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FORTBILDUNG
Neues und Bekanntes aus der interventionellen Schmerztherapie
Minimalinvasive Schmerztherapie kann in ausgewählten und gut indizierten Fällen zu einer deutlichen Schmerzlinderung und Zunahme der Funktionalität des Patienten führen. Der folgende Beitrag gibt einen kursorischen und kritischen Überblick über die Möglichkeiten der minimalinvasiven, interventionellen Schmerztherapie.
Wilhelm Ruppen
von Wilhelm Ruppen
Diagnostisch prognostische Blockaden
I m speziellen Fall von Low Back Pain (unspezifischer Rückenschmerz) sind nur gerade zirka 10 Prozent aller Beschwerden auf eine spezifische Ursache (14) zurückzuführen. Zudem wissen wir, dass bei Schmerzpatienten eine strenge Korrelation von Untersuchungsbefunden (18), Anamnese und radiologischen Befunden (23, 25, 42) fehlt. Aus diesem Grund können funktionelle, minimalinvasive Tests in diagnostisch prognostischer Hinsicht äusserst hilfreich sein. Intraartikuläre Injektionen, Infiltrationen an peripheren oder zentralen Nerven, transforaminale oder interlaminäre Infiltrationen an der Neuraxis können Aufschluss über die mögliche Ätiologie eines Schmerzgeschehens geben (22). Meistens werden deshalb zeitlich verschoben zwei oder mehr Infiltrationen mit einem kurz und einem lang wirkenden Lokalanästhetikum durchgeführt. Idealerweise tritt in der Folge eine Schmerzlinderung von zirka 70 bis 80 Prozent ein (13, 33), welche der Wirkdauer des verwendeten Lokalanästhetikums entspricht; somit kann von einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgegangen werden, den hauptverantwortlichen Schmerzgenerator gefunden zu haben (13, 33). Zu beachten ist, dass nur sehr kleine Mengen des Lokalanästhetikums gespritzt werden sollten (im Fall der Rami-mediales-Diagnostik bei Verdacht auf Facettengelenksaffektion ≤ 0,7 ml), da ansonsten die Gefahr einer systemischen Resorption mit einem falschpositiven Resultat besteht oder aber angrenzende potenzielle Schmerzverursacher unabsichtlich ausgeschaltet werden (z.B. Nervenwurzeln bei der Ramus-medialisDiagnostik – vgl. weiter unten) und es auf diesem Weg zu einem falschpositiven Resultat kommt. In der alltäglichen Praxis ist das ein oft beobachteter Mangel bei der Durchführung von diagnostisch-prognostischen Infiltrationen.
Interventionelle Schmerztherapie an der Neuraxis In der Literatur variiert die Prävalenz für unspezifische Rückenschmerzen zwischen 40 und 70 Prozent (21, 24), diejenige für Nackenschmerzen liegt bei zirka 65 Prozent (16). Die ökonomischen Konsequenzen sind enorm und werden allein in den USA auf über 100 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt (10, 11). Es ist eine weltweit übliche Praxis, in Fällen akuter, invalidisierender Rückenschmerzen mit einer epiduralen Steroidinfiltration eine Schmerzlinderung zu versuchen. So gehören epidurale Steroidinfiltrationen in den USA zu den am häufigsten durchgeführten Interventionen (10). Insgesamt haben sich im Zeitraum von 2000 bis 2008 minimalinvasive Interventionen an der Neuraxis verdoppelt (34). Epidurale Steroidinfiltrationen können über drei verschiedene Zugangswege appliziert werden: a) transforaminal b) interlaminär und c) kaudal (10). Heutiger Standard ist eine radiologisch kontrollierte Injektionstechnik (Bildverstärker [BV], Ultraschall [US] oder Computertomografie [CT]). «Blind» durchgeführte Infiltrationen, also Infiltrationen ohne radiologische Steuerung der Nadel, sind aus Sicht des Autors obsolet.
Kaudaler Zugang Beim kaudalen Zugang werden meist höhere Injektionsvolumina gewählt, welche per se analgetisch sind (37). Der kaudale Zugang ist insbesondere bei radikulärer Symptomatik infolge Diskushernien L5/S1 und vorausgegangener Operation indiziert (10) und gekennzeichnet durch ein extrem kleines Risiko einer unbeabsichtigten Duraperforation.
Interlaminärer Zugang Interlaminäre Infiltrationen können auf jeder Höhe der Wirbelsäule durchgeführt werden und haben den Vorteil, dass sich das Injektat auch auf benachbarte Abschnitte ausbreitet und – im Gegensatz zur transforaminalen Technik – auch bei bilateralem Schmerzsyndrom wirksam sein kann. Wird ein paramedianer Zugang gewählt, kann sich das Injektat auch auf die
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ventralen und rezessalen Regionen des Epiduralraums ausbreiten, womit das Injektat in der Regel näher zum pathoanatomischen Korrelat zu liegen kommt als bei der rein dorsalen Ausbreitung (8, 10). Zudem besteht gute Evidenz für die intrathekale Gabe von Steroiden bei einer Post-Zoster-Neuralgie und mässige Evidenz für die epidurale Steroidgabe bei akuter Zoster-Neuralgie (4, 10). Für den zervikalen interlaminären Zugang gibt es gute Evidenz für die Wirksamkeit bei zervikalen Diskushernien, dagegen aber nur mässig bis schlechte Evidenz bei zervikaler Spinalkanalstenose, diskogenen Schmerzen sowie Failed Neck Surgery (3, 15). Aufgrund von mehreren Fallberichten mit schwerwiegenden Komplikationen (Tetraplegie, Tod) ist der zervikale interlaminäre Zugang dem transforaminalen wenn immer möglich vorzuziehen (10); ein zervikaler transforaminaler Zugang sollte erst beim Versagen des interlaminären Zugangs sowie bei klar radikulärer Symptomatik in Erwägung gezogen werden. So gibt es vor allem im angelsächsischen Raum Stimmen, die empfehlen, aufgrund des nur noch virtuell vorhandenen epiduralen Raums oberhalb C7 auf interlaminäre Infiltrationen zu verzichten.
Transforaminaler Zugang In einem systematischen Review liess sich für den lumbaren transforaminalen Zugang gute Evidenz, für radikuläre Schmerzen, lumbale Spinalkanalstenosen sowie Failed Back Surgery (32) eher mässig bis schlechte Evidenz nachweisen. Mehrere Studien haben sowohl kurz (29) als auch langfristige Besserung bei einer oder mehreren zervikalen transforaminalen Infiltrationen gezeigt (7, 12, 45). Bei der thorakalen transforaminalen Infiltration ist die Datenlage eher spärlich, einzig eine retrospektive Untersuchung konnte eine kurzzeitig hohe Schmerzlinderung von über 80 Prozent nachweisen (48). Obwohl der zervikale transforaminale Zugang eine bessere Erfolgsrate für radikuläre Symptomatiken als der zervikale interlaminäre Zugang hat, wird gemeinhin wegen der schweren Komplikationsmöglichkeiten (20, 41, 43) als erste Wahl – besonders im zervikalen Bereich – der interlaminäre Zugang empfohlen. Eine lumbale interlaminäre Infiltration mit 40 mg Methylprednisolon zeigte eine identische Wirksamkeit wie 80 mg Methylprednisolon (36), bei der transforaminalen Infiltration waren 10, 20 und 40 mg gleich wirksam, nicht jedoch 5 mg Methylprednisolon (26). Bezüglich der Wirksamkeit von kristallinen oder nicht kristallinen Steroiden gibt es Hinweise für eine leichte Überlegenheit der kristallinen Steroide im zervikalen Bereich (10, 19). Empfohlen wird demgemäss heute der Einsatz von nichtkristallinen Steroiden beim transforaminalen Zugang zervikal und thorakal, tendenziell auch lumbosakral (31). Die Entscheidung für eine zeitnahe Repetierung von epiduralen Infiltrationen sollte individuell erfolgen. Zumindest sollten zwischen zwei Infiltrationen mindestens zwei Wochen liegen, einerseits lässt sich der Effekt der ersten Infiltration besser abschätzen, andererseits lassen sich Nebenwirkungen minimieren, zu denen beispielsweise die Nebennierenrinden-Supprimierung zählt (31). Riew und Mitarbeiter konnten in einer prospektiven,
100
Anzahl randomisierter Studien in %, die eine positive Wirksamkeit zeigen
75
50
25
0
Transforaminal
Interlaminär
Kaudal
Art der epiduralen Technik
Abbildung 1: Wirksamkeit epiduraler Steroidinfiltrationen basierend aufgrund randomisierter, kontrollierter Studien seit 1970 (modifiziert nach [10]).
Kasten:
Mögliche Zielstrukturen ultraschallgesteuerter Infiltrationen
Zielstruktur
Zervikale Facetten intraartikulär
N. occipitalis
Zervikale Facetten Rami mediales
N. suprascapularis
Zervikale transforaminale Wurzelinfiltration Nn. intercostales
Lumbale Facetten intraartikulär
N. ilioinguinalis et iliohypogastricus
Lumbale Facetten Rami mediales
N. femoralis
Lumbale transforaminale Wurzelinfiltration N. cutaneus femoris lateralis
Iliosakralgelenk
N. pudendus
Kaudal epidural
N. saphenus
Ganglion stellatum
N. ischiadicus
Ganglion impar
N. radialis, ulnaris, medianus
Diverse Gelenke (Schulter, Hüfte, Knie etc.) M. piriformis
randomisierten und doppelblinden Studie eindrücklich zeigen (38), dass sich bei Patienten mit einer radikulären Lumbalsymptomatik mit einem transforaminalen Steroidzusatz im Vergleich zur reinen Bupivacaingabe die Operationshäufigkeit von 67 auf 29 Prozent senken liess. Auch liess sich die Arbeitsrückkehrhäufigkeit durch die epidurale Steroidapplikation steigern: Bei Breivik waren es 63 versus 25 Prozent (6), bei Kraemer (28) 54 versus 40 Prozent und bei Rogers (39) 53 versus 33 Prozent. In einer retrospektiven Studie aus dem Jahr 2008 (9) mit über 4000 Interventionen an 1857 Patienten, welche überwiegend transforaminale Interventionen erhielten, konnten keine schweren Komplikationen gefunden werden. So betrug die Inzidenz für nicht schwerwiegende Komplikationen 2,4 Prozent (mehr Schmerzen 1,1%, Schmerzen an der Injektionsstelle 0,33%, persistierende Taubheit 0,14%, anderes 0,80%). Erstaunlich war bei dieser retrospektiven Analyse, dass die Komplikationsrate für leichte Komplikationen bei translaminären Infiltrationen höher als bei transforaminalen war (6,0% versus 2,1%). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass a) epidurale Steroidinfiltrationen bei gut selektionier-
ten Patienten über einen Zeitraum von mehreren Wochen eine Funktionsverbesserung bringen b) transforaminale Infiltrationen effizienter sind als translaminäre (Abbildung 1)
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Nicht steAronitdidaleepArensKtsoeivtpaahm,lPoiengnisttiinkoaid(NeSAID‘s)
Stufe 3
Stufe 1
Nicht opioide Analgetika NSAIDs
Stufe 2
Schwache Opioide
Starke Opioide Oral verabreicht
Transdermal verabreicht
Stufe 4
Nervenblockaden PDA/Intrathekale Katheter
Patient controlled analgesia (PCA) Neurolytische Blockaden Spinal cord stimulator
Abbildung 2: Erweitertes WHO-Stufenschema, stark modifiziert nach 47.
c) aufgrund der möglichen, schweren Komplikationen im Bereich höhere Lumbalwirbelsäule, thorakal und zervikal, trotz besserer Wirksamkeit die translaminäre Infiltration als Methode der ersten Wahl angesehen wird und
d) höhere Injektionsvolumina ein besseres Outcome zeigen (10).
Ultraschallgesteuerte Infiltrationen in der chronischen Schmerztherapie Prinzipiell können schmerztherapeutische ultraschallgesteuerte Infiltrationen (UgI) an der Neuraxis, am sympathischen Nervensystem, an Gelenken sowie an peripheren Nerven durchgeführt werden (Kasten). Anhänger von ultraschallgesteuerten Infiltrationen führen vor allem die erhöhte Genauigkeit der Nadelführung und die damit erwartete verminderte Anzahl von Komplikationen als grossen Vorteil an (35). Ein anderer Vorteil ist die fehlende Strahlenbelastung im Vergleich zu BV-gesteuerten Infiltrationsverfahren (5). Zu den Nachteilen des Ultraschalls zählt die fehlende Kontrolle
Fallbeschrieb
Ein 66-jähriger Akademiker mit metastasierendem Oesophagus-Karzinom wurde uns von den Onkologen wegen nicht beherrschbaren neuropathischen Schmerzen im Bereich des distalen Ulnarisbereichs zugewiesen. Die Radiochemotherapie wurde bei fortschreitendem lokalem Befund und einer zunehmend hochpalliativen Situation sistiert. Die Genese der neuropathischen Schmerzen im Ulnarisbereich blieb unklar. Eine direkte Kompression des N. ulnaris konnte mittels Magnetresonanztomografie ausgeschlossen werden. Die Lebensqualität des Patienten war durch die Schmerzen beträchtlich eingeschränkt. Die medikamentöse Therapie mit hochdosiertem Ibuprofen, Fentanyl transdermal, Oxycontin, Pregabalin sowie Metamizol zeigte nahezu keine analgetische Wirkung, hingegen litt der Patient angesichts der steigenden Opioiddosen zunehmend an systemischen Nebenwirkungen, welche abermals die Lebensqualität des Patienten empfindlich störten. Zwei diagnostisch prognostische, Ultraschall-geführte-Infiltrationen im Bereiche des N. ulnaris führten für wenige Stunden zur absoluten Beschwerdefreiheit des Patienten, die Funktionseinbusse der Hand hielt sich in Grenzen, besonders angesichts der Tatsache, dass der Patient schmerzbedingt seine Hand ohnehin kaum mehr benutzen konnte. Deshalb entschloss sich der Patient nach eingehenden Gesprächen, eine Kryotherapie am N. ulnaris durchführen zu lassen, welche zu einer anhaltenden Beschwerdefreiheit des Patienten bis zu dessen Tod dauerte. Die systemisch-medikamentöse Therapie konnte stark reduziert werden.
über die vollständige oder die zumindest teilweise erfolgte Injektion von beispielsweise kristallinen Steroiden in ein Gefäss, was je nach anatomischer Lokalisation verheerende Konsequenzen haben kann (30, 41). Ein weiterer Nachteil ist die erschwerte Höhenlokalisation an der Neuraxis im Vergleich zur BV-gesteuerten Infiltration sowie die fehlende Dokumentation der Injektatausbreitung. Ein kürzlich durchgeführter systematischer Review (5) fand ein uneinheitliches Bild bezüglich der Fragestellung, ob UgI bei Patienten mit chronischen Schmerzen gegenüber BV-gesteuerten Infiltrationen von Vorteil seien. Insgesamt wurden im Review 810 Patienten, davon 134 gesunde Probanden und 122 Leichen, zusammengefasst. Randomisierte Studien mit mässiger bis schlechter Studienqualität wurden jeweils nur bei kleinen Patientenpopulationen gefunden. Zusätzlich wurden 41 Fall- und Kadaverstudien gefunden. Die aktuelle Datenlage lässt somit keine definitiven Schlüsse zu. Es scheint aber, dass in Abhängigkeit von der Lokalisation und den anatomischen Strukturen durch den Einsatz des Ultraschalls Sicherheit und Genauigkeit der Nadelführung erhöht werden und der Einsatz somit sinnvoll ist (5). Die Erfahrung aus unserer Klinik zeigt, dass immer mehr Interventionen mit UgI durchgeführt werden und zumindest teilweise auf strahlenintensive BV-gesteuerte Infiltrationen verzichtet werden kann.
Interventionelle Schmerztherapie bei Patienten mit Tumorschmerzen In der Schweiz stirbt rund jeder Dritte an einem Tumorleiden (Schweizer Bundesamt für Statistik 2010). Rund 70 Prozent dieser Patienten haben Schmerzen, wovon rund jeder Dritte an starken oder sogar sehr starken Schmerzen leidet (46). Bei etwa 33 Prozent der Tumorpatienten persistieren Schmerzen trotz einer erfolgreichen und kurativen onkologischen Therapie. Etwa 40 Prozent dieser Schmerzen sind vorwiegend neuropathisch bedingt (2). Rund 10 Prozent der Tumorpatienten mit Schmerzen werden, obwohl das WHO-Stufenschema korrekt zur Anwendung gebracht wird, nicht schmerzarm (49). Bei diesen Patienten ist es sinnvoll, die minimalinvasive Schmerztherapie in Erwägung zu ziehen (vgl. auch Kasuistik Abbildung 1). So wurde in den vergangenen Jahren immer wieder die Erweiterung des WHO-Stufenschemas um eine vierte Stufe verlangt (Abbildung 2 [17, 47]).
Intrathekale Katheterverfahren An intrathekale Katheterverfahren bei Tumorpatienten sollte immer dann gedacht werden, wenn die systemischen Opioide entweder nicht (mehr) wirken oder die Nebenwirkungen für den Patienten intolerierbar werden (siehe Fallbeispiel). An unserer Klinik werden präterminale Patienten mit einem tunnelierten Katheter an eine externe Pumpe angeschlossen, wobei meist tief dosierte Lokalanästhetika mit einem Opioid (meist Morphin) kombiniert werden. Der Vorteil: Mit kleinsten Medikamentendosen lässt sich eine äusserst effiziente Schmerztherapie erzielen, wobei sich die systemischen Nebenwirkungen im Vergleich zur systemischen Opioidgabe meist in Grenzen halten, insbesondere wenn die pro Stunde applizierte Bupivacaindosis unter einem Milligramm bleibt.
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Rund 75 Prozent der Patienten erfahren mit einem intrathekalen oder epiduralen Katheter eine gute oder gar sehr gute Analgesie (27, 44).
Komplikationen bei intrathekalen
und epiduralen Katheterverfahren
Gemäss einem systematischen Review und einer Meta-
analyse (1) mit 821 Patienten erleiden zirka 2,3 Prozent
der Patienten mit einem intrathekalen Katheter einen
oberflächlichen Infekt und 1,4 Prozent einen tiefen In-
fekt. Die Autoren konnten hochrechnen, dass rund jeder
71. Patient nach 54 Tagen Kathetertragdauer einen
tiefen Infekt erleidet. Das Risiko für eine Blutung betrug
0,9 Prozent, für einen neurologischen Schaden 0,4 Pro-
zent.
Da eine epidurale Katheterlage meist innert 2 bis 3 Wo-
chen wegen einer beginnenden Epiduralfibrose nicht
mehr oder nur noch ungenügend funktioniert, sollte
bei einer vermuteten Lebenserwartung von mehreren
Wochen direkt eine intrathekale Katheterimplantation
angestrebt werden (44). Eine Metaanalyse mit über
4600 Patienten mit epiduralen Kathetern kam auf ähn-
liche Risikoinzidenzen (tiefer Infekt rund 2,8%) wie bei
der intrathekalen Katheterlage, weshalb sich ein epidu-
raler Katheter vor allem bei einer voraussichtlichen
Lebensdauer von einigen wenigen Tagen eignet (40).
Die Tumorradiofrequenztherapie bei schmerzhaften
Metastasen, die Radiotherapie sowie die Vertebroplastie
sind nicht Fokus dieses Reviews.
G
Korrespondenzadresse:
PD Dr. med. Wilhelm Ruppen
Leitender Arzt Schmerztherapie
Departement für Anästhesie,
Operative Intensivbehandlung,
Präklinische Notfallmedizin und Schmerztherapie
Universitätsspital Basel
4031 Basel
Tel.: 061-328 64 96
E-Mail: wruppen@gmail.com
Verdankung: Dank gilt Dr. Armin Aeschbach, meinem geschätzten Lehrer, für die kritische Durchsicht des Manuskriptes.
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Merksätze:
G Das Fehlen einer strengen Korrelation von Un-
tersuchungsbefunden, Anamnese und radiolo-
gischen Befunden ist bei Schmerzpatienten
möglich. Funktionelle, minimalinvasive Tests in
diagnostisch-prognostischer Hinsicht können
dann äusserst hilfreich sein.
G Epidurale Steroidinfiltrationen verbessern in
einem gut selektionierten Patientengut für
mehrere Wochen die Funktion des Patienten,
wobei die transforaminale der translaminären
Applikation überlegen ist.
G Epidurale Steroidinfiltrationen bergen Risiken,
weshalb die Durchführung derselben in geübte
und erfahrene Hände gehört. Transforaminale
Infiltrationen mit kristallinen Depotsteroiden
sollten nicht mehr durchgeführt werden; statt-
dessen können nicht kristalline Steroide verab-
reicht werden, welche mehr Sicherheit bieten.
G Ultraschallgesteuerte Interventionen können
Sicherheit und Genauigkeit der Nadelführung
erhöhen, womit der Einsatz des Ultraschalls
sehr sinnvoll ist.
G Etwa 10 Prozent der Tumorpatienten mit
Schmerzen werden trotz korrekter Anwendung
des WHO-Stufenschemas nicht schmerzarm.
Bei diesen Patienten ist die Möglichkeit der
4. Stufe im Sinne minimalinvasiver Schmerz-
therapie in Erwägung zu ziehen.
G Bei Tumorpatienten mit sehr starken bis unaus-
haltbaren Schmerzen sollte immer dann an die
Einlage eines intrathekalen Katheters gedacht
werden, wenn die systemischen Opioide ent-
weder nicht mehr wirken oder die Nebenwir-
kungen für den Patienten intolerierbar werden.
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PSYCHIATRIE NEUROLOGIE