Transkript
ILLUSTRATION: PETER WANNER, UNTER VERWENDUNG DES KUPFERSTICHS «ADAM UND EVA» VON ALBRECHT DÜRER, 1504
Sonnenschutz – gewusst wie
Sich vor der Sonne zu schützen, heisst nicht, auf sie zu verzichten. Auf das Gewusst-wie kommt es an: den eigenen Hauttyp kennen, sein Verhalten der Sonne anpassen und wissen, worauf bei Sonnenschutzmitteln zu achten ist. von Karin Diodà
Die Sonnenstrahlen, die auf die Erde gelangen, haben unterschiedliche Wellenlängen und bestehen aus sichtbarem Licht, Infrarotstrahlen und ultravioletten Strahlen. Dabei sind es die UV-Strahlen, unterteilt in UV-B und UV-A, die der Haut zusetzen, weil sie eine relativ kurze Wellenlänge haben und daher besonders intensiv sind. Sie
sind für das Auge nicht sichtbar und auch nicht unmittelbar spürbar. Wir fühlen zwar die Wärme der Sonne auf der Haut, nicht aber, wie stark die UVStrahlung ist. Man kann die UV-Strahlung aber mit Geräten messen. Festgehalten sind die entsprechenden Werte von einer Skala 1 bis 11+ im sogenannten UV-Index. Die ak-
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tuell gemessenen Werte und die UV-Prognosen können per SMS oder im Internet abgefragt werden (siehe dazu Kästchen UV-Index).
Blick auf den eigenen Schatten Doch es gibt auch eine einfache Methode, mit der sich zumindest abschätzen lässt, wie intensiv die UV-Strahlen sind: Dazu muss man sich nur den eigenen Schatten ansehen. Ist er kürzer als die eigene Körperlänge, sollte man die pralle Sonne meiden. Denn je kürzer der Schatten, umso höher steht die Sonne und umso intensiver ist die UV-Strahlung.
Sonnenschutzmittel Sonnenschutzmittel wie Lotionen, Sprays und Gels enthalten Lichtschutzfilter, welche die Haut vor UV-Strahlen schützen. Man unterscheidet dabei chemische und physikalische Lichtschutzfilter. Häufig sind in Produkten verschiedene UV-Filter kombiniert, um einen hohen Lichtschutzfaktor zu erreichen. Der auf der Verpackung angegebene Lichtschutzfaktor (LSF, SPF, LF) ist ein Mass für die Wirksamkeit gegen Sonnenbrand. Welcher LSF geeignet ist, ist in erster Linie vom Hauttyp abhängig, aber auch von der Intensität der UV-Strahlen und davon, wie lange man sich an der Sonne aufhält.
Hauttyp Wie lange es dauert, bis jemand einen Sonnenbrand bekommt, entscheidet der Hauttyp. Wie empfindlich dieser ist, wird auf einer Skala von 1 (sehr helle Haut) bis 6 (schwarze Haut) bestimmt. Dabei sind nicht nur Haar- und Augenfarbe entscheidend, sondern auch die Tatsache, ob die Haut bräunt oder nicht. Um den eigenen Hauttyp herauszufinden, kann man einen Test im Internet machen und sich in Broschüren der Krebsliga informieren (siehe Kästchen Info).
UV-B- und UV-A-Schutz Verursacht wird Sonnenbrand durch die energiereichen UV-B-Strahlen. Dies kön-
nen nicht nur die Haut verbrennen, sondern auch die DNA (Erbsubstanz) schädigen und Hautkrebs auslösen. Bei den hellen Hauttypen 1 und 2 dauert es lediglich 10 respektive 15 Minuten, bis sich die Haut zu röten beginnt. Die UV-A-Strahlen wiederum, die weniger stark sind, aber tiefer in die Haut eindringen, lassen die Haut vorzeitig altern und können Sonnenallergien auslösen. Zudem weiss man heute, dass auch die UV-A-Strahlen an der Entstehung von Hautkrebs beteiligt sind. Gute Sonnenschutzmittel bieten deshalb sowohl UV-B- wie auch einen ausreichenden UV-A-Schutz, was auf der Verpackung vermerkt ist. Gemäss Empfehlungen der europäischen Kommission sollte der UVA-Schutz-Faktor eines Produkts mindestens einen Drittel des Lichtschutzfaktors betragen.
Mindestens LSF 15 Damit die Wirksamkeit eines Produkts auf Anhieb erkennbar ist und man die Produkte untereinander vergleichen kann, empfiehlt die europäische Kommission einheitliche Angaben. Für den Lichtschutzfaktor gelten bestimmte Zahlen, die verbindlich sind, wobei 6 der niedrigste und 50+ der höchste LSF ist. Für eine bessere Übersicht wird zusätzlich zum LSF die Schutzkategorie angegeben: niedrig (LSF 6, 10), mittel (LSF 15, 20, 25), hoch (30, 50) oder sehr hoch (50+). Laut Krebsliga sollte man Sonnenschutzmittel der Kategorien mittel bis hoch wählen, also mindestens LSF 15. Bei den empfindlichen Hauttypen 1 und 2 wie auch bei Kindern ist mindestens LSF 30 notwendig. Doch auch Sonnenschutz mit hohem LSF kann keinen vollständigen Schutz vor UV-Strahlen bieten. Zudem ist jedes Mittel nur während einer begrenzten Zeit wirksam. Wenn man ein passendes Sonnenschutzmittel verwendet, lässt sich zwar die Eigenschutzzeit der Haut verlängern – aber nicht beliebig lange. Auf Angaben wie Sunblocker sollte deshalb verzichtet werden, rät die europäische Kommission, da sie zu übermässigem Sonnen verleiten können.
Die drei Sonnen-Regeln
Verhalten: Zwischen 11 und 15 Uhr möglichst im Schatten bleiben. Kleidung: Hut, Hemd und Hose tragen, wenn man sich länger an der Sonne aufhält. Sonnenschutzmittel: Ein Produkt mit mindestens Lichtschutzfaktor 15 verwenden.
Auch Nachcremen verlängert den Schutz nicht. Doch ist Nachcremen nötig, um die Wirksamkeit des Mittels innerhalb der begrenzten Zeit aufrechtzuerhalten.
Genügend Sonnenschutz auftragen Wichtig ist auch, dass Sonnenschutzmittel grosszügig aufgetragen werden, damit die angegebene Wirksamkeit tatsächlich erreicht wird. Untersuchungen haben gezeigt, dass generell zu geringe Mengen verwendet werden. Dadurch kann sich der Schutz bis um die Hälfte verringern. Ein Produkt mit LSF 30 beispielsweise wirkt dann nur noch wie ein Produkt mit LSF 15. Die ausreichende Menge lässt sich wie folgt bestimmen: eine gehäufte Handvoll für den ganzen Körper, was etwa 40 Gramm entspricht.
Hut, Hemd und Hose Den wirksamsten Schutz vor UV-Strahlen aber bieten laut Krebsliga Schatten und Textilien wie Hut, Hemd und Hose. Wie gut sie die Sonne abschirmen, hängt vom Material, der Stoffdichte und der Farbe ab. Generell gilt: Kleidungsstücke aus Kunstfaser sind geeigneter als solche aus Baumwolle oder Leinen. Kräftige Farben schützen besser als helle, und nasse Textilien sind durchlässiger für UVStrahlen als trockene. Den Kopf vor UV-Strahlen zu schützen, ist nicht nur bei Glatze ein Muss. Auch mit Haaren kann man einen Sonnenbrand auf der Kopfhaut bekommen, besonders gefährdet sind Scheitel und Haaransatz. Hüte mit einem breiten durchgehenden Rand haben gegenüber Baseballkappen den Vorteil, dass sie zusätzlich dem Nacken und exponierten Stellen im Gesicht wie Ohren, Nase und Lippen Schatten spenden.
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UV-Index
Der UV-Index ist ein internationales Mass für die Intensität der UV-Strahlen. Er wird mit einer Zahl zwischen 1 und 11+ angegeben. Je höher der UV-Index, umso stärker brennt die Sonne und umso rascher bekommt man einen Sonnenbrand. Meteo Schweiz berechnet täglich die UV-Index-Prognose für die verschiedenen Regionen und Höhenlagen der Schweiz. Informieren kann man sich • per SMS: UV XX an 162 (bei XX wird das Kantonskürzel eingesetzt, zum Beispiel BE, LU, GR) • im Internet: www.uv-index.ch oder www.meteoschweiz.ch
Textilien mit UV-Schutz Besonders für Kinder, aber auch für Erwachsene, die sich häufig und lange im Freien aufhalten, bieten sich spezielle UV-Schutz-Textilien aus Mikrofaser an. Diese sind mit Lichtschutzsubstanzen behandelt oder ermöglichen durch ihre Verarbeitung einen besonders guten Schutz. Wie bei Sonnenschutzmitteln wird die Wirksamkeit mit einem Lichtschutzfaktor angegeben. Für Kleidungsstücke, die einen UPF (Ultraviolet Protection Factor) 50+ aufweisen, können die Hersteller das Label «Sun Protective Textile» der Krebsliga erwerben.
Die Augen nicht vergessen Nicht nur die Haut, auch die Augen brauchen Schutz, besonders wenn man
sich regelmässig in der Sonne aufhält, sei es beruflich, in der Freizeit oder beim Sport. UV-Strahlen können schmerzhafte Entzündungen der Horn- und Bindehaut verursachen und zudem das Risiko für grauen Star (Linsentrübung) erhöhen. Speziell empfindlich sind helle Augen und die Augen von Kindern und Jugendlichen. Sie lassen mehr Sonnenlicht bis zur Netzhaut vordringen, und dadurch kann das Auge dauerhaft geschädigt werden. Zu empfehlen sind deshalb nur Sonnenbrillen mit qualitativ hochwertigen Gläsern, welche die UV-Strahlen vollständig schlucken. Beim Kauf einer Sonnenbrille sollte man auf die Angabe «100% UVSchutz bis 400 Nanometer» oder das CEZeichen achten. Von Brillengläsern, die lediglich dunkel getönt sind, ist abzura-
Kinderhaut braucht am meisten Schutz
Man weiss heute, dass wiederholte Sonnenbrände im Kindesalter das Risiko für eine spätere Hautkrebserkrankung massiv erhöhen. Kinder sind besonders anfällig für Sonnenbrand, da ihre Haut viel dünner ist als die von Erwachsenen und der Schutzmechanismus gegen UV-Strahlen noch nicht vollständig entwickelt ist. Die folgenden Tipps sollten Eltern beachten, damit die Haut ihres Kindes Sommer ohne Schaden übersteht: • Säuglinge und Kleinkinder nie der direk-
ten Sonne aussetzen. • Auch ältere Kinder sollten sich haupt-
sächlich im Schatten aufhalten. • Der wirksamste Sonnenschutz sind Texti-
lien: Sonnenhut, T-Shirt und Hosen. Für Kinder besonders geeignet sind Kleidungsstücke mit speziellem UV-Schutz.
• Die Augen von Kindern reagieren besonders empfindlich auf UV-Strahlen, deshalb Sonnenbrille nicht vergessen und dabei auf die Angaben «100 Prozent UVSchutz bis 400 Nanometer» achten.
• Für die unbedeckten Körperstellen ein Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor (mindestens LSF 30) verwenden, das auch wasserfest ist.
• Immer wieder nachcremen, da die Wirksamkeit des Sonnenschutzes durch Schwitzen, Abreiben und beim Baden (auch bei wasserfesten Produkten) reduziert wird.
• Die Eltern sollten beim Sonnenschutz mit gutem Beispiel vorangehen, denn die Kinder werden ihr Verhalten nachahmen.
ten. Durch die Verdunkelung erweitern sich die Pupillen, es dringt noch mehr Licht ins Auge, und man erreicht das Gegenteil.
INFO
Bestimmung des Hauttyps: Damit man sich wirkungsvoll vor der Sonne schützen kann, hilft es, seinen Hauttyp zu kennen. Test zur Bestimmung des Hauttyps: www.hauttyp.ch. Auch in Broschüren der Krebsliga sind die entsprechenden Informationen zu finden (siehe unten). Selbstuntersuchung der Haut: Durch regelmässige Selbstuntersuchung können mithilfe der A-B-C-D-Regel verdächtige Hautveränderungen rechtzeitig erkannt werden. Eine Anleitung zur Untersuchung von Pigmentmalen vermittelt die Broschüre «Hautkrebs – Risiken und Früherkennung». Broschüren der Krebsliga: «Sonnenschutz»: Infos zu Bestimmung des Hauttyps, Sonnenschutz, Selbstuntersuchung der Haut, persönlichem Hautkrebsrisiko. «Hautkrebs – Risiken und Früherkennung»: Infos über die A-B-C-D-Regel, Selbstuntersuchung der Haut und die verschiedenen Arten von Hautkrebs. Diese Broschüren und weitere Unterlagen können unter www.krebsliga.ch–Shop– Hautkrebs, heruntergeladen, oder per Telefon 0844-850 000 oder E-Mail: shop@ krebsliga.ch bestellt werden. Fragen zum Thema Hautkrebs beantwortet das Krebstelefon unter der Gratisnummer 0800 11 88 11 (Montag bis Freitag, 10–18 Uhr) oder helpline@krebsliga.ch.
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Prof. Dr. med. Renato Panizzon
Interview «Die Haut besser anschauen»
Der heutige Lebensstil bringt es mit sich, dass wir vermehrt dem Sonnenlicht ausgesetzt sind: Wir haben mehr Freizeit und reisen häufig in südliche Länder, auch im Winter. Dadurch wird die Haut stärker mit UV-Strahlen belastet. Ein weiterer Grund für die erhöhte UV-Belastung ist die dünner werdende Ozonschicht. Der Hautkrebsexperte Renato Panizzon zeigt auf, welche Risiken daraus entstehen und erklärt, weshalb besonders Männer die Hautkrebsvorsorge ernster nehmen sollten.
Sprechstunde: Wie ist die Situation beim Hautkrebs in der Schweizer Bevölkerung? Renato Panizzon: Was die Häufigkeit des Melanoms betrifft, stehen wir an zweiter Stelle in Europa, nach Norwegen. Und die Fälle nehmen weiter zu. Aber auch bei den hellen Hautkrebsarten Basaliom und Spinaliom sind die Zahlen steigend. Jedes Jahr erkranken 5 bis 8 Prozent mehr Menschen an Hautkrebs, und man rechnet mit einer Verdoppelung der Fälle alle zehn Jahre.
Welche Erklärung gibt es für diese Zunahme? Die derzeitige Situation ist immer auch ein Rückspiegel, wie sich die Leute über 20 oder 30 Jahre verhalten haben. So lange kann es dauern, bis sich ein Hautkrebs entwickelt. Gerade der helle Hautkrebs ist das Ergebnis einer regelmässigen UV-Belastung über Jahre, die sich summiert hat. Beim Melanom hingegen sind mehr die Sonnenbrände das Risiko, also kurzfristige, intensive Belastungen. Nach frühkindlichen Sonnenbränden werden wir weiterhin die Altlasten sehen, und leider werden auch neue hinzukommen. Ein weiteres Risiko, das jüngere Frauen betrifft, sind Solariumbesuche, da werden sich die Auswirkungen auch noch zeigen.
Heisst das, die Leute ändern ihr Verhalten nicht, trotz Aufklärung über Hautkrebs? Doch, die Leute achten vermehrt auf ihr Verhalten in der Sonne und schützen sich auch besser mit Kleidung und Sonnenschutzmitteln. Aber vielleicht nehmen noch nicht alle die Risiken gleich ernst. Dass die Kampagnen der Krebsliga Wirkung zeigen, sieht man daran, dass wenn auch nicht die Häufigkeit, so doch die Sterbefälle beim Melanom zurückgehen. Das gilt für die Frauen. Dort stehen wir in der Schweiz ebenfalls an zweiter Stelle in Europa, nach Schottland. Das ist sicher ein Erfolg der Bemühungen um Früherkennung.
Bei der Früherkennung ist doch entscheidend, dass Hautveränderungen rechtzeitig einem Arzt gezeigt werden? Ja, und wir wissen, dass Frauen mehr auf Veränderungen bei Muttermalen und Pigmentflecken achten und sich auch bei Kampagnen zur Hautkrebsprävention häufiger melden als Männer. Es ist noch immer ein Problem, dass beim Melanom die Sterblichkeit der Männer nicht zurückgeht. Männer sollten deshalb ihre Haut genauer anschauen oder die Partnerin oder ein anderes Familienmitglied bitten,
dies zu tun. Am besten ist es, sich gegenseitig anzuschauen, besonders jene Hautstellen, die man am eigenen Körper nicht gut sieht, wie Rücken und Nacken. Inzwischen beobachten wir häufiger, dass Männer zum Arzt kommen und sagen, ihre Frau habe sie geschickt.
Sie haben vorhin Solariumbesuche als Risiko für Hautkrebs erwähnt. Doch manche Leute tun dies, weil sie glauben, so ihre Haut auf die Sommerferien vorbereiten zu können. Dazu braucht es kein Solarium, man kann sich am Ferienort selbst langsam an die Sonne gewöhnen. Mit dem Solarium, wo meist UV-A-Strahlen eingesetzt werden, ist dies gar nicht möglich. Die Haut wird zwar oberflächlich etwas pigmentiert, aber diese Bräune täuscht, und sie schützt auch nicht vor Sonnenbrand, der durch UV-B-Strahlen verursacht wird. Deshalb sind Solarien einfach eine zusätzliche UV-Belastung für die Haut, mehr nicht.
Das Interview führte Karin Diodà.
Renato Panizzon ist Direktor der Dermatologischen Klinik am Universitätsspital Lausanne CHUV und ehemaliger Präsident der Fachkommission Hautkrebs der Krebsliga Schweiz.
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