Transkript
&K U R Z B Ü N D I G
Migränetherapie
Medikamentenübergebrauch unter Galcanezumab rückläufig
Bei Patienten mit chronischer Migräne ist der Medikamentenübergebrauch zur Linderung der Symptome verbreitet. Häufig induziert der Übergebrauch von Schmerzmitteln aber zusätzlich weitere Kopfschmerzen. Eine gute Migränetherapie sollte daher in der Lage sein, die Anzahl der zusätzlich verwendeten Kopfschmerzmedikamente zu reduzieren. CGRPAntikörper haben mittlerweile in die Migränetherapie Einzug gehalten. Einer davon ist Galcanezumab. Eine neue Subanalyse der Zulassungsstudien ging der Frage nach, ob sich neben einer Reduktion der monatlichen Migränetage auch die Menge zusätzlich eingenommener Analgetika verringert.
Dazu wurden die Daten von 3 doppelblind randomisierten Phase-III-Studien mit Patienten mit episodischer (EVOLVE-1 und -2) und chronischer Migräne (REGAIN) herangezogen. In diesen Studien erhielten die Patienten Galcanezumab (120 oder 240 mg) oder Plazebo während 3 beziehungsweise 6 Monaten. Zu Baseline wiesen 17 bis 19 Prozent der Patienten mit episodischer Migräne einen Medikamentenübergebrauch auf, in der Studie mit chronischer Migräne waren es 43 bis 64 Prozent. Nach Studienende zeigte sich bei den Patienten mit episodischer und chronischer Migräne, verglichen mit Plazebo, unter beiden Galcanezumabdosierungen ein signifikanter
Rückgang (< 0,001) der monatlichen Migränetage. Im Zuge dessen verringerten sich auch die Raten an monatlichem Medikamentenübergebrauch signifikant (< 0,001) bei der Population, die zu Baseline einen Übergebrauch aufwies. Somit scheint Galcanezumab auch bei Patienten mit Medikamentenübergebrauch bei episodischer und chronischer Migräne präventiv wirksam zu sein. vh l Quelle: Dodick DW et al.: Medication overuse in a subgroup analysis of phase 3 placebo-controlled studies of galcanezumab in the prevention of episodic and chronic migraine. Cephalalgia. 2021;41(3):340-352. 38 PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE 2/2021 &K U R Z B Ü N D I G Todesursachen Woran Demente meist sterben Demenzerkrankungen prädisponieren für lebensbedrohliche Komplikationen und verkürzen die Lebenserwartung, Todesursachen sind sie aber nicht direkt. Woran die Demenzpatienten letztlich sterben, untersuchte eine schwedische Autopsiestudie anhand von 207 verstorbenen Patienten mit neurokognitiven Störungen oder Demenzen. Zum Vergleich dienten Autopsien von 200 neurokognitiv gesunden Patienten in der gleichen Altersklasse. Es zeigte sich, dass bei Demenzkranken Pneumonie und Lungenembolie (34,3%) und der akute Herzinfarkt (30,4%) die häufigsten Todesursachen waren. Die Rangliste der Todesursachen variierte aber je nach Demenzerkrankung: Bei Patienten mit schwerer Alzheimer-Demenz führte die Pneumonie zum Tod, bei milder Alzheimer-Demenz war der akute Herzinfarkt häufiger der Grund des Ablebens. In der Kontrollgruppe war der akute Herzinfarkt (42,5%) die häufigste Todesursache, danach folgten Kreislaufversagen und Pneumonie (12,5%). Als markantester Unterschied zwischen den beiden Gruppen steht die Tatsache, dass kognitiv Gesunde eher an einem Herzinfarkt versterben, Demenzkranke eher an einer Pneumonie oder Lungenembolie. Letztere haben eine erhöhte Vulnerabilität für Infekte und sind häufig längerfristig bettlägerig. Bei einer fortgeschrittenen Demenz ist Dysphagie eine häufige Komorbidität, die für die Entwicklung einer Pneumonie prädisponiert. In etwa 13 Prozent der Fälle wurden denn auch mikroskopische Hinweise auf eine Aspiration gefunden. vh l Quelle: Degerskär ANW et al.: Cause of death in autopsyconfirmed dementia disorders. Eur J Neurol. 2020;27(12):2415-2421. Nach ischämischem Hirnschlag Was eine Depression begünstigt Das Auftreten einer Depression nach Myokardinfarkt ist häufig, aber noch häufiger nach einem ischämischen Hirnschlag. Gibt es Prädiktoren dafür? In einer retrospektiven Kohortenstudie mit über 65-jährigen Patienten wurde das Risiko für eine Depression innerhalb von 1½ Jahren nach Herzinfarkt oder Hirnschlag errechnet, inklusive unabhängiger Risikofaktoren. Dabei zeigte sich, dass Hirnschlagpatienten (n = 174 901) eine um 50 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit haben, in diesem Zeitraum eine Depression zu entwickeln als Herzinfarktpatienten (n = 193 418). Als stärkster Risikofaktor dafür erwies sich eine Angststörung in der Vorge- schichte, der stärkste protektive Faktor war die Entlassung nach Hause. Die Autoren regen auf- grund ihrer Resultate ein Depressionsscreening bei allen Hirnschlagpatienten an. vh l Quelle: Mayman N et al.: Risk and predictors of depression following acute ischemic stroke in the elderly. Neurology. 2021 March 15; doi.org/10.1212/WNL.0000000000011828. Hoffnungsschimmer bei Alzheimer-Demenz Antikörper bremst kognitiven Abbau Der sich in Entwicklung befindende Antiamyloid-Antikörper Donanemab scheint den kognitiven Abbauprozess zu verlangsamen. Das deutete sich in der plazebokontrollierten, multizentrischen Phase-II-Studie TRAILBLAZER-ALZ an, an der 257 Patienten mit früher AlzheimerErkrankung teilnahmen. Sie erhielten Donanemab 1400 mg i.v. alle 4 Wochen, in den ersten 3 Wochen je 700 mg. Als primärer Endpunkt war die Veränderung der Punktzahl auf der Integrated Alzheimer’s Disease Rating Scale (iADRS, 0–144 Punkte) definiert, mithilfe deren der kognitive Abbauprozess beurteilt wird. Der Ausgangswert auf der iADRS betrug in beiden Gruppen 106. Nach 76 Wochen hatte sich unter Donanemab die Punktzahl gegenüber Baseline signifikant um 6,86 Punkte verringert, in der Plazebogruppe um 10,06 Punkte (Differenz: 3,2; 95%-Konfindenzintervall: 0,12–6,27; p = 0,04). Die meisten sekundären Endpunkte (CDR-SB, ADAS-Cog13, ADCS-iADL, MMSE) veränderten sich dagegen nicht signifikant. Darüber hinaus zeigte sich in der Donanemabgruppe eine Reduktion der Amyloidplaques um 85 Prozent, während es unter Plazebo zu einem leichten Anstieg um 0,01 Prozent kam. Im MRT trat in der Verumgruppe allerdings ver- mehrt ein im MRT sichtbares Hirnödem auf (26,7 vs. 0,8%). Die Autoren folgern aus diesen Resultaten, dass mit dieser Substanz das Amyloid erfolgreich beseitigt und der Krankheitsverlauf gebremst werden kann. Die Studie wird fortgesetzt, für eine grössere Studie läuft die Rekrutierungs- phase. vh l Quelle: Mintun MA et al.: Donanemab in Early Alzheimer›s Disease. N Engl J Med. 2021 Mar 13;10.1056/NEJMoa2100708. 40 PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE 2/2021