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Heller Hautkrebs: die Vorstufe erkennen
Obwohl die beiden hellen Hautkrebsarten Spinaliom und Basaliom sehr viel häufiger sind als der schwarze Hautkrebs, wird nur wenig über sie gesprochen. Besonders beim Spinaliom ist es jedoch entscheidend, bereits die Vorstufe zu erkennen, die sich chirurgisch oder mit Medikamenten sehr gut behandeln lässt.
von Therese Schwender*
Jährlich erkranken in der Schweiz etwa 1900 Personen am schwarzen Hautkrebs, dem Melanom. Neben dieser gefürchteten Krebserkrankung gibt es mit dem Spinaliom und dem Basaliom noch weitere Hautkrebsarten. Da sie im Gegensatz zum Melanom nicht pigmentiert sind, werden sie auch als heller Hautkrebs bezeichnet. Spinaliome und Basaliome kommen viel häufiger vor als Melanome. Insbesondere die Vorstufe des Spinalioms, die aktinische Keratose, ist weitverbreitet. «Von einer aktinischen Keratose sind mindestens 50bis 100-mal mehr Menschen betroffen
als von einem Melanom», erklärt Reinhard Dummer, Leitender Arzt an der Dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich.
Auf den «Sonnenterrassen» des Körpers Wie beim schwarzen Hautkrebs spielt auch bei der Entstehung der hellen Hautkrebsarten die hautschädigende Wirkung der Sonnenstrahlen eine zentrale Rolle. Deshalb sind aktinische Keratosen vor allem an den «Sonnenterrassen» des Körpers anzutreffen. Dazu gehören Stirn, Ohrmuscheln, Nasenrü-
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MEDIZINISCHE FOTOS: UNIVERSITÄTSSPITAL ZÜRICH, DERMATOLOGIE
Formen und Häufigkeit des hellen Hautkrebses
Vorstufe: aktinische Keratose Die aktinische Keratose (auch solare oder senile Keratose genannt) entwickelt sich aus den hornbildenden Zellen (Keratinozyten) der Oberhaut. Sie stellt die Vorstufe des Spinalioms dar. Pro Jahr erkranken in der Schweiz mindestens 30 000 Personen neu an einer aktinischen Keratose.
Spinaliom (Stachelzellkarzinom) Spinaliome entstehen ebenfalls aus den hornbildenden Zellen (Keratinozyten) der Oberhaut. Sie sind als Knötchen oder Knoten sichtbar, die verhornen und langsam wachsen. Teilweise sind sie aufgebrochen und mit Krusten
bedeckt. Sie können wie harmlose Hautveränderungen, zum Beispiel Warzen, aussehen. Spinaliome können Metastasen (Tochtergeschwüre) in anderen Organen bilden. Jedes Jahr treten 2000 bis 3000 neue Fälle eines Spinalioms auf.
Basaliom (Basalzellkarzinom) Ein Basaliom entsteht aus den hornbildenden Zellen, die in der untersten Schicht der Oberhaut (Basalzellschicht) sitzen. Häufig wächst zunächst eine Verhärtung oder ein «glasig» aussehendes Knötchen mit Gefässzeichnung, später kann es zu nässenden Geschwüren oder Krustenbildung kommen. Basaliome bilden praktisch nie Metastasen in anderen Organen. Jährlich erkranken etwa 10 000 Personen neu an einem Basaliom.
cken, Unterlippe, Handrücken, Kopfhaut (vor allem bei Glatze) und Dekolleté. Aktinische Keratosen zeigen sich als schuppige, rötliche oder gelb-braune Hautveränderungen, die einen Durchmesser von 1 mm bis zu 2 cm haben können. Meist finden sich in einem Hautareal mehrere derart veränderte Stellen. Aktinische Keratosen lassen sich vielfach besser spüren als sehen. «Die betroffenen Hautpartien fühlen sich wie Sandpapier an», so Reinhard Dummer. «Besonders gut spürt man das bei der Glatze, die sich ja normalerweise ganz glatt anfühlt.» Betroffen sind vor allem Personen, die durch den Beruf oder in der Freizeit intensiver Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind. Aktinische Keratosen kommen zudem häufiger bei Männern als bei Frauen vor und treten mit zunehmendem Alter vermehrt auf. «Wir wissen aus einer Untersuchung an über 5000 Personen, dass von den über 65Jährigen etwa 20 Prozent eine aktinische Keratose aufwiesen», erläutert der Dermatologe.
Verdächtige Stellen
untersuchen lassen Entdeckt jemand am Körper verdächtige Hautstellen, sollte er sie seinem Hausarzt
oder einem Dermatologen zeigen. «Vor allem, wenn eine solche Veränderung zum ersten Mal auftritt, sollte sie anhand einer Gewebeprobe genauer untersucht werden», empfiehlt Dummer. Wenn sich der Verdacht bestätigt, ist es notwendig, die aktinische Keratose zu behandeln und so die Weiterentwicklung zu einem Spinaliom zu verhindern. Denn etwa 10 Prozent der unbehandelten aktinischen Keratosen entwickeln sich innerhalb von zehn Jahren zu einem Spinaliom. Reinhard Dummer relativiert hier: «Das hört sich nicht nach viel an. Der Punkt ist aber, dass eine aktinische Keratose praktisch nie als einzelne Veränderung auftritt.» Häufig fänden sich bei einer Person zwischen 3 und 50 derart veränderte Stellen. So sei gerade bei Männern vielfach der ganze obere Bereich der Glatze betroffen. Und damit steige natürlich auch das Risiko. Aktinische Keratosen sollten deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
Gut behandelbar Aktinische Keratosen lassen sich weitgehend narbenfrei und in der Regel auch ambulant behandeln. Je nach Grösse, Tiefe und Lokalisation des betroffenen Gewebes wie auch nach Alter und Ge-
Aktinische Keratose auf der Kopfhaut Spinaliom an der Unterlippe
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sundheitszustand des Patienten erfolgt die Auswahl der geeigneten Methode. Es können unter anderem folgende Methoden zum Einsatz kommen: • Chirurgische Entfernung
Betroffene Stellen werden mit einem scharfrandigen kleinen Löffel abgetragen, abgeschliffen oder mithilfe eines CO2-Lasers, jeweils unter örtlicher Betäubung, entfernt. • Entfernung durch Vereisung (Kryotherapie) Kleinere aktinische Keratosen entfernt der Dermatologe durch Vereisen. Dabei wird das betroffene Gewebe mit flüssigem Stickstoff tiefgefroren und stirbt danach ab. Dies ist eine schnelle und auch kostengünstige Methode. • Röntgenoberflächentherapie Bei dieser Behandlung werden Tumorzellen durch «weiche» Röntgenstrah-
len zerstört. Diese Therapie eignet sich besonders bei ausgedehnten aktinischen Keratosen, beispielsweise an der Kopfhaut. • Fotodynamische Therapie Für die Behandlung grösserer Hautareale eignet sich auch die fotodynamische Therapie. Hierbei wird eine Creme aufgetragen, die von den Tumorzellen bevorzugt aufgenommen wird und eine erhöhte Lichtempfindlichkeit der Zellen bewirkt. Nach drei Stunden Einwirkzeit wird die Haut mit einer starken Rotlichtquelle bestrahlt. Die Strahlen zerstören das bösartige Gewebe. Bei der fotodynamischen Therapie entstehen kaum Narben.
Moderne Medikamente Neben den oben beschriebenen Methoden stehen für die Behandlung aktini-
Knotiges Basaliom
scher Keratosen, vor allem für grössere Areale, auch zwei Medikamente in Cremeform zur Verfügung: ein lokales Chemotherapeutikum und ein sogenannter Immunmodulator. «Die Entwicklung des Immunmodulators Anfang der Neunzigerjahre stellte einen grossen Fortschritt dar», erklärt Reinhard Dummer. Die Substanz stimuliert nämlich in der Haut Sensoren des körpereigenen Immunsystems, die normalerweise durch Virusteilchen stimuliert werden. «Das Medikament gaukelt dem Immunsystem also praktisch vor, dass in der Haut ein Virus steckt.» Dadurch werden Abwehrzellen in die Haut gelockt, welche die Tumorzellen zerstören. «Von aussen sehen wir, dass es in den behandelten Gebieten zu einer Entzündung kommt, was in diesem Fall aber nichts Schlechtes, sondern erwünscht ist. Denn es ist ein Zeichen dafür, dass die Behandlung wirkt.»
Prävention und Nach-
kontrolle ernst nehmen Wenn eine Krebsvorstufe wie die aktinische Keratose festgestellt wurde, besteht trotz einer erfolgreichen Behandlung das Risiko, dass das Problem am selben Ort oder an einer anderen Stelle wieder auftritt. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Betroffene nicht nur die behandelte Stelle, sondern die ganze Hautoberfläche regelmässig von ihrem Hausarzt untersuchen lassen. Wichtig ist natürlich auch, die Haut durch Kleidung (Sonnenhut) und Sonnencremes mit hohem Lichtschutzfaktor stets gut zu schützen.
*Therese Schwender ist ausgebildete Tierärztin und arbeitet heute als Medizinjournalistin. Sie lebt in Römerswil (LU).
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