Transkript
FORTBILDUNG
Beobachtungsnetz «Interprofessionalität»:
Gemeinsame Sorge um den frühen Spracherwerb
Interprofessionalität im Themenkreis kindliche (Sprach-)Entwicklung gelingt, wenn die Stationen von Beobachtung, Beratung, Planung der Massnahmen und Bilanz als ein gemeinsamer Prozess angesehen werden. Dabei arbeiten Spezialisten für Generalisten, und dem Elternvotum wird ein respektvoller Raum gegeben. In diesem Beitrag wird dafür plädiert, dass Interprofessionalität eine institutionalisierte Routine braucht. Beobachtungsinstrumente für nicht logopädische Fachpersonen zur Beurteilung des Spracherwerbs sowie Beratungstools für Eltern werden vorgestellt. Sie erleichtern Entscheidungen für das Einbeziehen der Fachkompetenz Logopädie und bieten neue Zugangswege in der Stärkung von Eltern.
Wolfgang G. Braun Jürgen Steiner
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von Wolfgang G. Braun und Jürgen Steiner
W ir wollen als Eltern und Fachpersonen, dass sich Kinder gut entwickeln. Deshalb tragen wir gemeinsam Sorge, die Entwicklung unserer Kinder mit Ärzten routinemässig zu beobachten (Stationen der Vorsorgeuntersuchungen). Zum Teil sind Erschwernisse der Entwicklung bereits bei Geburt bekannt, oder diese zeigen sich im Verlauf der Entwicklung. Dann kommen Therapeuten hinzu. Und wenn Kinder mit Risiken oder Behinderungen in die Schule eintreten, bilden im guten Fall Eltern, Ärzteschaft, Pädagogen und Therapeuten ein Team für die bestmögliche Entwicklung. Denn komplexe Probleme brauchen multidimensionale Zugänge. Die Pflicht zum intensiven Teamaustausch gilt umso mehr, G je mehr die Entwicklung prä-, post- oder perinatal
beziehungsweise genetisch disponiert mit einer ungünstigen Ausgangslage konfrontiert ist und G der Kontext wenig Ressourcen für die Kompensation generieren will oder kann (Familien in Armut, Migration usw.) beziehungsweise G je komplexer und/oder diffuser die Ausgangslage im Hinblick auf die Entwicklungsproblematik ist. Oskar Jenni (1), Leiter der Abteilung Entwicklungspädiatrie am Kinderspital Zürich, beklagt, dass eine gute Bearbeitung der Schnittstelle zwischen Gesundheit und Bildung noch ausstehe. Aber wie funktioniert die Bearbeitung der Schnittstelle? Und was ist ein erfolgreicher Austausch der Professionen unter Einbezug der Expertenschaft der Eltern für das Kind? Zunächst einmal gilt: Gesundheit und Bildung stehen in einem Verhältnis des Nach-, Mit- und Nebeneinanders. G Nacheinander: Kinder mit Risiken/Entwicklungsproblemen sind zunächst in ärztlicher Betreuung (Massnahmen nach der Versorgeuntersuchung) und beginnen später ihren Bildungsweg (Schule mit individuellen Förderplänen). G Miteinander: Vor dem und zum Eintritt in die Schule sollte ein ausführlicher Austausch zwischen Gesundheits- und Bildungsinstitutionen erfolgen.
G Nebeneinander: Im Verlauf der Schulzeit kommt es als Routineeinrichtung («runder Tisch») zum Austausch zwischen Pädagogen, Ärzten und Therapeuten.
Zunächst gilt der ärztliche Auftrag, die Gesundheit zu sichern, zu fördern, (wieder-)herzustellen, um bestmöglich an der Bildung teilzunehmen. Aus diesem Grund hat G die Bildung eine Konsultationspflicht, die einer Form
der Institutionalisierung bedarf, und G die Gesundheit (Ärzte, Kinderärzte, Kinder- und Ju-
gendpsychiatrischer Dienst, andere Fachärzte) hat eine Kooperationspflicht, die einer kommunikativen Offenheit bedarf. Kooperation ist kein Bedarfs-, sondern ein Routinefall, der gepflegt werden will. Wenn die Medizin zur hierarchischen Dominanz und die Schule zur Systemabschottung neigen und zudem der Kontext nicht einbezogen wird, multiplizieren sich die Kontraproduktionen (vgl. Lützenkirchen, [2]).
Beobachtungsnetz «Interprofessionalität» Wenn alle Beteiligten prinzipiell aufmerksam sind und miteinander in einem guten Kontakt stehen, werden Kinder kaum noch durch das «Beobachtungsnetz» fallen: Die Fachärzte sehen das Kind in der Vorsorgeuntersuchung, der Spielgruppenleiter ist über die Sprachentwicklung so weit informiert, dass Abweichungen erkannt werden und Fachpersonen zur Abklärung/Beratung beigezogen werden. Logopäden sehen Kinder in Reihenabklärungen oder werden bewusst zur Entwicklungsabklärung beigezogen, und Eltern stehen als (Alltags-)Experten ihrer Kinder bereit (3). Mögliche Kompetenzlücken und Zeitknappheit werden durch einen «Beobachtungsverbund» entschärft; so steht der Hausarzt zum Beispiel in enger Verbindung mit dem Facharzt, oder die pädagogische Fachkraft ruft die Logopädie bei Überschreitung einer ihr bekannten Beobachtungsschwelle. Gelebte Transdisziplinarität und förderdiagnostischer Dialog als Katalysator von Entwicklungschancen. Die Pflicht der Kooperation bezieht sich dabei auf nicht wenige Kinder, denn
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Entscheidungshilfen Kompasse
Lesekompetenz Kompass LautspracherwerbsKompass
SprachverständnisKompass
SpracherwerbsKompass
RedeflussKompass
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Lebensalter
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Abbildung: Fünf Entscheidungshilfen für die Zuweisung zur Logopädin (Nähere Informationen: Publikation Braun und Steiner 2012 [4] und die Internetseite der Autoren: www.logopaedieundpraevention-hfh.ch)
G die Schweiz hat mit 7,5 Prozent aller Geburten die höchste Frühgeburtenrate in Europa;
G die Zahlen zur Prävalenz besagen, dass 5 Prozent eines Jahrgangs von ADHS (Aufmerksamkeitsdefizitund Hyperaktivitätsstörung) (vgl. [1]) und über 10 Prozent aller Kinder von gravierenden Sprachstörungen (vgl. [4]) betroffen sind;
G werden weitere Risiken hinzugenommen, kann sicher von einem zweistelligen Prozentsatz von Kindern mit erhöhtem Abklärungs- und Förderbedarf ausgegangen werden (vgl. [1]).
Das ist aber nur ein Ausschnitt breit abgesicherter Daten zum Förderbedarf. Einfacher gesprochen: Mindestens jedes achte Kind nimmt einen problembehafteten Entwicklungsverlauf beziehungsweise ist von mindestens drei Kindern in einer Klasse auszugehen, die so grosse Entwicklungsprobleme haben, dass kooperative Massnahmen erforderlich sind. Interprofessionalität gelingt, wenn die Kompetenzhoheit gewahrt, Kompetenzabgaben gepflegt und Kompetenzüberschneidungen bearbeitet werden (4); hier dargestellt aus der Sicht der Sprachentwicklung: G Ärzte sind Experten für Gesundheit. Sprache ist ein
abhängiger Teil eines Gesamtentwicklungsfahrplanes, den diese beobachten. Ärzte kommunizieren Risiken, Ressourcen und bisherige ärztliche und therapeutische Massnahmen sowie die Prognose aus ärztlicher Perspektive. G Pädagogen sind Experten für die Bildungsentwicklung, wissend, dass Sprache das entscheidende Element ist für die Auseinandersetzung mit Kultur einerseits und für das Gestalten von Beziehungen andererseits. Pädagogen sind deshalb um sprachlich-kommunikative Fähigkeiten der Kinder bemüht und besorgt. G Logopäden sind Experten für Hilfen im Kontext einer erschwerten Sprach- und Kommunikationsentwicklung, wissend, dass die Ziele Chancengleichheit und Ermöglichung einer Bildungslaufbahn heissen. In Sachen Laut- und Schriftspracherwerb sowie Pragmatik ist die Logopädie die wesentliche Spezialität, als solche berät sie die Generalisten wie Ärzte, schulische Heilpädagogen und Lehrpersonen. G Alle Professionen kooperieren in abgestimmter Weise eng und prozessorientiert mit den Eltern.
Für die Schulressourcenzuweisung sollten die Personen, die entscheiden, alle Professionen hören. Zur Absprache, welches Kind in welchen Bereichen sinnvolle Unterstützung bekommt, braucht es Flexibilität, Anerkennen von Kompetenzgrenzen und eine gute Kommunikation. «Wo arbeiten wir zusammen, und an welcher Stelle gebe ich Aktionen ab?», können als einfache Leitfragen dienen. Der «runde Tisch» gelingt, wenn eine flache Hierarchie mit rotierender Leitung gepflegt wird. Es muss zudem ein einheitliches und verstehbares Dokumentationssystem installiert werden. Auf der Ebene Ergebnis sollte es eine gemeinsame Vorgehensweise zur Evaluation sowie Standards für jede Profession und für das Team geben.
Früherkennung von Sprachauffälligkeiten darf kein Zufall sein Mit den an der Hochschule für Heilpädagogik (HfH) Zürich entwickelten Instrumenten «Kompasse» stehen den nicht logopädischen Fachpersonen wie medizinischen und pädagogischen Fachkräften Entscheidungshilfen für die Einschätzung eines Beratungs- respektive Abklärungsbedarfs zur Verfügung. Die Rolle der Fachpersonen ist nicht, die Sprachentwicklung eines Kindes spezifisch zu bestimmen, sondern als Teil eines Frühwarnsystems rechtzeitig Fachpersonen einzubinden. Ferner gilt der Grundsatz, dass Früherkennung und Frühförderung die Nutzung von sensiblen Lernzeitfenstern in der Entwicklung ermöglichen und Folgeproblematiken im sozialen und psychischen Bereich mindern (siehe Beitrag Kannengieser auf Seite 25). Weist das Kind aufgrund der Ergebnisse ein Entwicklungsrisiko auf, werden eine Beratung und eine Abklärung beim Logopäden empfohlen. Die «Kompasse» wurden auf der Basis von Literaturrecherchen und Experteninterviews entwickelt und sind einheitlich strukturiert. So erhalten die Leser bei jedem «Kompass» auf der Innenseite der Mappe kompakte spracherwerbstheoretische Informationen in tabellarischer Form. Alle fünf Instrumente sind bezüglich Verständlichkeit und Arbeitsaufwand klar und kompakt konzipiert. Derzeit decken die «Kompasse» fünf Bereiche der Sprachentwicklung ab (siehe Abbildung).
Elternempowerment – eine lohnenswerte (salutogenetische) Investition Mit Blick auf die Publikationen der letzten Jahre fällt auf, dass die Stärkung der Eltern (Empowerment) eine gewichtigere Rolle im Spektrum der logopädischen Interventionen einnimmt. Begrenzte Ressourcen sowie die im Zuge der Haltung der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, der Behinderung und der Gesundheit) stärkere Berücksichtigung von Teilhabe und Partizipation legen eine stärkere aktive und verantwortliche Einbindung des Umfeldes nahe. Interessant und ermutigend sind erste Wirksamkeitsstudien über Ansätze, die Eltern bezüglich naiver (ursprünglicher) Sprachlehrstrategien sensibilisieren und stärken (5). Es gilt zu beachten, dass Kinder Sprachanregungen unterschiedlich nutzen und die Passung zwischen dem elterlichen (Sprach-)Angebot und den perzeptiven Kapazitäten des Kindes entscheidend sind. Der alleinige Interventionsansatzpunkt Eltern garantiert demnach keine Sprachentwicklungsfortschritte der Kinder.
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Vielmehr tragen die Aufnahme- und Verarbeitungsmöglichkeiten des kindlichen Gegenübers demnach einen massgeblichen Anteil an dem Entwicklungspotenzial. Der Ansatz «Zürcher Impuls ELterliches Sprachförderverhalten ZIEL» versteht sich als ein ökonomisches, ressourcenorientiertes Empowerment-Tool. «ZIEL Sprachförderverhalten» ist sowohl in der Gesundheitsförderung (Elternbildung) als auch in der Prävention (Arbeit mit Eltern von Risikokindern) zu verorten. Grundlage sind Sprachlehrstrategien (4), die in einem wissenschaftlich begleiteten Sprachförderfilm «Mit Kindern sprechen und lesen – Sprache kitzeln» (6) medial vermittelt werden. Als zentrales Medium der Elternarbeit werden ausgewählte Sprachlehrstrategien in beispielhaften Sequenzen modellhaft dargestellt.
Elterncoaching Das Elterncoaching richtet sich in erster Linie an alle interessierten Eltern von Kindern (Aspekt Gesundheitsförderung) und/oder an Eltern von Risikokindern (Aspekt Prävention). Die Kurzintervention kann aber auch fakultativ in der Sprachtherapie im Kontext von Beratungen eingesetzt werden. Der im Konzept integrierte und oben aufgeführte Sprachförderfilm ist in drei Altersstufen (zwei- bis dreijährige Kinder, drei- bis fünfjährige Kinder und sechs- bis achtjährige Kinder) unterteilt. Die Eltern besuchen zwei (Abend-)Veranstaltungen und evaluieren aus eigener Perspektive. Zielgerichtet sollen pragmatische Unterstützungsmöglichkeiten aufgezeigt, bewusst gemacht und in den Alltag integriert werden. Erste Evaluationsstudien des Elterncoachings sind ermutigend: Im Jahr 2010 wurde an der Universität Salzburg, Österreich, eine Effektivitätsuntersuchung abgeschlossen (7). Die Mütter der Experimentalgruppe wendeten signifikant häufiger die Sprachlehrstrategien «Wiederholungen» und «Expansion» an. Das Wissen um sprachförderndes Verhalten war bei der Experimentalgruppe deutlich grösser, und diese Personengruppe äusserte eine hohe Akzeptanz gegenüber den vermittelten Inhalten (ein hoher Prozentsatz gab an, die Anregungen und Tipps nach Betrachten des Filmes zu Hause umgesetzt zu haben). Sie beurteilten den Film als sehr empfehlenswert und informativ. Eine Teilevaluation (8) ergab, dass es sich bei dem Konzept um ein ökonomisches und niederschwelliges Angebot handelt, für welches möglichst viele Eltern (nicht nur von Risikokindern) gewonnen werden sollten. Die Eltern werden in ihrem sprachfördernden Verhalten im Alltag bewusster und zielgerichteter.
Beratungstool für Migrationsfamilien Die Zahlen des Bundesamtes für Statistik sowie die Rückmeldungen aus der Praxis sprechen eine deutliche Sprache: Bei vielen Familien mit Migrationshintergrund ist eine Bildungsferne und damit verbunden eine geringe Lesekompetenz auch in der Erstsprache festzustellen. Als neuer «Beratungszugangsweg» wurden an der HfH Zürich Audioinformationen in 16 Sprachen übersetzt und in einem professionellen Tonstudio mit muttersprachlichen Sprechern vertont. Thematisch präsentieren die Audioinformationen Wissenswertes zum Spracherwerb bei Mehrsprachigkeit. In einer weiteren Audiodatei werden den Zuhörern unter dem Titel «Was ist Logopädie»
das Berufsfeld sowie die Arbeitsweise von Logopäden erläutert. Diese haben dadurch die Chance, den Eltern in ihrer Muttersprache Informationen über Zweitspracherwerb und den Berufsauftrag Logopädie via CD-Player oder PC vorzuspielen.
Fazit
Wenn es darum geht, Bezüge zu verstehen, Analysen
zusammenzutragen, Ziele zu formulieren und Ange-
bote, Abläufe, Schwerpunkte zu synchronisieren, eine
transparente und gleichermassen verstehbare Doku-
mentation zu schaffen und eine Bilanz vor dem Hinter-
grund eines kooperativen Ziels zu ziehen – also letztlich
Kinder und Eltern ins Zentrum zu rücken –, dann ist der
erste Schritt, eigene Kompetenzen als «Dienst für das
Team» zu formulieren und eine Neugier für die Kompe-
tenz der anderen Professionen zu pflegen. Wenn Kom-
petenzhoheit gewahrt und Kompetenzüberschneidung
abgestimmt und gestaltet werden, setzt das erst einmal
ein ausreichendes Wissen um die Kompetenzen der an-
deren Professionen voraus. Neben Wissen geht es auch
um Wertschätzung: Es geht darum, Kollegen als «be-
deutsam» zu erleben und den Prozess selbst mit Bedeut-
samkeit zu beleben. Das wäre der erste Schritt einer
Teamkommunikation. Leider mangelt es in der Praxis
immer noch an der Grundressource Zeit; Absprachen
und Austausch erfordern einen koordinierten «runden
Tisch» und sind in Zwischen-Tür-und-Angel-Gesprä-
chen nicht zu leisten.
Wir folgen der Überzeugung, dass die Gesamtleistung
eines Teams grösser ist als die Leistung der Einzelmit-
glieder, auch wenn heterogene Auffassungen und Un-
sicherheiten Hemmnisse darstellen. Teamfähigkeit setzt
die Bereitschaft zu Kontakt und Kommunikation, zu
Kooperation sowie Integrationsfähigkeit voraus. Logo-
päden bringen auf der Basis ihres beruflichen Selbstver-
ständnisses diese Ressourcen ein.
Nicht alles gehört in die Hände von mehreren oder
kann und soll von Generalisten übernommen werden:
Diagnostik im Bereich von geschriebener und gespro-
chener Sprache, Interventionsplanung und Therapie-
evaluation sind Bereiche, in denen die Logopädin
alleine Verantwortung übernimmt.
Je spezifischer die Aufgabe ist, desto mehr braucht man
Spezialisten, gut ist es, wenn zusätzlich ein Überblick
und eine Gesamtschau entstehen. Die Arbeit in diesem
Netzwerk um das Kind soll und muss unter Qualitätsricht-
linien und entsprechenden Rahmenbedingungen statt-
finden. Diese müssen erst noch in einem kooperativen
Prozess erarbeitet werden. Die einzelne Profession ist ein-
geladen, die Kompetenzen der anderen Professionen ab-
zurufen (9, 10). Für die Entwicklung der Ärzte vom
Zuweiser zum Teamplayer wäre es ein erster Schritt, von
indirekten Formen der Kooperation (Informieren, Emp-
fehlen, Instruieren) zu direkten Formen (Teilnehmen, Zu-
hören, Beitragen zur Förderplanung) vorzudringen.
Eine Best Practice sollte so aussehen, dass Gesundheit
und Bildung, Pädagogik und Therapie, Sprachexperte
und Alltagsexperte, Ärzte und Eltern sich treffen und
Schnittstellen und Übergänge bearbeiten. Lösungen
auf die Schnelle sind nicht gefragt, individuelle institu-
tionelle Profile sind erwünscht. Die gemeinsame Sorge
fordert ein professionelles Miteinander.
G
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Korrespondenzadresse: Prof. Wolfgang G. Braun
und Prof. Dr. Jürgen Steiner Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik Zürich, HfH Studiengang Logopädie Schaffhauserstrasse 239
Postfach 5850 8050 Zürich
E-Mail: wolfgang.braun@hfh.ch E-Mail: juergen.steiner@hfh.ch
Merksätze:
G Wir wollen als Eltern und Fachpersonen, dass sich Kinder gut entwickeln. G Kooperation ist kein Bedarfs-, sondern ein Routinefall, der gepflegt werden will. G Interprofessionalität gelingt, wenn die Kompetenzhoheit gewahrt, Kompetenz-
abgaben gepflegt und Kompetenzüberschneidungen bearbeitet werden. G Die Stärkung der Eltern (Empowerment) nimmt eine gewichtige Rolle im Spek-
trum der logopädischen Interventionen ein.
Literatur:
1. Jenni, O.: Das Kind im Brennpunkt: Über die notwendige Zusammenarbeit von Medizin und Sonderpädagogik. In: Riemer-Kafka, G. (Hrsg.) Kinder und Jugendliche mit Behinderungen – Zwischen Sozialversicherung und Sozialpädagogik. Zürich: Schulthess 2011, 105–125.
2. Lützenkirchen, A.: Interdisziplinäre Kooperation und Vernetzung im Gesundheitswesen – eine aktuelle Bestandsaufnahme. Gruppendynamik und Organisationsberatung 2005; 36/3, 311–324.
3. Kannengieser, S.: Was spricht für eine (frühe) Sprachtherapie mit Kindern? Psychiatrie & Neurologie, 5/2013.
4. Braun, W. G. und Steiner, J.: Prävention und Gesundheitsförderung in der Sprachentwicklung. Einführung mit Materialien. München: Ernst Reinhardt Verlag 2012.
5. Ritterfeld, U.: Zur Prävention bei Verdacht auf eine Spracherwerbsstörung: Argumente für eine gezielte Interaktionsschulung der Eltern. Frühförderung interdisziplinär 2000, 80–87.
6. Braun, W.G. und Kosack, J.: Mit Kindern sprechen und lesen. Sprache kitzeln – Sprache fördern. Ernst Reinhardt, München 2012.
7. Kosack, J.: Sprache kitzeln. Effektivitätsuntersuchung einer filmbasierten Instruktion zur Vermittlung von Sprachlehrstrategien. Unveröffentlichte Masterthese, Universität Salzburg 2010.
8. Huwiler, B., Künstle, B. und Rai-Grob, K.: Eltern kitzeln. Teilevaluation eines Coachings für sprachförderndes Verhalten von Eltern mit ihren Kindern zwischen zwei und drei Jahren. Unveröffentlichte Bachelorthese HfH, Zürich 2013.
9. Slesina, W., Fink, A. : Kooperation von Ärzten und Selbsthilfegruppen. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz, 2009; 30-39, abgerufen am 16.07.2013 unter springer.com/staticcontent/lookinside.
10. Braun, W. G. und Steiner, J.: Partnerin im interprofessionellen Team: Die Logopädie im Prozess der Gestaltung. SZH, 2013, 19/5, 5–10.
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