhält und dadurch auch die Produktion gefährlicher Sauerstoffradikale unterbindet, ist bemerkenswert, da die Zellen so vor Folgeschäden durch den Angriff freier Radikale geschützt werden.
Wirkung von Kreatin in Alterstiermodellen In einer Studie mit Mäusen, die lebenslang mit einer hohen Dosis Kreatin gefüttert wurden, verlängerte sich erstaunlicherweise die durchschnittliche gesunde Lebenszeit dieser Mäuse im Vergleich zu den Kontrolltieren um 9 Prozent (12). Zusätzlich schnitten die Kreatin-Mäuse in diversen Tests neurobiologischer Funktionen signifikant besser ab, und die
Konzentration an Sauerstoffradikalen sowie der Gehalt des Alterspigments Lipofuscin im Gehirn der Kreatin-Mäuse gegenüber den Kontrolltieren war deutlich reduziert (12). Zudem führte Kreatin zu einer Aktivierung von Anti-Aging-Genen im Gehirn, die das Wachstum der Neuronen fördern, diese Zellen schützen und das Lernen erleichtern. Ingesamt verbesserte also die Einnahme von Kreatin die Gesundheit dieser Versuchstiere und verlängerte ihre gesunde Lebenszeit. In einer ebenfalls neuen Studie mit einem Mäusestamm (SAMP8), der schneller altert als normale Mäuse, wurde gezeigt, dass durch Kreatin-Supplementation die Muskelkraft verbessert, die Muskelermüdung verzögert und die Abnahme der KreatinKonzentration in den Muskeln während des Alterungsprozesses kompensiert werden kann (40). Zudem liess sich der altersabhängige Konzentrationsabfall des Anti-Aging-Faktors Karnosin im Muskelgewebe verhindern. Es scheint also, dass die Kreatin-Supplementation neben der Verbesserung des zellulären Energiestatus und den damit verbundenen Vorteilen einige indirekte und wahrscheinlich noch nicht entdeckte positive Wirkungen auf den Organismus hat.
Wirkung und Vorteile von Kreatin für Senioren Plazebokontrollierte klinische Studien mit älteren Menschen zeigen, dass diese in verschiedener Hinsicht von einer Kreatin-Einnahme profitieren und so ihre Lebensqualität verbessern können. So kommt es unter Kreatin – in Kombination mit einem mässigen Trainingsprogramm – wieder zu einem Anstieg der Muskelmasse und Muskelkraft, sodass sich die Körperzusammensetzung wieder zugunsten der fettfreien Magermasse verschiebt (25, 50, 51, 152, 153). Besonders wichtig ist, dass gleichzeitig die Knochendichte der älteren Probanden im Vergleich zu Plazebo signifikant zunimmt (29). Für den optimalen Effekt der KreatinGabe ist auch hier wichtig, dass die Einnahme nach körperlicher Betätigung zusammen mit Kohlenhydraten erfolgt (25, 26, 73). Kreatin bewährt sich auch zur lokalen Behandlung lichtgeschädigter
35 5/08
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Altershaut, da es die Regeneration geschädigter Haut beschleunigt und ihre biomechanischen Eigenschaften verbessert (79). Darüber hinaus profitieren Senioren auch von den positiven Effekten dieser Substanz auf Gedächtnis, Stresstoleranz und motorische Koordination. Eine kürzlich publizierte neuropsychologische Studie mit älteren Personen konnte zeigen, dass sich die kognitiven Fähigkeiten und geistige Leistungsfähigkeit durch die Gabe von Kreatin-Supplementen deutlich verbesserten (92). Zudem ist denkbar, dass sich damit auch die Sturzhäufigkeit älterer Menschen (und damit verbundene Kosten) verringern lässt, was sozioökonomisch von Bedeutung ist. Für Senioren ist Kreatin also in vielfältiger Hinsicht sinnvoll; empfohlen wird eine tägliche Dosis von 3 bis 4 g pro Tag (153).
Kreatin in der Rehabilitation
In einem klinischen Versuch wurde freiwilligen Probanden ein Bein 14 Tage lang von der Hüfte bis zur Zehe durch Gips immobilisiert, was zu einer deutlichen Muskelatrophie und dem Verlust von Muskelkraft führte. Die orale Gabe von Kreatin während der Rehabilitationsphase, verbunden mit Krafttraining, verbesserte sowohl den Wiederaufbau der Muskelmasse als auch der Muskelkraft im Vergleich zur Plazebogruppe (mit Krafttraining, aber ohne Kreatin) signifikant (61). Wie bereits beschrieben, stimuliert Kreatin die Expression muskelspezifischer Transkriptionsfaktoren wie MRF4, deren Funktion für den Aufbau der Muskelmasse notwendig ist (62), gleichzeitig wird die Expression von Myostatin, einem Negativregulator für die Muskelmasse, unterdrückt (38). Ausserdem reaktiviert es die für den Regenerationsprozess benötigten Muskelstammzellen (106, 162) und beschleunigt die Muskeldifferenzierung über die Aktivierung von Signalkaskaden (37). Es ist anzunehmen, dass dies auch für die Rehabilitation nach längerer Bettlägerigkeit oder für Paraplegiker gilt. Eine präventive KreatinSupplementation bereits vor Eintritt ins Spital, beispielsweise bei planbaren chirurgischen Eingriffen, die mit längerem Spitalaufenthalt verbunden sind, könnte vermutlich die Rehabilitationszeit verkürzen.
Ein genereller Gewichts- und Muskelverlust (Kachexie) ist bei Krebspatienten ein signifikanter Morbiditätsfaktor. Eine neue Studie mit pädiatrischen Leukämiepatienten zeigt, dass Kreatin die durch Kortikosteroidbehandlung verursachte Akkumulation von Fettgewebe verhindert und den Body-Mass-Index verbessert (15); ähnliche Resultate wurden mit Darmkrebspatienten unter milder Chemotherapie gezeigt (100). Bemerkenswert und höchst relevant im Hinblick auf die Rehabilitation sind neue Studien mit Kindern und Jugendlichen nach einem Schädel-Hirn-Trauma, die belegen, dass sich nach oraler Gabe von hochdosiertem Kreatin (0,4 g/kg/Tag während 6 Monaten) mehrere Outcomeparameter signifikant verbesserten. Dazu gehörten zum Beispiel die Dauer der posttraumatischen Amnesie, die Dauer der Intubation, der Verbleib in der Intensivstation, die Rehabilitation, der Grad der bleibenden Behinderung, Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Verhalten und neuropsychologische sowie kognitive Funktionen (123, 124). Diese Ergebnisse zeigen, dass die Lebensqualität vieler Patienten durch diese einfache, sichere und kostengünstige Intervention mit Kreatin signifikant verbessert werden könnte, wenn die beschriebenen Forschungsresultate in Klinik und Praxis endlich zur Kenntnis genommen würden.
Kreatin bei Muskel- und neurodegenerativen Erkrankungen
Muskeldystrophie Kreatin stimuliert den Muskelaufbau nicht nur bei Gesunden, sondern auch bei Patienten mit Muskelerkrankungen, und zwar aufgrund der oben in den Abschnitten «Sport» und «Rehabilitation» beschriebenen Wirkungen. Mit isolierten Muskelzellen aus dem Duchenne-MausTiermodell (mdx) konnte in vitro gezeigt werden, dass eine Kreatin-Supplementation die Muskelzellen vor chronischer Überladung mit Kalzium schützt und die Überlebensfähigkeit der Zellen deutlich verbessert (115). Bei der mdx-Maus vermag Kreatin auch in vivo die Degeneration der Skelettmuskeln wirksam zu unterdrücken und die Funktion der Mito-
chondrien zu verbessern (108). Eine erste Studie an Patienten mit Muskelschwund unterschiedlicher Genese zeigte bereits nach achtwöchiger Behandlung mit 5 bis 10 g Kreatin pro Tag eine milde, aber signifikante Besserung der Muskelkraft mit positivem Effekt auf die Alltagsaktivitäten (169). Eine sechsmonatige Behandlung von Duchenne-Patienten mit 5 g Kreatin pro Tag vermochte den in der Kontrollgruppe messbaren Muskelkraftverlust zu verzögern; zudem zeigte die Kreatin-Gruppe in diversen funktionellen Muskeltests bessere Resultate (44). Zusätzlich ergab sich bei den Patienten der Kreatin-Gruppe eine signifikante Zunahme der Knochendichte (150), gleichzeitig nahm die Ausscheidung von N-Telopeptid (einem Marker für Knochenabbau) im Urin ab (87). In allen Studien wurde Kreatin gut vertragen. Diese Studienergebnisse belegen, dass sich bei Myopathien durch Gabe von Kreatin, einer günstigen und nebenwirkungsfreien Substanz, Muskelmasse und Muskelkraft sowie die Lebensqualität verbessern lassen. Damit verringern sich zugleich auch die Nebenwirkungen der Kortisonbehandlung (150), zu denen unter anderem auch die Osteoporose gehört. Ähnliches trifft auch für andere neuromuskuläre und rheumatische Erkrankungen zu, bei denen der Einsatz von Kortikosteroiden üblich ist (151). Zu einer ähnlichen Beurteilung wie oben beschrieben kommen die Autoren einer Metaanalyse der bisherigen Kreatin-Studien an Patienten mit diversen Muskelerkrankungen, deren Resultate in der CochraneDatenbank deponiert worden sind (76, 77); (für eine detaillierte Übersicht siehe 151).
Neurodegenerative Erkrankungen Folgende Gemeinsamkeiten sind für verschiedene neurologische und neurodegenerative Erkrankungen charakteristisch: • Energieverlust betroffener Zellen,
messbar am erniedrigten PhosphoKreatin/ATP-Verhältnis • Erhöhte intrazelluläre Kalzium-Konzentrationen, da die energetisch anspruchsvollen Kalzium-Pumpen (ATPasen) nicht mehr effizient arbeiten
5/08
36
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
• Versagen der mitochondrialen Energieproduktion
• Anstieg der freien Sauerstoffradikale (ROS) – und letztlich
• programmierter Zelltod (Apoptose) (zur Übersicht siehe 2, 6, 9, 149, 168).
Der Grundlagenforschung (mit Hirnzellkulturen in vitro und Tierversuchen in vivo) gelang die Entdeckung des erstaunlichen neuroprotektiven Potenzials von Kreatin. Man realisierte, dass Kreatin alle oben angeführten kritischen Ereignisse, die während der Degeneration einer Nervenzelle ablaufen, positiv beeinflusst, also die Degeneration von Nervenzellen auf verschiedenen Ebenen verzögern oder sogar verhindern kann (6, 17). Kreatin verbessert den zellulären Energiestatus, macht den Turn-over von Kalzium in der Zelle effizienter, reduziert direkt und indirekt die Produktion von ROS (95), stimuliert die Mitochondrien und verzögert die Apoptose (42, 105). Die wichtigsten Befunde sollen hier erwähnt werden.
Zellkultur und Daten tierexperimenteller Studien In Pionierarbeiten mit Nervenzellen wurde gezeigt, dass Kreatin HippocampusNeuronen in vitro dosisabhängig vor toxischen Glutamat- oder Beta-AmyloidKonzentrationen schützt (17). Auch in anderen ähnlichen Arbeiten erwies sich Kreatin als protektiv, so beispielsweise gegen ZNS-schädigende Toxine (5, 6, 22) oder metabolische Gifte (Ammoniak) (16). Untersuchungen mit hoch dosiertem Kreatin an Tiermodellen für amyotrophe Lateralsklerose (ALS) (3, 78, 179) und Morbus Huntington (HD) (4, 35, 45) liessen eine erstaunliche neuroprotektive Wirkung erkennen, was die Verlängerung der Lebenszeit, die Erhaltung der motorischen Koordination und die Verringerung anatomischer Läsionen im Gehirn betraf. Im Parkinson-Tiermodell wurden die durch L-Dopa hervorgerufenen, auch bei Patienten häufig auftretenden Bewegungsstörungen (Dyskinesien) durch Kreatin deutlich reduziert (158). Bereits erwähnt wurde, dass Kreatin tierexperimentell einen erstaunlichen Schutz vor ZNS-Degeneration nach akuten traumatischen Hirnverletzungen bewirkt (147)
und Jugendliche mit Schädel-Hirn-Trauma durch Kreatin-Gabe eine im Vergleich zu Plazebo deutlich bessere Rehabilitation erfahren (123, 124). In weiteren Tierversuchen kam es unter Kreatin-Gabe nach akuten Rückenmarksverletzungen zu geringerer Vernarbung und besserer neuromotorischer Erholung (60, 116). Darüber hinaus war Kreatin in der Lage, durch Hypoxie hervorgerufene epileptische Anfälle bei neugeborenen Nagern zu reduzieren (63) sowie Föten und Neugeborene von Versuchstieren vor Schäden nach Anoxie bei oder nach der Geburt (1, 173, 174, 180) zu schützen. Ein vergleichbarer ZNS-Schutz wurde in einem Hirnschlag-(Stroke-)Tiermodell beobachtet (114). Im Tierversuch bewirkt Kreatin zudem einen deutlichen Schutz des Innenohrs vor Hörverlust, der durch Lärm verursacht wird (96).
Erste Studien mit Patienten In einer ersten klinischen Multizenterstudie mit 104 ALS-Patienten, die über sechs Monate täglich 5 g Kreatin erhielten, zeigten sich nur geringfügige positive Effekte (136). Die Studie soll mit einer Kombinationstherapie von Kreatin mit anderen Testmedikamenten fortgesetzt werden (136). In einer separaten klinischen Pilotstudie mit 20 Huntington-Patienten konnte nach Verabreichung einer Einstiegsdosis von täglich 20 g Kreatin über fünf Tage und einer acht- bis zehnwöchigen Erhaltungsdosis von 6 g/Tag tatsächlich eine Reduktion des neurotoxischen Glutamats im ZNS der Patienten gemessen werden (11). Dies führte zur Initiation einer Langzeitstudie, um das Potenzial von Kreatin bei diesem Krankheitsbild besser auszuloten. Da den Patienten – im Vergleich zu den Tierversuchen – etwa fünf- bis zehnfach niedrigere Kreatin-Dosierungen verabreicht wurden, scheint es bei zukünftigen Studien zu dieser Indikation sinnvoll, deutlich höhere Dosen einzusetzen. Die ersten gross angelegten klinischen Studien mit Kreatin für Parkinson-Patienten zeigten unter der verwendeten KreatinDosis bisher relativ bescheidene, aber durchaus positive Effekte, sodass die Studien verlängert wurden (99 a, b). Es soll an dieser Stelle betont werden,
dass Krankheiten dieser Art durch Kreatin nicht geheilt werden können; andererseits besteht die Möglichkeit, dass es deren Beginn verzögern und den Verlauf abschwächen und somit die Lebensqualität der Patienten positiv beeinflussen könnte. Das vielversprechende Wirkungsspektrum von Kreatin und dessen optimale Anwendung bei neurodegenerativen Erkrankungen (ALS, Huntington, MS, Parkinson und Alzheimer, Epilepsie etc.) (75) müsste jedoch durch breit angelegte klinische Studien im Detail untersucht werden. Da Kreatin patentrechtlich nur schlecht zu schützen und zudem sehr günstig ist, wird es trotz der Datenlage schwierig, Interessenten für die Finanzierung solcher Studien zu finden. Hier könnten Erfahrungsberichte aus dem Praxisalltag der behandelnden Ärzte helfen, die Erkenntnislücke zu schliessen (für detaillierte Übersichten zur neuroprotektiven Wirkung von Kreatin, siehe 2, 6, 75, 151, 168, 178). Die Zahl der Patienten mit Muskelkrankheiten und neurodegenerativen Erkrankungen, die regelmässig Kreatin einnehmen, wächst in jedem Fall stetig.
Kreatin für Kinder und Jugendliche?
Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hatte im Rahmen der Zulassung von Kreatin als Nahrungsergänzungsmittel 1995 vorsichtshalber auf den Packungen die Aufschrift verlangt: «Nicht für Kinder und Jugendliche im Wachstum geeignet», da zu diesem Zeitpunkt noch zu wenig über Sicherheit und Nebenwirkungspotenzial dieser Substanz bekannt war – insbesondere bei der Anwendung durch Jugendliche. Aus heutiger Sicht ist dieser Hinweis jedoch veraltet. Kreatin kommt auch in der Muttermilch vor (64) (Abbildung 4) und ist für die gesunde Entwicklung von Säuglingen und Jugendlichen essenziell (130, 144). Eine randomisierte klinische Studie mit frühgeborenen Säuglingen, die Probleme mit der Atemmuskulatur hatten, zeigte, dass selbst diese eine orale KreatinDosis von 200 mg/kg KG über zwei Wochen problemlos vertrugen (14). Dies entspricht einer täglichen Aufnahme von 15 g Kreatin für einen Erwachsenen. In der bereits erwähnten Studie mit Kindern und
37 5/08
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Jugendlichen mit Schädel-Hirn-Trauma wurde sechs Monate lang sogar eine Kreatin-Dosis von 0,4 g/Tag gegeben (entsprechend 30 g/Tag für einen Erwachsenen), ohne dass signifikante Nebenwirkungen aufgetreten wären (123, 124). Daraus lässt sich ableiten, dass die Verträglichkeit von Kreatin bei der empfohlenen Dosierung und Reinheit auch für Jugendliche kein Problem ist. Dies unterstreicht die Tatsache, dass ein signifikanter Prozentsatz junger Leute (Tendenz steigend) oft über Jahre Kreatin und andere Supplemente – teilweise auf eigene Faust oder unter Supervision – mit Erfolg einnehmen (107), um ihre sportliche Leistung an Highschools (90) und Colleges zu verbessern (102). Die Frage stellt sich, wie sinnvoll es ist, Jugendlichen, die eine gesunde Diät mit genügend frischem Fleisch und Fisch einhalten, noch zusätzlich Kreatin zu verabreichen. Zu dieser Frage äusserte sich die International Society of Sports Nutrition (ISSN) wie folgt: «Falls ein Jugendlicher sich aktiv und seriös im Sport mit entsprechendem Training engagiert und die notwendigen Vorsichtsmassnahmen eingehalten werden (Dosierung und absolute Reinheit des Kreatins), und falls Kreatin unter Aufsicht eines ausgebildeten Trainers oder Sportarztes eingenommen wird, kann eine Kreatin-Supplementation als Alternative zu potenziell gefährlichen Anabolika, Hormonen und anderen Dopingmitteln auch für junge Athleten durchaus sinnvoll sein.» (23)
Nebenwirkungen von Kreatin?
Der Organismus eines erwachsenen Menschen enthält gesamthaft etwa 120 bis 150 g Kreatin, das sich vorwiegend in der Skelett- und Herzmuskulatur sowie in der glatten Muskulatur, im ZNS und anderen Organen (Netzhaut des Auges, Nieren) und Zellen (Fotorezeptorzellen, Spermien) befindet (166). Trotz anfänglicher Bedenken hat Kreatin, das grammweise mit frischem Fleisch und Fisch (5–6 g/kg; Abbildung 4) oder in reiner Form als Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen wird, bis heute keinerlei gravierende Nebenwirkungen gezeigt. Bei einer unabhängigen toxikologischen Studie an Versuchstieren mit massiver Kreatin-Überdo-
sierung (bis zu 2 g/kg KG/Tag über 28 Tage, was einer Dosis von 150 g Kreatin für einen Erwachsenen entspräche) liessen sich keine Anzeichen toxischer, mutagener oder kanzerogener Nebenwirkungen erkennen (89, 94). Im Gegenteil, Kreatin und Analoga hemmen sowohl in vitro als auch in verschiedenen Tiermodellen sogar das Tumorwachstum (176). In der Tat zeigt Kreatin ein sehr gutes Sicherheitsprofil, und von den Experten des Council of Responsible Nutrition in Washington, DC, USA, wurde der «Observed Safe Level»-(OSL-)Wert für die chronische Langzeiteinnahme von Kreatin mit 5 g/Tag als sicher bezeichnet (135). Die Autoren betonen, dass eine höhere Kreatin-Dosis (z.B. eine 7- bis 10-tägige Einstiegsdosis von 4-mal 5 g Kreatin pro Tag, wie sie von Sportlern eingenommen wird) aufgrund der gemachten Erfahrung zwar sicher, aber nicht zur Langzeiteinnahme zu empfehlen sei. Eine ähnliche Empfehlung wurde bereits 2004 vom Wissenschaftsrat der European Food Safety Authority (EFSA) publiziert (siehe dazu auch www.efsa.eu.int/science/afc/ afc_ meetings/catindex_en.html). Die in den Neunzigerjahren anfänglich durch die Medien hochgespielten «Nebenwirkungen» von Kreatin (z.B. massive Gewichtszunahme, Muskelverletzungen und -krämpfe, Blähungen, Durchfall sowie Leber- und Nierenprobleme), die oft auf zu hohe Dosierung oder die Einnahme von unreinem Kreatin oder einer Kombination von Kreatin mit illegalen Dopingmitteln zurückzuführen waren, haben sich für Kreatin als Monosubstanz in mehreren Studien als haltlos erwiesen (31, 39, 55, 111, 113). Unter anderem wurde beispielsweise festgestellt, dass die Nierenfunktion auch nach dreimonatiger Einnahme von 10 g Kreatin pro Tag nicht negativ beeinflusst wird (56, 84). Eine neue klinische Studie zeigt, dass dialysepflichtige Nierenpatienten Kreatin nicht nur gut vertragen, sondern unter der Einnahme sogar die Häufigkeit dialysebedingter Muskelkrämpfe zurückging (27). Es scheint, dass nur eine verschwindend kleine Personenzahl auf Kreatin mit Muskelkrämpfen oder Blähungen reagiert, und dies fast ausschliesslich bei hohen
Dosierungen. In dem bereits im Kapitel «Sport» erwähnten Positionspapier der International Society of Sports Nutrition (ISSN) wurde explizit festgehalten: «Creatine monohydrate supplementation is not only safe, but possibly beneficial in regard to preventing injury and/or management of select medical conditions when taken within recommended guidelines. There is no scientific evidence that the short- or long-term use of creatine monohydrate has any detrimental effects on otherwise healthy individuals.» (23) Bei den wenigen Personen, die nach Kreatin-Zufuhr trotzdem unter Muskelkrämpfen leiden sollten, lassen sich diese durch gleichzeitige Einnahme von 100 bis 300 mg Magnesium pro Tag verhindern. Deshalb ist ein Kombinationspräparat von Kreatin mit der entsprechenden Magnesium-Beigabe durchaus sinnvoll. Solche Präparate sind bereits im Handel (siehe www.kre-mag.com).
Welche Kreatin-Produkte?
Chemische Reinheit Da Kreatin weder ein Arzneimittel noch ein Medikament ist, sondern «nur» ein Nahrungsergänzungsmittel, unterstehen Herstellung und Verkauf in manchen Ländern nicht den strengen Vorschriften und behördlichen Qualitätskontrollen, die für Medikamente gelten. Somit ist es im Fall von Kreatin wie auch anderer Nahrungsergänzungsmittel oft schwierig, über die Qualität, sprich Reinheit, der auf dem internationalen Markt oder übers Internet angebotenen Produkte Genaues zu erfahren. Kreatin wird in einem chemischen Prozess aus Sarkosin und Cyanamid hergestellt (112), wobei die Hersteller eine zertifizierte Produktion und die wissenschaftlich dokumentierte Reinheit des Produkts garantieren müssen. Insbesondere muss sichergestellt sein, dass Kreatin frei ist von den bei der Synthese entstehenden toxikologisch nicht unbedenklichen Nebenprodukten Dicyandiamid und Trihydrotriazin sowie von Schwermetallen. Das von AlzChem Trostberg GmbH in Deutschland hergestellte Kreatin-Monohydrat (inzwischen das einzige nicht in China hergestellte Kreatin) ist unter dem geschützten Namen «Creapure®» auf dem Markt und er-
5/08
38
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
füllt all diese Qualitätskriterien vollumfänglich auf höchstem Standard (112).
Chemische Stabilität und Haltbarkeit Reinstes Kreatin-Monohydrat ist ein schneeweisses Pulver, das bei Raumtemperatur und sofern trocken gelagert, über Jahre haltbar ist. Kreatin in wässriger Lösung zeigt jedoch eine gewisse Instabilität bei Temperaturen über 60 °C, besonders in saurem Milieu. Bei pH 3,5 und 25 °C zum Beispiel zerfallen rund 20 Prozent innerhalb von drei Tagen zu Kreatinin – beim selben pH-Wert und 4 °C nur noch etwa 10 Prozent innerhalb von 30 Tagen (112). Bei neutralem pH ist Kreatin in Lösung, sofern gekühlt aufbewahrt, 30 Tage praktisch ohne Verlust haltbar, sodass sich eine Anreicherung gekühlter Milchprodukte oder Getränke ohne Weiteres verantworten liesse (157).
Unterschiedliche Kreatin-Präparate Die beschriebene Säurelabilität von Kreatin wurde von findigen Geistern als Argument gebraucht, dass «normales» Kreatin im Magen zerstört werde. Kre-Alkalyn®, ein Kreatin-Präparat, dem homöopathische Mengen an Base zugefügt sind (die gemäss eigenen Untersuchungen aber nur einen minimalen Pufferungseffekt gegenüber Säure bewirken), wird ohne jede wissenschaftliche Grundlage als das einzige Kreatin angepriesen, das wirklich magengängig sei. In Wirklichkeit passiert der grösste Teil des oral verabreichten Kreatin-Monohydrats den Magen, ohne Schaden zu nehmen, was durch Aufnahme- und Bilanzstudien mit Kreatin bestätigt worden ist (88). Falls die Stabilität von Kreatin während der relativ kurzen Verweilzeit im sauren Magenmilieu ein Problem darstellen würde, käme das Kreatin zudem gar nicht erst in den Zielorganen wie Muskeln und Gehirn an. Da Kreatin-Monohydrat nicht sehr gut wasserlöslich ist, werden auf dem Markt diverse Kreatin-Salze angeboten, wie Kreatin-Pyruvat oder Kreatin-Citrat. Diese Präparate mögen in der Tat eine etwas bessere Löslichkeit aufweisen, sie unterscheiden sich jedoch in ihrer physiologischen Wirkung nicht von Kreatin-Monohydrat (68, 69). Auch die ISSN kommt in
ihrer Empfehlung zum Schluss, dass es keinen plausiblen Grund gibt, warum diese alternativen oder sogenannt innovativen Kreatin-Präparate dem Kreatin-Monohydrat vorgezogen werden sollten (23). Interessanterweise hält sich auf dem Markt nach wie vor auch ein sogenanntes «Creatine-Serum», in dem das Kreatin auf magische Weise stabilisiert sein soll, obwohl darin nur Spuren von Kreatin nachweisbar sind, wie wissenschaftliche Analysen gezeigt haben (59). Fazit ist, dass sich der interessierte Kreatin-Konsument am besten einfach an das bewährte, zertifizierte und sichere Kreatin-Monohydrat hält, mit dem weltweit fast alle der hier erwähnten wissenschaftlichen Studien gemacht worden sind.
Empfehlungen für die Anwendung von Kreatin
• Bei Personen, die wenig Fleisch konsumieren (z.B. Vegetarier), steigt das Gesamt-Kreatin im Organismus nach Kreatinsupplementation stärker (ca. 20–40%) als bei Fleischessern, bei denen nur mit einem Anstieg von 10 bis 20 Prozent gerechnet werden kann. Es ist also sinnlos, über längere Zeit hohe Dosen (> 10 g) einzunehmen, denn die Substanz wird bei bereits gefüllten Kreatin-Speichern einfach ausgeschieden. • Der körpereigene Kreatin-Pool lässt sich entweder durch hoch dosierte Gaben innerhalb von Tagen maximal erhöhen, oder über Wochen durch die Einnahme niedrigerer Dosierungen, was nach der Einnahme von total etwa 100 g Kreatin der Fall ist. Das Endresultat ist vergleichbar. • Die optimale Wirkung von Kreatin auf die Muskeln wird sich nur bei gleichzeitigem Muskeltraining entfalten. • Die Resorption von Kreatin wird durch gleichzeitige Einnahme einer kohlenhydratreichen Mahlzeit erhöht. Dadurch werden nicht nur die Kreatin-, sondern auch die Glykogen-Speicher gefüllt. Die gleichzeitige Kombination von Kreatin mit Kohlehydraten nach dem Training verbessert die Wirkung zusätzlich. • Die hier angegebenen Dosierungen beziehen sich auf eine Person mit 70 kg Körpergewicht. Bei einer deutlichen Abwei-
Abbildung 4: Kreatin-Gehalt [g/kg] in diversen Lebensmitteln
Fisch Hering Lachs Thunfisch Kabeljau
6,5–10 4,5 4 3
Fleisch Huhn Schwein Rind
6–7 5 4,5
Milch Milch (Muttermilch)
0,1
Diese Liste zeigt die mittleren gemessenen Kreatin-Konzentrationen (in Gramm pro kg des entsprechenden Nahrungsmittels). Die aktuellen Werte können aber je nach Zucht-, Mastund Haltungsbedingungen variieren. Es sei darauf hingewiesen, dass helles Muskelfleisch mit einem relativ grossen Anteil an glykolytischen, schnellen Muskelfasern (Fisch und Huhn) generell einen höheren Kreatin-Gehalt aufweist als rotes Muskelfleisch mit einem relativ grösseren Anteil an oxidativen, mitochondrienreichen Ausdauerfasern (Rind, Schwein) (Für Details siehe 176).
chung von diesem Gewicht soll die Dosis entsprechend angepasst werden. Die regelmässige tägliche Einnahme von Kreatin ist wichtig, um optimale Effekte zu erreichen. • Für Athleten, die ihre Kreatin-Speicher möglichst rasch auffüllen möchten, ist eine siebentägige sogenannte Ladephase oder Anfangsdosis (z.B. 2- bis 4-mal täglich 3 g Kreatin) mit anschliessender Erhaltungsdosis von ein- bis zweimal 3 g Kreatin pro Tag zu empfehlen. • Für gesunde Erwachsene liegt die Anfangsdosis bei insgesamt 6 bis 9 g Kreatin pro Tag (d.h. 2- bis 3-mal 2 bis 3 g) über ein bis zwei Wochen, danach folgt eine Erhaltungsdosis von insgesamt 3 bis 6 g Kreatin/Tag (d.h. 1- bis 2-mal täglich 3 g). • Patienten mit muskulären und neuromuskulären Erkrankungen, die bisher lediglich 3 bis 5 g Kreatin pro Tag erhielten, zeigten oft nur schwachsignifikante positive Effekte. In Studien mit Tiermodellen für entsprechende Krankheiten liessen sich jedoch fast ausnahmslos erst signifikant positive Effekte erkennen, wenn
39 5/08
NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
deutlich höhere Kreatin-Dosen gegeben wurden. Falls also Kreatin gut vertragen wird, kann ohne Weiteres eine tägliche Dosis von dreimal 3 g Kreatin pro Tag (9 g) empfohlen werden. • Wie die Korrespondenz mit Patienten zeigt, kann die individuelle Bandbreite, was das Ansprechen auf die Kreatin-Gabe angeht, beträchtlich sein. Zudem können die anfänglich positiven Effekte langsam über mehrere Wochen bis Monate nachlassen. In solchen Fällen kann eine Einnahmepause von einem Monat empfohlen werden. Es gibt aber keine wissenschaftlich erwiesene Notwendigkeit, die empfohlenen Kreatin-Dosierungen nach dreimonatiger Einnahme für vier Wochen zu unterbrechen. • Achten Sie Ihrer Gesundheit zuliebe darauf, nur reinstes Kreatin-Monohydrat zu sich zu nehmen (siehe Seite 38 «Chemische Reinheit»).
Korrespondenzadresse: Dr. Theo Wallimann, Prof. emeritus Institut für Zellbiologie, ETH Zürich Privat: Schürmattstrasse 23 8962 Bergdietikon Tel. 044-740 70 47, Fax 044-741 30 08 E-Mail: theo.wallimann@cell.biol.ethz.ch Internet: www.cell.biol.ethz.ch/research/ emeriti/wallimann
Für interessierte LeserInnen sind die nachfolgend aufgeführten zwei Bücher empfehlenswert: • Creatine und Creatine Kinase in Health and
Disease, Series: Subcellular Biochemistry, Vol. 46 (2007) (Salomons, Gajja S.; Wyss, Markus, Eds.) Springer, D. • «Molecular Systems Bioenergetics: Basic Principles, Organization and Dynamics of Cellular Energetics: Energy for Life» (Saks V.A. Editor) Wiley Publisher Co. USA
Das Literaturverzeichnis ist auf Anfrage beim Verlag erhältlich.
Nachwort und Dank: Es ist für mich als Grundlagenforscher, der während insgesamt mehr als 30 Jahren an der ETH Zürich und in Boston, USA, auf dem Gebiet der zellulären Energetik und der molekularen Physiologie, Struktur und Lokalisation der Kreatin-Kinasen in der Grundlagenforschung gearbeitet hat, sehr erfreulich und befriedigend zu sehen, wie nicht zuletzt auch dank unserer Forschung das Kreatin nun in die Kliniken kommt und es bereits vielen Menschen und Patienten hilft. Natürlich bin ich gespannt, wie sich das Gebiet in Zukunft entwickeln wird. Ich möchte bei dieser Gelegenheit allen Personen, die mich während meiner aktiven Berufszeit in irgendeiner Form unterstützt haben, von Herzen danken, ganz speziell meinen ehemaligen Mitarbeitern, ohne deren bedingungslosen Einsatz diese Resultate nicht hätten erarbeitet werden können, für Ihre Arbeit und Freude am Erforschen des Unbekannten. Ich werde als emeritierter Professor in Zukunft medizinischen Kliniken in der Schweiz und im Ausland verschiedene neue Anwendungsgebiete für Kreatin am Menschen vorschlagen und sie bei ihren Forschungstätigkeiten begleiten.
Interessenlage: Der Autor deklariert keine Intressenskonflikte; die Publikation (Drucklegung) des Artikels wurde von Synergen AG unterstützt. Die Firma nahm keinen Einfluss auf den Inhalt des Artikels.