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Höhenkopfschmerzen – wann und wie sie entstehen
FORTBILDUNG
Kopfschmerzen treten bei sehr vielen Menschen ab einer Höhe von 2500 Metern auf. In manchen Fällen sind diese als isolierte Höhenkopfschmerzen und in anderen als Ausdruck einer Höhenkrankheit zu klassifizieren, aber auch «normale» Migräneanfälle treten in höheren Lagen gehäuft auf. Ziel dieses Artikels ist es, einen Überblick über die Physiologie, die Pathophysiologie sowie die Epidemiologie und die Therapie der Höhenkopfschmerzen zu geben.
Foto: zVg
Heiko Pohl
von Heiko Pohl
Einleitung
V on Too Kin, der als ranghoher Beamter in der Zeit der Herrschaft von Kaiser Chengdi (33 bis 37 v. Chr.) der westlichen Han-Dynastie diente (1), stammt die älteste bekannte Schilderung von Höhenkopfschmerzen. Im überlieferten Bericht äussert er seine Bedenken gegen das Vorhaben, eine Hundertschaft in das Gebiet der heutigen Stadt Kabul zu entsenden, da er die Gefahren, die ihr auf der Reise dorthin im unwirtlichen Hochgebirge drohten, als zu gross einschätzte (2). Soweit die von ihm geschilderte Reiseroute rekonstruiert werden kann, führt diese von Kaschgar aus in den Pamir, wo über einen Hochgebirgspass, vorbei am Muztagata (7509 m) (3), zunächst die Stadt Taschkorgan erreicht wurde. Von dort drangen die Reisenden weiter nach Süden in den Karakorum vor, wo ihnen auf dem Kilikpass die gefährlichste Etappe bevorstand. Über einen engen Pfad, der sich kilometerlang auf einem schmalen Felsvorsprung hoch über dem Hunzafluss die steile Gebirgswand entlanggewunden haben soll, ging die Reise weiter bis nach Gilgit, das im heutigen Pakistan liegt (2, 4). Too Kins Besorgnis galt wahrscheinlich vor allem diesem Abschnitt, da hier offenbar regelmässig Verluste zu beklagen waren. So schrieb er, dass es keine Hoffnung auf Überleben gebe, wenn hier ein Mann abstürze, und dass stets mit dem Verenden mindestens der Hälfte der mitgeführten Tiere zu rechnen sei. Gefahr drohe aber auch von der Höhe selbst, denn sobald der «grosse Kopfschmerzberg» erreicht werde, der seinerseits von «kleinen Kopfschmerzbergen» umgeben sei, würden die Männer blass, bekämen Kopfschmerzen und müssten sich übergeben – und die mitgeführten Tiere täten es ihnen in ähnlicher Weise nach (2).
Waren diese Gefahren überstanden, führte die Reise von Gilgit aus wahrscheinlich stromaufwärts, entlang des gleichnamigen Flusses, weiter nach Westen, wo der Hindukusch, dem Shandurpass folgend, über ein Hochplateau auf 3728 Metern überwunden wurde und schliesslich den Weg nach Kabul im heutigen Afghanistan freigab (2, 5).
Physiologie Die von Too Kin beschriebene Reiseroute hatte ihren Ursprung in der Stadt Kaschgar, die auf einer Höhe von 1400 Metern am Rande des ostchinesischen Tarimbeckens liegt, und sah den Aufstieg auf bis zu 4827 Meter vor (2, 6, 7). Auch wenn sich die Zusammensetzung der Luft im Gebirge nicht verändert, gelangt aufgrund des abfallenden atmosphärischen Drucks bei weiterem Aufstieg pro Atemzug immer weniger molekularer Sauerstoff in die Lunge (8). Der sinkende Sauerstoffpartialdruck der Umgebungsluft macht sich anfänglich jedoch kaum bemerkbar, da die Erythrozyten lange Zeit weiterhin fast alle Bindungsstellen sättigen können. Erst wenn dieser so weit abgesunken ist, dass der fast linear verlaufende Abschnitt der s-förmigen Sauerstoffbindungskurve erreicht wird, kommt es zu einem raschen Abfall der aufgenommenen Sauerstoffmenge (9). Damit das Überleben in grossen Höhen dennoch möglich ist, werden vom Körper einige Anpassungsmechanismen in Gang gesetzt. Sobald der Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut unter 8 kPa fällt, erhöht sich die Aktivität der Chemorezeptoren in der Aorta und den Karotiden, was über die Nervi vagus und glossopharyngeus an den Nucleus salivatorius superior, von dort an den Nucleus paraventricularis und schliesslich an den Hypothalamus gemeldet wird. Die Folgen sind eine Verstärkung der Lungenventilation und eine Zunahme der Herzfrequenz. Darüber hinaus kommt es
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durch Ausschüttung von CGRP (calcitonin gene-related peptide), Adenosin und Stickstoffmonoxid zu einer Dilatation zerebraler Arterien und dadurch zu einer Zunahme des Blutflusses. Längerfristig wird zudem die Menge der im Blut zirkulierenden Erythrozyten erhöht (9, 10). Als «Nebenwirkung» der verstärkten Ventilation wird vermehrt Kohlendioxid ausgeatmet, was zur Alkalinisierung des Bluts führt (11). Da bei einem Abfall des pHWerts die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin verstärkt und somit die Abgabe im Gewebe erschwert wird («Linksverschiebung» der Sauerstoffbindungskurve), kommt der Normalisierung des pH-Werts grosse Bedeutung zu. Aus diesem Grund wird über die Nieren verstärkt Bikarbonat ausgeschieden, was zur im Hochgebirge vermehrten Diurese beiträgt (12). Es wird angenommen, dass die Akklimatisierung an Höhenunterschiede von bis zu 600 Metern pro Tag möglich ist (10). Dieser Richtwert gilt indes nur für gesunde Menschen, bei denen sich zudem deutliche Schwankungen beobachten lassen. Nimmt man an, dass für die von Too Kin beschriebene Strecke bis zum Kilikpass und die Überwindung der 3400 Höhenmeter nur wenige Tage veranschlagt wurden (2), liegt nahe, dass die geschilderten Beschwerden insbesondere die Folge einer unzureichenden Akklimatisierung gewesen sein müssen.
Höhenkopfschmerzen und Höhenkrankheit Der Versuch des Körpers, die Sauerstoffversorgung trotz des nachlassenden Angebots sicherzustellen, geht mit in zunehmender Höhe wachsenden gesundheitlichen Risiken einher. Arteriendilatation und Beschleunigung des Herzschlages führen zu einem erheblichen Anstieg von Blutfluss und hydrostatischem Druck in den Kapillarbetten, der seinerseits schliesslich die Entstehung eines vasogenen Ödems in Lunge (high-altitude pulmonary edema, HAPE) und Hirn (high-altitude cerebral edema, HACE) zur Folge haben kann (10). Es wurde spekuliert, dass viele Beschwerden, die durch den Aufenthalt in der Höhe ausgelöst werden können, wie Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Müdigkeit, Schwindel, Schlafstörungen und Albträume (13), Ausdruck eines beginnenden vasogenen Ödems im Gehirn sind und dessen Ausmass allein über dessen Schwere entscheidet (10). Während das auf manche Symptome zutreffen könnte, gilt das für die Kopfschmerzen wahrscheinlich nicht, denn diese manifestieren sich in der Regel schon während des Aufstiegs (Kasten 1), während klinische Zeichen des Hirnödems frühestens nach zirka 24-stündigem Höhenaufenthalt auftreten (14). Näher liegt also die Vermutung, dass Kopfschmerzen bereits eine Stufe vorher, durch Ausschüttung vasodilatierender Neurotransmitter, ausgelöst werden (9). Tatsächlich kann Stickstoffmonoxid im experimentellen Setting bei Patienten mit entsprechender Prädisposition Migräne- und Clusterkopfschmerzanfälle auslösen (9). Da passt auch, dass die Migräneprävalenz in peruanischen Hochlagen deutlich höher ist als auf Meereshöhe (15). Zudem können Höhenkopfschmerzen mit Übelkeit, pulsierenden Schmerzen, Licht- und Geräuschempfindlichkeit und dem Bedürfnis, sich hinzulegen, einhergehen, wie sie von Migräneanfällen bekannt sind (16).
Kasten 1:
Diagnostische Kriterien des Höhenkopfschmerzes gemäss der dritten Auflage der Internationalen Kopfschmerzklassifikation (17)
A. Kopfschmerz, der Kriterium C erfüllt. B. Es kam zu einem Aufstieg auf eine Höhe von über 2500 Metern. C. Ein kausaler Zusammenhang kann anhand mindestens 2 der folgenden Krite-
rien gezeigt werden: 1. Der Kopfschmerz hat sich in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem
Aufstieg entwickelt. 2. Einer oder beide folgenden Punkte sind erfüllt:
● Der Kopfschmerz hat sich gleichzeitig mit dem sich fortsetzenden Aufstieg deutlich verschlechtert.
● Der Kopfschmerz ist innerhalb von 24 Stunden nach Abstieg auf unter 2500 Meter verschwunden.
D. Der Kopfschmerz weist mindestens 2 der folgenden 3 Charakteristika auf: 1. bilateral lokalisiert 2. leichte oder mittlere Intensität 3. Verschlimmerung bei Anstrengung, Bewegung, Pressen, Husten und/oder Bücken
E. Nicht besser erklärt durch eine andere ICHD-3-Diagnose.
Im aktuell gültigen Lake Louise Acute Mountain Sickness Score (Kasten 2), der zur Diagnose einer akuten Höhenkrankheit herangezogen werden kann, genügen Kopfschmerzen als alleiniges Symptom zur Diagnosestellung nur dann, wenn diese sehr stark sind (13). Es sei also betont, dass nicht jeder Höhenkopfschmerz zwangsläufig Ausdruck einer Höhenkrankheit ist. Wenn die Reisenden auf dem Kilikpass, wie von Too Kin geschildert, mit Erreichen des «grossen Kopfschmerzbergs» neben starken Schmerzen auch heftiges Erbrechen zu überstehen hatten (2), sind die diagnostischen Kriterien einer Höhenkrankheit erfüllt. Die bereits erwähnte grössere Migränehäufigkeit in sehr hohen Lagen deutet darauf hin, dass dem Körper stetige Anstrengungen abverlangt werden, um den Sauerstoffbedarf trotz Ressourcenknappheit zu decken. So überrascht es nicht, dass der längerfristige Aufenthalt im Hochgebirgsland Spuren hinterlassen kann, die, benannt nach dem peruanischen Arzt Carlos Monge Medrano (1884–1970) (18), als Monge-Syndrom Eingang in die Fachliteratur fanden und je nach genetischer Prädisposition zwischen 1,2 und 15,4 Prozent derer betreffen sollen, die dauerhaft oberhalb von 2500 Metern siedeln. Das sind weltweit rund 140 Millionen Menschen (19). Neben einer ausgeprägten Erythrozytose und Hypoxämie gelten insbesondere auch Kopfschmerzen sowie Schmerzen in Handflächen und Fusssohlen, Schwindel, Atemnot, Schlafstörungen, Zyanose, Tinnitus, Dilatation oberflächlicher Venen und kognitive Defizite als typisch (19).
Epidemiologie Aufgrund der touristischen Erschliessung zahlreicher Ausflugsziele im Hochgebirge dürfte die Zahl der Begegnungen zwischen Mensch und einem «Kopfschmerzberg» seit Too Kins Zeiten deutlich zugenommen haben. Entscheidend für das Auftreten des Höhenkopfschmerzes scheint in erster Linie die ab-
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Kasten 2:
2018 Lake Louise Acute Mountain Sickness Score (13): Eine akute Höhenkrankheit liegt definitionsgemäss dann vor, wenn in den Kategorien I bis IV insgesamt mindestens drei Punkte erzielt werden
I. Kopfschmerzen 0 keine Kopfschmerzen 1 leichte Kopfschmerzen 2 mässige Kopfschmerzen 3 starke Kopfschmerzen
II. Gastrointestinale Symptome 0 normaler Appetit 1 geringer Appetit oder Übelkeit 2 mässige Übelkeit oder Erbrechen 3 starke Übelkeit und Erbrechen,
deutlich einschränkend
III. Müdigkeit und/oder Schwäche 0 nicht müde oder geschwächt 1 leichte Müdigkeit/Schwäche 2 mässige Müdigkeit/Schwäche 3 schwere Müdigkeit/Schwäche,
deutlich einschränkend
IV. Schwindel/Benommenheit 0 kein Schwindel/
keine Benommenheit 1 leichter Schwindel/
leichte Benommenheit 2 mässiger Schwindel/
mässige Benommenheit 3 starker Schwindel/
starke Benommenheit
AMS Clinical Functional Score Falls Sie Symptome einer akuten Höhenkrankheit haben, wie stark sind diese ausgeprägt? 0 keine Symptome 1 Es bestehen Symptome, die aber keine Änderung der Aktivität oder
der geplanten Route notwendig machen. 2 Meine Symptome haben mich dazu gezwungen, den Aufstieg zu
unterbrechen oder aus eigener Kraft abzusteigen. 3 Ich musste in niedrigere Lagen evakuiert werden.
solute Höhe zu sein, denn obschon die Beschwerden schon auf 2000 Metern vorkommen können, nimmt ihre Häufigkeit ab 2500 Metern deutlich zu (10, 20), bleibt dann aber relativ konstant hoch. Umfragen legen nahe, dass 59 Prozent der Menschen, die rasch auf eine Höhe von 3000 Metern aufsteigen, Kopfschmerzen bekommen und 42 Prozent die Kriterien einer akuten Höhenkrankheit erfüllen (21). Zwischen 1920 und 3000 Höhenmetern erfüllten 25 Prozent der Befragten die Kriterien der akuten Höhenkrankheit, während 62 Prozent über Kopfschmerzen klagten, die bei 8 Prozent «stark» gewesen seien (22). Ab 4500 Metern treten Kopfschmerzen bei zirka der Hälfte der Menschen auf (20). Während eine vorherige Akklimatisation in höheren Lagen das Risiko für Höhenkopfschmerzen und Höhenkrankheit verringert, wird es durch Dehydratation, niedrige Sauerstoffsättigung und grosse subjektive Anstrengung sowie – in ganz erheblichem Ausmass – durch eine vorbestehende Migräne erhöht (22–24). Dass Höhenkopfschmerzen ab einem Alter von zirka 60 Jahren seltener werden (22), könnte dem Umstand geschuldet sein, dass die Neigung zu Kopfschmerzen insgesamt in diesem Alter abnimmt (25). Diskutiert wird aber auch, dass die in höherem Alter zunehmende Hirnatrophie (26) mehr Platz für Volumenschwankungen lässt, sodass Gefässdilatationen und ein beginnendes Ödem längere Zeit schmerzfrei ertragen werden («tight fit»-Hypothese) (8, 27). Obwohl verschiedene Studien wahrscheinlich aufgrund unterschiedlicher Samplingstrategien zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich eventueller Risikofaktoren kamen, scheint zumindest dahingehend Einigkeit zu bestehen, dass das Geschlecht keinen Einfluss auf das Auftreten von Höhenkopfschmerzen hat (20, 24, 28). Diese Einschätzung überrascht indes, da Migräne ein grosser Risikofaktor für das Auftreten von Höhenkopfschmerzen ist und Frauen häufiger unter einer Migräne
leiden (29). Die Ergebnisse könnten deshalb auf eine Stichprobenverzerrung der Beobachtungsstudien und auf eine grundsätzlich verringerte Begeisterung von Migränepatientinnen und -patienten für den Aufenthalt in grossen Höhen hindeuten.
Therapie Hinsichtlich der Therapie liegt der Unterschied zwischen Höhenkopfschmerzen und der Höhenkrankheit darin, dass Letztere in ein Hirnödem und ein Lungenödem übergehen und somit zum Tod führen kann und deshalb mit grösserer Dringlichkeit zu behandeln ist. Grundsätzlich sind der langsame Aufstieg und die Akklimatisierung (die Lage des Schlafplatzes sollte nicht um mehr als 600 Meter pro Tag erhöht werden) sowie die Zufuhr ausreichender Flüssigkeitsmengen der Schlüssel zur Prävention (10). Zusätzlich können zur pharmakologischen Prävention der Höhenkopfschmerzen Ibuprofen und Paracetamol verwendet werden (30, 31). Der Höhenkrankheit kann mit zusätzlichen Substanzen vorgebeugt werden. So wirkt Azetazolamid der respiratorischen Alkalose entgegen, und Dexamethason kann ein allfälliges Hirnödem reduzieren. Zur Prävention des Lungenödems wurden Nifedipin und Sildenafil eingesetzt (32, 33). Höhenkopfschmerzen, welche die diagnostischen Kriterien der Höhenkrankheit nicht erfüllen, können symptomatisch behandelt werden, beispielsweise mit Ibuprofen. Genügt das nicht, kann die Gabe von Sauerstoff erwogen werden. Bei weiterhin ausbleibendem Therapieerfolg sollte der Aufstieg unterbrochen oder der Abstieg veranlasst werden (32). Wird die Diagnose einer Höhenkrankheit gestellt, ist neben der symptomatischen Therapie mit Ibuprofen auch das Aussetzen des weiteren Aufstiegs und gegebenenfalls der Abstieg angeraten (32). Ist das nicht möglich, nehmen die Beschwerden zu oder liegt zumindest eine «mässige Höhenkrankheit» vor, kann mit
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Merkpunkte:
● Höhenkopfschmerzen betreffen sehr viele Menschen ab einer Höhe von 2500 Meter.
● Höhenkopfschmerzen und das infolge des Höhenaufenthalts auftretende Hirnödem sind zwar Folge des Sauerstoffmangels, haben aber wahrscheinlich eine unterschiedliche Pathophysiologie.
● Ausreichende Flüssigkeitszufuhr und ein langsamer Aufstieg sind der Schlüssel zur Prävention der Höhenkopfschmerzen.
Druckkammern der Abstieg in tiefere Lagen simuliert werden. Dass die Höhenkrankheit zudem auf Sauerstoff anspricht, unterstreicht, dass die Symptome wahrscheinlich eher Folge der Hypoxie und weniger des tiefen atmosphärischen Drucks sind (33). Der ebenso wie Too Kins Schilderungen aus der Antike stammende Bericht eines Mönchs, dessen Begleiter auf einem Pass zwischen dem heutigen Afghanistan und Kaschmir mit Atembeschwerden und aus dem Mund austretendem Schaum wahrscheinlich aufgrund eines Lungenödems verstarb (2), unterstreicht neben der Bedeutung dieser Reiseroute und der Risikobereitschaft in damaliger Zeit auch sehr deutlich die Gefahren im Hochgebirge, die seither grundsätzlich unverändert geblieben sind.
Zusammenfassung
Höhenkopfschmerzen sind ab einer Höhe von 2500 Me-
tern ausserordentlich häufig, vor allem bei raschem Auf-
stieg und bei Menschen mit Migräne. Ursache der
Beschwerden ist wahrscheinlich in erster Linie die Aus-
schüttung vasodilatatorisch wirkender Neurotransmit-
ter. In manchen Fällen können Kopfschmerzen aber
auch den Beginn der Höhenkrankheit ankündigen, die
in der Regel von weiteren Symptomen begleitet wird.
Gefürchtet wird die Höhenkrankheit, da sie mit einem
Hirn- oder Lungenödem einhergehen kann, welches
potenziell tödlich verläuft.
Zur Prävention der Höhenkopfschmerzen ist auf einen
langsamen Aufstieg und eine ausreichende Flüssigkeits-
zufuhr zu achten. Zudem können Ibuprofen und Parace-
tamol als Prophylaxe und Therapie eingesetzt werden.
Bei ausbleibender Besserung ist der Abstieg in tiefere
Lagen zu erwägen.
l
Korrespondenzadresse: Dr. med. Heiko Pohl, MHD,
Klinik für Neurologie Universitätsspital Zürich
Frauenklinikstrasse 26 8091 Zürich
E-Mail: heiko.pohl@usz.ch
Interessenlage: Es besteht kein Interessenkonflikt.
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