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NAHRUNGSERGÄNZUNGSMITTEL
Einfluss der Gene auf die modulatorische Wirkung von Nährstoffen bei Entzündungen
ROBERT F. GRIMBLE*
Entzündungen bewirken über die Produktion von Zytokinen weitreichende metabolische Effekte wie Insulinunempfindlichkeit, Hyperlipidämie oder den Verlust an Muskelprotein. Was als sinnvolle Abwehr- und Überlebensstrategie gegenüber Infektionen oder Verletzungen gedacht ist, kann jedoch auch lebensbedrohliche Situationen hervorrufen. Dabei spielt die Variabilität der Expression bestimmter Gene eine wichtige Rolle (sog. Polymorphismen), denn bestimmte Allele können eher zu Komplikationen führen. Mit dieser Erkenntnis werden auch unterschiedliche Reaktionen einzelner Patienten auf bestimmte Ernährungstherapien besser verständlich.
Die Immunantwort auf Infektionen, Verletzungen und inflammatorische Agenzien
Jeder Mensch ist im Verlauf seines Lebens zahlreichen Mikroorganismen ausgesetzt. Das Immunsystem hat ausserordentlich effektive Möglichkeiten, solche Mikroben unschädlich zu machen (1). Ein wesentlicher Teil der Antwort des Körpers auf Infektionen sind Entzündungsreaktionen. Auch auf Verbrennungen, Verletzungen oder die Anwesenheit von Tumorzellen kann das Immunsystem mit einer entzündlichen Antwort reagieren. Trotz dieser sehr unterschiedlichen Ereignisse existieren gemeinsame Elemente einer solchen Reaktion: die Ausschüttung von Zytokinen, Oxidanzien (Wasserstoffperoxid, Superoxid, hypochlorige Säure, Stickoxid), entzündungshemmenden Hormonen (Kortisol), natürlichen Antagonisten (Zytokin-Rezeptor-Antagonisten) sowie die Stärkung der antioxidativen Abwehr mittels Gluthathion und antioxidanten Enzymen (Superoxid-Dismutase, Catalase, Glutathion-Peroxidase) (1). Die Entzündungsreaktion neutralisiert Patho-
*Institute of Human Nutrition, School of Medicine, University of Southampton
gene, indem sie im Gewebe durch die Produktion von Oxidanzien und die Aktivierung von T- und B-Lymphozyten ein feindliches Milieu schafft. Dabei spielen proinflammatorische Zytokine eine wichtige Rolle, denn sie bewirken die Freisetzung endogener Substrate, die die Aktivität der T- und B-Lymphozyten unterstützen und so die antioxidative Abwehr stärken. Unter dem Einfluss der drei proinflammatorischen Zytokine Interleukin-1β (IL-1β), Interleukin-6 (IL-6) und Tumor-NekroseFaktor-α (TNF-α) erhöhen sich die Blutfettwerte, werden Muskelprotein abgebaut und die Glukoneogenese sowie die Produktion katabolischer Hormone angekurbelt. Hinzu kommt eine erhöhte Insulinsensivität. So sinnvoll diese Vorgänge auch sind, sie bergen für den Organismus auch gewisse Risiken.
Effekte der proinflammatorischen Zytokine IL-β, IL-6 und TNF-α bei normaler Immunantwort
Die weitreichenden metabolischen Effekte von IL-1β, IL-6 und TNF-α können direkt oder indirekt zu Fieber, Lethargie, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und einer negativen Stickstoff-, Schwefel- und Mi-
neralbalance führen (Abbildung 1). Die indirekten Effekte der Zytokine werden über neuronale Signale an adrenalinproduzierende Drüsen und das endokrine Pankreasgewebe vermittelt, wodurch die Ausschüttung katabolischer Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin, Glukokortikoide und Glukagon erhöht wird. Zusätzlich tritt eine Insulinunempfindlichkeit auf. Mit diesen Reaktionen gewährleistet der durch Infektion geschwächte Organismus, dass vom Körper ausreichend Nährstoffe zur Verfügung gestellt werden (Abbildung 1). Aus Muskelproteinen werden Aminosäuren zur Produktion neuer Zellen katabolisiert, aber auch Glutathion und Proteine für die Umsetzung und Kontrolle der Immunantwort (1). Der Umfang des Proteinumbaus zeigt sich durch die Zunahme der Stickstoff- und Schwefelausscheidungen im Urin.
Schädliche Effekte proinflammatorischer Zytokine Obwohl entzündungsauslösende Zytokine für die Funktionsfähigkeit des Immunsystems essenziell sind, spielen sie im Verlauf inflammatorischer Erkrankungen paradoxerweise beim Auftreten von Ge-
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webeschäden eine entscheidende Rolle. Zytokine können einen Verlust an Muskelmasse bewirken, aber auch die infektionsbedingte Sterblichkeit erhöhen (1). Bei einer Sepsis beispielsweise wird der Organismus mit solchen Entzündungsfaktoren überschwemmt, was bei der erhöhten Mortalität dieses Krankheitsbilds eine entscheidende Rolle spielt. Das Zytokinsystem ist also entscheidend für das Überleben der Spezies, aber nicht unbedingt für jenes des Individuums.
Abbildung 1: Einfluss der Zytokine auf den Metabolismus infizierter oder verletzter Personen.
Der Einfluss des Genotyps auf Entzündung und Krankheit
Seit den Neunzigerjahren ist bekannt, dass im Genom kleine, natürlich vorkommende Variationen existieren, die die Aktivierung der Gene beeinflussen. Diese sogenannten Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) befinden sich vorwiegend in der Promoterregion. In den vergangenen Jahren wurden auch in den Promoterregionen zahlreicher proinflammatorischer Zytokingene SNP gefunden. Sie beeinflussen das Ausmass der Zytokinproduktion (2, 3). Neuere Erkenntnisse legen zudem nahe, dass SNP auch das individuelle Ansprechen auf Veränderungen in der Nährstoffaufnahme modifizieren. Die Interaktion zwischen Ernährung und Genen wird unter dem Begriff «nutrigenetics» zusammengefasst (4). Beispielsweise beeinflussen SNP die lipämische Antwort auf Nahrungslipide (5), verändern das Verhältnis von Plasmavitamin B12, Folsäure und Homocystein (6) und modulieren die Fähigkeit des Fischöls, die TNF-α-Produktion zu senken (7).
Genetischer Einfluss auf die Stärke des Entzündungsprozesses Auch die Intensität von Entzündungsprozessen wird indirekt über SNP moduliert. Die In-vitro-Produktion von TNF-α durch periphere mononukleäre Blutzellen gesunder und kranker Patienten, die mit Entzündungsfaktoren stimuliert wurden, zeigten eine bemerkenswerte Konstanz bei Männern und Frauen jenseits der Menopause (8). Diese Konstanz zeigt, dass genetische Faktoren einen starken Einfluss ausüben. SNP in den Promoterregionen der TNF-α- und Lymphotoxin-α-(LT-
α−)Gene beeinflussen die TNF-Produkti- pression bewirken, verursacht Allel 3 eine
on (2, 9). Das LT-α-Allel TNFB2 (LT- α+252 starke Expression.
A) ist assoziiert mit einer hohen TNF-Pro- Eine ganze Reihe von Molekülen unter-
duktion, besonders bei homozygoten In- drückt die Produktion proinflamma-
dividuen. Auch das TNF-α-308-(A-)Allel torischer Zytokine. Sie wirken damit
konnte mit einer erhöhten TNF-α- entzündungshemmend. Dazu gehören
Produktion in Verbindung gebracht wer- körpereigene Antioxidanzien und IL-10
den (2, 9). Eine Übersicht über SNP, die an (12). Im IL-10-Promotor existieren mindes-
der Stärke einer Entzündungsreaktion tens drei polymorphe Regionen, die die
beteiligt sind, zeigt Tabelle 1.
Produktion beeinflussen (13). Die Förde-
Auf die Aktivierung des Immunsystems rung solcher körpereigenen Antioxidan-
erfolgt ein Zustrom oxidativer Moleküle. zien ist wichtig für den Schutz gesunden
Der «nuclear factor κB» (NfκB) wird von Gewebes und für die Vermeidung der ex-
Oxidanzien aktiviert und schaltet viele zessiven Aktivierung von NFκB. SNP tre-
der Gene an, die an der Entzündungsreak- ten aber auch in Genen auf, die enzymati-
tion beteiligt sind (Zytokine, Adhäsions- sche Komponenten der körpereigenen
moleküle und Akute-Phase-Proteine) Antioxidanzien kodieren (Katalase, SOD
(10). Genetische Faktoren beeinflussen und Glutathion-Peroxidase) (14–16).
sowohl die Produktion von Oxidanzien als
auch die NfκB-Aktivierung. Das mit natürlicher Resistenz verbundene Makrophagenprotein 1 (NRAMP1)
Tabelle 1: Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) in den Zytokingenen, die mit einer Veränderung der Entzündungsreaktion verbunden sind
hat pleiotrope Effekte auf die Makrophagenfunktion einschliesslich der TNF-αProduktion (11). Man unterscheidet vier Varianten der NRAMP1-Gene. Sie führen zu einem unterschiedlichen Aktivierungsgrad und
Gene und Lage der Polymorphismen in der Promoterregion
TNF-α -308 LT-β +252 IL-1β -511 IL-6 -174
Genotypen, die mit einer erhöhten Zytokinproduktion bzw. einem veränderten Ausgang der Inflammation verbunden sind* TNF2-Allel TNFB2:2 CT or TT G-Allele
unterschiedlicher Empfind- IL-10 -1082** lichkeit gegenüber inflam- TGF-1β(+915 (arg-25-pro)**
GG GG
matorischen Substanzen. Während die Allele 1, 2 und 4 eine schwache Genex-
*schlechteres Ergebnis der proinflammatorischen Zytokine **verbessertes Ergebnis der antiinflammatorischen Zytokine
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Unterschiedliches Mortalitätsrisiko durch verschiedene «Entzündungsallele»
Jeder Mensch besitzt SNP-Kombinatio-
nen in seinen Genen, die mit Entzün-
dungsreaktionen verbunden sind. Das
Immunsystem jedes Individuums reagiert
daher mit unterschiedlicher Stärke, wenn
es aktiviert wird, was individuell unter-
schiedliche Morbiditäten oder Mortalitä-
ten bewirken könnte.
Die Stärke des genetischen Einflusses auf
den Entzündungsprozess scheint zudem
das Risiko des Einzelnen zu bestimmen,
eine entzündliche Erkrankung zu entwi-
ckeln. Dies ist insbesondere dann der Fall,
wenn die körpereigenen antioxidativen
Abwehrmechanismen schwach sind. Bei
Intensivpatienten mit multiplem Organversagen liess sich das -1082-G-Hochproduktionsallel für IL-10 seltener beob-
Abbildung 2: Einfluss der Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) in den Zytokingenen auf die Verbindung zwischen BMI, Nüchterntriglyzeriden und TNF-α bei gesunden Männern.
achten als in der Normalpopulation
(5-mal weniger) (17). Sepsispatienten, die ner Studie, die den Zusammenhang zwi- TNF-308-A-Allel reagierten wesentlich
das TNF-α-308-Allel in sich trugen, hatten schen LTα+252-Genotyp und Sepsismor- stärker als solche, denen dieses Allel fehl-
ein 3,7-fach höheres Risiko zu sterben als talität untersuchte, wurde gezeigt, dass te. Bei Frauen konnte ein solcher geno-
solche ohne dieses genetische Merkmal. AA-genotypische Männer eine Sterblich- mischer Einfluss nicht gezeigt werden
Ebenso wiesen Patienten, die für das LTα- keit von 72 Prozent aufwiesen, während (Tabelle 2) (21).
A-Allel homozygot waren, eine doppelt Männer mit GG-Genotyp nur eine Sterb- In einer anderen Studie mit stationären
so hohe Mortalitätsrate und höhere TNF- lichkeit von 42 Prozent zeigten. Bei Frau- Geriatriepatienten hatten Männer mit
α-Plasma-Spitzenwerte auf als heterozy- en lag das entsprechende Verhältnis bei LTα+252-AA-, IL-1-511 CT- oder TT-Geno-
gote Individuen (18, 19).
53 Prozent zu 33 Prozent (20). In einer an- typ nach drei Jahren eine geringere Über-
deren Untersuchung zeigten Männer, die lebensrate als Männer mit LTα+252-GG-,
Einfluss des Geschlechts
sich einer Darmkrebsoperation unterzo- AG- oder IL-1-511-CC-Genotyp. Darüber
Mit Blick auf die Entzündungsprozesse gen hatten, postoperativ höhere Konzen- hinaus wiesen Patienten mit diesen Ge-
reagieren Männer generell empfindlicher trationen an C-reaktivem Protein und IL-6 notypen eine um 48 Prozent höhere Ver-
auf genomische Einflüsse als Frauen. In ei- als Frauen mit gleicher OP. Männer mit weildauer im Krankenhaus aus (22, 23).
Frauen waren von diesen genetischen
Tabelle 2: Einfluss des TNF-α-308 Polymorphismus und des Geschlechts auf die inflammatorische Antwort nach einer Operation bei Darmkrebspatienten
Einflüssen nicht betroffen. Einfluss von Insulinsensitivität und
Männer (n)
Frauen (n)
Körperfett
Dauer der Operation (min)
214 ± 125 (65)
172 ± 76 (56)
Die Unempfindlichkeit gegenüber Insulin
Blutverlust (ml)
Spitzenwert CRP-Konzentration (mg/ml)1
TNF-308
ohne 2 Allele
mit 2 Allelen
Spitzenwert IL-6-Konzentration (pg/ml)2
TNF-308
ohne 2 Allele
mit 2 Allelen
473 ± 521 (65) 132 ± 46 (33) 193 ± 116 (12)*
439 ± 402 (24) 676 ± 544 (7)*
258 ± 348 (54) 128 ± 57 (25) 121 ± 37 (13)
362 ± 376 (15) 315 ± 147 (5)
ist bei chronischen Verläufen schädlich. Glukose und Glutamin sind bedeutende Energiespender für Zellen des Immunsystems. Bei Insulininsensitivität wird die Glukoseaufnahme durch Muskulatur und Fettgewebe, in denen dieser Vorgang in-
sulinabhängig ist, verringert; gleichzeitig
Werte sind Mittelwerte ± Standardabweichung * Signifikanter Unterschied zu Frauen 1mg/ml nach 2 Tagen postoperativ 2pg/ml 1 Tag postoperativ Patientenzahlen in Klammern
erhöht sich jedoch die Verfügbarkeit dieser Substanzen für solche Gewebe, die nicht insulinabhängig sind (Immungewebe). Während einer Entzündung wirkt die Ausschüttung katabolischer Hormone als
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Sekundäreffekt der Insulintätigkeit entgegen. Viele Studien mit umfangreichen Teilnehmergruppen ohne Infektion zeigten eine eindeutige Verbindung zwischen Adipositas, oxidativem Stress und Entzündung (24). Dies liegt an der Fähigkeit des Fettgewebes, proinflammatorische Zytokine zu produzieren. Auch der Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und TNF-Produktion ist schon seit Längerem bekannt: Bei Patienten mit nicht insulinabhängigem Diabetes (NIDDM), aber auch bei gesunden Frauen, wurde eine positive Korrelation zwischen TNF-αSpiegel, TNF-α-Produktion und dem Body-Mass-Index (BMI) verzeichnet (25, 26). Eigene Untersuchungen zur Zytokinproduktion bei 139 gesunden Männern zeigten zwar, dass es zwischen BMI, Nüchtern-Triglyzerid-Plasmawerten und der Fähigkeit der peripheren mononukleären Blutzellen zur TNF-α-Produktion in der Studienpopulation als Ganzes keine statistisch signifikanten Zusammenhänge gab. Bei Individuen mit proinflammatorischem Genotyp LTα+252 AA (erhöhte TNF-Produktion) waren dagegen signifikant positive Korrelationen zwischen TNF-Produktion, BMI und Nüchterntriglyzeriden zu beobachten (Abbildung 2) (27). Obwohl es sich dabei eigentlich um gesunde Männer handelte, besassen sie aufgrund ihres Genotyps hinsichtlich Plasmalipiden, BMI und Entzündungsreaktion einen «gealterten» Phänotyp.
Genotyp und Nährstoffe Eine Reduktion des Entzündungsstresses kann durch die Gabe gewisser Nährstoffe erreicht werden, die entweder die proinflammatorische Zytokinproduktion hemmen (z.B. Fischöl) oder antioxidative Eigenschaften haben (z.B. Vitamin E, N-Acetyl-Cystein [NAC] und Milcheiweiss). So wurden rheumatische Arthritis und entzündliche Darmerkrankungen beispielsweise sehr erfolgreich mit Fischöl behandelt (28). Endres et al. haben gezeigt, dass hohe Dosen Fischöl (15 g/Tag für 6 Wochen) bei neun gesunden Freiwilligen zu einer kleinen Verminderung der TNF-α- und IL-1β-Produktion der peripheren mononukleären Blutzellen führte (29). Mehrere ähnliche kleinere Interven-
tionsstudien zeigten ebenfalls eine statistisch signifikante Verminderung der Zytokinproduktion (6, 30). Eigene Untersuchungen zeigten, dass gesunde Personen, die Träger des LTα+252A-Allels und des IL-6-174-GG-Genotyps waren, auf den Konsum von Fischöl mit einer Reduktion von TNF-α reagierten. Aber auch der Phänotyp der Teilnehmer beeinflusst die Reaktion. Ein BMI von > 25 macht empfindlich für die entzündungshemmende Wirkung von Fischöl. Der genaue genetische Mechanismus ist allerdings noch unklar. Auch die Aufnahme von Antioxidanzien modifiziert die Zytokinproduktion. In einer einmonatigen Studie mit gesunden Männern und Frauen sowie Rauchern reduzierte die Gabe von 600 IE α-Tocopherol/Tag die Fähigkeit der peripheren mononukleären Blutzellen, TNF-α zu produzieren. Die Produktion wurde bei Nichtrauchern um 22 Prozent und bei Rauchern um 33 Prozent gesenkt (31). Auch in einer sechswöchigen Ernährungsinterventionsstudie mit normallipämischen und hypertriglyzeridämischen Personen reduzierte die Gabe von 600 IE α-Tocopherol/Tag die Produktion von TNF-α, IL-1β und IL-8 durch LPS-stimulierte Leukozyten (31, 32). Ähnliche Effekte von α-Tocopherol wurden in einer weiteren Studie mit gesunden Probanden sowie Typ-2-Diabetikern beobachtet (33). In diesen Studien gab es jedoch grosse Standardabweichungen, was darauf hindeutet, dass die Fähigkeit von Vitamin E, die Zytokinproduktion zu hemmen, intraindividuell äusserst variabel ist. Wie in den oben beschriebenen Studien über die entzündungshemmenden Effekte von Fischöl gezeigt werden konnte, legt auch dieses Phänomen einen signifikanten genomischen Einfluss nahe.
Schlussfolgerungen
• Die Entzündungsreaktion ist wichtig für das Überleben, kann aber bei vielen Erkrankungen ungünstige Effekte haben.
• Eine Entzündung kann neben einer Infektion auch durch oxidativen Stress und Adipositas ausgelöst werden.
• Die Intensität der Entzündung wird durch pro- und antiinflammatorische
Zytokine, TNF und die antioxidative Abwehr beeinflusst. • Unterschiede im Genotyp beeinflussen die Expression der Schlüsselproteine. • Die Variabilität der Genexpression durch Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) der beteiligten Gene ist eine wichtige Determinante für den Verlauf und Ausgang eines Entzündungsprozesses. • Genomische Faktoren führen dazu, dass innerhalb einer Population manche Menschen ungünstige Nebeneffekte bei der Aktivierung des Immunsystems zeigen und andere nicht. • Die individuelle Antwort auf bestimmte Nährstofftherapeutika wird ebenfalls von genomischen Faktoren beeinflusst. Daher sollte bei individuellen Reaktionen auf Nährstoffe, die Entzündungsreaktionen modulieren oder modulieren könnten, immer auch die jeweilige genetische Ausstattung betrachtet werden.
Korrespondenzadresse: Professor Robert F. Grimble BSc., Ph.D., R. Nutr. Institute of Human Nutrition Mailpoint 887, DOHaD Division Southampton General Hospital Tremona Rd., Southampton, SO16 6YD Tel. +44 2380 796 282 E-Mail: rfg1@soton.ac.uk
Quelle: Genomic influences on the modulatory effects of nutrients on inflammatory processes in disease. Robert F. Grimble. BSc., Ph.D., R. Nutr. Some research referred to in this paper was funded by the Biochemical and Biological Research Council of the United Kingdom.
(Übersetzung: Klaus Duffner, Birgit Lüttig)
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