Transkript
Symposium Neurologie für praktizierende Ärzte
«Mir ist sturm»
SYMPOSIUM
Die Neurologie hat sich in den letzten Jahren stark diversifiziert. Diagnostik und Therapie haben grosse Fortschritte gemacht. Trotzdem steht zu Beginn jeder Begegnung mit dem Patienten das gezielte und kompetente Nachfragen. Um die Zusammenarbeit innerhalb der Neurofächer und der zuweisenden Ärzte zu vereinfachen, wurde in Bern das Ambulante Neurozentrum eröffnet. Das Symposium zu Schwindel, Taubheitsgefühl und Migräne diente neben der Information auch dem Zusammenwachsen von Hausärzten und Spezialisten.
Schwindel und Trümmel
«S chwindel ist wie eine Blackbox», sagte PD Dr. Georgios Mantokoudis, leitender Arzt an der Universitätsklinik für HNO-Krankheiten am Inselspital Bern, «die Ursache zu finden, ist aufwändig und schwierig.» Definiert wird Schwindel als wahrgenommene Scheinbewegung zwischen sich und der Umwelt. Auf einem Schiff nimmt das Auge beispielsweise keine Bewegung wahr, hingegen aber das Ohr. Dieser Konflikt kann dann zu Erbrechen führen. «Schwindel ist immer ein multisensorischer Mismatch zwischen dem Innenohr, dem Auge und der Propriozeption», so Mantokoudis. Anamnestisch wichtig sei es, die «richtigen» Fragen in Bezug auf wichtige Trigger und das Timing zu stellen: Wie tritt der Schwindel auf: abrupt, perakut oder dauerhaft? Gibt es Prodrome? Was triggert diese: eine Lageänderung, eine Bewegung, das Gehen in Dunkelheit oder Lärm? Sind Begleitsymptome vorhanden wie Doppelbilder, Migräne, Sehstörungen? «Die genaue Analyse schränkt die Ursachen immer mehr ein», so Mantokoudis. Die klinische Untersuchung beim akuten Schwindel wiederum zentriert sich insbesondere auf die Augenbewegungen, die Hirnnerven-, Gang- und Standprüfungen. Zentral ist zudem die Frage, ob ein Nystagmus erkennbar ist. Für die Diagnostik des akuten Schwindels hat sich der neue 3-Stufen-Test etabliert. Im HINTS (Head-Impulse-Test/Nystagmustest/Test of Skew) wird der Patient angehalten, die Nasenspitze des Untersuchers zu fixieren. Dieser nimmt beim Test den Kopf des Patienten in die Hände, dreht diesen leicht zur Seite, um ihn dann ruckartig wieder gerade zu stellen. Bei Einstellkaskaden des Patienten spricht das für eine periphere vestibuläre Störung, ein normaler Kopfimpulstest vor dem Hintergrund der
Schwindelsymptomatik spricht hingegen eher für ein zentrales Geschehen wie Schlaganfall.
Schwindel aus psychiatrischer Sicht Auch psychiatrischen Patienten ist es oft «sturm». Der Chefarzt Psychiatrie und Stv. Direktor der UPD in Bern, PD Dr. Sebastian Walther, sieht Schwindel sehr oft bei Angststörungen. «Schwindel ist häufig ein Symptom der Angst», so Walther. Oder der Schwindel macht Angst, weil die Betroffenen denken, dass sie Schwindel aufgrund einer somatischen Erkrankung haben. Gerade bei der Panikstörung gehen die körperlichen Symptome mit sehr viel Angst einher. Schwindel kann aber auch ein Zeichen einer Hypochondrie sein, beim Entzug oder aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen auftreten. Entscheidend ist wiederum die Anamnese mit Fragen, nach den typischen Situationen, in denen die Angst auftritt, oder welche Emotionen überwiegen, wenn der Schwindel vorhanden ist. Bei den meisten Angststörungen ist die kognitive Verhaltenstherapie in Kombination mit einem selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wirksam. Der Psychiater rät auf jeden Fall davon ab, die Ängste mit einem Benzodiazepin zu behandeln, das abhängig machen kann. «Ausserdem ist es aufgrund der Wirksamkeit der Benzodiazepine dann auch kaum mehr möglich, den Patienten für eine dauerhaft wirksame Psychotherapie zu motivieren», so Walther.
Kribbeln und Taubheitsgefühl Bei Sensibilitätsstörungen ist ebenfalls die Anamnese zentral. Eine Sensibilitätsstörung ist mehr als nur ein Kribbeln, so Prof. Andrew Chan, Neurologe und ein international anerkannter Experte in Bereich der Multiplen Sklerose, der als neuer Leiter des Ambulanten
Neurozentrums am Inselspital in Bern tätig ist. Anamnestisch ist zu hinterfragen, ob vielleicht auch Taubheit dazu gehört und ob das Kribbeln nur im Arm zu spüren ist oder sich in Richtung Gesicht ausweitet. So kann neben dem Ursprung auch ein Hinweis auf die zugrunde liegende Ätiologie erfragt werden. Chan wies auch darauf hin, dass Fehler oder Fehlinterpretationen aufgrund der Untersuchung entstehen können: «Eine leichte Berührung der Haut wird über die Hinterstränge weitergeleitet, bestreicht der Untersucher die Haut, dann wird diese Qualität als Kitzeln beziehungsweise Jucken über andere Bahnen geleitet. Der Untersucher muss einfach wissen, was er tut.» Und dafür braucht es auch nicht unbedingt die teuersten medizinischen Apparate oder Armamentarien. An einem Fallbeispiel einer 27-jährigen Frau mit akut aufgetretenem Kribbeln und Taubheit in den Beinen ging Chan auf die Differenzialdiagnostik ein. Neurologisch möglich oder denkbar waren aufgrund der Symptomatik eine zugrunde liegende periphere Neuropathie, auch ein Guillain-Barré-Syndrom. Die Anamnese und die anschliessende Abklärung zeigten dann, dass die junge Frau an einer Multiplen Sklerose erkrankt war.
Diagnostik in der Neurologie Was bedeuten Flecken im Gehirn? Die Liste der Differenzialdiagnosen ist nach Angaben von PD Dr. Marwan El-Koussy, leitender Arzt am Universitätsinstitut für Diagnostische und Interventionelle Neurologie am Inselspital in Bern, gross. Läsionen in der weissen Substanz können beispielsweise auf vaskuläre Veränderungen hinweisen, aber auch ein Hinweis sein auf eine Multiple Sklerose. Die Neurologie beschäftigt sich intensiv mit der Diagnostik und der Therapie der Multiplen Sklerose. «Die Krankheit beginnt oft in jungen Jahren, und eine Therapie ist meist über Jahrzehnte nötig», nannte Dr. Christian Kamm, Oberarzt an der Universitätsklinik am Inselspital in Bern, einige der Gründe. Das CIS (ClinicallyIsolated-Syndrom) ist der frühest mögliche Zeitpunkt für einen Therapiebeginn. Dafür muss ein Schub nachweisbar sein, und bei bildgebenden Verfahren (MRI-Untersuchungen) müssen sich eindeutige Hinweise auf eine Multiple Sklerose ergeben. Die Therapie hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Zu den derzeit empfohlenen Medikamenten gehören Interferone, Glatirameracetat, Fingolimod, Teriflunomid, Natalizumab, Dime-
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thylfumarat, Alemtuzumab und Mitoxantron (Kasten 1). Interferone (Avonex®, Betaferon®, Rebif®) und Glatirameracetat (Copaxone®) gehören zur Basistherapie. «Bei diesen Medikamenten haben wir eine grosse Erfahrung und kennen sowohl Wirksamkeit als auch Nebenwirkungen sehr genau», so Kamm (Kasten 2). Neu hinzu gekommen ist das Interferon Plegidry®, das nur alle 14 Tage verabreicht werden muss. Des Weiteren gibt es seit 2011 orale Therapien zur Basisbehandlung mit Gilenya® (Fingolimod), Aubagio® (Teriflunomid) und Tecfidera® (Dimethylfumarat), die ein gutes Wirksamkeits-/Sicherheitspotenzial haben. Lemtrada® (Alemtuzumab) ist bei aktiver MS und Tysabri® (Natalizumab) und Novatron® (Mitoxantron) sind als Eskalationstherapeutika zugelassen, wenn andere Therapien nicht wirksam sind. Alemtuzumab verändert das Immunsystem tief greifend. «Die Therapie ist hochwirksam und zerstört T- und B-Zellen», sagte Kamm. «Das Medikament sollte deshalb erst verordnet werden, wenn der Betroffene mindestens zwei Schübe im vergangenen Jahr hatte.» Bei Gilenya® wies der Neurologe darauf hin, dass sich eine Lymphopenie entwickeln könne und der Patient herzgesund sein müsse. Die gefürchtete progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) sei allerdings eine äusserst seltene Nebenerscheinung, so der Neurologe. Bei Tecfidera® wiederum ist zu beachten, dass die Therapie gestoppt werden muss, wenn die Lymphozytenzahl zu niedrig sind. Auch hier ist das Risiko, an PML zu erkranken, gering. Eine Therapie fehlt hingegen noch immer für die Behandlung der primär progredienten Form der MS. Eine Änderung wird sich wahrscheinlich
durch Ocrelizumab ergeben, einen humanisiertem Antikörper, der gegen das CD20-Molekül, einen Oberflächenmarker auf bestimmten BLymphozyten, gerichtet ist. Die Zulassung wird in der Schweiz für 2017 erwartet. Kamm wies am Symposium auf die wichtige Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten hin. Das Neurozentrum soll die Zusammenarbeit erleichtern und verbessern, da Auskünfte und Anmeldungen nur noch über eine Telefonleitung laufen.
Kopfschmerzen und Migräne Kopfschmerzen können bereits in der Kindheit beginnen. Die zyklischen Syndrome und Migräne im Kindesalter stellte Dr. Sandra Bigi, Oberärztin Neuropädiatrie an der Universitätsklinik für Kinderheilkunde am Inselspital Bern, vor. Anhand eines Fallbeispiels schilderte sie, dass Sarah, 4 Jahre, rezidivierende Episoden mit Erbrechen hat. Sie klammert sich dann ans Bein der Mutter, ihr wird «trümmlig», sie wird blass, und die Mutter bemerkt dann schnelle Bewegungen der Augen. Die Episoden dauern 3 bis 5 Minuten und treten 2- bis 3-mal pro Monat auf. Dazwischen ist das Mädchen komplett beschwerdefrei. Die Anamnese ist bland, es findet sich keine organische Ursache, ausser dass bereits die Mutter unter Migräne gelitten hatte. Die Diagnose einer benignen paroxysmalen Vertigo wird gestellt. Diese gehört zu den zyklischen Syndromen im Kindesalter. Zyklische Syndrome gelten gemäss International Classification of Headache Disorders (ICHD-3beta) als Vorläufer der Migräne. Die einzelnen zyklischen Syndrome treten altersgebunden auf und umfassen den benignen paroxysmalen Tortikollis (2–8 Monate), die be-
nigne paroxysmale Vertigo (2–4 Jahre), das zyklische Erbrechen (5–7 Jahre) und die abdominelle Migräne (7–9 Jahre). Die Diagnose eines zyklischen Syndroms erfolgt anhand der Kriterien der ICHD-3beta nach Ausschluss organischer Ursachen. Im Intervall ist das Kind komplett beschwerdefrei. In der Regel bedarf es keiner Therapie. Flunarizin ist eine prophylaktische Möglichkeit, falls die Symptome die Betroffenen stark beeinträchtigen. Auslöser sind oft unspezifische Triggerfaktoren; die abdominelle Migräne ist assoziiert mit Reisen (Reiseübelkeit), längeren Nüchternzeiten oder unregelmässigem Schlafrhythmus. Sie geht in zirka 70 Prozent in eine klassische Migräne über, von der 10 Prozent aller Jugendlichen zwischen 5 und 15 Jahren betroffen sind. Die Migräne ist eine klinische Diagnose. Einer weiteren Abklärung bedarf es, wenn die neurologische Untersuchung im Intervall auffällig ist oder der migräniforme Kopfschmerz immer die gleiche Seite betrifft. Bigi empfiehlt eine Kombination aus medikamentösen und nicht medikamentösen Therapien, wie einen Kopfschmerzkalender, um Auslöser aufspüren zu können. Zusätzlich sollen Entspannungstechniken erlernt und auf eine regelmässige Ernährung und eine gut verteilte Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Magnesium (5–10 mmol/Tag) über einen Zeitraum von 3 Monaten stellt eine erfolgreiche prophylaktische Massnahme dar. Sind Migräneattacken eingetreten, soll so früh wie möglich und so hoch dosiert wie nötig mit Paracetamol, NSAR und/oder Aspirin behandelt werden. Bei mangelndem Ansprechen kommen auch Triptane zum Einsatz. Eine medikamentöse Prophylaxe sollte diskutiert werden, wenn die Anfälle wöchentlich auftreten.
Kasten 1: Basistherapie in der MS-Behandlung
Substanz
Zulassung Anwendung Frequenz
Indikation
Basistherapie Interferon-betaPräparate Interferon beta-1a Interferon beta-1b PEG-Interferon beta-1a 1993–2015
s.c., i.m. Jeden 2. Tag 3 x/Woche 1 x/Woche 2 x/Woche CIS, RRMS, SPMS
Copaxone®
Glatirameracetat
1995 1999 (CH) s.c. täglich
CIS, RRMS
Gilenya® Aubagio® Tecfidera®
Fingolimod Teriflunomid Dimethylfumarat
02/2011 11/2013 08/2014
oral 1 x/Tag
oral 1 x/Tag
oral 2 x/Tag
RRMS
RRMS
RRMS
Eskalationstherapie Lemtrada® Tysabri® Novantron®
Alemtuzumab Natalizumab Mitoxantron
12/2014
i.v. 1 x/Jahr
2007 (CH) 2002
i.v. i.v. 1 x Monat 2–6 x/Jahr
RRMS
RRMS**
RRMS** SPMS**
* aktive MS. ** hochaktive MS. CIS: klinisch isoliertes Syndrom; RRMS: rezidivierend-remittierende MS; SPMS: sekundär progrediente MS s.c.: subkutan; i.m.: intramuskulär; i.v.: intravenös
Quelle: «Symposium Neurologie für praktizierende Ärzte», 18.2.16 in Bern
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Kasten 2: Monitoring unter der MS-Medikation
Vorabklärung
Interferone
Routinelabor*
(Avonex®, Betaferon®,
Rebif®, Plegidry®)
Glatirameracetat
(Copaxone®)
Fingolimod
Routinelabor
(Gilenya®)
Kardiologie
Ophtalmologie
Dermatologie
VZV-Titer
Teriflunomid
Routinelabor
(Aubagio®)
Dimethylfumarat Routinelabor
(Tecfidera®)
Verlaufskontrollen
6-monatlich
Routinelabor
3-monatlich
Routinelabor
1- bis 3-monatlich 3-monatlich
Routinelabor Blutdruck Routinelabor Magen-DarmBeschwerden Hautrötungen
Alemtuzumab (Lemtrada®)
Natalizumab (Tysabri®) Immunoglobulin IgG-1-kappa (Rituximab®)
Routinelabor Quantiferontest
Routinelabor JC-Virus-Testung Routinelabor Röntgen-Thorax
monatlich für 4 Jahre 6-monatlich
Routinelabor Schilddrüse Petechien Urinstatus mit Mikroskopie Routinelabor
3-monatlich
Routinelabor
*Routinelabor: Hämat III, Na, K, Glukose, CRP, ALAT, gGT, CK, TSH, HbA1c, Schwangerschaft PML: progressive multifokale Leukenzephalopathie
Cave Leberwerterhöhungen, Schilddrüsenunterfunktion
Lymphozyten < 0,1 g/I, PML
Leukopenien, Leberwerterhöhungen, Bluthochdruck Lymphopenie < 0,5 x 109/l und/oder Leukopenie < 3,0 x 109/l NW: – Dosisreduktion – Aspirin bei Flush PML Autoimmune Schilddrüsenerkrankung (30%) Immunthrombozytopenische Purpura (ITP) (1%) Nephropathien (0,3%): Anti-Glomerulusbasalmembran (Anti-GBM), Nephritis (Goodpasture-Syndrom) PML Infektionen
Quelle: «Symposium Neurologie für praktizierende Ärzte», 18.2.16 in Bern
Kopfschmerz im Erwachsenenalter Kopfschmerzen treten selbstverständlich auch bei Erwachsenen auf. «Wird anamnestisch an der Oberfläche gekratzt, dann zeigt sich oft ein ungeahnter Leidensdruck durch die Kopfschmerzen, insbesondere durch Migräne», sagte Dr. Niklaus Meier, Stv. Leiter des Ambulanten Neurozentrums am Inselspital in Bern. Laut Meier ist die Migräne unterdiagnostiziert. Einer der wichtigsten Gründe ist wahrscheinlich, dass sich die Migräne nicht immer «Lehrbuch-mässig» präsentieren muss: So sind die Migränekopfschmerzen in zirka 30 Prozent bilateral, und häufig beginnen sie im Nacken, ohne dass ein eigentliches Nackenproblem vorliegt. Zudem ist die Übelkeit manchmal nur leicht ausgeprägt. Die Konsequenzen sind schwerwiegend: Migräne schränkt die Betroffenen in den produktivsten Lebensjahren zwischen 20 und 50 ein. Das führt zu beruflichen, aber auch zu sozialen Ausfällen. Denn die Migräne ist nicht vorhersehbar. «Sie trifft den Menschen mitten im Leben», so Meier. Triptane sind die einzige spezifische Wirkstoffklasse zur Behandlung einer Migräne. «Und es sind sichere Medikamente», hielt der Neurologe fest. Wichtig ist die frühe und wieder-
holte Einnahme. «Denn im Verlauf einer Attacke – insbesondere bei Eintreten der sogenannten ‹zentralen Sensibilisierung› – sind Triptane bereits deutlich weniger wirksam», so Meier. Die grosse Gefahr ist allerdings die des Medikamentenübergebrauchs. Laut Definition liegt dieser vor, wenn das Medikament an mehr als 10 Tagen im Monat eingenommen wird. Häufig entwickelt sich der Medikamentenübergebrauch, wenn die akute Migräne chronifiziert (an mehr als 15 Tagen pro Monat und das über mindestens 3 Monate). Eine medikamentöse Migräneprophylaxe ist sinnvoll, wenn die Attacken häufig auftreten, besonders schwer oder lang sind und stark behindern. Wirksam sind diesbezüglich in erster Linie Antiepileptika und Betablocker. Neue Medikamente zur Behandlung der Migräne sind in der Pipeline. Bei der Entwicklung neuer Migräneprophylaktika konzentrieren sich Pharmaunternehmen derzeit vor allem auf monoklonale Antikörper gegen das Calcitonin-Gen-verwandte Peptid (CGRP) beziehungsweise dessen Rezeptor. Der Neurotransmitter wird im afferenten trigeminovaskulären System freigesetzt und gilt als ein wichtiger Mediator für Migräneschmerzen. Bei
der Behandlung der chronischen Migräne ist häufig ein multimodales Therapiekonzept notwendig. Medikamentös sind Antiepileptika wie Topiramat oder Injektionen von Botulinumtoxin hilfreich. Für die Behandlung der chronischen Migräne gibt es mit Topiramat bislang nur eine einzige medikamentöse Therapieoption – allerdings mit vielen Nebenwirkungen. Studien zeigen, dass Botoxinjektionen in der Behandlung der chronischen Migräne ebenfalls wirksam sind. G
Annegret Czernotta
Quelle: Symposium Neurologie für praktizierende Ärzte, Inselspital Bern, 18.2.2016
Kasten:
Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten
Eine einzige zentrale Anmeldung für Patienten und Zuweiser: Tel. 031-632 70 00 E-Mail: neurozentrum@insel.ch Die Kontakte bieten Zugang zu allen Neurofächern und Informationen zu Spezialsprechstunden.
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