Transkript
EDITORIAL
Chronische Schmerzen in der Praxis: Noch immer eine Herausforderung
R und 16 Prozent der erwachsenen Bevölkerung leiden an chronischen Schmerzen. Chronischer Schmerz tritt aber nicht nur bei Erwachsenen auf. Im Artikel von Prof. Carol C. Hasler, UKBB, wird deutlich, dass chronischer Schmerz auch Kinder und Jugendliche betrifft (Seite 4). So liegt die 1-Jahres-Prävalenz bei Schmerzen am Bewegungsapparat bei 16-Jährigen bei 16 Prozent und nimmt bis ins Alter von 14 Jahren auf 24 Prozent zu. Herausfordernd für den Behandler – im Artikel ist dies der Orthopäde – ist unter anderem, dass ein morphologisches Korrelat für den Schmerz fehlen kann, beispielsweise aber die Eltern des betroffenen Kindes eine genaue Diagnose verlangen, obwohl die kausale Ursache für den Schmerz nicht nachweisbar ist. Im Beitrag beschreibt er das Vorgehen am UKBB in diesen schwierigen Fällen und in welche Richtung sich die Behandlung chronischer Schmerzen bewegen wird. Denn das UKBB geht in der Behandlung chronischer Schmerzen schweizweit neue Wege.
In Bezug auf die Behandlung chronischer Schmerzen nimmt aber auch insbesondere die multi- und interdisziplinäre Zusammenarbeit einen wichtigen Stellenwert ein. Die Ergotherapeutinnen Franziska Heigl und Brigitte Elisabeth Gantschnig stellen in ihrem Beitrag das Assessment of Motor and Process Skills (AMPS) in der Ergotherapie vor. AMPS dient zur Erfassung der Qualität der Ausführung von Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) und kann bei Patienten mit chronischen Schmerzen zeigen, in welchen Bereichen der Patient der Unterstützung bedarf oder wie wirksam pharmakologische und nicht pharmakologische Therapien sind (Seite 13).
Auch an der RehaClinic mit Mutterhaus in Bad Zurzach ist die fachübergreifende Zusammenarbeit in der Behandlung akuter und chronischer
Schmerzen ein zentrales Thema. Das diesjährige 5. Fachsymposium Schmerz stand ganz im Zeichen der Nacken- und Rückenschmerzen. Das Fachsymposium wurde bewusst praktisch ausgelegt. Neben neuesten Erkenntnissen aus dem Bereich der Behandlung chronischer Kopfschmerzen referierten Experten vom Schmerzzentrum der RehaClinic. Im Fokus standen die zusätzlich zur Schulmedizin angebotenen persönlichen, nicht ganz dem «Mainstream» folgenden Spezialkenntnisse, wie beispielsweise aus der medizinischen Hypnose oder der Musik-Imagination (Seite 17).
Im psychiatrischen Schwerpunkt dieser Ausgabe stellt Maria-Dorothea Heidler das komplexe Thema der autoimmunen Enzephalitiden vor (Seite 20). Diese sind die Folge zirkulierender Autoantikörper gegen intrazelluläre oder an der Oberfläche der Zelle liegende Antigene neuronaler Strukturen. Die Immunreaktion kann durch einen okkulten Tumor ausgelöst werden, aber auch ohne jegliche Tumoranzeichen auftreten. Die immunologische Reaktion führt zu Entzündungsreaktionen in verschiedenen Hirnarealen, was zahlreiche kognitive Beeinträchtigungen bei diesen Patienten verursacht.
Wir wünschen Ihnen eine interessante und berei-
chernde Lektüre.
G
Prof. Peter Sandor Ärztlicher Direktor und Chefarzt Neurologie
RehaClinic und Leiter der akutnahen Rehabilitation Baden,
Herausgeber P & N E-Mail: peter.sandor@ksb.ch
4/2017
PSYCHIATRIE & NEUROLOGIE
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