Transkript
FORTBILDUNG
«Der Bedarf nach Rehabilitation zu Hause wird zunehmen»
Der Gesamtanbieter reha@home ermöglicht Rehabilitation, Pflege und Betreuung zu Hause. Das Angebot ist in seiner Art und in seinem Umfang neuartig und einzigartig. Im Gespräch erzählt Judith Meier, Präsidentin des Verwaltungsrates von reha@home, wie die Idee entstand und welche Erfahrungen bislang gemacht wurden.
Psychiatrie + Neurologie: Wie kam es zu reha@home? Judith Meier: Für Patienten ist es von besonderer Bedeutung, dass sie nach einem Aufenthalt im Spital respektive nach einer stationären Rehabilitationsbehandlung in ihren Alltag und vor allem in das eigene häusliche Umfeld und in die vertraute Wohnung zurückkehren können. Autonomie und Lebensqualität stehen über allem. Mit reha@home möchten wir diesem Bedürfnis noch stärker gerecht werden als bereits mit Mobile Rehabilitation. Das heisst, mit reha@home erweitern wir das Angebot insbesondere im Bereich der Pflege, der Logistik, des Transports und der Hospitality. Wir wollen so umgebungsspezifisch und verstärkt nutzenorientiert im häuslichen und beruflichen Umfeld behandeln und befähigen. Das kann eine Anpassung an die Haussituation beinhalten oder die Einrichtung betreffen. Der Trend «ambulant vor stationär» im akutmedizinischen Bereich wie auch in der Rehabilitation hat uns bestärkt, im ambulanten Behandlungssetting nochmals einen Schritt weiterzugehen. reha@home ist eine gemeinsame Idee der RehaClinic- und der KnechtGruppe. Dabei werden die Kompetenzen der beiden Unternehmen gebündelt: Hohe Expertise in Prävention und Rehabilitationsmedizin sowie hohe Logistikexpertise sind Erfolgsfaktoren für eine wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Behandlung zu Hause, die vom KVG (Krankenversicherungsgesetz) gefordert werden.
Was ist reha@home genau? Judith Meier: reha@home stellt ein breites Spektrum an rehabilitativen Leistungen zur Verfügung: zum Beispiel Physio-, Ergotherapie und Logopädie, aktivierende Rehabilitationspflege wie auch Grund- und Behandlungspflege. Zudem wird angestrebt, die Angehörigen in die Behandlung zu integrieren und sie zu befähigen, gezielt zu unterstützen. Dazu gehört beispielsweise das Wissen darüber, wie ein kräfteschonender und patientenorientierter Transfer vom Bett zu einem Stuhl gemacht wird.
Judith Meier
logischen Rehabilitation oft noch so, dass die einzelnen Behandlungen zu Hause nicht aufeinander abgestimmt sind. Der Patient oder die Angehörigen müssen in Eigenregie die Termine mit Physiotherapie, Pflege oder Ergotherapie koordinieren. Oft fehlen die ganzheitliche Betrachtung und eine Optimierung des gesamten Rehabilitationssettings, wie die medizinische Situation, der Einbezug sozialer Faktoren, ein klares Assessment, am ICF*-orientierte Behandlungsziele, eine Abstimmung der Massnahmen, die interdisziplinäre Standortbestimmung usw. Bei reha@home übernehmen wir diese Aufgabe, sodass Angehörige und die Betroffenen entlastet sind und wir eine optimale, massgeschneiderte, zielorientierte Rehabilitationsbehandlung anbieten können. Wir arbeiten auch mit externen Fachkräften vor Ort zusammen. Das können die Spitex oder die Physiotherapie sein. Unser Ziel ist es, den Patienten wieder zurück in den Alltag zu führen und ihm möglichst viel Autonomie und Lebensqualität zu ermöglichen, sodass dieser eigenständig agieren kann. Ein wichtiges Differenzierungsmerkmal ist die aktivierende Rehabilitationspflege. Speziell geschultes Pflegepersonal fördert die Selbstständigkeit des Patienten und stärkt dessen Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten.
Was ist anders als bei anderen ambulanten Angeboten? Judith Meier: Momentan ist die Situation in der neuro-
* International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF) for rehabilitation management in clinical practice.
4/2019
PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE
17
FORTBILDUNG
Werden auch digitale Medien eingesetzt? Judith Meier: Ja, wir planen in Zukunft auch digitale «Visiten» und Betreuungsformen. Wir sehen, dass auch ältere Patienten heute eine hohe Affinität zu digitalen Medien haben. Deshalb werden Behandlungen auch gut online möglich sein. Wir können diesbezüglich bereits auf langjährige technologische Erfahrungen mit der Online-Schlaftherapie der Klinik für Schlafmedizin, ein Unternehmen der RehaClinic-Gruppe, zurückgreifen.
Wie wird der Bedarf abgeklärt und weitergeleitet? Wer löst die Versorgung aus? Judith Meier: Ausserordentlich wichtig ist eine gute Indikationsqualität, das heisst, wann wird stationär rehabilitiert, wann ambulant oder wann braucht es eine Tagesrehabilitation? Eine Standardisierung gibt es nicht. Die Indikation für eine Rehabilitation zu Hause sollte in Zusammenarbeit mit dem Rehabilitationsteam erfolgen. Die Versorgung wird durch den behandelnden Arzt ausgelöst. Oft sind es auch Angehörige, die nach Behandlungs- und Unterstützungsmöglichkeiten fragen.
Wo bieten Sie die Dienste an? Judith Meier: Wir sind mit unserem Angebot in den Kantonen Aarau und Zürich gestartet. Wir werden unsere Dienstleistungen inhaltlich und geografisch aber in Abhängigkeit von den Bedürfnissen der Kunden sowie von den zuweisenden Ärzten und Kliniken weiterentwickeln.
Wie sieht die Zukunft aus?
Judith Meier: Die Gesundheitsversorgung in der
Schweiz steht vor grossen Herausforderungen: Die Be-
völkerung wird älter, chronische Erkrankungen werden
wohl zunehmen und damit auch der Bedarf nach Re-
habilitation. Wir sind überzeugt, dass reha@home einen
Beitrag leistet, diese Herausforderungen zu meistern,
und den Patienten auch in Zukunft eine optimale Ver-
sorgung gewährleisten wird.
G
Korrespondenzadresse:
Judith Meier
reha@home
Weinbergstrasse 29
8006 Zürich
E-Mail: j.meier@rehaclinic.ch
Was wird mit welchen Hilfsmitteln angeboten? Judith Meier: Es können alle therapeutischen und pflegerischen Behandlungen angeboten werden. Auch stehen Hospitality-Dienste, beispielsweise für die Essenszubereitung oder die Begleitung und die Betreuung zu Hause zur Verfügung. Bei Bedarf können notwendige Hilfsmittel leih- und/oder testweise zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist, auch robotergestützte Rehabilitationsbehandlungen und Trainig zu Hause anbieten zu können.
Sehr geehrte Frau Meier, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Annegret Czernotta.
18 4/2019
PSYCHIATRIE + NEUROLOGIE